Der Sieg der kapitalistischen Gesellschaftsordnung in England

Unser Gang durch die englische Geschichte begann im 16. Jahrhundert. Er endete an der Wende des 18. zum 19. Jahrhundert. Damit haben wir über dreihundert Jahre durchschritten. Das schein nicht viel zu sein, gemessen an den Tausenden und Zehntausenden von Jahren, die es bei Betrachtung der Urgesellschaft und der ersten Klassengesellschaft zu überblicken galt. Und doch entwickelte sich in diesen dreihundert Jahren die Menschliche Gesellschaft schneller als je zuvor! Welche Ursachen gab es für die rasche Entwicklung und die gewaltigen Veränderungen, die in England zwischen dem 16. Und dem beginnenden 19. Jahrhundert eintraten?

Wenn man die Entwicklung der Produktivkräfte von der ersten Klassengesellschaft bis zur Herausbildung des Kapitalismus im Ganzen ansieht, wird man feststellen, dass der Kapitalismus zur Zeit seiner Entstehung in England die Produktivkräfte auf eine in der Geschichte bis dahin nicht gekannte Höhe der Entwicklung gehoben hatte. Das ist der Hauptgrund für die Feststellung: Der Kapitalismus war ein geschichtlicher Fortschritt.

Wir dürfen aber nicht nur die gewaltige Ausdehnung der Produktion und die großartige Steigerung in der Erzeugung aller Waren sehen, die der Kapitalismus brauchte. Das war die eine Seite und die wichtigste des einsetzenden großen Fortschritts. Die vom Kapitalismus hervorgerufene fortschrittliche Entwicklung zeigte sich aber auch noch auf einem anderen Gebiet, das mit den gewaltigen Veränderungen in der Produktion sehr eng zusammenhing. Kurz ausgedrückt, kann  man sagen: Mit der Entstehung und dem Sieg der neuen kapitalistischen Produktionsverhältnisse in England hatten sich auch die politischen Herrschaftsverhältnisse verändert.

In England herrschte seit der bürgerlichen Revolution das reiche Bürgertum. Damit hatte die damals fortschrittlichste Klasse die politische Herrschaft erobert. Das Bürgertum gebrauchte diese Macht zur Stärkung seiner wirtschaftlichen Stellung. Es bestand also ein Zusammenhang zwischen den Veränderungen, die seit dem 16. Jahrhundert bei den Produktivkräften und den Produktionsverhältnissen vor sich gegangen waren, und der Errichtung der politischen Macht und der weiteren wirtschaftlichen Stärkung des Bürgertums.

Siehe nachfolgendes Schema:

Der Sieg der kapitalistischen Gesellschaftsordnung in England

Der Sieg der kapitalistischen Gesellschaftsordnung in England

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Das Schema zeigt die Beziehungen, die zwischen den wichtigsten Tatsachen der Entwicklung in England in dem Zeitraum vom 16. Jahrhundert bis zum ausgehenden 18. Und beginnenden 19. Jahrhundert bestanden.

Zusammenfassend können wir feststellen: Die neuen kapitalistischen Produktionsverhältnisse in England beruhten auf der Ausbeutung der Lohnarbeiter(Proletariat) durch die Kapitalisten(Bourgeoisie). Dennoch waren diese Verhältnisse ein geschichtlicher Fortschritt.                                                                                 Diese Feststellung erscheint widersprüchlich. Kann etwas fortschrittlich sein, was der Mehrheit aller Menschen Leid, Not und unsägliche Qual bereitet?

Für die Entwicklung der Menschheit war die fortschrittliche Seite der kapitalistischen Produktionsverhältnisse das Wichtigste! Wir verstehen diese Seite aber nur richtig, wenn wir zugleich auch die für die arbeitenden Menschen bittere und harte Seite dieser Verhältnisse gebührend betrachten. Folgendes Schema zeigt deshalb, wie die beiden Grundklassen innerhalb der neuen kapitalistischen Produktionsverhältnisse zueinander standen.

Die neuen Verhältnisse stellten eine ganz neue Gesellschaftsordnung dar, die ihren Namen nach den Mächtigen und Reichen dieser Ordnung, nach den Kapitalisten, erhielt. Der Kapitalismuswar zwar ein Fortschritt in der Geschichte der Menschheit, doch gleichzeitig war mit ihm eine neue Ausbeuterordnung entstanden. Die kapitalistische Gesellschaftsordnung  ist die letzte in der Reihe der Gesellschaftsordnungen, die auf der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beruhen. Allerdings ist diese Gesellschaftsordnung sehr stark und hat 1989/90 weltweit gesiegt. Eine fortschrittliche Gesellschaftsordnung, der Sozialismus, ist bis auf einzelne Ausnahmen, weltweit hinweggefegt worden.

Die wichtigsten Produktivkräfte in der Klassengesellschaft

Die wichtigsten Produktivkräfte in der Klassengesellschaft

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

 

Geschichtsbuch DDR 7. Klasse Kopie

 

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Der Sieg der kapitalistischen Gesellschaftsordnung in England

Der Beginn eines neuen Zeitalters

Bourgeoisie und Proletariat – die Grundklassen des Kapitalismus

Die industrielle Umwälzung erstreckte sich nicht nur auf den Übergang von der Hand- zur Maschinenarbeit. Sie durchdrang auch die gesamte gesellschaftliche Entwicklung und führte dazu, dass Bourgeoisie und Proletariat zu den beiden entscheidenden Klassen der Gesellschaft wurden.

Die technischen und gesellschaftlichen Umwälzungen waren von so großer Bedeutung, dass dieser Vorgang als die industrielle Revolution bezeichnet wird.

Die Vorteile, die die Anwendung der Maschinen mit sich brachte, genossen die Kapitalisten. Ihnen gehörten die Fabriken und die Maschinen. Ihnen gehörte auch das von den Arbeitern mit Hilfe der Maschinen erzeugte Produkt. Die Arbeiter erhielten nur so viel Lohn, das sie gerade leben konnten.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Nach dem weltweiten Sieg 1990 ist sogar so, dass der Lohn oftmals nicht mal zum Leben reicht. In Deutschland können die Betroffenen mit Hartz IV aufstocken. In anderen Ländern gibt es nicht mal das und die armen Menschen müssen in drei Jobs gleichzeitig arbeiten. Das Geschichtsbuch der DDR schreibt in der Vergangenheitsform, da die DDR zu einer einstmals besseren Welt gehörte. Im Jahre 1990 ist zugleich mit dieser besseren Welt die DDR hinweggefegt worden. Die Vergangenheitsform ist in der Bearbeitung geblieben, da es im Laufe der Zeit doch einige durch die Arbeiterklasse erkämpfte Verbesserungen geben hat, die noch nicht alle abgebaut werden konnten. Doch die Gefahr besteht, dass dies vollends geschieht und man wieder zu den alten Verhältnissen zurückkehrt. Es besteht ja keine Systemkonkurrenz mehr.

Für die englischen Arbeiter bedeutete die industrielle Revolution Not und Entbehrung. Die Maschinen bestimmten das Arbeitstempo. Die Fabrikbesitzer waren interessiert, die Arbeiter im Laufe eines Tages möglichst lange an den Maschinen arbeiten zu lassen. In den ersten Jahrzehnten der industriellen Revolution mussten die Arbeiter in der Regel 12 Stunden, oft sogar 16 Stunden und mehr, am Tage arbeiten! Die lange Arbeitszeit lähmte die Aufmerksamkeit. Sie konnten dem hohen Arbeitstempo der Maschinen nicht mehr folgen. Das führte häufig zu Unfällen, ja zum Tode.

Beschreibung englische Fabrikverhältnisse

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Die gemeinsame Beschäftigung vieler Arbeiter in den Fabriken und in den englischen Industriestädten brachte ihnen deutlicher als vorher in der Manufaktur zu Bewusstsein, dass die alle im gleichen Verhältnis zu den Fabrikbesitzern und zu den Maschinen standen: Sie arbeiteten für einen kümmerlichen Lohn an den Maschinen, um den Gewinn des Fabrikbesitzers, des Bourgeois, zu vergrößern. So wurde zum ersten Male deutlich erkennbar, dass zwischen den englischen Arbeitern und der englischen Bourgeoisie ein Gegensatz in Gestalt eines Ausbeutungsverhältnissen bestand. Die Ausbeutung war mit dem Übergang zur Maschinenarbeit um vieles größer als in der Manufaktur. Dem kümmerlichen Lohn der Arbeiter entsprach auch ihre Ernährung.

Zur Ernährung der englischen Arbeiter

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

 

Frauen- und Kinderarbeit

Die Handhabung der ersten Maschinen der industriellen Revolution war einfach und auch von ungelernten Frauen und sogar von Kindern auszuführen. Von dieser Möglichkeit machten die englischen Fabrikanten Gebrauch, weil sie den Frauen und Kindern noch weniger Lohn zu zahlen brauchten als den erwachsenen männlichen Arbeitern. Andererseits mussten die Eltern ihre Kinder in die Fabrik schicken, da der Lohn des Vaters längst nicht ausreichte, um die Familie einigermaßen zu ernähren. Das geschah in schon sehr frühem Alter.

Beginn der Kinderarbeit

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Die Arbeitszeit, der Lohn und die Arbeitsbedingungen hingen von der Willkür des Fabrikanten ab. Es gab keine Gesetze, die die Kinderarbeit regelten oder verboten. Viele arbeiteten ebenso lange wie die Erwachsenen. Manche Kinder schliefen sogar gleich in der Fabrik, auf irgendeinem Haufen Stroh und Lumpen, um den Heimweg zu sparen. Oft wurden sie von den Aufsehern misshandelt, viele im Kindesalter derart geschlagen, dass sie für den Rest ihres Lebens behindert waren. Eine Schulpflicht gab es nicht. Der Schulbesuch, meistens am Sonntag, war freiwillig. Die Kinder, durch ihre Arbeit übermüdet, konnten oftmals dem Unterricht nicht folgen und schliefen ein. Auf Grund der Entbehrungen und Überanstrengungen starben viele Kinder schon frühzeitig.

In einigen Teilen der Welt gibt es immernoch Kinderarbeit.

Kinderarbeit in England

Kinderarbeit in England

 

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

 

Glanz und Elend der englischen Industriestädte

Industriezentren in England

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Viele Fabriken entstanden in den Städten. Das wurde möglich, weil die Dampfmaschine den bisherigen Antrieb durch Wasserkraft verdrängte. Andere Fabriken konzentrierten sich in ehemals kleinen Orten in der Nähe von Kohlebergwerken.

Dadurch stieg die Bevölkerungszahl innerhalb weniger Jahrzehnte gewaltig an. London zählte um 1700 etwa 650 000 Einwohner, um 1800 eine Million und um 1830 1 500 000 Einwohner. London war damals die bei weitem größte Stadt in England und in der Welt.

Bevölkerungswachstum einiger Industriestädte

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Die Geschäftsviertel sowie die „besseren Gegenden“, in denen die Bourgeoisie wohnte, waren jedoch streng abgesondert von jenen großen Elendsvierteln, in denen die arbeitenden Menschen hausen mussten. Und wie sie hausten! Diese Elendsviertel waren die Brutstätten ansteckender Krankheiten, die sich über das ganze Land verbreiteten.

Wenn man die Bedeutung der industriellen Revolution richtig verstehen will, so darf man nicht nur ihre technische Seite sehen. Man muss auch die gewaltigen gesellschaftlichen Veränderungen beachten, die in England im Gefolge der Weiterentwicklung der Produktivkräfte durch die industrielle Revolution eintraten.

Zusammenfasend können wir deshalb sagen: Im Laufe der industriellen Revolution in England verbesserte sich die englische Produktionstechnik sprunghaft. Dadurch erfolgte der Übergang von der Handarbeit zur Maschinenarbeit und von der Manufaktur zur Fabrik. In der Folge entstanden große Industriestädte.

Die industrielle Revolution führte zu einer raschen Entwicklung der Produktivkräfte Englands und leitete eine neue Epoche des Kapitalismus ein. Maschinen und Fabriken sowie wissenschaftliche Erkenntnisse erhöhten zwar den Produktionsausstoß, aber sie steigerten gleichzeitig auch die Ausbeutung des englischen Proletariats. Der vermehrte gesellschaftliche Reichtum kam der englischen Bourgeoisie zugute. Die englischen Arbeiter erhielten kaum soviel Lohn, wie sie zum Leben brauchten. Auf diese Weise vergrößerten sich mit dem Reichtum der englischen Bourgeoisie auch die Not und das Elend des englischen Proletariats, und die Klassenpositionen beider Grundklassen der kapitalistischen Produktionsweise grenzten sich deutlich voneinander ab.

Wohnbedingungen in London um 1840

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

 

Geschichtsbuch DDR 7. Klasse Kopie

 

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Der Beginn eines neuen Zeitalters

Bourgeoisie

Die Bourgeoisie(Fremdwort aus dem Französischen) ist die herrschende Klasse in der kapitalistischen Gesellschaft. So nun aktuell weltweit, wenn man von Ausnahmen, wie Kuba und Nordkorea absieht). Grundlage der Existenz der Bourgeoisie ist das Eigentum an den entscheidenden Produktionsmitteln(=Fabriken, Geschäfte, Maschinen, Arbeitsgeräte und –material) der Gesellschaft und die darauf beruhende Ausbeutung der Lohnarbeiter. Daraus ergibt sich, dass Bourgeoisie und Arbeiterklasse in einem unversöhnlichen Klassengegensatz gegenüberstehen.
In der Zeit ihrer Herausbildung, insbesondere im Kampf gegen den Feudalismus,spielt die Bourgeoisie eine fortschrittliche Rolle. Mit der weiteren Entwicklung des Kapitalismus wird sie aber zunehmend fortschrittsfeindlich.
Im monopolitischen Stadium des Kapitalismus, also aktuell, erfolgt die Herausbildung von Aktiengesellschaften und Monopolen. Es erfolgt eine Trennung von Kapitaleigentum und Kapitalfunktion. Ein immer größerer Teil der Bourgeoisie übt keine gesellschaftlich nützliche Funktion mehr aus.