Die Arbeiterklasse zu Beginn der imperialistischen Herrschaft

Die Auswirkungen der imperialistischen Herrschaft auf die soziale Lage der Arbeiterklasse

Die Herausbildung des Monopolkapitalismus brachte für alle Klassen und Schichten große Veränderungen.

Die Anzahl der Arbeiter wuchs. Sie waren vor allem in den Großbetrieben konzentriert. 1909 zählten nur 1,1 Prozent der der Betriebe in den USA zu den Großbetrieben. In diesen waren aber 30,5 Prozent aller Industriearbeiter beschäftigt.

Auch innerhalb der Arbeiterklasse kam es mit der Herausbildung des Imperialismus zu Veränderungen der sozialen Struktur. Die Anzahl der ungelernten Arbeiter stieg stark an. Gleichzeitig nahm die Anzahl der Vorarbeiter, Meister, Techniker und Spezialisten zu. Die Arbeitslosigkeit wurde eine ständige Begleiterscheinung des Kapitalismus, die dazu benutzt wurde, die Löhne zu drücken. Das hat sich bis heute nicht geändert. Frauen und Kinder erhielten zum Teil bevorzugt Arbeit in bestimmten Monopolbetrieben (vor allem in der Textilindustrie), weil sie schlechter bezahlt wurden. Die Intensität der Arbeit stieg. Ständig steigende Intensität der Arbeit ist uns auch heute wohlbekannt.

Ein trauriges Kapitel imperialistischer Ausbeutung war die Kinderarbeit. 1910 arbeiteten in den USA knapp 2 Millionen Kinder im Alter zwischen 10 und 15 Jahren. Das waren 5,2 Prozent der Beschäftigten und 10,8 Prozent aller Kinder. Es gibt auch heutzutage noch Länder, wo Kinderarbeit gang und gäbe ist.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Lebensverhältnisse der Arbeiterklasse verschlechterten sich nach 1910 in Deutschland. Zölle und indirekte Steuern trieben die Preise der Lebensmittel und Kleidung in die Höhe. Etwa 25 Prozent ihres Lohnes mussten die Arbeiter in den Großstädten als Miete für eine vielfach ungesunde, lichtarme Wohnung bezahlen. Nun ja, die Mieten sind heute genauso ein Problem, auch wenn es die ungesunden Wohnungen in diesem Sinne nicht mehr gibt. Dafür müssen viele, die sich die Mieten in einer Großstadt nicht leisten können, lange Wege zur Arbeit in Kauf nehmen und pendeln.

Der Kampf gegen den vordringenden Opportunismus in der internationalen und deutschen Arbeiterbewegung

Durch die verschärfte Ausbeutung der Arbeiter, der Kolonialvölker und abhängigen Länder sowie durch die Monopolstellung auf den Märkten erzielten die Finanzkapitalisten hohe Profite. Zum Teil verwandten sie diese Geldmittel auch dazu, bestimmte Arbeiterschichten (Meister, Techniker, spezialisierte Facharbeiter usw.) bevorzugt zu behandeln. Mit Hilfe einer unterschiedlichen Entlohnung und Gewährung von Sonderrechten (Werkswohnungen, Beamtenpensionen usw.) sollten diese Arbeiterschichten, Arbeiteraristokratie genannt, bestochen werden. Das hat sich bis heute auch nicht geändert. Die mit der Großindustrie entstandene Differenzierung wurde (wird) so von den Monopolherren bewusst genutzt, um das einheitliche Handeln der Arbeiterklasse zu untergraben.

Die Arbeiteraristokratie und die kleinbürgerlichen Elemente bildeten die soziale Grundlage für die Herausbildung einer besonderen opportunistischen Strömung in der Arbeiterbewegung. Ihre Wortführer behaupten, dass unter den neuen gesellschaftlichen Bedingungen die Lehren von Marx und Engels nicht mehr voll gültig wären, sondern abgeändert, revidiert werden müssten. Diese Thesen kennen wir heute auch noch. Sie wurden (werden) deshalb Revisionisten genannt. Der Revisionismus lehnte (lehnt) den revolutionären Klassenkampf ab und trat (tritt) für die Zusammenarbeit mit den bürgerlichen Klassen ein. Die Revisionisten behaupteten (behaupten), es sei möglich, durch Reformen im Rahmen der bestehenden kapitalistischen Ausbeutergesellschaft allmählich und friedlich in den Sozialismus hineinzuwachsen. Sie verzichteten (verzichten) auf das revolutionäre Ziel der Arbeiterbewegung: die Eroberung der politischen Macht.

Entsprechend dieser theoretischen Grundlage entwickelten die Opportunisten eine reformistische Politik. Der Reformismus wollte die Arbeiterbewegung auf parlamentarisches und gewerkschaftliches Handeln beschränken.

Der Opportunismus konnte sich in der Arbeiterbewegung rasch ausbreiten, weil mit dem Imperialismus soziale Grundlagen (Arbeiteraristokratie, kleinbürgerliche Elemente in der Arbeiterbewegung) dafür entstanden waren. Die Gefährlichkeit des Opportunismus bestand (besteht) darin, dass er die ideologische Spaltung der Arbeiterklasse und damit die Schwächung der Arbeiterorganisationen in ihrem Kampf um Frieden, Demokratie und Sozialismus bewirkte.

Der Opportunismus fand (findet) Anhänger in der gesamten internationalen Arbeiterbewegung. Überall beherrschten (beherrschen) diese Kräfte (nach und nach) wichtige Schlüsselpositionen in den Arbeiterparteien und Gewerkschaften.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Das Auftreten der Revisionisten und Reformisten löste in der deutschen Arbeiterbewegung heftige Auseinandersetzungen über das Ziel, den Weg und die Mittel des Klassenkampfes aus. Diese Auseinandersetzungen wurden auf den Parteitagen, in der Presse sowie innerhalb der Mitgliedschaft der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften geführt. Auf dem Parteitag in Dresden im September 1903 rechnete der Führer der Sozialdemokratie, August Bebel, scharf mit den Opportunisten ab.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die überwiegende Mehrheit der sozialdemokratischen Parteimitglieder lehnte die opportunistischen Ansichten und Bestrebungen entschieden ab.

Die Arbeiter erlebten und erkannten, dass die Junker und Monopolisten ihre Macht allein für ihre Klasseninteressen einsetzten und nicht im Entferntesten daran dachten, dem werktätigen Volk freiwillig demokratische und politische Rechte zu gewähren. Alle Reformen, Verbesserungen der Lebens- und Arbeitsverhältnisse und politischen Rechte hatte die Arbeiterklasse im harten Arbeitskampf, einschließlich ihres parlamentarischen Wirkens errungen. Das hat sich bis heute nicht geändert. 

Die Preisgabe des Klassenkampfes hätte die Entwaffnung der Arbeiterbewegung, ihre völlige Unterordnung unter die Politik der Imperialisten bedeutet. Heute ist der Klassenkampf preisgegeben worden. Insbesondere nach der großen Niederlage 1989/90. Die Arbeiterklasse spielt heute politisch nur noch eine untergeordnete Rolle. Sie hat sich spätestens 1989/90 der Politik der Imperialisten untergeordnet.

Der Dresdner Parteitag war ein Höhepunkt im Kampf der revolutionären Kräfte gegen Revisionismus und Reformismus. Mit nur wenigen Gegenstimmen wurde di Resolution angenommen, die die revisionistischen Bestrebungen entschieden verurteilt.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Trotz der entschiedenen Ablehnung und Verurteilung des Revisionismus konnte er seinen Einfluss in der Arbeiterbewegung verstärken, weil keine organisatorischen Konsequenzen – Ausschluss der Opportunisten– gezogen wurden.

Der Crimmitschauer Textilarbeiterstreik

Unter den vielen Klassenkämpfen in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts ragt besonders der Crimmitschauer Textilarbeiterstreik hervor, der vom 22. August 1903 bis Ende Januar 1904 andauerte.

Bei unzureichendem Lohn mussten die Textilarbeiter 11 und mehr Stunden am Tag arbeiten, obwohl durch die Einführung schnelllaufender Spindeln die Intensität der Arbeit und die Gewinne der Textilfabrikanten gestiegen waren. Mit Recht forderten die Arbeiter Verkürzung der Arbeitszeit auf 10 Stunden und Lohnerhöhung um 10 Prozent. Nachdem die Fabrikanten diese Forderungen abgelehnt hatten, legten am 22. August 1903 600 Textilarbeiter des sächsischen Städtchens Crimmitschau die Arbeit nieder. Die Drohung mit der Aussperrung seitens der Fabrikanten beantworteten andere Arbeiter mit Streik. Schließlich befanden sich Ende August 1903 sämtliche Textilarbeiter von Crimmitschau im Kampf; 9 000 Textil- und Heimarbeiter streikten oder waren ausgesperrt. Mit Bestechungsgeldern versuchten die Fabrikanten, die Einheitsfront der Arbeiter zu erschüttern. In allen Teilen Deutschlands und im Ausland versuchten sie darüber hinaus Streikbrecher zu werden, allerdings mit wenig Erfolg.

Flugblatt der Textilfabrikanten von Crimmitschau
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Flugblatt der streikenden Crimmitschauer Textilarbeiter
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Da die Kampffront der Textilarbeiter unerschüttert blieb, griff die staatliche Macht mit starken, schwerbewaffneten Polizeikräften ein. Jede Versammlung, jede Zusammenkunft der Arbeiter sowie das Streikpostenstehen wurden verboten. Doch die Arbeiter beharrten unbeirrt auf ihren Forderungen, die Frauen und Mädchen standen fest an ihrer Seite. Der Kampf förderte das Klassenbewusstsein der Arbeiter. Die Streikenden wurden von den Arbeitern ganz Deutschlands und dem Ausland wirksam unterstützt. Die deutschen Arbeiter brachten über 1 ¼ Millionen Mark zu Unterstützung ihrer kämpfenden Klassengenossen auf. Der Streik wurde erst im Januar 1904 von opportunistischen Gewerkschaftsführern gegen den Willen der streikenden Textilarbeiter von Crimmitschau abgebrochen.

Die Anfänge der Arbeiterjugendbewegung

Die jungen Arbeiter und Arbeiterinnen hatten es im damaligen Deutschland besonders schwer. Sie erhielten sehr geringen Lohn bei einer bis zu 12 Stunden ausgedehnten Arbeitszeit. Dazu waren sie der Willkür ihrer Arbeits- und Lehrherren recht- und schutzlos ausgesetzt. Schläge und Misshandlungen waren an der Tagesordnung.

Doch die Jugend war bereits von sozialistischen Ideen erfasst. Immer mehr junge Arbeiter erkannten, dass sie nur im gemeinsamen Kampf und in Verbindung mit der Arbeiterbewegung ihre Lage verbessern konnten.

Lehrling (zum Meister, der eben seinen Dreijährigen versohlt): „Meester, lernt der ooch schon Lehrling?“ Karikatur aus dem „Wahren Jacob“ zur Prügelstrafe gegen Lehrlinge
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Im Oktober 1904 entstanden gleichzeitig in Berlin und in Mannheim selbstständige proletarische Jugendvereine, die sich über Nord- und Süddeutschland ausbreiteten und Ende 1906 zur Gründung von zwei Arbeiterjugendorganisationen führten, dem Verband junger Arbeiter Deutschlands (Sitz Mannheim) und der Vereinigung der freien Jugendorganisationen (Sitz Berlin). Die norddeutsche Organisation gab seit 1905 die Monatszeitschrift „Die arbeitende Jugend“ und die süddeutsche Organisation seit 1906 „Die junge Garde“ heraus. Die revolutionären Kräfte der deutschen Arbeiterbewegung unterstützten die Arbeiterjugendorganisationen mit Rat und Tat. In Karl Liebknecht hatte die Arbeiterjugend einen bewährten Freund, ideologischen Führer und Förderer ihrer Organisation.  Durch die Jugendorganisationen im revolutionären Geist erzogen, beteiligten sich die jungen Proletarier aktiv am Kampf gegen Reaktion, Militarismus und Imperialismus.

Im August 1907 wurde die Sozialistische Jugendinternationale gegründet. Karl Liebknecht wurde zum Vorsitzenden des Büros gewählt.

Kopf der Zeitschrift „Die junge Garde“
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Aufgrund des Reichsvereinsgesetzes siehe in Beitrag „Der beginnende Kampf um die Neuaufteilung der Welt….“ verfielen die Arbeiterjugendorganisationen der Auflösung. Ihre Zeitschriften mussten das Erscheinen einstellen. Doch der revolutionäre Geist unter der Arbeiterjugend konnte durch die Unterdrückungsversuche der herrschenden Klasse nicht mehr erstickt werden.

Die neuen Anforderungen an den Kampf der revolutionären Arbeiterbewegung

Mit dem Übergang zum Imperialismus hatte der Kapitalismus seine höchste Entwicklungsstufe erreicht. Der Widerspruch zwischen der reaktionären Politik der herrschenden Klassen im Innern und nach außen einerseits und den Lebensinteressen der Völker andererseits forderte gebieterisch die Beseitigung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung und den Übergang zum Sozialismus. Der Imperialismus war zugleich der Vorabend der proletarischen Revolution. Aus dieser neuen Situation ergaben sich für die Arbeiterbewegung neue Aufgaben.

Die antidemokratische Innen- und die aggressive Außenpolitik der imperialistischen Staaten erforderte die Zusammenfassung aller Kräfte, die für Demokratie und Frieden kämpften. Die Führung einer solchen antiimperialistischen Volksbewegung konnte nur die revolutionäre Arbeiterbewegung übernehmen, die weitergehende Ziele- die sozialistische Revolution- verfolgte und über eine revolutionäre Theorie sowie starke Organisation der Arbeiterklasse verfügte.

Für die sozialistische Bewegung ergab sich mit dem Beginn der imperialistischen Herrschaft die Notwendigkeit, wirksamere Mittel des Massenkampfes anzuwenden. Entscheidende Bedeutung erlangten die außerparlamentarischen Aktionen. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts ging die Arbeiterklasse dazu über, im ökonomischen und politischen Kampf den Massenstreik anzuwenden.  1902 streikten über 300 000 belgische Arbeiter für ein demokratisches Wahlrecht. 1903 fand ein Massenstreik in den Niederlanden, 1904 ein Massenstreik in Italien statt.

Die Herausbildung des Imperialismus erforderte von den Arbeiterparteien, sich für die neuen Bedingungen des Klassenkampfes organisatorisch und ideologisch zu wappnen. Notwendig war die Beseitigung des opportunistischen Einflusses auf die Partei; die Arbeiterpartei musste auf dem Boden des Marxismus stehen und ihn weiterentwickeln, den proletarischen Internationalismus festigen und eine straff organisierte revolutionäre Kampforganisation bilden. Eine solche revolutionäre Kampfpartei entstand zunächst in Russland.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel.

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Die allmähliche Herausbildung des Monopolkapitalismus in Deutschland

Entstehung und Entwicklung der Monopole

Die Gesetze der Kapitalistischen Wirtschaft bewirkten eine ständige Konzentration des Kapitals und der Produktion. Die Folgen der Krisen machten das besonders sichtbar. Die größeren Betriebe vermochten viele kleinere Betriebe aufzukaufen. Außerdem waren sie in der Lage, neue technische Verfahren und Erfindungen schneller einzuführen. Siehe auch „Die Entwicklung Deutschlands zu einer führenden Industriemacht“.

 

Das Siemenswerk in Berlin-Charlottenburg um 1900. (Zeitgenössische Darstellung)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

In der deutschen Schwerindustrie, speziell in der Rüstungsindustrie, spielte Krupp eine entscheidende Rolle. 1892 schaltete er seinen ärgsten Konkurrenten durch Ankauf der Magdeburger Grusonwerke aus.  Der Großindustrielle Stumm beherrschte die Schwerindustrie des Saargebietes.

Jetzt wirkten sich auch die zum Teil schon vor 1890 entstandenen neuartigen Verbindungen zwischen den Großbetrieben aus.

Bereits 1879 wurde eine Verbindung zwischen den Kaliwerken geschlossen, die praktisch die gesamte Kaliproduktion Deutschlands beherrschte. 1893 kam es zur Gründung des Rheinisch-Westfälischen Kohlesyndikats. Die darin zusammengeschlossenen 98 Steinkohlezechen vereinigten 87 Prozent der Steinkohleproduktion des Ruhrgebietes und 45 Prozent der deutschen Steinkohlenproduktion. Auch in der Stahlindustrie kam es 1886 zur Gründung des Rheinisch-Westfälischen Roheisenverbandes, dem 17 Hochofenwerke angehörten.

In der chemischen Industrie bestanden um 1890 sechs Betriebe, die die gesamte chemisch Industrie beherrschten. Vier große Elektrogesellschaften, zu denen die AEG und Siemens gehörten, kontrollierten die gesamte Elektroindustrie in Deutschland.

Auch auf dem Gebiet des Bankwesens zeigte sich dieser Prozess. Einige wenige Großbanken nahmen eine beherrschende Stellung ein.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Diese riesigen Industriebetriebe und Banken sowie die verschiedenartigen Zusammenschlüsse von Betrieben waren in der Lage, die Produktion und die Preise innerhalb des entsprechenden Industriezweiges zu bestimmen. Kleinere Unternehmen mussten sich nach ihnen richten. Diese großen Betriebe verfügten deshalb über die Alleinherrschaft oder die Monopolstellung, man nennt sie darum Monopole. In den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts zeigten sich in der Wirtschaft und Politik der wichtigsten kapitalistischen Länder immer stärker Erscheinungen, die das Ende der Entwicklung des Kapitalismus der freien Konkurrenz offenbarten und den Beginn einer neuen Epoche des Monopolkapitalismus, ankündigten.

Die Auswirkungen und die Rolle der Monopole in Politik und Gesellschaft

Sie Herausbildung großer Monopole führte zu weiterer Aufsplitterung der Kapitalistenklasse. Auf der einen Seite bildete sich eine kleine Schicht von Monopolkapitalisten heraus, die eine große wirtschaftliche und damit politische Macht in ihren Händen hatte. Viele mittlere und vor allem kleine Kapitalisten mussten ihre Fabriken verkaufen. Andre wurden abhängig von den Monopolen. Dadurch kam es nun verstärkt zu Interessenkämpfen innerhalb der Bourgeoisie.

Durch die Entwicklung der Großindustrie und die Konzentration im Bankgewerbe, im Verkehr und teilweise auch schon im Handel wurden nicht nur Teile der Bourgeoisie betroffen, sondern auch breiten Schichten des Kleinbürgertums und der Bauernschaft wurden ruiniert. Die Handwerker mussten sich mehr und mehr auf Reparaturarbeiten beschränken. Das beeinträchtigte natürlich auch ihre materielle Lage. Viele Handwerker wurden zu Proletariern.

Die Monopolkapitalisten nahmen jetzt auch immer stärker auch die gesamte Politik des Deutschen Reiches Einfluss. Monopolisten wie Krupp, Siemens und Stumm hatten enge Beziehungen zu hohen Beamten, Militärs und vor allem zum Kaiser. Sie versuchten immer wieder mit Hilfe staatlicher Machtorgane, das Volk und besonders die Arbeiterklasse zu entrechten und die Kampfkraft des Proletariats zu brechen. Durch gesetzliche und militärische Maßnahmen sollten die wenigen demokratischen Rechte des Volkes – Wahlrecht, Koalitionsrecht, Versammlungsfreiheit – völlig beseitigt werden.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Polizei geht gegen Demonstranten in Berlin 1892 vor. (Zeitgenössische Darstellung)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die antidemokratischen Maßnahmen sollten nicht zuletzt der Durchsetzung einer verstärkten Militarisierungspolitik dienen; denn die Nutznießer der weiteren Aufrüstung waren die Monopolisten der Schwerindustrie, die zugleich die Rüstungsindustrie beherrschten.

Ausbeutung und Kampf der Arbeiterklasse

Mit der Herstellung der Monopole vergrößerten sich in den 1890er Jahren auch die Industriebetriebe und Industriezentren. Die Zahl der Arbeiter wuchs weiter an. Das spiegelte sich im Wachstum der Städte wider.

Die Zunahme der Stadtbevölkerung
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Auf der einen Seite immer weniger, aber mächtigere Großkapitalisten und auf der anderen Seite die wachsende Anzahl der Arbeiter in den Industriezentren, das kennzeichnete die Situation des Klassenkampfes.

Die Monopolherren versuchten, gestützt auf die staatliche Macht, die Arbeiter immer stärker auszubeuten. Unter ihrer Führung fassten die Vereinigungen der Unternehmer entsprechende Beschlüsse.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die zahlenmäßige Vergrößerung und die Zusammenballung der Arbeiterklasse in großen Industriezentren ermöglichte einen Aufschwung der revolutionären Bewegung.

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands zählte 1890 etwa 100 000, 1895 bereits 150 000 Mitglieder. Sie war zur größten Partei Deutschlands geworden. In den Reichstagswahlen 1890 errang sie über 1,4 Millionen, 1893 fast 1,8 und 1898 über 2,1 Millionen Stimmen.

Die Gewerkschaften erhöhten ihre Mitgliederzahlen von 227 000 im Jahre 1890 auf 680 000 im Jahre 1900. Im Jahre 1892 kam es zur Vereinigung der verschiedenen Berufsgewerkschaften zu einer Dachorganisation mit gemeinsamer Leitung. Das befähigte die Arbeiter, große Streikkämpfe gegen die kapitalistischen Ausbeuter und gegen die reaktionären Pläne der Militaristen zu führen.

So führte die Herausbildung der Monopole zu einer Zuspitzung des Klassenkampfes.

Dieser Kampf und die Macht der sozialistischen Bewegung übte auch einen Einfluss auf humanistisch gesinnte Kreise des Bürgertums aus. Wissenschaftler und Künstler wandten sich sozialen Fragen zu. Aus diesem Kreis ragte die bedeutende Grafikerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz heraus, die 1897/98 mit ihrem Zyklus „Ein Weberaufstand“ einen Ausgangspunkt für ihr revolutionäres Kunstschaffen fand.

Siehe die Radierungen von Käthe Kollwitz aus dem Zyklus „Ein Weberaufstand“ und das Gemälde von Mihály Munkáscy „Vor dem Streik“ sowie die Radierung „Karl Marx“ von Heinrich Zille aus dem Jahre 1900. diese ist Teil der Titelseite des Geschichtsbuches der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982.

Käthe Kollwitz: „Zug der Weber“; 1897, Radierung aus dem Zyklus „Ein Weberaufstand“
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Käthe Kollwitz: aus dem Zyklus „Ein Weberaufstand“
Teil des Rücktitels des Geschichtsbuches der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Mihály Munkáscy: „Vor dem Streik“; 1895, Ölgemälde; Budapest, Ungarische Nationalgalerie
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Radierung „Karl Marx“ von Heinrich Zille aus dem Jahre 1900

Teil des Titels des Geschichtsbuchs der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die schnell wachsende Arbeiterbewegung zog jedoch auch kleinbürgerliche Kräfte an, die ihre falschen Auffassungen in die Arbeiterbewegung trugen. Er Einfluss antimarxistischer Auffassungen wuchs an. Ende des 19. Jahrhunderts entstand eine neue opportunistische Richtung in der Arbeiterbewegung, der Revisionismus.

So war die Zeit der Hausbildung der Monopole nicht nur der Ausgangspunkt für neue Erscheinungen in Wirtschaft und Politik der herrschenden Klassen; auch die Arbeiterbewegung sah sich vor neue große Aufgaben gestellt.

 

 

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

 

Julius Motteler

Näheres siehe Wikipedia

Julius Motteler, der als Verantwortlicher für den Versand des „Sozialdemokraten“ den Ehrennamen „Der rote Feldpostmeister“ erhielt. (Fotografie)
Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Haus in Esslingen am Neckar, in dem Motteler von 1838 bis 1856 wohnte
Bildquelle: Von –Xocolatl 23:40, 26 December 2007 (UTC) – Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3281695

Zusammengestellt von Petra Reichel

Der Kampf der deutschen Arbeiterklasse gegen das Sozialistengesetz

Zweck und Inhalt des Sozialistengesetzes

Junker und Großkapitalisten sahen voller Unruhe, wie schnell die sozialistische Arbeiterpartei erstarkte. Die herrschenden Klassen und ihre Regierung sahen in der sozialistischen Bewegung ein entscheidendes Hindernis für die weitere Ausbeutung des Volkes und die Erhöhung der Profite und Staatseinnahmen. So nutzten sie zwei 1878 erfolgte Attentatsversuche auf den Kaiser, mit denen die Sozialdemokratie nichts zu tun hatte, um am 21. Oktober 1878 das sogenannte Sozialistengesetz durchzusetzen, das sich gegen die gesamte Arbeiterklasse richtete.

Das Sozialistengesetz wird durch das Reichsgesetzblatt verkündet
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Die wichtigsten Bestimmungen des Soziallistengesetzes
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Unterdrückung der Arbeiterorganisationen, das Verbot aller Arbeiterzeitungen und der Terror der Polizei und Justiz minderten die Kraft der Arbeiterklasse und des Volkes. Das nutzten die herrschenden Klassen, und sie begannen einen seit langem geplantem Raubzug auf die Taschen des Volkes. Im Juli 1879 wurden die Schutzzollgesetze angenommen. Die Zölle für ausländisches Eisen, Getreide, Vieh, Holz und viele andere Waren trieben natürlich die Preise in Deutschland in die Höhe. Die Regierung erhöhte darüber hinaus die indirekten Steuern für Salz und Zucker. Diese Einnahmen dienten vor allem der weiteren Rüstung.

Die Salzsteuer galt weiterhin bis in die Zeit des heutigen Deutschlands. Sie wurde erst mit Wirkung ab dem 01. Januar 1993 aufgehoben. Näheres siehe Wikipedia.

Die Zuckersteuer galt ebenso bis in die Zeit des heutigen Deutschlands. Sie wurde erst zum 01. Januar 1993 mit Hinblick auf den EU-Binnenmarkt abgeschafft. Krankenkassenfachleute und Nicht-Regierungsorganisationen, wie FOODWATCH werben für die Wiedereinführung der Zuckersteuer in Deutschland und werden dabei von Mitgliedern des Bundestages-Gesundheitsausschusses unterstützt. Zucker gilt als schädlich und ungesund. Näheres siehe Wikipedia.

Zölle und Verbrauchssteuern
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Arbeiterklasse trotzt dem Terror

Das Sozialistengesetz traf die Arbeiterklasse schwer. Von 47 Parteizeitungen wurden 45 sofort verboten. Die mit den Ersparnissen der Arbeiter mühsam aufgebauten Genossenschaftsdruckereien wurden geschlossen. 17 gewerkschaftliche Zentralorganisationen wurden sofort verboten, dazu viele lokale Organisationen und Vereine. Bereits im November 1878 wurden 67 führende Sozialdemokraten aus Berlin ausgewiesen.

Der Kampf der Arbeiter und revolutionären Führer richtete sich auch gegen opportunistische Kräfte in der Partei, die bei der Umstellung der Partei auf die neuen Kampfbedingungen hervortraten und die Existenz der revolutionären Kampfpartei bedrohten. Eine Gruppierung trat gegen den revolutionären Kampf der Arbeiterklasse auf, eine andere propagierte eine putschistische, anarchistisch beeinflusste Taktik. Die revolutionären Führer wiesen mit Unterstützung von Marx und Engels diese Kräfte zurück. Die Arbeiter nahmen unter Führung von August Bebel und Wilhelm Liebknecht den Kampf gegen das Sozialistengesetz auf. So wurde eine Unterstützungsaktion für Ausgewiesene eingeleitet. Das Unterstützungskomitee leitete August Bebel. Dadurch entstanden auch wieder die ersten Verbindungen unter den Genossen.

Ausweiskarte für einen ausgewiesenen Sozialdemokraten
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
August Bebel über eine illegale Versammlung Dresdner Genossen
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Sozialdemokraten entwickelten neue Methoden des Kampfes. Geheime, illegale Verbindungen wurden ergänzt durch legale Zusammenkünfte in Turn-, Wander- und Gesangsvereinen.

Die Sozialdemokraten nutzten die Reichstagswahlen zur Agitation und wirkten in sogenannten Hilfskassen zur Krankenunterstützung. Die Abgeordneten im Reichstag und in den Landtagen legten die Auffassungen zu wichtigen politischen Ereignissen dar und konnten auf diese Weise auch den Kampf der Arbeiter lenken. Erstmalig entwickelte so eine proletarische Massenpartei eine Kampftaktik unter besonders schweren Kampfbedingungen: die Verbindung der illegalen mit der legalen Arbeit. Dieser Kampf war schwer, denn überall setzte die Polizei ihre Spitzel ein.

Teilnehmer einer illegalen sozialdemokratischen Veranstaltung in der Nähe von Berlin werden von der Polizei abgeführt. (Zeitgenössische Darstellung)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Klugheit und Mut gehörten dazu, die Polizei zu überlisten.

Die „Rote Feldpost“

Um erfolgreich kämpfen zu können, brauchte die Arbeiterklasse eine Zeitung, die unbeeinflusst von der Polizeikontrolle Anleitung gab und die Ziele des Kampfes verbreitete. Mit Hilfe von Karl Marx und Friedrich Engels wurde seit dem 28. September 1879 in Zürich in der Schweiz „Der Sozialdemokrat“ herausgegeben.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Wöchentlich wurde „Der Sozialdemokrat“ illegal nach Deutschland gebracht und verbreitet. Tapfere Sozialisten sorgten für den Vertrieb. Ihre Organisation nannten die Arbeiter die „Rote Feldpost“.

Die Mitarbeiter der „Roten Feldpost“ arbeiteten sehr geschickt und mutig, so dass die Polizei nur selten eine Sendung Zeitungen abfangen konnte. Im Jahre 1886 wurden bereits 10 000 Exemplare der Zeitung „Sozialdemokrat“ in Deutschland verbreitet.

Im „Sozialdemokrat“ erschienen Artikel von Karl Marx und Friedrich Engels, August Bebel und Wilhelm Liebknecht. Aber auch sehr viele Arbeiter berichteten von ihren Erfahrungen.

Julius Motteler, der als Verantwortlicher für den Versand des „Sozialdemokraten“ den Ehrennamen „Der rote Feldpostmeister“ erhielt. (Fotografie)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Der Kampf gegen „Zuckerbrot und Peitsche“

Die Kampfentschlossenheit der Arbeiter, die sich in den Erfolgen der Sozialdemokratie bei Wahlen (wichtigste Ergebnisse..) widerspiegelten, zeigte den herrschenden Klassen, dass mit Unterdrückung und Terror die sozialistische Bewegung nicht zu beseitigen war. Bismarck versuchte daher, soziale Forderungen der Arbeiter aufzugreifen, einige soziale Verbesserungen zu gewähren, um dadurch die Arbeiter vom revolutionären Klassenkampf abzulenken.

Die „Peitsche“ des Terrors wurde durch das „Zuckerbrot“ der Sozialgesetze ergänzt.

Bismarck 1844 über die Sozialgesetze
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Die Sozialgesetze
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Sozialgesetze brachten für einen Teil der Arbeiter gewisse soziale Verbesserungen. Wieder regten sich opportunistische Kräfte in der Partei, die in den Sozialgesetzen die Verwirklichung des Sozialismus sahen. Solchen Auffassungen traten die revolutionären Parteiführer entgegen. Unter der Losung „Das Zuckerbrot verachten wir, die Peitsche zerbrechen wir!“ kämpfte die Partei weiter. Die Organisation wurde fester.

Von den Sozialgesetzen profitieren wir noch heute. Bismarck wird als der große Wohltäter dargestellt, weil er diese eingeführt hatte. In diesem Beitrag sehen wir aber, dass es sich in Wirklichkeit anders verhalten hatte.  Es wird an den Sozialgesetzen Abbau betrieben. Doch ganz abschaffen kann man sie nicht, da sie vom Reaktionär Bismarck geschaffen wurden, um Aufstände oder gar eine Revolution zu verhindern.

1886/87 organisierte die Partei umfangreiche Aktionen gegen Militarismus und Völkerhetze, für proletarischen Internationalismus. Den 10. Jahrestag des Sozialistengesetzes „feierten“ die Sozialdemokraten mit Flugblattaktionen und geheimen Versammlungen. An den Türen und Schornsteinen, ja sogar auf einigen Polizeigebäuden, wehten rote Fahnen. Die Gewerkschaften entstanden neu, und die Streiktätigkeit stieg seit Mitte der 1880er Jahre schnell an. Höhepunkt des Kampfes war der große Bergarbeiterstreik vom 04. Mai bis 06. Juni 1889. 

Militärstreife während des Streiks im rheinisch-westfälischen Industriegebiet 1889. Insgesamt wurden gegen die Streikenden 5 000 Infanteristen und fast 1 000 Kavalleristen eingesetzt. (Zeitgenössische Darstellung)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Nahezu 150 000 Bergarbeiter aller deutschen Steinkohlereviere streikten für die Achtstundenschicht, für 15 Prozent Lohnerhöhung, Beseitigung der Lohnabzugssysteme (Strafmaßnahmen der Unternehmer) und Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Dieser Streik traf die herrschenden Klassen schwer, denn solche Industriegebiete wie das Ruhrgebiet – hier lag der Schwerpunkt des Streiks – waren lebenswichtige Zentren der Schwer- und Rüstungsindustrie.

Wenn der Streik auch nur Teilerfolge auf sozialem Gebiet für die Arbeiter brachte, so war er doch von großer Bedeutung für die Einbeziehung neuer Schichten der Arbeiterklasse in den revolutionären Kampf. Für viele Bergarbeiter zeigte sich nicht zuletzt während der schweren Streiktage, dass die revolutionäre Sozialdemokratie der beste Sachwalter aller Arbeiter war.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Die Herstellung der Einheit der Arbeiterbewegung und einer einheitlichen revolutionären Partei

Die neuen Aufgaben der Arbeiterklasse

Die Ereignisse des Jahres 1871 stellten die deutsche Arbeiterklasse vor eine neue Situation und brachten neue Aufgaben für die revolutionäre Führung des Proletariats. Die durch die Einigung Deutschlands beschleunigte kapitalistische Entwicklung bot einerseits günstigere Entwicklungsbedingungen für die Arbeiterklasse. Es kam jetzt darauf an, die Arbeiterklasse verstärkt in proletarischen Organisationen zu sammeln und sie mit dem Marxismus vertraut zu machen. Andererseits schuf aber die reaktionäre „Einigung von oben“ für die Arbeiterklasse auch sehr schwierige Kampfbedingungen. Zwar war die Einheit Deutschlands hergestellt, aber Junker und Militaristen spielten die entscheidende Rolle im Staat, und die Bourgeoisie verband sich mit ihnen. Daher fiel der Arbeiterklasse die Aufgabe zu, für eine demokratische Umgestaltung Deutschlands zu kämpfen. Sie musste den Kampf der demokratischen Kräfte von 1848 und aus den 1860er Jahren um ein demokratisches Deutschland fortsetzen. Die Arbeiterklasse wurde zur einzigen Kraft, die die Interessen der Nation wahrnehmen konnte.

Um diese Aufgaben zu lösen, brauchte die deutsche Arbeiterklasse eine einheitliche und schlagkräftige Partei. Die Arbeiterbewegung war durch die Politik der lasselleanischen Führer in den ADAV und die SDAP gespalten.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Der Vereinigungsparteitag in Gotha

Als 1873/74 die SDAP das deutsche Volk zu einer großen antimilitaristischen Protestbewegung aufrief, kam es zu gemeinsamen Veranstaltungen von ADAV und SDAP. In großen Kundgebungen zeigte sich die Kraft der einheitlich handelnden Arbeiterklasse. Die Arbeiter erkannten ihre gemeinsamen Feinde. Die Führer des ADAV konnten sich nun dem Einigungsstreben nicht widersetzen.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Im Mai 1875 traten 56 Delegierte der SDAP und 73 Delegierte des ADAV zum Vereinigungsparteitag in Gotha zusammen. Sie vertraten rund 25 000 Mitglieder. Der Gothaer Vereinigungsparteitag beschloss einstimmig die Vereinigung der SDAP und des ADAV zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands. Die Organisation der vereinigten Parteien wurde dem bewährten Organisationsaufbau der SDAP nachgebildet. Die Ziele der Partei wurden im Gothaer Programm festgelegt.

August Bebel spricht auf dem Vereinigungsparteitag in Gotha 1875.(Gemälde von Hermann Kohlmann; 1953)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Vor der Vereinigung hatten Wilhelm Liebknecht und andere Eisenacher Programmforderungen der Lasselleaner nachgegeben, weil sie meinten, eine schnelle Einigung sei wichtiger als ein marxistisches Programm. So entstand ein Programmentwurf, der nicht den Anforderungen des Kampfes gegen den preußisch-deutschen Militarismus entsprach.

Marx und Engels traten gegen diesen Programmentwurf auf. Marx kritisierte 1875 den Entwurf in seinen „Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei“. In dieser Schrift verallgemeinerten die Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus die Erfahrungen der Pariser Kommune. Marx‘ Arbeit gehört zu den wichtigsten Schriften des Marxismus.

Der Programmentwurf stellte das Ziel des Kampfes der Arbeiterklasse falsch dar. Es vermengte demokratische Forderungen im bürgerlichen Staat mit der sozialistischen Gesellschaft. Im Programmentwurf wurde nicht gesagt, dass die Arbeiterklasse die politische Macht erobern muss. Marx kritisierte das und schrieb: „Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andere. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts anderes sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats.“

Zitatquelle

Die Diktatur des Proletariats ist notwendig, um den Widerstand der Ausbeuter_klassen zu brechen und den Sozialismus aufzubauen.

Der Programmentwurf dagegen wies der Arbeiterklasse einen falschen Weg zu ihrem Ziel. Er weckte den Anschein, als könne die Arbeiterklasse durch die Errichtung von Produktionsgenossenschaften mit Hilfe des Staates (des Staates der Junker und Kapitalisten) die wirtschaftliche Herrschaft der Ausbeuter_klassen vermindern und gar beseitigen.

Der Programmentwurf enthielt falsche Auffassungen über die Feinde der Arbeiterklasse. Er sprach nur von der Kapitalisten_klasse und ließ die Junker, die den größten Anteil an der politischen Macht besaßen, unberücksichtigt. Der Charakter des Klassenstaates wurde verwischt.

Der Programmentwurf leugnete die internationale Solidarität der Arbeiterklasse. Auf Grund der Kritik von Karl Marx korrigierten die Verfasser das Programm in dieser Frage. Trotz der Kritik von Karl Marx wurde der Programmentwurf der Partei sonst nur unerheblich verändert.

Daher blieb das Gothaer Programm hinter dem Entwicklungsstand der Arbeiterbewegung zurück. Es war seinem Wesen nach opportunistisch und belastete die Einigung schwer. Dennoch war die Einigung ein Erfolg. Seit 1875 verfügte die deutsche Arbeiterklasse über eine einheitliche sozialistische Partei, und die Arbeiter legten das Programm im revolutionären Sinne aus.

Mit Hilfe von Marx und Engels setzten sich die marxistischen Kräfte in der Partei durch. Dadurch errang die Partei große Erfolge. 1877 gab sie allein 41 Zeitungen heraus, die von 200 000 Arbeitern abonniert wurden. Im gleichen Jahr entsandte die Partei 12 Abgeordnete in den Reichstag. Die Gewerkschaften breiteten sich nach 1875 aus und erhöhten damit ihre Kampfkraft.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Der Widerspruch zwischen dem reaktionären System und der kapitalistischen Entwicklung in Deutschland

Das Wiedererstarken der Reaktion

Die Revolution von 1848/49 hatte die gesellschaftlichen und politischen Zustände in Deutschland nicht zu ändern vermocht. Die historisch überlebten feudalen Kräfte – Könige, Fürsten und Junker – behielten weiter die politische Macht. Die Zersplitterung Deutschlands in über 30 Einzelstaaten blieb erhalten.

Die bürgerlichen Revolutionen 1848/49 in Europa
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die reaktionären Kräfte versuchten, die Niederlage der Revolution zur Festigung ihrer Herrschaft zu benutzen. So wurde der Deutsche Bund wiederbelebt. Er sollte dazu beitragen, dass die reaktionären Zustände in Deutschland erhalten blieben. Zwar gerieten Österreich und Preußen im Kampf um die Vorherrschaft im Deutschen Bund in zunehmenden Gegensatz zueinander, aber bei der Unterdrückung der Volksmassen wirkten sie einträchtig zusammen.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Durch Gesetze und Verordnungen, Polizeiterror und Justizwillkür versuchten die Einzelstaaten und der Deutsche Bund, jede demokratische Regung und erst recht die Arbeiterbewegung zu ersticken. Die demokratischen Volksvereine und die Arbeiterorganisationen wurden unterdrückt, Presse und Versammlungen einer strengen Aufsicht unterworfen. Die Geheimpolizei wurde vergrößert.

Im Jahre 1851 gelang es der Polizei, führende Mitglieder des Bundes der Kommunisten zu verhaften. Nach achtzehnmonatiger Untersuchungshaft fand 1852 gegen zwölf Angeklagte der berüchtigte Kölner Kommunistenprozess statt. Trotz der Haltlosigkeit der Anklage, die auf Fälschungen und Meineiden beruhte, wurden 7 Angeklagte zu insgesamt 36 Jahren Festungshaft verurteilt.

Mit der Verurteilung der ersten internationalen und deutschen Arbeiterpartei sollte die Arbeiterbewegung als gesellschaftliche Kraft ausgeschaltet und die gesamte demokratische Bewegung entscheidend getroffen werden.

Zur Wirtschaft Deutschlands um 1860
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Zuspitzung der Widersprüche in Deutschland

Selbst die angestrengsten Bemühungen der Reaktion, eine politische Friedhofsruhe in Deutschland zu schaffen, konnten die Entwicklung nicht rückgängig machen. Gegen die gesellschaftlichen Gesetzmäßigkeiten war die Reaktion machtlos. Sie konnte nicht verhindern, dass sich auch in Deutschland der Kapitalismus in Industrie und Landwirtschaft schnell entwickelte.

So wirkten damals in Deutschland die gesellschaftlichen Widersprüche weiter, die schon zur Revolution von 1848/49 geführt hatten. Die kapitalistische Wirtschaft verlangte grundlegende politische Veränderungen. Wenn die deutsche Bourgeoisie auf dem Weltmarkt Schritt halten wollte, dann mussten die Fesseln fallen, die die kapitalistische Entwicklung hemmten. Noch immer gab es unterschiedliche Maße, Münzen und Gewichte, noch immer war die Gesetzgebung in den Einzelstaaten uneinheitlich. Die Bourgeoisie aber brauchte einen einheitlichen und starken Staat, der ihre Interessen im Inland wie auf dem Weltmarkt zu unterstützen vermochte.

Die Bildung des einheitlichen Nationalstaates musste antifeudalen Charakter tragen, als Aufgabe einer bürgerlichen Revolution sein. Während der Revolution war es die Aufgabe der Bourgeoisie, die Macht des Junkertums und der Dynastien zu beseitigen. Ein bürgerlich-demokratischer Nationalstaat lag aber nicht nur im Interesse der Bourgeoisie, sondern auch im Interesse der Arbeiterklasse. In einem solchen Staat hätte die Arbeiterklasse günstigere Bedingungen für ihre Organisation und die Entfaltung des proletarischen Klassenkampfes gegen die Bourgeoisie gehabt.

 

Die beiden Wege zur Schaffung eines einheitlichen Nationalstaates

Nur zwei Kräfte waren nach 1848/49 in der Lage, die nationalstaatliche Einigung gegen den Widerstand der Einzelstaaten herzustellen: die Volksmassen oder das junkerlich-militaristische Preußen. Diesen beiden entgegengesetzten Kräften entsprachen zwei mögliche Wege zur nationalstaatlichen Einigung.

Der Weg, den die Volksmassen gehen wollten, war die Revolution von unten. Nur eine revolutionäre Volksbewegung gegen die historisch überlebten, aber noch die Macht ausübenden feudalen Kräfte konnte zur Beseitigung der vielen Herrscherhäuser und ihrer Stützen, zur Schaffung eines einheitlichen Nationalstaates mit demokratischen Verhältnissen, zur Befreiung der national unterdrückten Völker und zur Herstellung friedlicher Verhältnisse zu den Nachbarvölkern führen. Dieser Weg war nur im Kampf gegen das junkerlich-militaristische Preußen für eine demokratische Republik möglich.

Der andere Weg, den das junkerlich-militaristische Preußen einschlagen wollte, war die Einigung Deutschlands von oben mit Gewalt durch den preußischen Militarismus. Dieser Weg richtete sich gegen die demokratischen Kräfte des deutschen Volkes und hatte die Erhaltung der Junker und Fürsten, die Vorherrschaft des reaktionären Preußens in Deutschland zum Ziel.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Wilhelm Liebknecht

Wilhelm Liebknecht
Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Wilhelm Liebknecht (1826 bis 1900).

Er entstammte einer Gelehrten- und Beamtenfamilie und studierte Sprachwissenschaften und Philosophie. Weil er 1849 an den Revolutionskämpfen teilgenommen hatte, musste er nach der Niederlage der Revolution emigrieren. Aus der Schweiz wurde er ausgewiesen und siedelte nach London über. Hier zählte er bald zu den Anhängern und Freunden von Marx und Engels, deren Auffassungen er teilte und von denen er viel lernte. 1862 kehrte er nach Deutschland zurück. Als er 1865 aus Berlin ausgewiesen wurde, ging er nach Leipzig.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

August Bebel

August Bebel
Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

August Bebel (1840 bis 1913).

Er wurde als Sohn eines preußischen Unteroffiziers in Köln geboren. Die Not der Armen lernte August Bebel von Jugend auf kennen. Als er vier Jahre alt war, starb sein Vater. Mit 13 Jahren verlor er seine Mutter. August Bebel kam zu einem Drechsler in Wetzlar in die Lehre. Als Handwerksgeselle durchzog er Süddeutschland und Österreich und kam schließlich nach Leipzig. Bebel sagt selbst, dass diese Reise nach Leipzig für seine weitere Zukunft entscheidend wurde. Dort fand er Anschluss an die Arbeiterbewegung.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

Der Kampf der Arbeiterklasse gegen Ausbeutung und Unterdrückung

Streikkämpfe der Arbeiterklasse und die Herausbildung der Gewerkschaften

Der unversöhnliche Klassengegensatz zwischen Arbeiterklasse und Bourgeoisie war auf ökonomischem Gebiet für die Arbeiter besonders sichtbar. Die Arbeiter erkannten deshalb bald, dass sie selbst die geringsten Forderungen – höheren Lohn, kürzere Arbeitszeit, bessere Arbeitsbedingungen – nur im ständigen Kampf gegen die Bourgeoisie durchsetzen konnten. Ein wirksames Mittel im Klassenkampf war die Verweigerung der Arbeit, der Streik. (Das Wort „Streik“ kommt vom englischen to Strike=schlagen und wurde zuerst 1856 im Sinne von „die Kapitalisten schlagen“ verwendet.)

Um erfolgreich kämpfen zu können, müssen sich die Arbeiter zusammenschließen. So entstanden zunächst örtliche Vereinigungen von Arbeitern eines Berufes, die Fachvereine. Sie bildeten die Grundlage für die Herausbildung zentraler Gewerkschaften.

In England, dem damals entwickelsten kapitalistischen Land, waren die Arbeiter am besten organisiert. Die Arbeiter verlangten die Abschaffung der vielen Überstunden. Daraufhin sperrten die Kapitalisten 1852 15 000 Arbeiter der Maschinenfabriken, darunter 3500 Gewerkschaftsmitglieder, in London und Lancashire aus. (Bei einer Aussperrung lassen die Kapitalisten die Arbeiter nicht an ihre Arbeitsplätze und zahlen ihnen keinen Lohn. Dadurch versuchen sie die Arbeiter zu zwingen, bestimmte Bedingungen anzunehmen.) Die Kapitalisten versuchten damit, die Arbeiter zum Austritt aus der Gewerkschaft zu zwingen. Nach dreimonatigem Ringen mussten die Arbeiter den Kampf abbrechen. Die Kapitalisten erreichten ihr Ziel jedoch nicht: Die Arbeiter blieben ihrer Organisation treu. Die Gewerkschaft der Maschinenbauer, die sich im Kampf bewährt hatte, wurde zum Vorbild für andere Gewerkschaften.

1858/59 forderten die Bauarbeiter Londons den neunstündigen Arbeitstag. Durch eine Massenaussperrung, von der 24 000 Arbeiter betroffen wurden, wollten die Kapitalisten die Bauarbeiter-Gewerkschaften sprengen. Arbeiter ganz Englands unterstützten das Ringen der Bauarbeiter Londons, das von August 1858 bis Februar 1860 währte. Die organisiert kämpfenden Arbeiter erwiesen sich als unbezwingbar.

Auch in Deutschland fanden in dieser Zeit Streiks statt. In der Zeit von 1852 bis 1859 kam es zu über 100, allerdings kleineren Streiks. Mehr als die Hälfte davon wurde polizeilich niedergeworfen.

Mit der Verschärfung des Gegensatzes zwischen der Arbeiterklasse und den Kapitalisten nahmen die Streiks zu, und die Gewerkschaften breiteten sich aus. Bisher noch nicht organisierte Arbeiter traten den Gewerkschaften bei. Fachvereine schlossen sich zentralen Verbänden an. Neue Gewerkschaften bildeten sich. Die Arbeiterklasse konnte den Klassenkampf gegen die Bourgeoise umfassender und erfolgreicher führen.

 

 

Streik um 1860 in einem Werk in L Creuzot (Frankreich). (Zeitgenössische Darstellung)
Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Vereinigte Gesellschaft der Maschinenbauer, 1851 gegründet, war die größte Gewerkschaft Englands. Die zählte 1851 5000 Mitglieder, 1866/67 waren es bereits 33 000. Um 1870 waren 375 000 englische Arbeiter gewerkschaftlich organisiert.

In Deutschland wurden die Arbeiterorganisationen rücksichtslos unterdrückt. Dennoch bestanden von 1852 bis 1859 über 800 lokale Arbeitervereinigungen, darunter Fachvereine und gewerkschaftliche Hilfskassen. Ein Teil knüpfte untereinander Verbindungen an. Es entstanden die ersten zentralen Gewerkschaftsverbände der Tabakarbeiter (1865) und der Buchdrucker (1866).

Die einzelnen Gewerkschaften erfassten die Arbeiter eines Berufs. Größere Kämpfe aber erforderten das Zusammenwirken der Gewerkschaften über die Berufsgrenzen hinaus. Veranlasst durch den Bauarbeiterstreik 1859/1860 entstand 1860 der Londoner Gewerkschaftsrat. Ihm gehörten viele Leiter von gewerkschaftlichen Zentralverbänden an. Er wurde bald zum führenden Organ der gesamten englischen Gewerkschaftsbewegung.

Bedeutung und Grenzen des ökonomischen Klassenkampfes des Proletariats

Der Kampf um bessere Arbeits- und Lebensbedingungen bildete einen wichtigen Bestandteil des proletarischen Klassenkampfes. Durch ihn konnten auch noch nicht klassenbewusste Arbeiter in den Kampf einbezogen werden. So förderte er den Organisationsprozess der Arbeiterklasse. Dadurch wurden die Arbeiter aktionsfähiger; sie wurden zum gesellschaftlichen Machtfaktor. Die Gewerkschaften waren reine Arbeiterorganisationen. Durch ihren Kampf setzte die Arbeiterklasse -allerdings nur geringe- Lohnerhöhungen durch und erzwang die Verkürzung der Arbeitszeit.

Dieser ökonomische Kampf diente zunächst der Verbesserung der Lage der Arbeiter innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft. Er war überhaupt nicht auf die Beseitigung der Ausbeutung ausgerichtet. Deshalb konnte er die gesellschaftliche Lage der Arbeiterklasse im Kapitalismus als ausgebeutete und politisch unterdrückte Klasse nicht grundsätzlich ändern. Die Arbeiterklasse muss darum ihr ökonomisches Ringen mit dem politischen Kampf verbinden.

 

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Bourgeoisie setzte ihre wirtschaftliche und politische Macht gegen die Organisationsbestrebungen der Arbeiter ein. Jeder Fortschritt in der Organisierung der Arbeiter musste deshalb gegen die Bourgeoisie und ihren Staat erkämpft werden.

In Frankreich verbot das Gesetz „Le Chapelier“ von 1791 alle Arbeiterorganisationen und Streiks. Aber auch der französische Kaiser Napoleon III. und seine Polizei- und Militärmacht erwiesen sich außerstande, die Bildung von Arbeitervereinen und die Durchführung von Streiks zu verhindern. Durch ihren Kampf erzwang die Arbeiterklasse 1864 die teilweise Aufhebung dieses Gesetzes.

In allen kapitalistischen Staaten musste sich die Arbeiterklasse demokratische Rechte, wie das Versammlungs- und Vereinigungsrecht, selbst erkämpfen. Das Ringen um diese demokratischen Rechte ist Bestandteil des politischen Kampfes. Er muss sich letztendlich gegen das Herrschaftssystem der Bourgeoisie richten und zur Eroberung der politischen Macht der Arbeiterklasse führen. Der politische Kampf ist die höchste und wirkungsvollste Form des proletarischen Klassenkampfes.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982. Bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Der Aufruf des Zentralkomitees der KPD vom 11. Juni 1945

Unmittelbar nach der Veröffentlichung des Befehls Nr. 2 erschien der Aufruf des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Deutschlands an das deutsche Volk vom 11. Juni 1945. Die deutschen Kommunisten beantworteten darin Fragen, die die Menschen in allen Besatzungszonen bewegten. Die im Aufruf formulierten Aufgaben verleihen ihm den Charakter eines Aktionsprogramms für die Errichtung einer antifaschistisch-demokratischen Ordnung in ganz Deutschland.

Die Tätigkeit des „Nationalkomitees Freies Deutschland“ und der antifaschistische Widerstandskampf bestätigten und bereicherten die Vorstellungen der KPD über die Errichtung eines antifaschistisch-demokratischen deutschen Staates. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse widerspiegelten sich in dem „Aktionsprogramm des Blocks der kämpferischen Demokratie“ ,das Wilhelm Pieck, Walter Ulbricht und Anton Ackermann im Auftrag des Zentralkomitees der KPD ausgearbeitet hatten und im Oktober 1944 zur Beratung vorlegten. Es wurde in der folgenden Zeit präzisiert und stellte mit seinen Grundsätzen und dem dazugehörigen Sofortprogramm eine direkte Vorstufe des Aufrufs vom 11. Juni 1945 dar. Der Aufruf berücksichtigt sowohl die geschichtlichen Lehren der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung als auch die Erfahrungen, die die Tätigkeit der Aktivisten der ersten Stunde vermittelte. Unter Leitung Wilhelm Piecks ausgearbeitet und mit führenden Funktionären der KPdSU und der kommunistischen Weltbewegung wie zum Beispiel Georgi Dimitroff beraten, beachtete der Aufruf das veränderte internationale Kräfteverhältnis am Ende des II. Weltkrieges und die konkrete Situation in Deutschland.

aus-aufruf-der-kpd-vom-11.juni-1945aus-aufruf-der-kpd-vom-11.juni-1945-2Aus Aufruf des ZK der KPD vom 11.Juni 1945 3Quellenangabe Aus Aufruf des ZK der KPD vom 11.Juni 1945

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 10. Klasse, Stand 1981

 

Es war kein Zufall, dass sich die Kommunistische Partei Deutschlands als erste Partei mit einem Aktionsprogramm an die Öffentlichkeit wandte. Die Generallinie des VII. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale folgend, hatte die KPD mit den Beschlüssen der Brüsseler (1935) und Berner (1939) Parteikonferenz ein wissenschaftliches Programm erarbeitet, das den damaligen Kampfbedingungen entsprach und den Weg zur Überwindung der faschistischen Diktatur wies.

Es war immer das revolutionäre Ziel der KPD gewesen, die Arbeiterklasse und alle Werktätigen zum Sozialismus zu führen.

In der neuen, aber vorübergehenden Epoche der Menschheitsgeschichte, die mit der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution eingeleitet worden war, konnten die sozialen und nationalen Probleme nur vollständig durch den Aufbau des Sozialismus gelöst werden. Die KPD ging in ihrem Aktionsprogramm jedoch von der Erfahrung der internationalen Arbeiterbewegung aus, dass die Arbeiterklasse auch in hochindustrialisierten Ländern nicht in einem Sprung ihre politische Klassenherrschaft errichten kann. Für die sofortige Errichtung des Sozialismus fehlten in Deutschland nach der Zerschlagung des Faschismus wichtige Voraussetzungen. So musste in erster Linie die Einheit der Arbeiterklasse hergestellt und eine marxistisch-leninistische Partei geschaffen werden, ohne deren Existenz und Führung die Arbeiterklasse die sozialistische Revolution nicht vollziehen kann. Der Weg zum Sozialismus war in der deutschen Arbeiterklasse infolge der jahrzehntelangen Spaltung der Arbeiterbewegung und des Einflusses der bürgerlichen und faschistischen Ideologie noch unklar und umstritten. Notwendig war auch die Herstellung eines festen Bündnisses der einheitlich handelnden Arbeiterklasse mit den werktätigen Bauern, der Intelligenz und andren demokratischen Kräften. Infolge der Spaltung der Arbeiterklasse, des reformistischen Einflusses rechter SPD-Führer und der Wirkung der faschistischen Propaganda war die Mehrheit des deutschen Volkes zunächst nicht für unmittelbar sozialistische, wohl aber für antifaschistisch-demokratische Aufgaben zu gewinnen. Diese Erkenntnis bestimmte den Charakter der im Aufruf formulierten Aufgaben. Zunächst standen die restlose Vernichtung von Militarismus und Faschismus, die Beseitigung der Monopole und des junkerlichen Großgrundbesitzes auf der Tagesordnung. Es galt, die wichtigsten Positionen in Staat und Wirtschaft mit Vertretern des werktätigen Volkes zu besetzen.

Die antifaschistisch-demokratische Ordnung sollte in Gestalt einer parlamentarisch-demokratischen Republik mit allen Rechten und Freiheiten für das Volk errichtet werden. Das bedeutete, dass ein einheitlicher deutscher Staat nur auf antiimperialistisch-demokratischer Grundlage, ohne Monopolkapital und Junkertum entstehen sollte.

Der Aufruf des Zentralkomitees der KPD vom 11. Juni 1945 war das wissenschaftlich begründete Aktionsprogramm der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung. Es wies dem deutschen Volk den Weg zum antifaschistisch-demokratischen Neuaufbau. Der Kampf um die Erfüllung der Aufgabe stellte die erste Etappe eines revolutionären Prozesses dar, in dem wesentliche Voraussetzungen für den Aufbau des Sozialismus entstehen konnten.

 

 

Zusammenfassung Aufruf ZK der KPD vom 11.Juni 1945Zusammenfassung Aus Aufruf des ZK der KPD vom 11. Juni 1945 2

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 10. Klasse, Stand 1981

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 10. Klasse, Stand 1981, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR