Glanz und Elend unter dem landesfürstlichen Absolutismus

Das prunkvolle Leben der Fürsten

Kein Fürst, so klein sein Ländchen auch sein mochte, wollte in Prunk und Luxus hinter seinen Nachbarn zurückbleiben. Besonders prächtig ging es in Dresden zu, wo um 1700 August der Starke als Kurfürst von Sachsen regierte.

Sachsen war eines der am weitesten entwickelten Länder. Handwerk, Handel und vor allem der Silberbergbau des Erzgebirges brachten beachtliche wirtschaftliche Erfolge. Leipzig wurde durch seine Messen zu einem führenden Handelszentrum Deutschlands.

Am Hofe der Kurfürsten wimmelte es von Adligen, die hier als Minister, Generale, Kammerherren, Hofdamen oder auch nur als Gäste des Herrschers lebten. Tausende von Kammerdienern, Zofen, Friseuren, Köchen, Kutschern, Pferdeknechten, Leibjägern, Türhütern, Leibärzten, Tanzmeistern und Musikern bedienten und unterhielten die adligen Müßiggänger. Im kurfürstlichen Schloss in Dresden, im Lustschloss Pillnitz oder im Jagdschloss Moritzburg folgte ein Vergnügen dem anderen. Schon in den frühen Nachmittagsstunden drängten sich die Gäste in den Sälen. Sie tafelten, tanzten und spielten Karten. Bis tief in die Nacht dauerten die Feste.

Über Feste anlässlich neuvermählter Kronprinzessin

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Um seinen Reichtum und seine Großzügigkeit zu zeigen, ließ August der Starke Sänger, Schauspieler und Musiker aus Italien herbeiholen. Die Aufführung einer Oper kostete bisweilen Zehntausende Goldstücke. Manchmal veranstaltete der Kurfürst Jagden. Doch vielen der verwöhnten Adligen war eine richtige Jagd zu beschwerlich. Sie fanden es vergnüglicher, die von Jägern und Bauern in ein sicheres Gehege getriebenen Tiere ohne jede Anstrengung abzuschießen. Bei Wasserfesten, die auf dem Teich vor der Moritzburg abgehalten wurden, fanden Ruderrennen und kostspielige Feuerwerke statt.

 

Die Errichtung prächtiger Bauten

Die Fürsten setzten allen Ehrgeiz daran, ihre Residenzstädte mit neuen Schlössern und Parks auszustatten und auf dem Lande kleinere, aber ebenfalls prunkvolle Schlossbauten errichten zu lassen. Als Vorbild diente zumeist das Schloss Ludwigs XIV. in Versailles. Bisweilen gründeten die Fürsten völlig neue Städte, in denen sie unabhängig von bereits bestehenden Bauten ihr Schloss als Mittelpunkt der Stadt errichteten und damit eine zentrale Stellung im Staat zum Ausdruck bringen konnten. Karlsruhe, Mannheim, Oranienbaum bei Dessau und Ludwigslust sind solche absolutistischen Stadtanlagen.

Das verschwenderische Hofleben an den fürstlichen Residenzen kommt auch im Baustil des 17. Und 18. Jahrhunderts zum Ausdruck. Seine schwungvolle, wuchtig überladene Formenwelt wird als Barock bezeichnet. (Das Wort Barock kommt von dem portugiesischen Wort barocco, das heiß unregelmäßige Perle. Es wurde zuerst im Französischen als Stilbezeichnung verwendet.)

Karlsruhe im Jahre 1742

Karlsruhe im Jahre 1742

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

In dem Maße, wie sich das Leben am Hofe immer mehr nach französischem Vorbild „verfeinerte“, verwandelte sich der Baustil in das zierliche, verspielte Rokoko. (Das Wort Rokoko kommt aus dem französischen Wort rocaille, das man mit Muschelwerk übersetzt.)

Die Baumeister legten die Schlossbauten meist systematisch an. Sämtliche Zimmer lagen in einer geraden Achse, so dass der Schlossherr bei geöffneten Türen alle Räume übersehen konnte. Eine besondere Leistung des deutschen Schlossbaues waren die großen prächtig gestalteten Treppenhäuser. Weit über das notwendige Maß hinaus wurden raumverschwendende Treppenhallen gebaut und mit Figuren und Deckengemälden geschmückt. Baumeister, Bildhauer und Maler mussten eng zusammenarbeiten, um eine einheitliche Raumwirkung zu erreichen. Auch die Gärten waren streng geometrisch gestaltet; Bäume, Büsche und Hecken wurden künstlich zurechtgestutzt. Selbst die Natur sollte sich dem Willen des Herrschers beugen. Den Untertanen war der Zutritt zu den fürstlichen Schlössern und Gärten auf das strengste untersagt.

Berliner Zeughaus

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Treppenhaus im Würzburger Schloss

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

In Dresden schuf der Baumeister Pöppelmann im Auftrage Augusts des Starken von 1711 bis 1728 den weltbekannten Zwinger.  Mit seinen Pavillons und Galerien dienste dieses Kleinod barocker Baukunst der Hofgesellschaft als Ort für manigfaltige Lustbarkeiten.

Für den preußischen König Friedrich II. erbaute Knobelsdorff einen Sommersitz in Potsdam. Aus einer Skizze des Königs entwickelte der Baumeister den langestreckten, eingeschossigen Bau von Sanssouci. (Das Wort Sanssouci kommt aus dem Französischen und heißt „Ohne Sorge“.) Das in den Jahren 1745 bis 1747 errichtete Schlösschen war den persönlichen Wünschen und Neigungen der Königs angepasst. Ranken, Muschelwerk und zierliches Geschnörkel an Decken und Wänden, Seidentapeten und spiegelbesetzte Wandflächen sich Merkmale des hier angewendeten Rokokostils.

Konzertsaal Schloss SanssouciBildunterschrift Konzertsaal Schloss Sanssouci

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Bibliothek Schloss Sanssouci

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Schloss Sanssouci

Schloss Sanssouci

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

 

Der Zwinger in Dresden

Der Zwinger in Dresden

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Diese und die anderen Bauwerke des Barock und Rokoko sollten in beeindruckender Weise durch Entfaltung von Prunk und Pracht, die Macht des absolutistischen Landesherrn zeigen. Sie sind uns wertvolle Zeugnisse der Schöpferkraft des Volkes, mit dessen Geldern und Arbeitsleistungen sie errichtet wurden. Baumeister, Künstler und Hunderte Handwerker und Arbeiter arbeiteten jahrelang an ihnen. Diese Bauten, soweit sie auf dem Gebiet der DDR standen, zählten zu den kostbarsten Schätzen der Nationalkultur der DDR und standen allen Werktätigen(arbeitenden Menschen) zur Erholung und kulturellen Bildung offen. Nach 1990 haben das die Neu-Bundesländer oder Stiftungen übernommen.

Bereits in der DDR wurde jährlich viel Geld aufgewandt, um  die historischen Bauten und Anlagen zu pflegen und die Schäden, die vor allem durch den Zweiten Weltkrieg entstanden waren, endgültig zu überwinden. Allein der Wiederaufbau des Zwingers, der 1945, also bereits vor Gründung der DDR, sofort begann und 1964 abgeschlossen wurde, kostete 12 Millionen Mark.

 

Die Belastung der Volksmassen

Die Errichtung des landesfürstlichen Absolutismus war untrennbar mit einem höheren Geldbedarf verbunden. Die Aufwendungen für Hofhaltung und Bauten, für Beamte und Heer ließen die Ausgaben sprunghaft ansteigen. Deshalb führten die Fürsten jetzt endgültig die Steuer ein, die jeder Untertan dem Staat zu zahlen hatte, sofern er nicht von ihr befreit war. Dabei waren direkte und indirekte Steuern zu unterscheiden: Die direkte Steuer musste je nach Grundbesitz oder anderem Vermögen in bar entrichtet werden. Die indirekte Steuer  erhob der Staat vor allem auf Verbrauch von Lebensmitteln und Rohstoffen aller Art. Sie wurde in unterschiedlicher Höhe dem Warenpreis zugeschlagen und dann beim Kauf vom Verbraucher bezahlt.  Das kennen wir heutzutage auch. Z.B. die Mehrwertsteuer ist eine indirekte Steuer von heute.

Da die Steuersätze im allgemeinen allmählich, aber stetig anwuchsen, umfassten die Steuern einen immer größeren Teil des Einkommens. Auf dem Lande übertrafen sie bereits die Summe der alten Feudallasten. Zugute aber kamen diese Gelder allen Angehörigen der Feudalklasse, die als Beamte oder Offiziere im Dienste des Fürstenstaates standen.

Die Landesfürsten steigerten Zahl und Höhe der Zölle weiter, um ihre Einnahmen schnell zu vermehren. An Brücken, Kanälen, Straßenkreuzungen, Stadttoren, in Häfen und Grenzorten wurden die Handelswaren mit Zöllen belegt. Das behinderte den Handel auf das schwerste. Die Vielzahl der Zölle, die es in Deutschland gab, verteuerte die Waren übermäßig.

Die Fürstenstaaten hatten aber nicht bloß unterschiedliche Zollsätze, sondern rechneten auch mit verschiedenartigen Münzen, Maßen und Gewichten. Unter diesen Umständen konnte sich kein geschlossenes deutsches Wirtschaftsgebiet herausbilden. Der landesfürstliche Absolutismus verzögerte damit die Entwicklung der kapitalistischen Wirtschaft und die Herausbildung eines bürgerlichen deutschen Nationalstaates weiterhin.

Münzen in Deutschland im 18. und 19. Jahrhundert

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

 

Da die Einnahmen noch immer nicht ausreichten, griffen die Fürsten zu den verwerflichsten Mitteln. Sie verbündeten sich mit den großen auswärtigen Mächten und stellten ihnen für deren Kriege Soldaten zur Verfügung, nur um Hilfsgelder, Subsidien genannt, zu erlangen.

Ihre furchtbarste Steigerung erfuhr diese Politik während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges. Damals verkauften deutsche Fürsten ihre „Landeskinder“ wie Schlachtvieh dem englischen König. Innerhalb von fünf Jahren wurden 33 000 Soldaten verschachert.

Der Menschenhandel rief weithin Abscheu und Verachtung hervor. Seine Hintergründe schilderte Friedrich Schiller ergreifend in seinem Trauerspiel „Kabale und Liebe“.

Mit Gut und Blut bezahlte das deutsche Volk das Wohlleben einer großen Schar absolutistischer Herrscher, die sich heuchlerisch als seine „Landesväter“ ausgab, und ihrer adligen Schmarotzer.

In der alten BRD und zum Teil noch heute ,nennt man scherzhaft die jeweiligen Ministerpräsidenten der Bundesländer „Landesvater“. Zwischenzeitlich gibt es auch Ministerpräsidentinnen. Diese als „Landesmutter“ zu bezeichnen, klingt seltsam. Darum hat sich diese scherzhafte Bezeichnung der Ministerpräsidenten verloren. Vermutlich hat sie ihren Ursprung in der Zeit des Absolutismus.

Punkte aus Vertrag zwischen England und Fürst von Waldeck 20.04.1776

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Geschichtsbuch DDR 7. Klasse Kopie

 

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Glanz und Elend unter dem landesfürstlichen Absolutismus