Zu weiteren Seiten der Rechtsverwirklichung 
in der Untersuchungstätigkeit


Zunächst hier eine prinzipielle Darlegung, welche sowohl die vorhergehenden, als auch insbesondere die nachfolgenden Beiträge betrifft.

§ Kopie 4

Zwischen dem normierten Recht, den fixierten rechtlichen Vorschriften 
und ihrer Verwirklichung, der Rechtsanwendung und Rechtspraxis, gibt es
immer eine größere oder geringere Differenz. Das liegt in der Natur des
 Rechts: denn es besteht aus Soll-Vorschriften. Nirgends beschreiben die rechtlichen Vorschriften einen Ist-Zustand. (Deshalb gibt es übrigens auch – neben
den rein juristischen Wissenschaften – auch das wissenschaftliche Gebiet
 der „Rechtstatsachenforschung“, die den Ist-Zustand des Rechtswesens untersucht.) Es ist offensichtlich, dass die Verwirklichung der gesetzlichen und anderen Rechtsvorschriften maßgeblich mit davon abhängt, ob auch die realen Voraussetzungen für ihre Verwirklichung geschaffen werden bzw. vorhanden
 sind.

Grundprinzip der Tätigkeit der Untersuchungsorgane des MfS
 war immer, auf der Grundlage und in Durchsetzung des DDR-Rechts ein
hohes Maß an Übereinstimmung zwischen dem normierten Recht und der tatsächlichen Rechtspraxis herzustellen.
 Die Untersuchungstätigkeit im MfS entwickelte und vollzog sich ebenfalls 
in Abhängigkeit von realen Umständen und Bedingungen:

  1. Die Entwicklung der Rechtsverwirklichung in den Untersuchungsorganen 
der DDR war zunächst wesentlich bestimmt von den besatzungsrechtlichen Bestimmungen und Verhältnissen. Die aus der sowjetischen
 Besatzungszone hervorgegangene DDR war bei ihrer Gründung so eingeschränkt souverän wie die aus den drei westalliierten Zonen hervorgegangene BRD.
 Am 10. Oktober 1949 wurde aus der Sowjetischen Militäradministration
 in Deutschland (SMAD) die Sowjetische Kontrollkommission. Daraus ging
am 28. Mai 1953 die sowjetische Hohe Kommission hervor. Beide Institutionen kontrollierten die Einhaltung und Umsetzung des Potsdamer Abkommens
 und anderer alliierter Beschlüsse. Sie sorgten dafür, dass es keine
den sowjetischen Interessen entgegenstehende Politik und Entwicklung in ihrer Besatzungszone geben konnte.
Die Fortexistenz sowjetischer hoheitlicher Rechte und Funktionen in der 
DDR hatte für die Entwicklung und Tätigkeit der Staatsorgane der DDR
(und damit selbstverständlich auch für das MfS und seine Untersuchungsorgane)
eine durchaus praktische Bedeutung.
 Unmittelbarer Ausdruck der sowjetischen Präsenz war die Tätigkeit
sowjetischer Berater auch in den Untersuchungsorganen. Sie unterstützten
die Qualifizierung der anfangs unerfahrenen Untersuchungsführer(Anleitung 
in untersuchungstaktischen Fragen, Erziehung zu Gründlichkeit, Exaktheit
 und Ausdauer, Durchsetzung einer den kriminalistischen Regeln entsprechenden Protokollierung). Sie hatten damit – auch wenn das heute je
nach Standpunkt unterschiedlich bewertet wird – einen erheblichen Anteil
 an den in den ersten Jahren erzielten Ergebnissen.
 Ihre Aufgabe bestand jedoch in erster Linie in der Durchsetzung sowjetischer Interessen und Standpunkte in der Tätigkeit der Untersuchungsorgane.
 Die Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen zeigte sich auch darin,
 dass eingeleitete Strafverfahren gegen Bürger der DDR(abgesehen von
 der Vielzahl von ihnen selbst durchgeführter Strafverfahren) in einer Reihe
 von Fällen von sowjetischen Organen übernommen und die betroffenen Personen 
von sowjetischen Gerichten verurteilt wurden. Dass bereits die Einleitung
 von Verfahren auf maßgeblichen sowjetischen Einfluss hin erfolgte,
 liegt nahe.
 Wenn derartige Vorgänge heute beurteilt werden, ist es unumgänglich,
den tatsächlichen Bedingungen Rechnung zu tragen, dass hinter den Hinweisen
 und Forderungen von sowjetischer Seite auch sehr reale Machtmittel
standen.

 

  1. Die Entwicklung der Untersuchungstätigkeit war immer eng mit der Entwicklung des Rechts und der Rechtsauffassungen verbunden. Wesentliche Entwicklungslinien waren charakterisiert durch
– den Beschluss des Ministerrates der DDR vom 27. März 1952, mit dem Generalstaatsanwalt der DDR die Aufsicht über die Tätigkeit der Untersuchungsorgane in Strafsachen übertragen worden war;
– die erste Strafprozessordnung der DDR von 1952 und die Überwindung
 einer (auf sowjetische Einflüsse zurückgehenden) Überbewertung der
 Rolle des Geständnisses in Strafverfahren und die nunmehr verstärkte
 Ausrichtung der Praxis auf die umfassende und allseitige Prüfung der 
Möglichkeiten zur Gewinnung von Beweisen;
– das Strafrechtsergänzungsgesetz von 1957;
– die in den 1960er Jahren ergangenen Beschlüsse und Erlasse des Staatsrats
der DDR zur Rechtspflege, die eine noch engere Zusammenarbeit
 der Justiz- und Sicherheitsorgane forderten und in deren Durchsetzung 
die vorbeugende Orientierung der Untersuchungsarbeit verstärkt, in
breiterem Maße gesellschaftliche Kräfte einbezogen und nicht zuletzt auch
 die Rolle der Verteidiger im Strafverfahren weiter entwickelt wurden;
– die Neukodifizierung des Straf- und Strafprozessrechts im Jahre 1968
 entsprechend den veränderten gesellschaftlichen Erfordernissen und 
Bedingungen sowie der nachfolgenden Weiterführung der Entwicklung des Rechts
 auf den vorgenannten Gebieten.

 

  1. Wesentlich für die Untersuchungsarbeit war die Entwicklung des Personalbestandes der Untersuchungsabteilungen. Den Kern des Personalbestandes der Untersuchungsabteilungen bildeten zunächst vom MdI übernommene Kriminalisten, die in den Dienststellen »K5« und »D« erste Erfahrungen
bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren gesammelt hatten.
 Fundierte rechtliche und kriminalistische Qualifikationen waren infolge
 des vollständigen Personalaustausches bei der Zerschlagung des faschistischen Staatsapparates nur vereinzelt vorhanden.
 Obwohl von Anbeginn an eine intensive Kontrolle der Arbeit der Untersuchungsführer – auch von der Zentrale in den Ländern/Bezirken und durch
entsprechende Anleitung seitens Vorgesetzter – zum durchgängigen Arbeitsstil gehörte, konnten Fehler und Unzulänglichkeiten besonders in der Beweisführung
 und in den taktischen Vorgehensweisen zunächst nicht vermieden
und nur schrittweise reduziert werden. Gelegentlich profitierten Beschuldigte von diesen Schwächen.
 Trotz dieser komplizierten Bedingungen galt für die Untersuchungsorgane,
 die Würde von Betroffenen in Strafverfahren uneingeschränkt zu wahren und Gestrauchelten möglichst zu helfen, den Weg in die Gesellschaft zurückzufinden. Das entsprach nicht nur der Kontrollratsdirektive Nr. 11
 zum Aufbau einer demokratischen Rechtsordnung in Deutschland. Es entsprach
 vor allem auch den Schlussfolgerungen, die Antifaschisten aus ihrer
Leidenszeit in faschistischen Konzentrationslagern und Zuchthäusern gezogen hatten. Diese Erfahrungen fanden Niederschlag in der Verfassung und 
in den Gesetzen der DDR.
 Mit der Richtlinie Nr. 21/52 des Ministers für Staatssicherheit begann 1952
 die ständige und systematische Breitenschulung im MfS, auf welcher auch fachspezifische Ausbildungsmaßnahmen für Untersuchungsführer aufbauten.
Die juristische und fachliche Qualifizierung erfolgte kontinuierlich durch
konkrete Anleitung und Kontrolle der Tätigkeit der Untersuchungsführer 
sowie durch Fachschulungen und Lehrgänge.
 Zunehmend wurden auch Absolventen von Universitäten und Fachschulen eingestellt. Und Untersuchungsführer erlangten auch in Direkt- und
 Fernstudien ihren Hochschulabschluss. Die Untersuchungsorgane verfügten schließlich in den letzten 20 Jahren über einen hohen Anteil von
Mitarbeitern mit Hochschulabschluss – vor allem als Juristen und Kriminalisten.

 

  1. Schließlich wurde die Entwicklung der Untersuchungsarbeit wesentlich
 durch die Entwicklung der für sie bedeutsamen wissenschaftlichen Grundlagen
 und des entsprechenden wissenschaftlichen Vorlaufs bestimmt. Besonders aus der Rechtswissenschaft und der kriminalistischen Wissenschaft
in der DDR wurden Erkenntnisse übernommen. Zunehmend wurden
auch durch spezielle Forschungsarbeiten an der Juristischen Hochschule Potsdam des MfS(JHP) wissenschaftliche Ergebnisse für die Qualifizierung der Untersuchungstätigkeit gewonnen. Die Methoden der Anleitung und Kontrolle in den Untersuchungsorganen
 wurden differenzierter und qualifizierter. Gleichartige Entwicklungslinien in
der Arbeit der operativen Diensteinheiten hoben die Zusammenarbeit mit
 diesen auf ein höheres Niveau.
 Hält man sich die vorgenannten inneren Entwicklungsbedingungen vor
 Augen, welche die Untersuchungstätigkeit wesentlich bestimmten, so darf das
 aber nicht ohne Sicht auf jene Bedingungen erfolgen, die sich aus der Härte
 des Kalten Krieges, aus den konkreten Angriffsrichtungen und Erscheinungsformen, Mitteln und Methoden der Geheimdienste und anderer gegnerischer
 Zentren, Einrichtungen und Kräfte und ihren Wirkungen auf Personengruppen
und Personen in der DDR ergaben. Die Untersuchungsführer
 waren direkt mit hasserfüllten Feinden der DDR konfrontiert, die aus ihrer antikommunistischen Haltung keinen Hehl machten oder diese auch zu verbergen versuchten. Beschuldigte waren aber auch andere Personen, deren verdachtsbegründende Handlungen, Ziele und Motive oft erst nach intensiver Untersuchungstätigkeit den gesetzlichen Anforderungen entsprechend 
ermittelt werden konnten.
Das alles brachte
 es mit sich, dass sich in der Untersuchungsarbeit auch Irrtümer und Fehler einschlichen, die zwar korrigiert wurden, die aber auch ihre Ursachen in den Formen und zeitlichen Zusammenhängen des Kalten Krieges und im jeweiligen Entwicklungsstand der Untersuchungspraxis hatten.

 

 

 

 

 

Buchtitel Die Sicherheit Kopie 3

 

Text Karli Coburger und Dieter Skiba, bearbeitet von Petra Reichel

Entnommen aus dem Buch „Die Sicherheit“

 

 

Website MfS-Insider

 

Kann von dieser Website www.mfs-insider.de als gesamtes Buch oder einzelne Kapitel heruntergeladen werden.

 

 

 

Original-Text:

weitere Seiten Rechtsverwirklichung in Untersuchungstätigkeit

 

Die Nachwuchsgewinnung

Oftmals wird behauptet, dass das MfS Jugendliche als IM angeworben hatte. Die BStU und einige Medien behaupten, dass das MfS sogar 12jährige als IM angeworben hätte. Stimmt das?

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Nachwuchswerbung des BND, zu näheren Infos Bild oder Link zur Bildquelle klicken

Bildquelle:
„Augsburger Allgemeine“ vom 31.01.2010

 

Das MfS hatte niemals Kinder als IM angeworben.

Die Nachwuchsgewinnung des MfS war nicht anders, wie zu allen Zeiten bei allen Geheimdiensten dieser Welt. Das ist heute auch nicht anders. Da die Geheimdienststrukturen des Geheimdienstes der DDR, des MfS nun offen liegen, kann man als Bespiel erklären, wie es dort gemacht wurde.

Jugendliche waren nach DDR-Recht Personen zwischen dem 14. Und 18. Lebensjahr.

Mit 18 waren die Bürgerinnen und Bürger der DDR volljährig. Junge Menschen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren wurden als Jungerwachsene bezeichnet. Inoffizielle Mitarbeiter der Altersgruppe zwischen 18 und 25 Jahren galten als jugendliche IM.

In der offiziellen Zusammenarbeit des MfS mit den für Erziehung und Bildung der heranwachsenden Generation Verantwortlichen in Staat und Gesellschaft sowie in der konspirativ abgedeckten Zusammenarbeit mit einzelnen Jugendlichen lagen die Schwerpunkte eindeutig in der vorbeugenden Arbeit, in der Verhinderung des Abgleitens von Jugendlichen in die Kriminalität bis hin zur Verhinderung ihres Missbrauchs für staatsfeindliche und andere antisozialistische Ziele.

Unter Beachtung der demografischen Entwicklung erfolgte unter Verantwortung der NVA eine Aufschlüsselung der Anzahl für den militärischen Berufsnachwuchs zur Verfügung stehenden Jugendlichen auf die einzelnen Organe(Institutionen). Bezogen auf das MfS waren das jährlich ca. 10 000, vorwiegend Soldaten und Unteroffiziere auf Zeit für das Wachregiment und die Wach- und Sicherungseinheiten der BV und anderer Diensteinheiten. Das MfS hat auf dieser Grundlage mit diesen Jugendlichen – immer in Verbindung mit dem Elternhaus- erste Gespräche geführt, um sie motivieren, ihre schulischen Leistungen zu halten oder zu verbessern und erste Vorstellungen zu einer möglichen Arbeit im MfS bei ihnen zu wecken und zu vermitteln- ohne jedoch mit ihnen inoffiziell zusammenzuarbeiten. Lag eine erste Bereitschaftserklärung zur späteren Aufnahme einer hauptamtlichen Tätigkeit im MfS vor, wurden diese Jugendlichen bis zum in der DDR obligatorischen Abschluss der 10. Klasse betreut und ihnen anschließend ein Beruf nach ihren Vorstellungen und Voraussetzungen vermittelt(dazu bestanden Verträge des MfS mit Betrieben, Einrichtungen und Institutionen zur Ausbildung von Jugendlichen) Andere wurden bis zum Abschluss der Hochschulreife(Abitur)betreut und danach entweder zum Studium an Hoch- und Fachschulen der DDR vermittelt oder gleich als hauptamtliche Mitarbeiter im MfS eingestellt und als Offiziersschüler an die Juristische Hochschule Potsdam delegiert.

Dieser vom MfS ausersehene Nachwuchs hatte vermutlich Eltern und Geschwister, die staatsnah und in entsprechenden beruflichen Positionen waren. Das ist aber kein Alleinstellungsmerkmal für die DDR, bzw. das MfS. Überall auf der Welt wird das ähnlich gehandhabt und es gibt überall die Geheimdienst-, bzw. Beamtenfamilien

Wer während der Konterrevolution zum Nachwuchs des MfS gehörte ist heute Verlierer der Geschichte. Am Beispiel von Andrej Holm sehen wir, dass die nicht begonnene Karriere beim MfS ihm zum Verhängnis geworden ist.

 

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Nachwuchs des heutigen russischen Geheimdienstes, Feier in der Kritik, nähere Infos bitte Bild oder Link zur Bildquelle klicken

Bildquelle:
Tagesschau.de

 

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Entnommen aus dem Buch „Die Sicherheit“, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Juristische Hochschule Potsdam(JHP)

Es wird viel spekuliert und Unwahres und Verdrehtes über die Juristische Hochschule des MfS geschrieben. In dem Buch „Die Sicherheit“ wird die Juristische Hochschule in Potsdam beschrieben.

Bitte auf den Link  klicken

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Übersicht:

Übersicht Juristische Hochschule des MfS

 

Textdokument zur Juristischen Hochschule Potsdam:

JHP