Der grundlegende Umschwung des Krieges. Die neue Etappe des Widerstandskampfes

Die Schlachten an der Wolga und bei Kursk

Ende des Jahres 1941 war der Blitzkrieg der Faschisten gegen die Sowjetunion trotz deren anfänglicher Misserfolge gescheitert. 1942 versuchte die faschistische Führung jedoch nochmals in einem neuen Ansturm, die UdSSR niederzuringen. Die Möglichkeiten Hitlerdeutschlands waren aber viel geringer geworden.

Aus Bericht Oberkommando WehrmachtQuellenangabe aus Bericht Oberkommando Wehrmacht

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die Verluste der Hitlerwehrmacht zwangen somit die Faschisten, ihre Pläne für 1942 zu ändern und nicht weiter frontal gegen Moskau vorzugehen. Der Vorstoß zur Wolga und die Eroberung des Kaukasus mit seinen reichen Ölfeldern waren die Hauptziele dieser Offensive. Die faschistische Führung hoffte, die Sowjetunion würde dieses Mal zusammenbrechen und Hitlerdeutschland sein durch die Niederlage vor Moskau geschwundenes Ansehen wiedergewinnen

Die deutschen Faschisten konnten auch 1942 den größten Teil der Wehrmacht an der deutsch-sowjetischen Front konzentrieren. Von insgesamt 177 Infanteriedivisionen standen zum Beispiel 136 im Osten. Das war nur möglich, wie die Westmächte die Sowjetunion militärisch nicht entlasteten und die versprochene zweite Front nicht eröffneten.

Flugzeugfabrik SU

Die Sowjetvölker vollbrachten nicht nur Heldentaten an der Front, sondern auch im Hinterland: Serienherstellung von Iljuschin-Kampfflugzeugen in neuerrichteten Betrieben

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Ende Juni/Anfang Juli 1942 begannen die Faschisten im Süden der Sowjetunion einen Angriff. Es gelang ihnen, über den Don vorzustoßen und Ende August die Wolga nördlich von Stalingrad (heute Wolgograd) zu erreichen. Im Kaukasus drangen sie über den Kuban vor und eroberten das Erdölgebiet bei Maikop. Die vorgesehenen Ziele des Angriffs erreichten sie jedoch nicht. Mitte September begannen langwierige, kräftezehrende Straßenkämpfe in Stalingrad. Am 14. Oktober musste das faschistische Oberkommando den Übergang zur Verteidigung befehlen. Die deutschen Angriffskräfte waren erschöpft. Über eine Million Soldaten hatte die Naziwehrmacht seit dem Sommer verloren.

Die Schlacht an der Wolga 1942-43

Die Schlacht an der Wolga 1942/43

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Am 19./20. November 1942 traten die sowjetischen Armeen an der Wolga zum Gegenangriff an. Innerhalb von 3 Tagen war die deutsche 6. Armee unter ihrem Befehlshaber Paulus mit 300 000 Mann eingeschlossen. Aus dem Kaukasus wurden die faschistischen Truppen ebenfalls zurückgedrängt. Bald wurde die Lage der Eingeschlossenen in Stalingrad hoffnungslos. Es fehlte an Munition, Treibstoff und Verpflegung. Hunger und Seuchen schwächten die Armee. Auf ausdrücklichen Befehl des faschistischen Oberkommandos lehnte der Oberbefehlshaber der 6. Armee jedoch mehrere ehrenvolle sowjetische Kapitulationsangebote ab.

Während der Schlacht riefen deutsche Kommunisten, darunter Walter Ulbricht, Willi Bredel und Erich Weinert aus den vordersten sowjetischen Schützengräben die deutschen Soldaten auf, den sinnlosen Kampf einzustellen. An der Seite der deutschen Kommunisten standen antifaschistische Offiziere und Soldaten, die ihre ehemaligen Kameraden aufforderten, die verbrecherischen Befehle Hitlers und des faschistischen Oberkommandos nicht mehr auszuführen, um weiteres sinnloses Blutvergießen zu vermeiden.

Flugblatt 12.12.1942 1Flugblatt 12.12.1942 2Quellenangabe Flugblatt 12.12.1942

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

W.Ulbricht E.Weinert u.a.

Walter Ulbricht, Erich Weinert und andere Genossen versuchen unter Einsatz ihres Lebens von den sowjetischen Stellungen aus, die deutschen Soldaten vor ihrem sinnlosen Tod für das Hitlerregime zu bewahren

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Nach einem aussichtslosen, über zwei Monate dauernden Kampf mussten sich die Reste der 6. Deutschen Armee in Stalingrad am 2. Februar 1943 ergeben. Nur 91 000 Überlebende, zum Teil halbverhungert und mit schweren Erfrierungswunden, gerieten in sowjetische Gefangenschaft.

Sowjetische Truppen erobern Stalingrad zurück

Sowjetische Truppen erobern Meter für Meter Stalingrad zurück

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Nach der Niederlage an der Wolga hatte die faschistische Wehrmacht keine Möglichkeit mehr, an der gesamten Deutsch-sowjetischen Front eine große Angriffsoperation durchzuführen. Dem deutschen Volk logen die Faschisten vor, die militärische Kraft sei ungebrochen, denn die Armeen stünden ja noch weit in Feindesland. Die deutschen Konzerne forderten die Militärs und Hitler auf, unbedingt die eroberten Gebiete im Interesse der deutschen Rüstungsindustrie zu halten.

Auf einem begrenzten Raum versuchten die Faschisten am 05. Juli 1943 bei Kursk noch einmal einen Angriff. Dieser blieb schon in den ersten Tagen stecken. Am 12. Juli gingen die sowjetischen Truppen zum Gegenangriff über. Die Schlacht bei Kursk führte zu einer neuen großen Niederlage der faschistischen Wehrmacht.

Der Umschwung im Verlauf des Krieges zugunsten der Antihitlerkoalition, der sich mit der Schlacht bei Moskau abgezeichnet hatte und in Stalingrad offensichtlich geworden war, wurde mit dem Sieg der Sowjetarmee bei Kursk vollendet.

Nach der Schlacht bei Kursk setzten sowjetische Truppen an anderen Abschnitten der Front die Offensive fort. Bis Ende des Jahres 1943 mussten sich die Faschisten im Süden der UdSSR um 1200 Kilometer und im Mittelabschnitt um rund 500 Kilometer zurückziehen. Sie verloren zwei Millionen Mann an Toten, Vermissten und Verwundeten.

Reste Schlacht an der Wolga

Reste der faschistischen Armee nach der Schlacht an der Wolga

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Der Sieg der UdSSR bei Stalingrad und Kursk sowie die Befreiung der Hälfte des gesamten von den Faschisten besetzten sowjetischen Gebietes bis Ende 1943 ließen den Glauben an den Sieg bei allen gegen den deutschen Imperialismus kämpfenden Völkern zur Gewissheit werden.

Festsetzung deutscher Monopolkapitalisten

Die deutschen Monopolkapitalisten glaubten, sich für immer in den besetzten sowjetischen Gebieten festsetzen zu können. Eine unmenschliche Ausbeutung und Ausnutzung der Rohstoffreserven brachte für die deutschen Imperialisten jetzt auch Profite aus den der Aggression zum Opfer gefallenen Gebieten

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

Der beginnende Zerfall des faschistischen Blocks. Die Niederlagen in Nordafrika und Italien

Die deutschen Faschisten mobilisierten 1943 noch einmal bedeutende Kräfte, um den Krieg weiterzuführen, obwohl die Niederlagen an der deutsch-sowjetischen Front sowie in Nordafrika und Italien deutlich machten, dass der Krieg für sie verloren war. Trotzdem planten die Faschisten den Tod weiterer Millionen deutscher Männer und Frauen ein, um ihre eigene Herrschaft zu verlängern. An der Wende des Jahres 1942/43 wurden umfangreiche Maßnahmen beschlossen, um die Rüstungsproduktion zu vergrößern und noch mehr Männer zur Wehrmacht einzuziehen. Diese Maßnahmen trugen die Bezeichnung totaler Krieg. Die großen Konzerne nutzten den totalen Krieg, um ihren Einfluss auszudehnen. Die führenden Vertreter der Rüstungs- und Grundstoffindustrie erlangten die absolute Herrschaft über die deutsche Wirtschaft und bestimmten, wer noch was produzieren durfte. Jeder Industriezweig wurde von dem führenden Konzern des entsprechenden Bereichs beherrscht und gelenkt.

Kriegsverlauf 1942-43 Mittelmeerraum 1Kriegsverlauf Mittelmeerraum 1942-43 2

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Diese Maßnahmen und die brutale Ausbeutung der besetzten Länder führten zu einer gewissen Verstärkung der Wehrmacht und der Rüstung. Dennoch brachten sie nicht die erwarteten Erfolge. Unter der kapitalistischen Gesellschaftsordnung war es unmöglich, das Volk restlos für diesen ungerechten Krieg zu mobilisieren, der zum Nutzen der herrschenden Klasse geführt wurde. Das insgesamt für die deutschen Imperialisten unbefriedigende Ergebnis der totalen Kriegsführung zeigte auch, dass beim Volk der Glaube an den Sieg sank und es weitaus weniger als früher bereit war, freiwillig weitere Opfer zu bringen.

Maßnahmen der Faschisten totale Kriegsführung

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

Abtransport von Zwangsarbeiterinnen

Sowjetbürgerinnen werden zur Zwangsarbeit nach Deutschland abtransportiert

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

Der wachsende Widerstand in den besetzten Gebieten

Nach den faschistischen Niederlagen bei Stalingrad und Kursk kam es zu einem gewaltigen Aufschwung der Partisanen- und Widerstandsbewegung in ganz Europa.

In der Sowjetunion nahm der Kampf der Partisanen den Charakter großer Schlachten an. Allein 1943 verursachten Partisanen im Hinterland der faschistischen Truppen etwa 11 000 Schienensprengungen, 6000 Zugzusammenstöße, vernichteten oder beschädigten die 6000 Lokomotiven, 40 000 Waggons, 22 000 Kraftfahrzeuge und sprengten sie 5500 Straßen- und 900 Eisenbahnbrücken.

Zum Entgleisen gebrachter Zug

Zum Entgleisen gebrachter Transportzug in der Nähe von Wilnjus

Sowjetische Partisanen

Sowjetische Partisanen bereiten eine Sprengung einer Eisenbahnlinie vor

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

In Polen entstanden Volksgarden, die sich bemühten, den gemeinsamen Kampf aller Widerstandskräfte zu organisieren. Auf dem Territorium der Sowjetunion stellten polnische Patrioten mit Hilfe der UdSSR seit Mai 1943 die Volksarmee auf, die im Sommer 1944 die Stärke von 100 000 Mann erreichte und an vorderster Front gegen die Faschisten kämpfte.

Vereidigung eines polnischen Offiziers

Vereidigung eines Offiziers der polnischen Division „Tadeusz Kosciusko“

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Als die SS die im Warschauer Ghetto eingepferchten Juden in die Todeslager von Auschwitz und Majdanek verschleppen wollte, erhoben diese sich am 19. April 1943 zum bewaffneten Aufstand. Brutal ermordete die SS bei seiner Unterdrückung allein in Warschau über 56 000 Juden.

Abtransport von Juden aus Warschauer Ghetto

Abtransport von Juden aus dem Warschauer Ghetto in die Vernichtungslager

 

 

 

 

 

 

 

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

In Jugoslawien hatte die 1943 rund 300 000 Mann zählende Volksbefreiungsarmee fast die Hälfte des Lands befreit.

Jugoslawische Partisanen

Jugoslawische Partisanen im Einsatz

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

In Griechenland kontrollierten die Patrioten 1943 ein Drittel des Landes.

In Frankreich wurden Ende 1943 alle Kampforganisationen zur Widerstandsbewegung unter der Führung eines Nationalrates zu einer einheitlichen Armee zusammengeschlossen. Zehntausend junger Franzosen entzogen sich durch Flucht und Übergang zu den Partisanen der Zwangsverschickung nach Hitlerdeutschland. Im September 1943 befreiten französische Patrioten die Insel Korsika.

Der Widerstandskampf und die Partisanenbewegung trugen einen internationalen Charakter. Die Ziele der weltweiten Antihitlerkoalition waren auch die Ziele des Widerstandskampfes. Die Arbeiterklasse und die werktätigen Bauern waren die Hauptträger dieser Bewegung. Sie stellten die Masse der illegalen Kämpfer und brachten die meisten Opfer. Die kommunistischen und Arbeiterparteien waren die führende Kraft im Widerstandskampf. Ihre Mitglieder standen in allen Ländern in der ersten Reihe des Kampfes.

Am 08. September 1943 wurde der tschechische Nationalheld Julius Fucik in Berlin von den faschistischen Henkern ermordet. Er schmuggelte aus dem Gefängnis das Buch „Reportage unter dem Strang geschrieben“, ein bedeutendes Dokument des Kampfes der tschechoslowakischen patriotischen Kräfte. Den faschistischen Blutrichtern, die ihm die Treue zur UdSSR vorwarfen, sagte er stolz ins Gesicht: „Jawohl, ich habe der Sowjetunion geholfen. Und das ist das Beste, was ich während der 40 Jahre meines Lebens geleistet habe.“

In der Sowjetunionwaren viele Kommunisten und Komsomolzen am Partisanenkampf beteiligt. In Belorussland kämpften 25 152 Kommunisten und 73 000 Komsomolzen illegal gegen die faschistische Wehrmacht. In der Ukraine waren es 15 000 Kommunisten und 26 000 Komsomolzen. 80 Prozent der 15 000 Mitglieder der Kommunistischen Partei Jugoslawiens fielen im Kampf, aber 100 000 andre Kämpfer traten bis Januar 1945 der Partei bei. Die Kommunistische Partei Frankreichs verlor im Kampf gegen die faschistischen Besatzungstruppen 75 000 Mitglieder.

Die Kraft und Stärke der sowjetischen Soldaten und Partisanen sowie aller antifaschistischen Widerstandskämpfer entsprang den gerechten Zielen ihres Kampfes, die mit den Lebensinteressen der Völker übereinstimmten.

Lenin über Rolle der Volksmassen im KriegeQuellenangabe Lenin über Rolle der Volksmassen im Kriege

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die deutschen Faschisten gingen bei der Unterdrückung des Widerstandskampfes und der Partisanenbewegung, die immer größere Kräfte Hitlerdeutschlands banden, mit größter Grausamkeit vor.

Am 10. Juni 1942 zerstörten sie die Bergarbeitersiedlung Lidice, als „Vergeltung“ für die Erschießung des SS-Mörders und stellvertretenden Reichsprotektors Heydrich durch tschechische Widerstandskämpfer. Sie erschossen wahllos 199 Männer und 9 Frauen und verschleppten 203 Frauen und 93 Kinder in Konzentrationslager. Ebenso grausam wurde als angebliches Versteck von Widerstandskämpfern das französische Dorf Oradour-sur-Glane am 10. Juni 1944 von der SS zerstört, wobei 642 Männer, Frauen und Kinder niedergeschossen oder lebendig verbrannt wurden – die Männer in Scheunen und Garagen, die Frauen und Kinder in der Kirche.

Faschistische Soldaten führen Massenhinrichtungen durch

Faschistische Soldaten führen Massenhinrichtungen durch

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Weder der Terror gegen die Widerstandskämpfer noch die totale Kriegsführung konnten jedoch die herannahende Niederlage Hitlerdeutschlands aufhalten.

 

Geschichtsbuch DDR 9. Klasse Kopie

 

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Der grundlegende Umschwung des Krieges. Die neue Etappe des Widerstandskampfes

 

 

 

 

 

 

 

Behauptungen der BStU zum Fall Erna Dorn

Unter den in der Strafvollzugsanstalt Kleine Steinstraße befreiten Häftlingen befand sich auch eine Frau, die nach eigenen Aussagen den Namen Erna Dorn trug. Sie hielt sich in der Haftanstalt auf, weil sie im Mai 1953 wegen Naziverbrechen zu einer Zuchthausstrafe verurteilt worden war. Das Bezirksgericht hatte Erna Dorn für schuldig befunden, als Beamtin der Gestapo und KZ-Aufseherin Gefangene schwer misshandelt und gar in den Tod getrieben zu haben. Das Merkwürdige an diesem Fall bestand jedoch darin, dass sich Erna Dorn ausschließlich selbst belastet hatte. Von den vier Zeuginnen, die gegen Erna Dorn aussagen sollten, hatten zwei sie weder im KZ noch bei der Gestapo gesehen und die anderen zwei Zeuginnen waren zum Zeitpunkt der Gerichtsverhandlung spurlos verschwunden. In den vorliegenden Dokumenten ist von Zeuginnen keine Rede. Das Todesurteil befindet sich nicht in der MfS-Mediathek. Eigenartig, denn die BStU müsste doch auch im Besitz dieses Dokumentes sein.

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Erna Dorn

Quelle: BStU, MfS, HAIX, ZUV, Nr. 75, Bd. 2, Bl. 143

 

Trotzdem wurde sie verurteilt und am 20. Juni von der SED-Bezirkszeitung „Freiheit“ sogar zur „SS-Kommandeuse“ hochstilisiert. Die SED-Führung benutzte den „Fall Dorn“ als vermeintlichen Beweis für den faschistischen Charakter des Aufstandes am 17. Juni 1953. Erna Dorn selbst wurde bereits fünf Tage nach dem Sturm auf die Untersuchungshaftanstalt vom Bezirksgericht Halle als „Rädelsführerin des faschistischen Putsches“ zum Tode verurteilt und damit zur Legende. Der Mythos von der „SS-Kommandeuse“ in Halle prägte weitreichend die Vorstellung vieler DDR-Bürger von den Ereignissen am 17. Juni 1953. Er ist zum Teil noch heute in Memoiren und Erzählungen von Augenzeugen des Volksaufstandes zu finden. Volksaufstand??

Von den vier Zeuginnen, die gegen Erna Dorn aussagen sollten, hatten zwei sie weder im KZ noch bei der Gestapo gesehen und die anderen zwei Zeuginnen waren zum Zeitpunkt der Gerichtsverhandlung spurlos verschwunden.

 

Die BStU denkt bei dieser Aussage wohl an Mafia-Prozesse, wo die Zeuginnen und Zeugen verschwinden. Wie oben gesagt, sind aus den vorliegenden Dokumenten keine Zeuginnen ersichtlich. Woher weiß die BStU das? Dann ist sie doch im Besitz des Todesurteils bzw. anderer entsprechender Dokumente. Da steht auch gewiss was darüber drin.

Es ist bis heute nicht gelungen, endgültig zu klären, wer diese Frau wirklich gewesen ist und ob Erna Dorn ihr richtiger Name war. Die von 1949 bis 1953 in Halle angelegte Gerichtsakte stellt den einzigen Nachweis für den Lebensweg der Erna Dorn dar. Aus der Zeit vor 1945 konnten bisher nirgendwo Dokumente gefunden werden. Das bedeutet aber, dass alle Tatsachen über sie im Wesentlichen auf ihren eigenen Aussagen bei Vernehmungen beruhen. Dabei ist nicht bekannt, ob sie bei den Vernehmungen, insbesondere nach dem 17. Juni, misshandelt und zu bestimmten Aussagen gezwungen wurde. Der Sachverhalt, dass sich Erna Dorn seit 1951 in immer größerem Maße selbst belastete, lässt diese Vermutung jedoch aufkommen. Darüber hinaus verstrickte Erna Dorn sich während der vielfach geforderten Darstellung ihrer Biografie selbst in einige Widersprüche. Und die vier Zeugenaussagen über ihre Tätigkeit vor 1945 trugen auch nicht zur Aufhellung ihres Lebensweges bei. Für die Handlungen Erna Dorns, die ihr unterstellt wurden, nachdem sie aus dem Gefängnis am 17. Juni 1953 befreit worden war, konnten Polizei und Staatssicherheitsdienst ebenfalls keine Zeugen ermitteln. Da versteigt sich die BStU in abenteuerliche Behauptungen. Nazis haben es wohl verstanden ihre Akten zu vernichten und diese wurden nicht, wie heute die DDR-Akten, gesammelt. Die behaupteten Widersprüche sind als amtliche Fehler zu sehen, wie unterschiedliche Angaben zwischen dem Gerichtsurteil vom 21. Mai 1953und dem Schlussbericht vom 22.06.1953.

 

Aus den vorliegenden Akten ergibt sich ein sehr verworrener Lebenslauf. Erna Dorn, geborene Kaminsky, wurde am 17. Juli 1911 in Tilsit in Ostpreußen als Tochter des kaufmännischen Angestellten Arthur Kaminsky geboren. Nach dem Besuch der Höheren Mädchenschule und einer Lehre bei der Industrie- und Handelskammer in Königsberg bekam sie 1932 eine Anstellung im Polizeipräsidium Königsberg. Bereits an dieser Stelle beginnen die ersten Widersprüche. Denn Erna Dorn behauptete in einer Aussage, nur als Stenotypistin tätig gewesen zu sein, in einer anderen meinte sie aber, als Polizeiassistentin gearbeitet zu haben. „Ende 1934 Anfang 1935 kam ich dann zur Gestapo. Bis 1941 war ich bei der Gestapotätig und kam 1941 zur politischen Abteilung ins Konzentrationslager Ravensbrück.“ Genauso rätselhaft und undurchsichtig waren die Ausführungen Erna Dorns über ihre Tätigkeit als Mitarbeiterin der Politischen Abteilung im Konzentrationslager (KZ) Ravensbrück.

 

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Erna Dorn

Quelle: BStU, MfS, HA IX/11, ZUV, Nr. 75, Bd. 2, Bl. 143 (Ausschnitt)

 

Von Vernehmung zu Vernehmung gab sie einen anderen Dienstrang sowie eine andere Tätigkeit an und ihre Beschreibungen des KZ wiesen gravierende Fehler auf. Auf den Namenslisten der SS-Einheiten des KZ Ravensbrück, die sich heute im Archiv der Gedenkstätte Ravensbrück befinden, ist weder der Name Erna Kaminsky noch der Name Erna Dorn zu finden. Schade, dass meine Bekannte, die in Ravensbrück eingesessen hatte, nicht mehr lebt. Überhaupt sind heute so gut, wie keine Zeitzeugen mehr am Leben. Die Nazis haben wohl entsprechende Akten weitgehend vernichtet, wo die Namen ihres Personals gestanden haben. Das ist die BStU nun „fein raus“.

Ab Mai 1945 lässt sich der Lebensweg Erna Dorns anhand einiger Dokumente nachweisen. Nach diesen Unterlagen vollzog Erna Dorn im Frühjahr 1945 einen Identitätswechsel. Seit dem 12. Mai 1945 verfügte sie über einen Entlassungsschein aus dem KZ Hertine in Tschechien sowie über einen falschen Namen. Sie nannte sich nun Erna Brüser, geborene Scheffler, und lebte die folgenden sechs Jahre in der Rolle eines vermeintlichen KZ-Häftlings

Die Wandlung Erna Dorns von einer mutmaßlichen Täterin zum Opfer der Nazidiktatur schien vollkommen zu sein, als sie noch im Jahr 1945 der KPD (ab 1946 SED) beitrat. In ihrer „Rolle“ als KZ-Häftling muss sie recht überzeugend gewesen sein. Denn es gelang ihr sogar, einen ehemaligen Spanienkämpfer und „Kämpfer gegen den Faschismus“, einen Offizier der Volkspolizei (VP), zu täuschen. Mit ihm ging sie im Dezember 1945 als Erna Brüser die Ehe ein. Das Paar zog bald darauf in eine eigene Zweiraumwohnung. Hier bot der VP-Angehörige seiner Ehefrau die Möglichkeit, ab März 1946 das Leben einer Hausfrau zu führen.
Im Jahr 1948 bekam Erna Dorn aber ein größeres Problem. Im August dieses Jahres fand in Halle der Prozess gegen die KZ-Aufseherin Gertrud Rabestein statt. In diesem Prozess sollte Erna Dorn als Zeugin vernommen werden. Vermutlich befürchtete sie, dass ihre mühsam aufgebaute Identität im Gerichtssaal Schaden nehmen könnte. Deshalb versuchte sie, sich der Aussageaufforderung mit dem Vorwand zu entziehen, sie sei schwanger

„Sie [Dorn] entzog sich dieser Pflicht und spielte, sage und schreibe zwei Jahre lang mit Kissen ausgestopft, die schwangere, nicht vernehmbare Frau.“

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes

 

Die Vortäuschung einer Schwangerschaft half Erna Dorn jedoch nicht nur aus dieser Zwangslage. Sie nutzte diesen Vorwand auch, um in den Genuss der Sonderzuteilung für Schwangere zu kommen. Daraufhin wurde sie im Januar 1950 wegen „Betrug und Wirtschaftsvergehen“ zu elf Monaten Gefängnis verurteilt. Von nun an ging es mit ihr bergab. Der Verurteilung folgte prompt der Ausschluss aus der SED und noch im Dezember 1949 ließ sich ihr Ehemann von ihr scheiden. Er untersagte ihr sogar mit einer notariellen Erklärung, weiterhin den gemeinsamen Familiennamen zu führen. So wie sie mit ihm verfahren ist wundert das Einen nicht. Außerdem war die Ehe nicht rechtmäßig

Vom Zeitpunkt ihrer ersten Verhaftung Ende 1949 bis zur Hinrichtung im Jahr 1953 hielt sich Erna Dorn fast ausschließlich in Strafvollzugsanstalten auf. Nachdem sie die erste Strafe verbüßt hatte, blieb sie nur wenige Wochen auf freiem Fuß. Dann wurde sie im Januar 1951 erneut von der Polizei festgenommen. Die arbeits- und obdachlose Erna Dorn hatte mit Komplizen unter anderem die Koffer von Reisenden im Halleschen Bahnhof gestohlen. Deshalb verurteilte ein Hallesches Gericht Erna Dorn 1951 zu einem Jahr und sechs Monaten Zuchthaus. Im gleichen Jahr begann jene Phase, in der Erna Dorn sich mit zum Teil grotesken Geschichten immer stärker selbst belastete. Ob sie sich dabei nur vor ihren Mitgefangenen hervortun oder aber zugleich an Menschen rächen wollte, von denen sie sich verraten fühlte, muss dahingestellt bleiben. Hier muss die BStU zugegeben, dass Erna Dorn eine Kriminelle war.

Verbrecherbild Erna Dorn

Bildquelle: MfS-Mediathek

 

Zuerst beschäftigte sie die Untersuchungsbehörden mit Legenden von ihrer angeblichen Agenten- und Spionagetätigkeit. Dann behauptete sie, ihr Ex-Ehemann sei in Wirklichkeit der ehemalige KZ-Kommandant von Ravensbrück, was sehr aufwendige und für den Betroffenen unangenehme Untersuchungen nach sich zog. Schließlich verbreitete sie die Geschichte über ihre Arbeit bei der Polizei und der Gestapo. Letzteres hatte zur Folge, dass Erna Dorn, nachdem sie noch einmal zwei Wochen auf freiem Fuß gewesen war, wegen Verdacht auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit wieder verhaftet und schließlich am 21. Mai 1953 vom Bezirksgericht Halle zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Dabei stützte sich das Gericht ausschließlich auf die „Einlassungen der Angeklagten und das bei den Akten vorliegende Beweismaterial, das sich aus Vernehmungsprotokollen zusammensetzt“. Diese sehr dürftige Beweislage führte offensichtlich zu dem für die damaligen Verhältnisse noch relativ niedrigen Strafmaß gegen eine „KZ-Aufseherin“. Als Angeberei und Wichtigtuerei verharmlost die BStU die Verleumdung ihres Ex-Mannes und dass nun herausgekommen ist, wer sie wirklich war

Drei Wochen nach ihrem Prozess befand sich Erna Dorn in der Strafvollzugsanstalt II in der Kleinen Steinstraße. Warum sie sich gerade zu dieser Zeit in der Strafvollzugsanstalt II aufhielt, konnte bisher ebenfalls nicht geklärt werden. Eine der Hypothesen besagt, dass sie dort auf eine Verlegung in ein Zuchthaus wartete. Dadurch erlebte sie am 17. Juni 1953 die Erstürmung des Gefängnisses mit und war unter den 245 befreiten Häftlingen, die gegen 16.00 Uhr die Haftanstalt verließen.

Durch diesen Zufall wurde Erna Dorn unfreiwillig in die Ereignisse am 17. Juni hineingezogen und bald eine der bekanntesten Personen des Volksaufstandes. Dass das kein dämlicher Zufall war, geht aus den Dokumenten hervor. Sie hatte Verbindung zu ihrem Vater, der für die BRD als Agent tätig war. Eigentlich erging es ihr so wie den meisten frei gelassenen Häftlingen, sie blieb nur wenige Stunden auf freiem Fuß. Bereits am Mittag des 18. Juni wurde sie wieder verhaftet und zurück in das Gefängnis gebracht. Doch was Erna Dorn in den dazwischenliegenden Stunden, insbesondere in der Zeit von ihrer Entlassung bis zum Beginn der Ausgangssperre um 21.00 Uhr, getan hatte oder aber getan haben soll, darum ranken sich bis heute Legenden. Es ist doch in den Dokumenten vermerkt, dass sie eine Rede hielt und faschistische Propaganda betrieb sowie zum Sturz der Regierung der DDR aufrief. Denn es gab weder Zeugen noch irgendeine Notiz in den vielen Berichten der Polizei und der SED über das Geschehen am 17. Juni 1953. Alle Berichte über die Handlungen Erna Dorns zwischen 16.00 Uhr und 21.00 Uhr beruhten ausschließlich auf den Aussagen von Erna Dorn selbst

Diese Aussagen hatte sie in einem Verhör am 21. Juni 1953 beim MfS gemacht, dem einzigen Verhör nach ihrer erneuten Verhaftung. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die Angeklagte bei dieser Vernehmung mit Gewalt zu ihren Geständnissen gezwungen worden ist. Aus dem Verhörprotokoll geht hervor, dass die, nach der Befreiung aus dem Gefängnis obdachlose Erna Dorn von Demonstranten oder Mithäftlingen den Hinweis erhielt, die Evangelische Stadtmission Weidenplan 4 aufzusuchen. Dort nahm man sie auf, gab ihr Zivilkleidung, etwas zu essen und eine Schlafmöglichkeit. Die Aussagen in diesem einen Verhör sowie ein dubioser Brief, den Erna Dorn angeblich am 18. Juni an ihren Vater geschrieben haben soll, waren die einzigen Beweismittel der Bezirksstaatsanwaltschaft Halle gegen Erna Dorn. Der Brief der Erna Dorn an ihren Vater wird von der BStU in Abrede gestellt. Nun behauptet die BStU, dass das MfS Gewaltmethoden angewendete hätte und macht aus der Täterin Dorn nun ein Opfer

Auf der Grundlage dieser „Beweise“ wurde Erna Dorn am 22. Juni 1953 in einer dreieinhalbstündigen Abendsitzung vom Bezirksgericht Halle zum Tode verurteilt. Die Berufung ihres Pflichtverteidigers sowie ein Gnadengesuch an DDR-Präsident Pieck wurden abgelehnt, weil sie angeblich in Halle eine der Haupträdelsführerinnen gewesen sei. Am 28. September 1953 brachte man Erna Dorn in eine Strafvollzugsanstalt nach Dresden, wo sie am 01. Oktober 1953 hingerichtet worden ist. Hierzu fehlen die Dokumente.

Erna Dorn oder wie jene Frau auch immer geheißen hat, hat den Ereignissen am 17. Juni 1953 in Halle nicht ihren Stempel aufdrücken können. Für diese Legende sorgten erst die Artikel in den Tageszeitungen der SED, die diese dubiose Frau und ihren undurchsichtigen Lebenslauf benutzten, um den Volksaufstand als „faschistischen Putschversuch“ zu verunglimpfen. Erna Dorn war eher ein Opfer des 17. Juni, denn die zufällige Befreiung aus der Haft kostete sie letztendlich das Leben. Hier schon wieder die Behauptung vom dämlichen Zufall. Das Todesurteil des Bezirksgerichts Halle vom 22. Juni 1953 war in keiner Weise gerechtfertigt. Deshalb wurde dieses Urteil 41 Jahre später, im Jahr 1994, vom Landgericht Halle „für rechtswidrig erklärt und aufgehoben“. Ach nee, die Taten einer faschistischen Verbrecherin werden verharmlost und die Opfer des Faschismus verhöhnt.

Es konnte nur das Wichtigste aufgedröselt werden. Was die BStU da betreibt ist unerträglich.  Petra Reichel hat versucht das aufzudröseln.

Die Behauptungen der BStU entnommen aus „BStU-Geschichten“.

 

Schlussbericht in der Strafsache Dorn Halle/Saale, den 22.06.1953

Inhaltsangabe und Auswertung von Petra Reichel

Die Behörden der DDR haben schnell gehandelt. Bereits am 22. Juni 1953 ist die Konsequenz aus der Befreiung am 17. Juni 1953 gezogen worden.

In diesem Dokument haben sich damals amtlicherseits Fehler eingeschlichen. Der Hinweis darauf, siehe Kursivschrift und farblich hervorgehoben.

Dorn, Erna, geboren am 17.07. 1911 in Tilsit
Beruf Kaufmännische Angestellte
Zuletzt Haftanstalt, Halle/Saale, Kleine Steinstraße als Vollzugshäftling
Seit dem 20.06.1953 in dieser Sache (Befreiung am 17.06.1953) in U-Haft beim Ministerium für Staatssicherheit

Die Beschuldigte wurde am 17.06.1953 durch terroristische Banden aus ihrer Haft in der Kleinen Steinstraße befreit. Nach ihrer Befreiung stellte sie sich in größere rebellische, aufständische Massen und hielt dort provozierende faschistische Reden und forderte den Sturz der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik

Verbrechen nach Artikel 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik in Verbindung mit Direktive 38 des Alliierten Kontrollrates Abschnitt II Artikel III A III.

 

Zur Person der Beschuldigten

Die Beschuldigte

DORN, Erna

 

stammt aus bürgerlichen Verhältnissen. Ihr Vater war während der faschistischen Gewaltherrschaft Agent der Gestapo. Sie besuchte acht Jahre die Vorstädtische Höhere   Mädchenschule in Tilsit.  Im Gerichtsurteil vom 21. Mai 1953 heißt es, dass Erna Dorn die Höhere Mädchenschule in Königsberg (heute Kaliningrad) besuchte. Nach ihrer Schulentlassung besuchte sie ½ Jahr eine Privatschule (hier ist nicht erwähnt, dass es die Kaufmännische Handelsschule war. Hier ein Zeitrahmen, während es diesen nicht im Gerichtsurteil ist. Nach einem halben Jahr kann sie die Schule nicht abgeschlossen haben.) und erlernte im Anschluss bei der Industrie und Handelskammer in Königsberg (heute Kaliningrad) den Kaufmannsberuf

Im Jahre 1934 fing sie als Polizei-Angehörige in dem Polizeipräsidium in Königsberg an zu arbeiten und kam im Jahre 1934 zur Gestapo. Im Gerichtsurteil vom 21. Mai 1953 steht, dass sie 1936 zur Gestapo kam. Bis 1941 war sie bei der Gestapo im Ermittlungsdienst tätig, und wurde 1941 nach dem KZ Ravensbrück als politische Leiterin versetzt, wo sie bis zum Zusammenbruch 1945 tätig war. Im Ermittlungsdienst war sie bereits bei der Polizei tätig. Die Versetzung ins KZ Lobositz im Jahre 1944 wird nicht erwähnt und es ist vom Dienst im KZ Ravensbrück bis 1945 die Rede

Von 1945 bis 1951 treib sie sich in Halle unter einem falschen Namen umher und lebte von Hehlereien und Schiebereien. Dass sie nach 1949 als Arbeiterin tätig war, wird hier nicht erwähnt. 1951 wurde sie von den Sicherheitsorganen der Deutschen Demokratischen Republik gestellt und wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit mit 15 Jahren Zuchthaus bestraft.                                                                                                  Politisch organisiert war die Beschuldigte 1934 bis 1945 in der NSDAP, nach 1945 bis 1951 KPD/SED und war Mitglied der VVN. (Das genaue Gegenteil. Wie es dazu kam im weiteren Text.)

Wesentliches Ermittlungsergebnis:

Seit der Befreiung des deutschen Volkes vom Faschismus haben sich auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik grundlegende politische und wirtschaftliche Veränderungen vollzogen.                                                                                                                 Die von imperialistischer  Knechtschaft befreite Deutsche Demokratische Republik steht im Lager des Friedens und der Demokratie und bildet die Basis im nationalen Kampf des deutschen Volkes für ein einheitliches, demokratisches, friedliebendes Deutschland

Während es in den Überresten des Hitlerfaschismus, den Großkapitalisten und Junkern durch die westlichen Okkupanten ermöglicht wurde, ihre Macht im Westen unserer Heimat wieder zu errichten, revangelüstern die Remilitarisierung und eine Politik der Vertiefung der Spaltung Deutschlands betreiben, entwickelte sich in der Deutschen Demokratischen Republik die antifaschistische-demokratische Ordnung

Die dabei erzielten Erfolge führten zu einer ständigen Aufwärtsentwicklung und bestätigten die Richtigkeit der Politik der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik. Verzweifelt versuchen daher reaktionäre Elemente und Vaterlandsverräter gegen diese Entwicklung anzukämpfen und die Voraussetzung zur Wiedererlangung ihrer Machtposition zu schaffen.

Zu diesen verbrecherischen Elementen gehört die Beschuldigte DORN.

Schon in ihrer frühen Jugend begann sie ihre verbrecherische Laufbahn bei der Gestapo. Von 1933 bis 1941 verfolgte sie fortschrittliche, friedliebende Menschen im Dienst der Gestapo und lieferte sie der faschistischen Gewaltherrschaft aus, welche in den Konzentrationslagern zugrunde gingen. Hier ist niedergeschrieben, dass sie von1933 an bei der Gestapo war und nicht erst seit 1936. Ihre Arbeit beschränkte sich vorwiegend auf Verfolgung von KPD-Mitgliedern. Auf Grund der guten Arbeit bei der Gestapo wurde sie 1941 in das Konzentrationslager Ravensbrück versetzt. Dort führte sie die Funktion als politische Leiterin aus. Im Konzentrationslager maßregelte und misshandelte sie politische Gefangene

Nach 1945 kam sie aus Westdeutschland in die damalige sowjetische Besatzungszone und tauchte unter falschem Namen in Halle unter. Sie erschlich sich die Mitgliedschaft der KPD undSED, um als getarnte Faschistin ihre verbrecherische Tätigkeit weiterzuführen. Im Jahre 1951 wurde sie auf Grund ihrer kriminellen Umtriebe festgenommen und als Kommandeuse des Konzentrationslagers Ravensbrück erkannt.

Die DORN wurde im März 1953 zu fünfzehn Jahren Zuchthaus wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt, und befand sich zu dieser Zeit in der Untersuchungs-Haftanstalt in Halle/Kleine Steinstraße.

Der von verbrecherischen Elementen und Agenten am 17.06.1953 hervorgebrachte Putsch in Halle ging dazu über, alle verbrecherischen Elemente aus dem Zuchthaus zu befreien. Durch Mord und Terror dieser Provokateure und Agenten wurde die Beschuldigte am 17.06.1953 aus ihrer Haft befreit.

Nach ihrer Befreiung durch verbrecherische Elemente verleumdete und beschimpfte sie die Volkspolizei und ging auf den Hallmarkt in Halle/Saale und sprach dort vor Tausenden aufständischen Rebellen.

In ihrer Ansprache gegrüßte sie eine Revolution (wurde damals amtlich so geschrieben, gemeint ist eine Konterrevolution) zum Sturm der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, um die faschistische Gewaltherrschaft in der Deutschen Demokratischen Republik wiederherzustellen.

Während ihrer Haftzeit stand sie mit ihrem Vater, welcher Agent in Westdeutschland ist, in Verbindung und erhielt durch Mittelmänner Post in die Haftanstalt, worin ihr Vater ihr mitteilte, dass sie bald befreit wird und der Tag „X“ nahe ist. Diese Befreiung sollte von einer westlichen Agentenzentrale in Verbindung mit der„Kampfgruppe gegen die Unmenschlichkeit“ durchgeführt werden.

Die Beschuldigte wurde am 18.06.1953 erneut in Haft genommen und ist überführt und geständig, die ihr zur Last gelegten Verbrechen begangen zu haben.

Im Kampf um die Erhaltung des Friedens und die Schaffung eines einheitlichen, friedliebenden Deutschlands hat das Verbrechen der Beschuldigten eine besondere Bedeutung.

Während die werktätige Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik unermüdlich für die Wiedervereinigung Deutschlands kämpft, wurde die Beschuldigte erneut zur Verräterin an den nationalen Interessen unseres Volkes.  Sie leistete den Imperialisten bei ihrer verbrecherischen Kriegspolitik bewusst Vorschub.

Ihr begangenes Verbrechen an den friedliebenden Massen der Deutschen Demokratischen Republik hatte zu dieser Zeit eine besondere Bedeutung, indem sie die Bevölkerung aufforderte, und einen neuen Krieg und Blutvergießen heraufbeschwören wollte.

Die Beschuldigte ist nach den vorstehenden Darlegungen mit den schärfsten Maßnahmen der demokratischen Gesetzlichkeit zur Rechenschaft zu ziehen. Man ist dem Gericht nicht zuvorgekommen und hat sich auf kein Strafmaß festgelegt.

Beweismittel:

  1. Eigene Einlassung der Beschuldigten.
  2. Brief an ihren Vater nach Westdeutschland

 

 

 

Hier das Dokument als PDF-Datei:

Schlussbericht Erna Dorn

 

Dokument entnommen aus der MfS-Mediathek der BStU

 

Gerichtsurteil vom 21. Mai 1953 im Fall Erna Dorn

Zusammenfassung und Auswertung von Petra Reichel

Erna Dorn war die die Tochter eines Kaufmännischen Angestellten und wurde im Jahre 1911 in Tilsit geboren. Vom 6. Lebensjahr bis zum 14. Lebensjahr besuchte sie die höhere Mädchenschule in Königsberg, dem heutigen Kaliningrad.

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Erna Dorn

Quelle: BStU, MfS, HA IX/11, ZUV, Nr. 75, Bd. 2, Bl. 143 (Ausschnitt)

 

Nach ihrer Schulentlassung besuchte sie eine Zeit lang die kaufmännische Handelsschule und ging das bei der Industrie- und Handelskammer in die Lehre, um den Beruf der kaufmännischen Angestellten zu erlernen.

Im Jahre 1934 fand Erna Dorn eine Anstellung als Stenotypistin im Polizeipräsidium in Königsberg. Nach kurzer Zeit wurde stieg sie zur Assistentin und Sekretärin auf und wurde bei der Kriminalpolizei im Ermittlungsdienst eingesetzt.

Durch die Fürsprache ihres Vaters, der bei der Gestapo tätig war, wurde sie im Jahre 1936 von der dortigen Gestapo übernommen, wo sie an Vernehmungen beteiligt war. U.a. arbeitete sie eng mit dem damaligen Chef zusammen.

Im Jahre 1941 erfolgte auf eigenen Wunsch von Erna Dorn ihre Versetzung zum KZ Ravensbrück. Auf Grund ihrer Einsatzbereitschaft für das faschistische Regime, was sie inzwischen zur Kommissarin befördert worden. Ihr Einsatz in Ravensbrück erfolgte in der politischen Abteilung. Nachdem Erna Dorn 1944 zum KZ Lobositz versetzt wurde, begab sie sich nach 1945 nach Halle, wie sie bis 1949 nicht berufstätig war

Erna Dorn hatte im Jahre 1938 den SS-Unterscharführer Dorn geheiratet. Aus der Ehe sind 2 Kinder hervorgegangen.

Obwohl sie noch verheiratet war, ging sie im Jahre 1945 erneut eine Ehe mit Max Gewald ein.

Nach 1949 war Erna Dorn bis zu ihrer Inhaftierung als Arbeiterin tätig.

Erna Dorn war von 1934 bis 1945 Mitglied der damaligen Nazipartei NSDAP. Von 1946 bis 1949 gehörte sie auf Grund einer Fragebogenfälschung der SED an. 1949 wurde sie aus der SED ausgeschlossen.

Erna Dorn, die von 1936 bis 1941 eine verantwortliche Stellung bei der Gestapo innehatte, war deshalb auch entscheidend bei der Bearbeitung von Vorgängen beteiligt, die sich gegen politische Gegner des faschistischen Systems richteten. Im KZ Ravensbrück in der politischen Abteilung beim Erkennungsdienst beschäftigt, hatte sie auf Grund ihrer Dienststellung als Kommissarin auch die Aufsicht über die politischen Häftlinge zu führen. So überwachte sie teils Arbeitskommandos, teils gab sie auch Arbeitsanweisungen an die Häftlinge. Diese setzten sich aus Angehörigen der verschiedensten Nationen zusammen, gegen die das faschistische Gewaltsystem ihren verbrecherischen Angriffskrieg führte. Vorwiegend waren es Staatsangehörige der Sowjetunion, Polens, Frankreichs und auch Deutschlands. Auch eine große Anzahl jüdische weibliche Häftlinge waren vorhanden. Die Behandlung der Häftlinge war, wie in allen anderen KZs, brutal und grausam. Geringe Vergehen, die sich gegen die Bestimmungen der Lagerordnung richteten, berechtigte das Aufsichtspersonal, die Häftlinge zu schlagen und zu misshandeln. So schilderte Erna Dorn, dass man Häftlinge schlug, wenn sie nicht entsprechend der Vorschrift beim Appell in Reih und Glied standen und nicht die vorschriftsmäßige Haltung gegenüber den Wachleuten annahmen. In solchen Fällen wurden die Häftlinge, ohne Genehmigung der Lagerleitung, brutal misshandelt. Sie hatte also eigenverantwortlich und nicht auf Befehl gehandelt. Zum Schlagen verwendete man einen Gummiknüppel, den jeder SS-Angehörige bei sich trug. Erna Dorn gibt selbst zu, des Öfteren und bei geringsten Anlässen Häftlinge mit einem Gummiknüppel misshandelt zu haben. In anderen Fällen schlug sie die Häftlinge mit der Hand oder trat mit dem Fuß auf sie ein. Diese brutale Methode wendete Erna Dorn während ihrer langjährigen Tätigkeit im KZ Ravensbrück an. Nach ihrer Versetzung in zu KZ Lobositz will sie nach ihren Angaben nur eine Verwaltungstätigkeit ausgeübt haben, so dass sie mit den Häftlingen wenig in Berührung kam.

Kurz vor Kriegsende, als bereits alle Kampfhandlungen in der Nähe des Ortes Lobositz stattfanden, setzte sich die gesamte Lagerleitung und das Aufsichtspersonal unter Mitnahme von falschen Papieren ab, um der strafrechtlichen Verantwortung zu entgehen. Erna Dorn war im Besitz von Papiern, die auf den Namen Erna Büser, die eine der Häftlinge war, lauteten. Mit diesen falschen Papieren suchte sie im November 1945 die Stadt Halle auf.

Zwischendurch hatte sie sich in mehreren Orten der Tschechoslowakei sowie auch in Bad Schandau und Dresden aufgrund ihres falschen Ausweises als politischer Häftling ausgegeben, und dadurch finanzielle Unterstützung erhalten.

Als Erna Dorn, trotz des Bestehens ihrer alten Ehe, den VVN-Angehörigen Max Gewald heiratete, legte sie ihre falschen Ausweispapiere auf den Namen Büser lautend, dem Standesamt vor. Dadurch bewirkte sie, dass falsche Eintragungen in die Personenstands- und Heiratsregistratur erfolgten. Diese Ehe, die nach den gesetzlichen Vorschriften gar nicht bestand, wurde im Jahre 1949 geschieden, da sich Erna Dorn strafbare Handlungen zuschulden kommen ließ. So erfolgte im Jahre 1950 ihre Verurteilung wegen Betrug und Wirtschaftsvergehen zu 11 Monaten Gefängnis und im Jahre 1951 wegen erneuten Betrugs zu 1 ½ Zuchthaus.

Im Jahre 1951 wurde Erna Dorn auf Grund ihrer gegangen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Haft genommen. Während dieser Zeit erstattete sie gegen ihren bereits geschiedenen Mann Max Gewald Anzeige. Sie bezichtigte diesen, dass er mit dem Kommandeur vom KZ Ravensbrück identisch sei. Dieser hätte sich nach 1945 falsche Papiere beschafft und mit ihr die Ehe geschlossen. Dabei habe man sich gegenseitig zu Stillschweigen verpflichtet. Auf Grund dieser falschen Angaben unterzog die Ermittlungsbehörde Max Gewald einer eingehenden Vernehmung. Bei einer Gegenüberstellung mit diesem bezichtigte Erna Dorn auch noch Max Gewald als ehemaligen Lagerkommandanten des KZs Lobositz. Darüber hinaus erklärte Erna Dorn gegenüber der Ermittlungsbehörde, dass der Arzt Dr. (Name geschwärzt) ihr und Max Gewald aufgrund einer Operation die SS-Runden entfernt hatte. Bei einer Gegenüberstellung mit diesem Arzt hielt Erna Dorn ihre falschen Behauptungen aufrecht. Erst nach langen umfangreichen geführten Ermittlungen stellten sich die Angaben der Erna Dorn als unwahr heraus. Eine Nachfrage nach Westdeutschland (BRD) ergab, dass der ehemalige Kommandant des KZs Ravensbrück bereits schon zu einer 15jährigen Zuchthausstrafe verurteilt worden war. Erna Dorn gestand schließlich ein, dass dies Anschuldigungen jeder Grundlage entbehren und falsch gewesen sind. Der arme Mann muss ja die Hölle durchgemacht haben

In der Annahme, dass die Falschanschuldigungen der Erna Dorn weitere Folgen für den Arzt Dr. (Name geschwärzt) haben könnten, setzte sich dieser nach Westdeutschland (BRD) ab.

Erna Dorn wurde wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt.

Die Untersuchungshaft wurde ihr nur teilweise angerechnet, dadurch falsche Angaben bei der Untersuchungsbehörde und hartnäckiges Leugnen die Ermittlungen verzögert wurden und sehr aufwändig waren.

Um das Urteil zu begründen erfolgt nochmal eine Zusammenfassung aus dem Werdegang von Erna Dorn, die entsprechenden Paragraphen werden zugeordnet.

 

 

Hier das Dokument als PDF-Datei:

Erna Dorn Urteil wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit

 

Dokument entnommen aus der MfS-Mediathek der BStU

 

Der heimtückische Überfall auf die Sowjetunion

Der 22. Juni 1941

Im Morgengrauen des 22. Juni 1941 fielen 190 Divisionen Hitlerdeutschlands und seiner Verbündeten mit 3700 Panzern, 4900 Flugzeugen sowie 50 000 Geschützen ohne Kriegserklärung in die Sowjetunion ein. Mit dieser neuen Aggression wollte der deutsche Imperialismus einen entscheidenden Schritt auf dem Wege zu seinem Ziel, der Weltherrschaft, vorankommen. Dabei ging es ihm nicht nur um die Eroberung und Ausplünderung der weiten und reichen Gebiete der UdSSR, sondern vor allem auch um die Zerschlagung der sozialistischen Gesellschaftsordnung. (Ist erst 1989 gelungen.)

aus Ansprache Hitlers März 1941Quellenangabe aus Ansprache Hitlers März 1941

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Mit dem Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion im Jahre 1941 begann der Große Vaterländische Krieg der Sowjetunion

Die faschistische Armee konnte mit dem vertragsbrüchigen, heimtückischen Überfall die UdSSR überraschen und, ehe diese ihre Kräfte mobilisiert hatte, weit vordringen.

Überfall auf die Sowjetunion

Faschistische Truppen überfallen am 22. Juni 1941 die Sowjetunion

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die Bürger der UdSSR leisteten in diesen ersten Monaten des Krieges Gewaltiges. Sie schlossen sich eng um die Führung der KPDSU, die sowjetische Regierung und das staatliche Verteidigungskomitee, das der Generalsekretär der KPDSU, J.W. Stalin, leitete, zusammen.

An der Front vollbrachten sowjetische Soldaten große Heldentaten. Vier Wochen lang kämpften in der Festung Brest die Verteidiger. Die Piloten Butelin und Iwanow rammten unter Opferung ihres Lebens am ersten Kriegstage faschistische Flugzeuge, um sie zu vernichten.


 

Viele Soldaten, Frauen und Männer der besetzten Gebiete schlossen sich in Partisanenverbänden zum Kampf im Rücken der deutschen Front zusammen.

Sonja

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

50 000 Kommunisten folgten sofort freiwillig dem Aufruf der Partei und meldeten sich zur Sowjetarmee. Überall standen sie in der ersten Reihe

Große Leistungen vollbrachten auch die sowjetischen Menschen im Hinterland. Auf Beschluss des Staatlichen Verteidigungskomitees der UdSSR wurden bedeutende Industriewerke aus den bedrohten Gebieten nach dem Osten des Landes geschafft.

verlagertes Werk

Die Arbeit in einem verlagerten Werk beginnt bereits, bevor die Werkhallen stehen

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die Verteidigungsmaßnahmen, die die KPdSU und die sowjetische Regierung einleiteten, sowie der heldenhafte, zähe Kampf Hunderttausender sowjetischer Soldaten machten schon in den ersten Kriegswochen deutlich, dass dieses Mal die Blitzkriegsstrategie ohne Erfolg blieb.

Die sowjetischen Truppen leisteten einen so hartnäckigen Widerstand, dass der deutsche Zeitplan ins Wanken kam. Die faschistischen Generale hatten die Kriegsdauer gegen die UdSSR auf höchstens fünf Monate geschätzt, mussten jedoch bald ihren Fehler einsehen.

Scheitern Barbarossa-Plan

Das Scheitern des faschistischen Barbarossa-Plans

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

aus Kriegstagebuch Generalstabschef HalderQuellenangabe Kriegstagebuch Generalstabschef Halder

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Als die Sowjetarmee am 5./6. Dezember 1941 vor Moskau zum Gegenangriff antrat und die deutschen Armeen bis 250 Kilometer zurückweichen und dabei 1300 Panzer und 18 000 Kraftfahrzeuge zurücklassen mussten sowie 120 000 Mann ihrer besten Truppen verloren, da war klar, dass dieser Blitzkrieg gescheitert war. Der Umschwung im Verlauf des II. Weltkrieges begann sich abzuzeichnen. Die Schlacht vor Moskau machte die Legende von der „Unbesiegbarkeit“ der faschistischen Wehrmacht zunichte.

Den sowjetischen Menschen und allen freiheitliebenden Patrioten in den besetzten Ländern gab der erste große Sieg über die Faschisten neue Kraft für ihren gerechten Kampf.

 

Ausplünderung, Terror, Mord – Methoden des Faschismus

Nach dem heimtückischen Überfall auf die UdSSR errichteten die Faschisten in den eroberten Gebieten ein grausames Terrorregime, das die Bestialitäten der Faschisten in Westeuropa in vielem noch übertraf. Alle Mitglieder der Kommunistischen Partei, die Politischen Kommissare der Sowjetarmee, Mitarbeiter des sowjetischen Staatsapparates, alle Widerstandskämpfer und Partisanen waren mit dem Tode bedroht.

Richtlinien für Behandlung politischer KommissareQuellenangabe Richtlinien Behandlung politischer Kommissare

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Zehntausende sowjetische Kommunisten und Patrioten wurden von den Faschisten ermordet. Hundertausende wurden gewaltsam zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschickt. Die verbliebene Bevölkerung in den besetzten Gebieten musste unter unmenschlichen Bedingungen, bei Hunger und in ständiger Angst für Hitlerdeutschland arbeiten.

aus Protokoll Besprechung Ernährungsministerium November 1941Quellenangabe Besprechung Ernährungsministerium 1941

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Absichten SS-Führer HimmlerAbsichten SS-Führer Himmler 2Quellenangabe Absichten SS-Führer Himmler

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Aus den besetzten Gebieten der Sowjetunion raubten die Faschisten gewaltige Mengen an Nahrungsmitteln, Rohstoffen und Industriegütern und richteten gewaltige Zerstörungen an.

 

aus Bericht Untersuchungen Untaten faschistischer OkkupantenQuellenangabe aus Bericht Untersuchungen Untaten faschistischer Okkupanten

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für di 9. Klasse, Stand 1982

 

Der Große Vaterländische Krieg der Völker der Sowjetunion gegen den starken faschistischen Aggressor stellte die sozialistische Gesellschaftsordnung auf eine harte Probe. Dabei zeigte sich, dass das sowjetische Volk, die volkseigenen Betriebe, die Kollektivwirtschaften und die Sowjetarmee damals dieser Prüfung standhielten

Die bürgerlichen Staaten, darunter das ökonomisch und militärisch mächtige Frankreich, waren schnell unter den Schlägen der faschistischen Wehrmacht zerbrochen. Währenddessen erlitten die Aggressoren durch die Kraft der Völker der Sowjetunion, geführt von der Kommunistischen Partei, die ersten Niederlagen. Die sowjetischen Menschen kämpften selbst unter großen Opfern mit dem eisernen Willen, ihre Heimat zu verteidigen und die Faschisten aus dem Vaterland zu vertreiben. Moskau und Leningrad (heute: St. Petersburg) fielen nicht in die Hände der Faschisten. Die Sowjetunion kapitulierte nicht vor dem Aggressor.

Ein besonders schweres Los hatten die Kommunisten, Antifaschisten und aus rassischen Gründen Verfolgten, vor allem Juden, die von den Faschisten in den Konzentrationslagern gefangengehalten wurden.

Lagertor Auschwitz Birkenau

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Hundertausende sowjetischer Bürger kamen zu den Häftlingen aus allen Ländern Europas, aber auch Deutschland, hinzu. Über acht Millionen Menschen der verschiedenen Nationen und Klassen, in erster Linie Arbeiter, Kommunisten, Sowjetbürger, progressive Angehörige der Intelligenz und Juden, wurden in den Konzentrationslagern grausam ermordet.

aus Briefwechsel IG Farben und KZ Auschwitz

Aus dem Briefwechsel zwischen der IG Farben und dem Konzentrationslager Auschwitz

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

KZs in Europa während des II. Weltkrieges

Die faschistischen Konzentrationslager in Europa während des II. Weltkrieges

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

Der Kampf der deutschen Antifaschisten zur Unterstützung des gerechten Krieges der UdSSR und der anderen Völker gegen den Faschismus

Der Überfall auf die UdSSR war ein verhängnisvoller Schlag gegen die Lebensinteressen des deutschen Volkes. Er richtete sich gegen den Staat, der den historischen Fortschritt verkörperte, in dem die Werktätigen (Erwerbstätige, arbeitende Menschen) die Macht ausübten und der konsequent dafür eintrat, die Menschheit von der Gefahr imperialistischer Kriege zu befreien.

Deshalb bemühten sich das Zentralkomitee der KPD und alle Antifaschisten, dem deutschen Volk durch Flugblätter, Radiosendungen und mündliche Propaganda klarzumachen, dass der Sieg der Sowjetunion über Hitlerdeutschland auch die Befreiung des deutschen Volkes vom Faschismus bedeuten würde. Für dieses Ziel kämpfen, war die größte patriotische Aufgabe jedes guten Deutschen.

aus Aufruf der KPD vom 24. Juni 1941Quellenangabe aus Aufruf der KPD vom 24. Juni 1941

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die Verteidigung der Sowjetunion und die Befreiung des deutschen Volkes vom Faschismus war auch das Ziel der seit Jahren wirkenden weitverzweigten antifaschistischen Widerstandorganisation, die von Arvid Harnack und Harro Schulze-Boysen geleitet wurde.

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Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Zur Einbeziehung möglichst vieler Hitlergegner in diesem Kampf nahmen Mitglieder dieser Widerstandsorganisation zu Angehörigen der verschiedensten Bevölkerungsschichten sowie Kriegsgefangenen und ausländischen Zwangsarbeitern Beziehungen auf. Sie verwirklichten praktisch die Volksfrontpolitik der KPD. Als der Leitung dieser Organisation über geheime Verbindung die Vorbereitungen zum Überfall der Faschisten auf die Sowjetunion bekannt wurden, gab sie dem sowjetischen Nachrichtendienst davon Kenntnis. Damit erfüllten diese mutigen Kämpfer die hohen internationalistischen Verpflichtungen eines jeden klassenbewussten Arbeiters, Kommunisten und deutschen Patrioten.

Aktiv traten deutsche Antifaschisten auch gegen die antisowjetische Propaganda der Faschisten auf. Als in Berlin die Ausstellung „Das Sowjetparadies“ stattfand, in der in übelster Weise die politischen und sozialen Verhältnisse in der UdSSR verleumdet wurden, verteilte die Widerstandsorganisation um Schulze-Boysen und Harnack Zettel mit der Aufschrift „Ständige Ausstellung des Naziparadieses – Krieg, Hunger, Lüge, Gestapo – Wie lange noch?“ Die Hetzausstellung selbst wurde am 13. Mai 1942 von Mitgliedern der Widerstandsgruppe um den Jungkommunisten Herbert Baum unter Lebensgefahr angezündet und niedergebrannt

Im Spätsommer 1942 wurden etwa 200 Mitglieder der antifaschistischen WiderstandsorganisationSchulze-Boysen/Harnack verhaftet, darunter Harro Schulze-Boysen und dessen Frau Libertas, Arvid und Mildred Harnack, Hans und Hilde Coppi sowie Wilhelm Guddorf.

Abschiedsbrief von Hilde Coppi

Fotokopie des Abschiedsbriefes von Hilde Coppi vor ihrer Hinrichtung durch die Faschisten

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Aufrecht gingen die meisten von ihnen dem Tod unter dem faschistischen Henkerbeil entgegen. „Ich bereue nichts. Ich sterbe als ein überzeugter Kommunist“, waren die letzten Worte Arvid Harnacks.

Der Kampf der deutschen Antifaschisten und Kriegsgegner wurde in den Monaten und Jahren nach dem Überfall auf die Sowjetunion immer stärker ein Bestandteil des gerechten Befreiungskrieges der Völker gegen denFaschismus.

 

 

Geschichtsbuch DDR 9. Klasse Kopie

 

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Der heimtückische Überfall auf die Sowjetunion

 

 

Hinweis:

Siehe auch: Antifaschistische Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“

 

 

Befreiung der KZs Auschwitz und Dachau

Was war die DDR ?

Zeitzeugen erinnern sich

Entnommen aus DER SPIEGEL Nr. 5/25.01.2020

Don Greenbaum gehörte zu jenen Soldaten, die das KZ Dachau befreiten. Iwan Stepanowitsch Martynuschkin gehörte damals zu den sowjetischen Soldaten die das KZ Auschwitz befreiten

Die Berichte der Zeitzeugen befinden sich im SPIEGEL-Artikel (DER SPIEGEL Nr. 5/15.01.2020) Siehe angehängte PDF-Datei.

Der Zeitzeuge der der US-Armee:

GI Greenbaum

Bildquelle: Foto Sara Lewokowicz/DER SPIEGEL
Entnommen aus DER SPIEGEL Nr. 5/25.01.2020

ehemaliger US-Soldat Greenbaum Zeitzeuge Don Greenbaum heute

Bildquelle: Foto Sara Lewokowicz/DER SPIEGE
Entnommen aus DER SPIEGEL Nr. 5/25.01.2020

Der Zeitzeuge der Sowjetarmee:

Offizier Martynuschkin

Bildquelle: Foto Sara Lewokowicz/DER SPIEGEL
Entnommen aus DER SPIEGEL Nr. 5/25.01.2020

Ehemaliger Sowjetkämpfer Martynuschkin Zeitzeuge Stepanowitsch Martynuschkin heute

Bildquelle: Foto Sara Lewokowicz/DER SPIEGEL
Entnommen aus DER SPIEGEL Nr. 5/25.01.2020

Der SPIEGEL-Artikel hängt als PDF-Datei an. Bitte auf den Link klicken. Leider ist eine bessere Qualität nicht möglich, da der Artikel aus der gedruckten Ausgabe abfotografiert ist und DER SPIEGEL glänzendes Papier hat. Wenn das Dokument nicht lesbar ist, bitte melden. Dan versuche ich…

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Bearbeitung von Nazi- und Kriegsverbrechen

neue Nazis

Bildquelle: Endstation Rechts https://www.endstation-rechts.de/news/dicke-luft-und-duenne-kleider.html

 

 

Ermittlungs- und Untersuchungsverfahren gegen Personen, die von DDR-Gerichten wegen Nazi- und Kriegsverbrechen und/oder Verbrechen gegen
die Menschlichkeit verurteilt wurden, sind zunächst (1950-1955) in geringem Umfang (in 50 von 674 Verfahren), danach (1956-1960) zunehmend (in 14 von 18 Verfahren) und ab Anfang der 60er Jahre ausschließlich von den Untersuchungsorganen des MfS bearbeitet worden.14 Insgesamt wurden 165 Personen verurteilt, die zuvor durch die Untersuchungsorgane des MfS ermittelt worden waren.

1950 war zwischen MfS und MdI(Ministerium des Inneren) vereinbart und in der Dienstanweisung
der Hauptverwaltung Deutsche Volkspolizei Nr. 13/50 sowie in der dazu
erlassenen Richtlinie der Hauptabteilung K vom 27. Februar1950 bestimmt
worden, dass alle Fälle gemäß Befehl 201 der SMAD weiter von der Kriminalpolizei bearbeitet werden. Die Organe des Ministeriums für Staatssicherheit hingegen sollten Verstöße gegen den Artikel III A III der Kontrollratsdirektive
38 (KD 38) – also Straftaten, die nach dem 8. Mai 1945 begangen
 wurden – bearbeiten, soweit im Einzelfall nicht anders entschieden wurde. Gemäß dieser Festlegung führten bis zur Aufhebung der alliierten Gesetze
und Direktiven im Jahre 1955 vornehmlich die Diensteinheiten der Kriminalpolizei Untersuchungen zur Aufklärung von Nazi- Verbrechen.

Da westliche Geheimdienste, insbesondere CIC/CIA und die Gehlen-Organisation, jedoch in den ersten Nachkriegsjahren bevorzugt ehemalige Mitarbeiter
 der Gestapo und Angehörige des SD und der SS/Waffen-SS, Wehrmachtsoffiziere und andere Naziaktivisten rekrutierten, wurde dieser Personenkreis für die Aufklärungs- und Abwehrarbeit des MfS interessant.

So erfolgten 1950 in Einzelfällen Übernahmen von Verdächtigen, die sich wegen geheimdienstlicher Zusammenhänge bereits in Haft befanden, durch das MfS-Untersuchungsorgan.

Darunter befanden sich die ehemaligen leitenden Gestapo-Mitarbeiter Hans Müller und Bruno Sattler. Müller war stellvertretender Leiter des Judenreferats der Gestapo Breslau gewesen und an der Deportation von über 8.000
464 Juden aus Breslau und Umgebung beteiligt. Sattler, der zu den ersten Gestapo- Leuten in Berlin gehörte, hatte 1934 den Häftlingstransport geleitet, bei dem Funktionäre der KPD-Führung (John Schehr und Genossen) „auf der Flucht“ erschossen worden waren. Während seines Einsatzes in Jugoslawien koordinierte Sattler den Einsatz von Gaswagen zur Vernichtung von mindestens 8.000 Juden. In Serbien war er an der Verschleppung von Bürgern zur Zwangsarbeit sowie der Tötung von Geiseln maßgeblich beteiligt.

Zu den Personen, die zunächst wegen aktiver geheimdienstlicher Tätigkeit
in das Blickfeld gerieten, gehörte der ehemalige Hauptmann der Wehrmacht Kurt-Heinz Wallesch, der in den okkupierten Territorien der Sowjetunion an Erschießungen sowjetischer Kriegsgefangener beteiligt war.

Für 
den Gehlen-Geheimdienst arbeitete als Agentenwerber auch Manfred Körber,
der als Angehöriger des Reichssicherheitshauptamtes zur Partisanenbekämpfung
eingesetzt war und an mindestens fünfzehn Massenerschießungen
mit mehr als 700 Personen teilgenommen hatte. Später, als
Abwehroffizier in der deutschen Rüstungsindustrie, lieferte er 60 bis 70
 Personen der Gestapo aus, von denen 15 zum Tode verurteilt wurden.

Der ehemalige SS-Obersturmführer Friedrich Bauer, der als leitender Beamter
 der Gestapo in Prag maßgeblich an der Verfolgung von antifaschistischen Widerstandskämpfern beteiligt war, arbeitete nach 1945 als Leiter einer 
BND-Stelle und tat sich dabei insbesondere bei der Anwerbung von DDR-Bürgern
 zur Spionage hervor.

Vom MfS aufgespürt wurden die Gebrüder Wilhelm und Oskar Wolff, die 
als Angehörige des faschistischen „Selbstschutzes“ im okkupierten Polen
 1939/40 an der Ermordung von mehr als 1.000 Juden mitgewirkt hatten.

In der BRD galten ab dem 8. Mai 1960 alle vor dem 8. Mai
 1945 begangenen, nach dem BRD-Strafrecht als Totschlag, Körperverletzung
mit Todesfolge, Freiheitsberaubung mit Todesfolge und Raub eingestuften Nazi-Verbrechen als verjährt. Da vorrangig gerade aber diese Straftatbestände der
 BRD-Justiz zur Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen Nazi-Verbrecher
dienten, mussten diese Täter folglich keine Verfolgung mehr fürchten.
 Das stieß nicht nur in der DDR auf entschiedenen Protest, sondern führte 
auch international zu verstärkten publizistischen Aktivitäten und Untersuchungshandlungen zur Aufklärung von Nazi-Verbrechen und daran beteiligten
Tätern. Die DDR als antifaschistischer Staat hatte nicht nur großes Interesse
daran, das Personal der BRD mit brauner Vergangenheit zu
entlarven und bei Vorliegen zweifelsfreier Beweise für ihre Verbrechen in
der Nazizeit juristisch zu belangen. Damit wurde zugleich auf die gefährliche politische Kontinuität hingewiesen. Die BRD reagierte darauf 
u. a. in besonders schlimmen Fällen mit nachgewiesener Nazi-Vergangenheit 
und schwerster Verbrechen bei hochrangigen Staatsbediensteten mit der
 Lösung Rücktritt von ihren Funktionen „aus gesundheitlichen Gründen“. Damit machte man es sich einfach.

Das Aufspüren Adolf Eichmanns – einst Leiter des „Judenreferats IV B 4“ im RSHA
– durch den israelischen Geheimdienst, Eichmanns Verbringung aus Argentinien nach Israel und seine dortige Verurteilung lenkte das Augenmerk der
 internationalen Öffentlichkeit auf die Notwendigkeit zielgerichteter Ermittlungen und verstärkter internationaler Zusammenarbeit zur Aufklärung und
 strafrechtlichen Verfolgung bislang nicht geahndeter NS-Verbrechen. Das war
 für die Ermittlungs- und Untersuchungstätigkeit bei derartigen Delikten auch
 für die DDR wichtig, führte zu einer intensiveren Zusammenarbeit mit anderen Staaten, insbesondere mit der UdSSR, Polen und der CSSR.

Im Gefolge des Kalten Krieges und der bekannten Haltung westdeutscher
 Behörden zur Verfolgung von Nazi-Verbrechen und -Verbrechern erlangten
 die entsprechenden Untersuchungen und die strafrechtliche Verfolgung von Verdächtigen auch sicherheitspolitische Bedeutung; deshalb gingen sie in
 die Verantwortung des MfS über.

Anlässe für die Einleitung von Ermittlungen ergaben sich sowohl aus operativen Arbeitsergebnissen zur Gewährleistung der Sicherheit der DDR wie
 auch aus den Recherchen zu Dokumentationen über die Wiederverwendung 
schwer belasteter Repräsentanten des Faschismus und an Nazi-Verbrechen
 beteiligter Personen in der BRD.

Im Zusammenhang mit Veröffentlichungen und offiziell an BRD-Behörden übergebenen Dokumenten zu dort lebenden Personen, die der Mitwirkung
an Nazi-Verbrechen verdächtig waren, kam es in Einzelfällen auch
zu eher zufälligen Entdeckungen von Tatverdächtigen in der DDR. Beispielsweise geriet ein Landgerichtsrat Breier in Verdacht, ein Blutrichter
gewesen zu sein.

Nach seiner Festnahme am 18. August 1960 erfolgte die abschließende Bearbeitung durch die zuständige Untersuchungsabteilung
 des MfS. Johannes Breier (Breyer) wurde am 14. April 1961 vom Bezirksgericht Schwerin wegen fortgesetzter Beihilfe und vollendetem Mord in mindestens 
58 Fällen gemäß §§ 211, 49, 43 StGB verurteilt. Allein im Zuge
 dieses Verfahrens konnten 24 weitere ehemalige Richter und Staatsanwälte
 des Sondergerichts Posen namhaft gemacht werden, die in der BRD
 wieder in Amt und Würden waren. Darunter befanden sich auch die im „Braunbuch“ Nationale Front, das vom Nationalrat der Nationalen Front der DDR Mitte
 der 1960er Jahre herausgegeben worden war, genannten Juristen:
Dr. Bömmels, vor 1945 Senatspräsident am Sondergericht Posen (44
Todesurteile nachgewiesen), nach 1945 Senatspräsident beim Oberlandesgericht Saarbrücken; Dr. Hucklenbroich, vor 1945 Landgerichtsrat beim Sondergericht Posen (63 Todesurteile), nach 1945 Landgerichtsdirektor in Wuppertal; Dr. Jungmann, vor 1945 Staatsanwalt beim Sondergericht,
nach 1945 Staatsanwalt in Essen und Vertreter Hessens in der großen Strafrechtskommission der BRD.

Die in der DDR durchgeführten Gerichtsverfahren gegen Nazi- und Kriegsverbrecher entlarvten in nicht wenigen Fällen die braune Vergangenheit von
 Personen, die inzwischen hochrangige Positionen in der BRD eingenommen
hatten, so der Prozess in Abwesenheit gegen Hans Joseph Maria Globke, den
 Chef des Bundeskanzleramtes der BRD. Globke wurde am 23. Juli 1963
 durch den 1. Strafsenat des Obersten Gerichts der DDR wegen Mittäterschaft
an Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemäß Art.
6 des Statuts für den Internationalen Gerichtshof und §§ 211, 47 bzw. 72
StGB/DDR verurteilt. Globke war nachweislich beteiligt an der Ausarbeitung
und dem Kommentar der berüchtigten Nürnberger Gesetze, am Reichsbürgergesetz vom 15. September 1935, am Gesetz zum Schutze des deutschen
 Blutes und der deutschen Ehre vom 15. September 1935, am Gesetz
 zum Schutz der Erbgesundheit des deutschen Volkes vom 18. Oktober 1935 sowie dem Personenstandsgesetz vom 3. November 1937, am Gesetz
 zur Änderung von Familien- und Vornamen vom 1. Januar 1938 sowie an
 den nachfolgenden Verordnungen und Entscheidungen. Sie ermöglichten
 es, Juden zu registrieren, auszugrenzen, aus der Versorgung mit Lebensmitteln auszuschließen, zu enteignen, willkürlich zu inhaftieren und in KZ einzuweisen, sie zu deportieren und letztlich zu ermorden.

Alle seit Ende der 1950er Jahre von den Untersuchungsorganen des MfS
 bearbeiteten Ermittlungsverfahren wegen solcher Delikte beruhten auf operativ erarbeiteten Ergebnissen (hauptsächlich der Diensteinheiten XX, ab
1967 in Zusammenarbeit mit der HA IX/11).
 Ausgenommen der letzte derartige Fall: Am 25. September 1989 verurteilte
 das Bezirksgericht Rostock den ehemaligen Werksschutzangehörigen
 Jakob Holz, der an der Ermordung von mindestens 39 jüdischen
 Zwangsarbeitern mitgewirkt und 11 Opfer eigenhändig erschossen hatte.
Das Material kam aus der BRD im Zuge der Rechtshilfe. In
den 40 Jahren DDR-Geschichte war dieser Vorgang einmalig, dass ein BRD-Justizorgan Material zu einem „in der DDR unerkannt lebenden Nazi-Tatverdächtigen“ übergab. Nach Überprüfung der Identität und der
 Tatvorwürfe wurden die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einleitung
eines Ermittlungsverfahrens bestätigt und Holz am 15. Mai 1988 in Haft
genommen.

Zu den Tätern, die nach Ermittlungen des MfS verurteilt wurden und deren
 Prozesse internationale Beachtung fanden, gehörten der stellvertretende
 Standortarzt im KZ-Auschwitz, Dr. med. Horst Paul Fischer. SS-Hauptsturmführer Fischer war nach umfangreichen MfS-Recherchen am 11. Juni 1965
 verhaftet worden. Ihm wurde nachgewiesen, dass er mitschuldig war an der
Ermordung von mindestens 70.000 jüdischen Menschen. Er hatte die Ermordung
 von mindestens 5.400 Opfern in den Gaskammern persönlich überwacht
 und in 71 Fällen „Ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigungen“ für den Vollzug
von Prügelstrafen ausgestellt.

Sein Mordkomplize Josef Mengele, der sogenannte „Todesengel von Auschwitz
“, konnte sich zunächst jahrelang unbehelligt im Westen Deutschlands
 aufhalten und später mit Hilfe „alter Kameraden“ nach Südamerika flüchten.
 Dort ist er, wie es heißt, vermutlich in den 1990er Jahren verstorben.

Vom MfS aufgespürt und seiner Bestrafung zugeführt wurde der Arzt
 Dr. Kurt Heißmeyer, der im KZ Neuengamme verbrecherische Versuche
mit Tbc-Bazillen an jüdischen Kindern durchgeführt hatte. Zu seinen Opfern 
gehörten die unter dem Kommando des SS-Obersturmbannführers Strippel
 in der Nacht vom 20. zum 21. April 1945 in Hamburg zusammen mit
 ihren vier Pflegern und 24 sowjetischen Kriegsgefangenen ermordeten
 Kinder (bekannt als Kinder vom Bullenhuser Damm). Die Fotos der Kinder
 und Röntgenplatten über die Experimente hatten die Untersuchungsorgane
des MfS sichergestellt. (Nicht nur nebenbei: 1967 hatte ein Oberstaatsanwalt Münzberg am Landgericht Hamburg das Verfahren gegen
 Strippel mit der zynischen Begründung eingestellt, den Kindern sei „über 
die Vernichtung ihres Lebens hinaus kein weiteres Übel zugefügt worden.
 Sie hatten insbesondere nicht besonders lange seelisch und körperlich zu
leiden.“ Dieser Dr. Münzberg wurde 1990 Stellvertretender Generalstaatsanwalt
in Mecklenburg-Vorpommern.)

Unter den Verurteilten befand sich der SS-Hauptscharführer Kurt Wachholz,
der im Gestapogefängnis Kleine Festung Theresienstadt an der Ermordung
 von 505 Häftlingen mitwirkte. (Einer seiner Komplizen war der BRD-Bürger 
Anton Malloth, gegen den erst am 25. Mai 2000 beim Amtsgericht
München Haftbefehl erwirkt wurde.)

Am 30. April 1969 verurteilte das Bezirksgericht Erfurt den ehemaligen SS-Unterscharführer und Gestapo-Angehörigen Joseph Blösche. Als Angehöriger eines Einsatzkommandos im Raum Baranowitschi (UdSSR) hatte er an Massenexekutionen teilgenommen und sich 1943 im Warschauer Ghetto als „besonders einsatzfreudig“ erwiesen. Im sogenannten „Stroop-Bericht“ über
 die Liquidierung des Ghettos ist Blösche mehrfach abgebildet, darunter auf
 dem bekannten Foto eines jüdischen Jungen mit erhobenen Händen, auf
 den Blösche mit der Waffe zielt. Die Identifizierung Blösches bereitete ungewöhnliche Schwierigkeiten, weil sein Gesicht bei einem späteren Bergwerksunfall völlig verändert war.

Auch der ehemalige SS- und Gestapo-Angehörige Edmund Langer wurde
 ermittelt. Gemeinsam mit einem Gestapo-Angehörigen hatte er sich wegen
der Ermordung von 118 polnischen Bürgern in Siedlce und der Deportation
einer unbestimmten Anzahl polnischer Juden zu verantworten. In Warschau
 war er außerdem an Festnahmen polnischer Widerstandskämpfer beteiligt.
 In der DDR hatte er sich in den Justizdienst eingeschlichen und es bis zum Staatsanwalt gebracht.

Aufgespürt wurde der Leiter der Gestapodienststellen Kolin und Beneschau
(CSR) Paul Feustel, der nach dem Heydrich-Attentat den Befehl zur 
Ermordung von 42 tschechischen Bürgern gab, die Verfolgung von 2.460 tschechischen Bürgern organisierte, sie festnehmen und erschießen oder ins
 KZ überführen ließ. Bereits 1934 war er an den Verfolgungen der Roten
 Bergsteiger in Dresden beteiligt. Er wurde am 11. Dezember 1972 vom Stadtgericht Berlin verurteilt.

Der SD-Angehörige und Gestapo-Mitarbeiter in Breslau, Wilhelm
 Lachmann, war in Schlesien an der Verfolgung von Antifaschisten und
an der Deportation der Breslauer Juden aktiv beteiligt. In einem Einsatzkommando wirkte er im Kriegsgefangenenlager Neuhammer an der
Selektion von sowjetischen Kriegsgefangenen nach dem berüchtigten „Kommissarbefehl“ mit. Er gehörte zum Begleitkommando des Transportes,
 bei dem mehrere Hundert zur Exekution ausgesonderter Offiziere,
 Kommissare und Juden nach Auschwitz gebracht wurden. Dieser Gefangenentransport gehörte im September 1941 zu den ersten Opfern,
die mit „Zyklon B“ vergast wurden.

Mit Henry Schmidt und Heinz Barth standen in den 1980er Jahren zwei
 Nazi-Täter vor Gericht, über die auch in ausländischen Medien ausführlich
 berichtet und zu denen gesonderte Dokumentationen veröffentlicht wurden. SS-Obersturmführer Schmidt hatte als Leiter des „Judenreferats“ der Gestapo-Leitstelle Dresden maßgeblich die Verfolgung und Deportation von
 985 Juden aus Dresden und Umgebung mit 10 Transporten nach Theresienstadt organisiert, wo 311 der Deportierten zu Tode kamen. Auch an der Verschleppung
 von mindestens 300 Zwangsarbeitern zur Ermordung im KZ
 Auschwitz war er beteiligt.
 SS-Obersturmführer Barth war 1942 nach dem Attentat auf Heydrich als
Angehöriger der Schutzpolizei an der standrechtlichen Erschießung von 92
469
tschechischen Bürgern beteiligt und nahm 1944 als Offizier der Waffen-SS
 und Zugführer in der SS-Division „Das Reich“ aktiv am Massaker im französischen Oradour-sur-Glane teil, dem 642 Männer, Frauen, Kinder und
 Greise zum Opfer fielen.

Über den Prozess hinaus ist noch immer von aktueller Bedeutung, dass ein 
unmittelbar beteiligter Täter vor einem deutschen Gericht Aussagen über
 Umstände und Hergang dieses Verbrechens machte. Er widerlegte die noch
immer umlaufende Legende, SS-Männer hätten unter Einsatz ihres Lebens
in Oradour-sur-Glane Frauen und Kinder aus der brennenden Kirche gerettet.
 Ermittelt und verurteilt wurden seit den 1960er Jahren zahlreiche Offiziere
und Unterführer von Einsatzkommandos und SS-Polizeieinheiten, die
 zumeist in der Anonymität von Gruppen an Drangsalierungen und Massenexekutionen von Zivilisten in besetzten Gebieten der Sowjetunion und
 in Polen beteiligt waren. Sie hatten durchweg eigenhändig getötet.

 

 

Buchtitel Die Sicherheit Kopie 3

 

Text: Karli Coburger und Dieter Skiba, bearbeitet von Petra Reichel

Entnommen aus dem Buch „Die Sicherheit“

 

 

 

Website MfS-Insider

 

Das gesamte Buch oder einzelne Kapitel können von der Website www.mfs-insider.de heruntergeladen werden.

 

 

 

 

Original-Text:

Nazi- und Kriegsverbrechen

Die Abteilung 11 der Hauptabteilung IX (Archiv)

Archiv

Bildquelle: Archiv ZHdk https://www.zhdk.ch/miz-archiv

 

Mit Befehl Nr. 39/67 des Ministers für Staatssicherheit vom 23. Dezember1967 erfolgte zum 1. Februar 1968 die offizielle Gründung der HA IX/11
als eine der HA Untersuchung angegliederte Struktureinheit. Ausgangspunkt dafür war die sicherheitspolitische Prämisse, dass die „völkerrechtliche und nationale Verpflichtung der Deutschen Demokratischen Republik zur Verfolgung und Aufklärung von Nazi- und Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie die zunehmende neonazistische Entwicklung
in Westdeutschland und Westberlin … die zielgerichtete Entlarvung
der dort in staatlichen, politischen, wirtschaftlichen und militärischen Schlüsselpositionen herrschenden Nazi- und Kriegsverbrecher, aktiven Faschisten
und faschistischen Agenturen“ erfordert und zugleich unerkannte NS-Verbrecher aufzuspüren und strafrechtlicher Verantwortung zu überführen seien.
Daraus ergaben sich (im Befehl Nr. 39/67 unter Punkt 1 fixiert) im wesentlichen
zwei Hauptrichtungen für die Tätigkeit dieser spezifischen Struktureinheit:

  • a.) Die einheitliche, systematische Erfassung, Archivierung, politisch-operative Auswertung und Nutzbarmachung aller im Bereich des MfS vorhandenen
und noch zu beschaffenden Materialien aus der Zeit bis 1945, um die im
Staats-, Wirtschafts-, und Militärapparat sowie in Parteien und Organisationen
tätigen und durch ihre faschistische Vergangenheit belasteten Personen
in der Bundesrepublik und in Westberlin zu enttarnen.

 

  • b.) Sammlung von Belastungsmaterial zur operativen Bearbeitung und
zur Einleitung von Ermittlungsverfahren sowie Übergabe an Diensteinheiten
des MfS zur operativen Nutzung; Aufklärung von Nazi-Verbrechen, eingeschlossen
die Bearbeitung von an den Generalstaatsanwalt der DDR gerichteten Rechtshilfeersuchen anderer Staaten sowie von Anfragen von
Einzelpersonen, Organisationen etc. aus dem Ausland.

 

Die außen- und innenpolitischen Aufgaben werden auch in den zum Befehl
Nr. 39/67 erlassenen Durchführungsbestimmungen und anhand der Struktur
der HA IX/11 deutlich. In diesen Hauptrichtungen war die HA IX/11 bis
zu ihrer formellen Auflösung am 28. Februar 1990 und der Übernahme ihrer
Archivalien durch das Zentrale Staatsarchiv der DDR als Außenstelle „Freienwalder Straße“ tätig.

Die HA IX/11 stützte sich auf vorhandenes Archivgut innerhalb des MfS,
das von der mit Befehl Nr. 1/50 vom 20. September 1950 im MfS gebildeten
Abteilung Erfassung und Statistik ( Abt. XII ) im Zentralarchiv gesammelt
und zu einem Großteil für die weitere Auswertung im Laufe der Jahre erschlossen worden war.

Dieses Archivgut mit sogenannten Z-Signaturen (Z= Zentralarchiv), wurde
entsprechend dem Befehl Nr. 39/67, Punkt 3, zusammen mit Registrierunterlagen
 und Findhilfsmitteln, Nachschlagewerken etc. einschließlich der im
Dienstgebäude Freienwalder Straße befindlichen Büro- und Archivräume
 von der Abt. XII/3 (Zentralarchiv ) übernommen.

Bei den Akten handelte es sich vorwiegend um Originaldokumente,
die Mitte der 50er Jahre aus der Sowjetunion in die DDR kamen und vom 
Zentralen Parteiarchiv der SED, von der Staatlichen Archivverwaltung
 der DDR sowie vom MfS übernommen wurden. Im Bestand befanden
 sich auch Unterlagen aus der Zeit und zu den Vorgängen zur Entnazifizierung,
 die dem MfS nach seiner Gründung von der damaligen Deutschen
Justizverwaltung und von der Kriminalpolizei übergeben worden waren.
 Schließlich ergänzte die HA IX/11 mit hohem Arbeitsaufwand auch ihre
 Bestände durch planmäßige Sichtung von Archiven in anderen sozialistischen
Staaten, durch Übernahme von Kopien aus dem Rechtshilfeverkehr
 sowie durch Eingliederung zufälliger Funde. Im Aktenbestand enthalten
 waren ca. 5.000 Einzelfallakten des faschistischen Volksgerichtshofes
 und von Nazi-Sondergerichten, Akten des Reichssicherheitshauptamtes,
 des faschistischen Sicherheitsdienstes, der Gestapo, des Innenministeriums,
 der NSDAP, der SS, Unterlagen zu KZ, Zuchthäusern und anderen Haftanstalten
 der Nazis, zu Ämtern und Wirtschaftsunternehmen Hitlerdeutschlands.

Dort befand sich ferner Mikrofilm-Material, das entsprechend zwischenstaatlicher Vereinbarungen mit sozialistischen Staaten (UdSSR, VR
Polen, CSSR ) im Zusammenhang mit der Sichtung von dort lagernden Archivmaterialien durch Arbeitsgruppen des MfS gefertigt bzw. die von den dortigen Sicherheits- und Justizorganen der DDR zur Verfügung gestellt worden waren. Der Bestand an Mikrofilmen wurde in der Folgezeit in der
HA IX/11 beständig weiter ergänzt, u. a. mit gekauften Kopien von Mikrofilmen aus USA-Archiven und durch von der HA IX/11 selbst in ausländischen Archiven (VR Polen , UdSSR , CSSR ) gesichtetes und verfilmtes Archivgut. Alles in allem mehrere Millionen Aufnahmen.

Archiviert waren ebenfalls Dokumentationen und Materialsammlungen 
anderer Diensteinheiten, insbesondere der Abt. Agitation (später ZAIG ),
vor allem aus den 50er und 60er Jahren. Sie dokumentierten die Mitwirkung
 des MfS an Publikationen und Pressekonferenzen des Ausschusses
 für Deutsche Einheit, des Nationalrates der Nationalen Front und des Generalstaatsanwaltes der DDR zur Entlarvung der in der BRD agierenden Alt-
Nazis und strafrechtlich nicht verfolgten Naziverbrecher.

Zur Vorgeschichte gehört die seit 1950, etwa ab 1952 intensivierte
umfangreiche Arbeit zur Erschließung von Archivgut aus der bzw. über
die Zeit vor 1945 durch systematische karteimäßige Erfassung von darin
genannten Personen mit faschistischer Vergangenheit, soweit zur Identifizierung
geeignete Personaldaten (Name, Vorname, Geburtsdatum,
Geburtsort als Mindestforderung) vorhanden waren. Diese Personendatei
 wuchs jährlich um Zehntausende Karteikarten (MfS-intern F 16). Zuletzt
umfasste sie mehrere Millionen derartiger Datenträger zu Personen mit
faschistischer Vergangenheit. 
Diese wurden in den 1990er Jahren, als die
BStU den Horror der „Stasi-Verfolgung“ skizzierte, stets mitgezählt,
um auf die „Millionen von der Stasi verfolgten Personen“ zu kommen.

Bereits mit der Richtlinie 21/52 war für die MfS-interne Arbeit bestimmt
 worden, dass Personen mit faschistischer Vergangenheit in der gesamten politisch-operativen Arbeit zur Aufklärung und Abwehr feindlicher Aktivitäten
mehr Berücksichtigung finden müssten, weil sich nachgewiesenermaßen
imperialistische Geheimdienste und andere Feindorganisationen
derartiger Kräfte sowohl als Personal als auch im Innern der DDR als
 Agenturbasis bedienten.

Die Behauptung, dass die Existenz von Archivgut aus der Zeit des Faschismus
 in Beständen des MfS bis 1989/90 „völlig unbekannt“ war und erst
 durch ein „Bürger-Komitee“ entdeckt worden sei, ist nachweislich unrichtig.
 Den in der DDR zuständigen Organen und Einrichtungen (Generalstaatsanwalt
der DDR, Staatliche Archivverwaltung des MdI, Dokumentationszentrum
der Staatlichen Archivverwaltung, Zentrales Staatsarchiv, Zentrales
 Parteiarchiv etc.) war sehr wohl bekannt, dass das MfS über einen
bestimmten Bestand an Akten aus der Zeit vor 1945 verfügte und dass
Informationen daraus bei Bedarf auch zur Verfügung gestellt wurden. Beispielsweise erhielt das Dokumentationszentrum der Staatlichen Archivverwaltung
 zu Benutzeranfragen und Forschungsprojekten aus der HA IX/11
regelmäßig Informationen über hier vorliegende Erkenntnisse und Kopien
von Archivalien, die dort als Dok. P oder Dok. K mit Hinweis „911“ in die
 Speicher aufgenommen wurden.

Dem Ausschuss für Deutsche Einheit und dem Nationalrat der Nationalen
 Front, die in den 50er und 60er Jahren mit Publikationen und Dokumentationen 
über Alt-Nazis in der BRD befasst waren, wurden nicht
 unerhebliche Massen an Dokumenten (zum Teil durch gemeinsame Arbeitsgruppen
 auch direkt vor Ort im Lesesaal des MfS-Zentralarchivs gesichtet)
für diese Veröffentlichungen (z. B. über Naziblutrichter, „Braunbuch“ etc.)
zur Verfügung gestellt.

Das in der DDR in den 60er Jahren erschienene „Braunbuch“ führte
 etwa 1.700 belastete Personen in Politik, Wirtschaft, Justiz und Verwaltung
an, die in der BRD Verantwortung trugen. Diese Veröffentlichung
wurde von der Westseite stets als „Propaganda“ denunziert.
Der ehemalige Kriminaldirektor Dieter Schenk vom Bundeskriminalamt
(BKA), der sich später mit der Geschichte seiner Behörde befasste,
räumte im Herbst 2001, mehr als 35 Jahre später, vor der Fernseh-Kamera ein: Das „Braunbuch“ hatte „sachlich nur einen Makel: Es untertreibt.“
 Von 57 Führungskräften des BKA hätten „nur zwei keine braune Weste“ getragen.
 Selbst Paul Dickopf, bis 1971 Chef des Amtes, war während der Nazi-Zeit SS-Offizier im Spionageeinsatz. Und BKA-Vizepräsident Bernhard Niggemeyer ließ als Chef von Kommandos der Geheimen Feldpolizei Hunderte von Erschießungen anordnen. „Selbst als sich schon das Ende des
Naziwahns abzeichnete.“

Zur Vorgeschichte der Bildung der HA IX/11 gehören auch die Aktionen „Licht“ und „Konzentration“, bei denen Anfang der 60er Jahre republikweit nach Dokumenten aus der Zeit vor 1945 und versteckten Wertgegenständen gesucht wurde. Sie dienten der Konzentration aller im MfS vorhandenen operativen Hinweise und Materialien über Nazi-Verbrechen und Tatverdächtige in einem speziellen Referat bei der Hauptabteilung XX ( XX/2/III ). Als sich abzeichnete, dass in der BRD am 8. Mai 1965 nun auch noch die
Verfolgung aller „NS-Gewaltverbrechen“ eingestellt werden sollte und eine Verlängerung der Verjährungsfrist regierungsoffiziell abgelehnt wurde (Justizminister
Dr. Bucher sprach sich am 2. März 1964 in Karlsruhe ausdrücklich
gegen eine Verlängerung der Verjährung aus), sahen sich die DDR und andere sozialistische Staaten veranlasst, ihre Anstrengungen auf diesem Feld weiter 
zu verstärken. Zunächst waren bereits vorhandene Materialien archivalisch
weiter zu erschließen und den zuständigen staatlichen Organen zu übergeben
 sowie auch operativen Diensteinheiten des MfS zur Verfügung zu stellen.
Damit sollte die internationale Öffentlichkeit gegen die bundesdeutschen Vorhaben mobilisiert werden.

Später ging man dazu über, NS-Verbrechenskomplexe systematisch aufzuarbeiten
und intensiver nach untergetauchten Tätern zu suchen, die als
 Angehörige von Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD oder
 von SS-Polizeieinheiten an Verbrechen beteiligt waren. Die in den letzten
20 Jahren der Existenz der DDR vor Gerichten der DDR wegen Kriegsverbrechen und/oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit durchgeführten
Verfahren waren Resultat der – gemäß Durchführungsbestimmung Nr.
1 zum Befehl 39/67 praktizierten – Zusammenarbeit der HA IX/11 mit
 anderen operativen Diensteinheiten des MfS (insbesondere HA XX, Kreisdienststellen, HA I, HA II sowie der HVA) und des Zusammenwirkens mit
 der Abt. IA beim Generalstaatsanwalt der DDR bzw. mit anderen Organen 
und Einrichtungen der DDR (z. B. Dokumentationszentrum der Staatlichen Archivverwaltung) sowie mit den Sicherheitsorganen sozialistischer
Länder und Archiven im Ausland.

Bei der staatlich organisierten Kriminalität wie den Nazi-Verbrechen handelte
 es sich um politisch gewollte Verfolgung verbrecherischer Ziele mit der
 Maßgabe, jeglichen Widerstand zu brechen und Menschen zu vernichten (Holocaust, Massenexekutionen, massenhafte Todesurteile, Euthanasie, Kommissar–
Befehl u. a.). Da die Tatverdächtigen zumeist arbeitsteilig und oft in der
Anonymität von Gruppen handelten, ergaben sich für die Aufspürung und
 Beweisführung zum zweifelsfreien Nachweis einer strafrechtlich relevanten Tatbeteiligung besonders hohe Anforderungen.
 Neben dem Nachweis einer individuellen Tatbeteiligung musste zugleich 
auch gesichert werden, dass Personen, gegen die ermittelt wurde, davon 
nicht vorzeitig Kenntnis erhielten. Eine Flucht in den Westen, z. B. mit
 Unterstützung „alter Kameraden“ (etwa der von Heinrich Himmlers Tochter
 geführten Organisation für ehemalige SS-Angehörige „Stille Hilfe“)
musste aus bekannten Gründen (kein Rechtshilfeabkommen, keine Auslieferung, Ausschlachtung durch die Medien etc.) unter allen Umständen
verhindert werden.

Die operative Bearbeitung hatte streng konspirativ in Operativen Vorgängen
 zu erfolgen.(geheimdienstliche Methoden) In der DDR gab es – im Unterschied zur Praxis der westdeutschen „Ludwigsburger Zentrale“ –, also keine sogenannten Vorermittlungsverfahren,
über die die Verdächtigten informiert und auch offiziell zum
Sachverhalt gehört werden konnten.

Statistische Angaben über mehr als 100.000 solcher „Vorermittlungsverfahren“ der „Ludwigsburger Zentrale“ in der BRD gelten als Ausweis
für die Ernsthaftigkeit und systematisch betriebene Aufklärung und strafrechtliche Ahndung von Nazi-Gewaltverbrechen in der BRD.

Dem ist entgegenzuhalten: In der DDR wurde vermutlich in nicht weniger
 Fällen „vorermittelt“. Dies wurde aber nicht statistisch erfasst. In der 
DDR zählten nur die tatsächlich eingeleiteten Ermittlungsverfahren, die zur 
Anklage gekommenen Strafsachen und ergangenen Urteile.
 Allein aus dem Verfahren gegen den „Mörder von Oradour“, Heinz Barth,
 wären durchaus mehrere Hundert „Vorermittlungsverfahren“ auszuweisen,
wenn gegen jeden der namentlich bekannt gewordenen Angehörigen der
SS-Division „Das Reich“ vorermittelt worden wäre – unabhängig davon, ob
 die Personen überhaupt noch am Leben und strafrechtlich verfolgbar waren. Das aber war Praxis in der BRD.
 Die operative Aufklärung der Verdächtigen erfolgte durch die HA IX/11 –
wie schon angeführt – streng konspirativ, eine Vorinformation über Tatverdacht
 oder Befragung zur Verdachtsprüfung kam in der Regel nicht in Frage.
 Nicht immer gelang es, den Anfangsverdacht zu verdichten oder zu bestätigen.
 Im Ergebnis der Recherchen waren entweder objektiv entlastende Beweismittel
 festgestellt worden oder es konnten weder in der DDR noch anderweitig
 ausreichend gerichtsverwertbare Beweise für eine Begründung des dringenden Tatverdachts erarbeitet werden, die eine gesetzlich zulässige Strafverfolgung
ermöglicht hätten. Auch in solchen Fällen mußte gelten: in dubio pro
reo – im Zweifel für den (potentiellen)Angeklagten.
 Insofern ist es unsinnig zu behaupten, die DDR habe unzulässigen „Täterschutz
“ gewährt.

Beispielsweise wird der Fall Gust/Giese immer wieder als „Beweis“ zitiert,
um der DDR vorzuhalten, sie habe NS-Täter nicht verfolgt. Der ehemalige SS-Obersturmführer Gust, stellvertretender Lagerleiter im KZ Buchenwald,
galt als berüchtigter Schläger. Nach ihm wurde nach 1945 international gefahndet.
 Er lebte bis zu seinem Tode 1992 als Bürger der BRD unter dem Namen
 Franz Erich Giese (der Geburtsname seiner Frau) unbehelligt im niedersächsischen
 Melle und betrieb dort ein Nobellokal. Dem MfS wurde Ende 
der 60er Jahre im Ergebnis konspirativer Erkundungen Identität und Aufenthalt
 bekannt. Allerdings eben nur inoffiziell und damit offiziell nicht verwendbar.
Unter damaligen Gesichtspunkten waren diese Erkenntnisse für
 Rechtshilfeersuchen oder offizielle Verlautbarungen nicht ausreichend, so
dass entsprechende Informationen an die BRD-Justiz unterblieben. Mit der Schuldzuweisung an die Adresse der DDR wird allerdings zu überdecken 
versucht, dass – wie der Antifaschist Fred Löwenberg glaubhaft bekundet –
dem Verfassungsschutz seit 1952 sowohl Identität als auch Aufenthaltsort
von Gust/Giese hinlänglich bekannt waren.

In der DDR galten überdies völkerrechtliche Grundsätze für die Aufklärung
 und Ahndung von Nazi-Verbrechen. In der BRD hingegen wurden
 Nazi-Verbrechen nach Tatbeständen der allgemeinen Kriminalität verfolgt.
 Damit verbunden war, dass das verbrecherische Tatgeschehen unter Umständen
in Einzeltaten zerlegt und bewiesen werden musste. Das bot den Angeklagten 
und ihren Verteidigern oft Gelegenheit, mit der Widerlegung einzelner 
Tatvorwürfe die gesamte Anklage in Frage zu stellen, was auch vielen Richtern entgegen kam.

Da der HA IX/11 – obwohl Struktureinheit der HA Untersuchung des
 MfS – keine Befugnisse und Rechte eines Untersuchungsorgans gemäß Strafprozessordnung zustanden, mussten die Unterlagen zur Prüfung strafrechtlicher
Relevanz an die zuständige Untersuchungsabteilung in der HA IX (HA
IX/10, später Arbeitsgruppe VgM bzw. HA IX/2 ) übergeben werden. Wurde
 im Ergebnis der strafrechtlichen Einschätzung festgestellt, dass ausreichend
 Beweismittel vorlagen, wurden die notwendigen Maßnahmen durch die zuständige Untersuchungsabteilung eingeleitet und die Führung des Ermittlungsverfahrens
unter die gesetzlich vorgeschriebene staatsanwaltschaftliche Aufsicht
gestellt.
Die HA IX/11 wurde erforderlichenfalls auch danach noch in weitere
notwendige Beweisführungsmaßnahmen in laufenden Ermittlungsverfahren/ Untersuchungsvorgängen einbezogen, etwa zur Überprüfung von Aussagen
Beschuldigter oder Zeugen, in weitergehende Recherchen zu Personen
und Sachverhalten etc.

Innerhalb des MfS entwickelte sich die Abt. 11 in der HA IX zur zentralen Erfassungs- und Auskunftsstelle über Personen und Sachverhalte aus der
Zeit von 1933 bis 1945. Sie verfügte zuletzt über rund 11.000 laufende Meter
Akten, Tausende von Mikrodokumentenfilmen sowie über Literatur und 
Karteimittel zu über zwei Millionen in Archivalien genannten Personen und Sachverhalten.

Forschungsanfragen aus dem In- und Ausland, die an die Staatliche Archivverwaltung/ Dokumentationszentrum oder das IML/Zentrales Parteiarchiv
der SED gerichtet waren, wurden von der HA IX/11 im Rahmen des offiziellen Zusammenwirkens mit diesen Einrichtungen unterstützt . Wenn Dokumente
 vorlagen, wurden diese nach Prüfung zur Verfügung gestellt – allerdings
 nicht für alle und jeden.
 Anfragen für Forschungszwecke aus dem westlichen Ausland wurden
 grundsätzlich – wie wohl auch umgekehrt – auf etwaige geheimdienstliche
oder andere Interessen überprüft.

Zur Verantwortung der Abt. 11 in der HA IX gehörte – in Durchsetzung
des Befehls Nr. 39/67 und seiner 2. Durchführungsbestimmung – die Realisierung
von Aufgaben, die sich aus den internationalen Rechtshilfebeziehungen
der DDR und aus Rechtshilfeersuchen an den Generalstaatsanwalt
 der DDR ergaben. In der Regel bat man vom Ausland um Unterstützung bei
 Recherchen nach möglichen Tätern, Zeugen und Beweismitteln. Dazu wurden 
jährlich bis zu 100 Dokumentationen und Materialien an den Generalstaatsanwalt
der DDR übergeben, darunter Unterlagen zur Rechtshilfe gegenüber
Justizorganen in den USA, Kanada, Australien, Frankreich, Belgien, der 
BRD und Westberlin. Bedient wurden zahlreiche Anfragen von staatlichen 
und gesellschaftlichen Organen anderer Staaten.
 Allein für die in Westberlin laufenden Untersuchungen gegen ehemalige
 Juristen des Volksgerichtshofes wurden zwischen 1980 und 1986 über 6.000
Blatt Dokumente zur Verfügung gestellt. Das Ergebnis des Verfahrens war
 dennoch mager: Von den über 70 Nazi-Juristen, gegen die das Verfahren lief,
wurde keiner verurteilt. Lediglich der bereits vorher angeklagte Beisitzer an 
Freislers Volksgerichtshof, Otto Rehse, war am 3. Juli 1967 zu fünf Jahren
 Freiheitsentzug verurteilt worden. Der BGH hob das Urteil auf. In der zweiten Verhandlung wurde Rehse sogar freigesprochen – weil er subjektiv von
 der Richtigkeit der faschistischen Ausnahmegesetze überzeugt gewesen sei,
wie es in der Begründung des Urteils hieß. Vor der folgenden Revisionsverhandlung verstarb er.

Internationale Beachtung fand die 1985 erfolgte Übergabe einer 
umfangreichen Dokumentation über Todesurteile des Volksgerichtshofes mit zum Teil erstmaligen Hinweisen auf das Schicksal sogenannter
 NN-Gefangener (Gefangene im Ergebnis von Nacht- und Nebelaktionen der
Faschisten) in Frankreich, Belgien, Luxemburg, Österreich und aus den Niederlanden. Diese ausschließlich vom MfS aufbereiteten Unterlagen wurden 
über den Generalstaatsanwalt und das Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer der DDR an die zuständigen Organe in diesen Ländern übergeben.
Auch den Behörden der BRD wurden in großem Umfange beweiskräftige
 Materialien zu Tatverdächtigen übergeben, ohne dass von den Empfängern
– von Einzelfällen abgesehen – ernsthafte Maßnahmen erfolgten. Mehr
noch: Zumeist wurde das Ansinnen der DDR-Verantwortlichen als politisch
 motivierte Verleumdungsversuche diffamiert. Die entsprechenden Dokumente
 und andere Beweismittel verschwanden in Schubladen bzw. dennoch
 eingeleitete Ermittlungen wurden nach kurzer Zeit eingestellt. Die Begünstigung von Tatverdächtigen ging zumindest in nachweisbaren Einzelfällen
 soweit, dass diese von bundesdeutschen Behörden vor eventuellen
 Reisen in die DDR gewarnt wurden. Man ließ sie wissen, dass sie dort wegen
der ihnen angelasteten Nazi-Verbrechen festgenommen werden könnten. So
 geschah es im Falle eines ehemaligen Majors der Luftwaffe, zu dem die HA
IX/11 Dokumente aufgefunden hatte, aus denen sich der Verdacht der Teilnahme
 an Kriegsverbrechen auf dem Territorium der ehemaligen UdSSR 
ergab. Über den Generalstaatsanwalt der DDR waren dem Generalstaatsanwalt
beim Oberlandesgericht in Hamburg Unterlagen zugeleitet worden,
der im Oktober 1979 ein Ermittlungsverfahren einleitete. Im Oktober 1981
wurde dieses Verfahren mit der Begründung eingestellt, dass Schuld nicht
nachweisbar sei. Der Major war in den Dokumenten als Leiter einer sogenannten „Evakuierungsaktion“ in der Stadt Kriwoi Rog ausgewiesen. Befehlsgemäß waren dabei alle wehrfähigen männlichen Zivilisten zu evakuieren
(eine Umschreibung für exekutieren) und die übrige Bevölkerung zu deportieren. Bei seiner Vernehmung hatte er die massenhafte Liquidierung nicht in
Abrede gestellt, aber angegeben, dass er die Durchführung des Befehls einem nachgeordneten Kompanieführer übertragen habe. Vom Bundesminister für Innerdeutsche Beziehungen erhielt der Betreffende 1983 ein Rechtsgutachten
 des Gesamtdeutschen Instituts mit ausdrücklichem Hinweis auf den „letzten Absatz Seite 6“. Dort hieß es sinngemäß, dass von den vorstehenden Ausführungen her von einer Einreise in die DDR dringend abgeraten werden
 sollte, weil von einer Gefährdung für seine persönliche Sicherheit und Freiheit auszugehen sei.

Ähnlich verfuhren Mitte der 1980er Jahre die Justizbehörden mit einem in 
Mainz wohnenden ehemaligen Gestapo-Mitarbeiter nach der Übergabe von Beweismitteln. Der Kriminaloberassistent bei der Gestapo Leipzig war am
12. April 1945, unmittelbar vor dem Einmarsch der US-amerikanischen Truppen, zusammen mit anderen an der Massenerschießung von 57 politischen
Häftlingen und ihrer „Entsorgung“ in Bombentrichtern in Leipzig-Lindenthal beteiligt gewesen. Mit gefälschten Papieren flüchtete er in den Westen,
ohne dort später jemals für seine Verbrechen belangt worden zu sein.

Nach dem Ende der DDR gab es Vorwürfe und Anschuldigungen gegen
 die HA IX/11 und andere operative Diensteinheiten des MfS. Sie hätten Unterlagen zur Erpressung von Personen inner- und außerhalb der DDR benutzt, NS-Verbrecher im Bedarfsfall gedeckt, Darstellungen über die Zeit
des Faschismus und den antifaschistischen Widerstandkampf politisch verzerrt sowie Ergebnisse der operativen Aufklärung zu Kriegsverbrechen und
Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Bedarfsfall frisiert.
Alle kriminalistischen und juristischen Verifizierungsversuche blieben
bisher ohne Ergebnis. Simon Wiesenthal („Dokumentationszentrum des
Bundes jüdischer Verfolgter des Naziregimes“ in Wien), der sich nach
1989/90 über angeblich in der DDR vor Strafverfolgung geschützte Nazi-Täter beklagte, konnte nicht einen einzigen derartigen „Fall“ für seine
 Behauptungen namhaft machen. In einem Schreiben an Prof. Detlef Joseph (Berlin) vom 20. Dezember 2000 reagierte er ausweichend auf eine entsprechende Nachfrage. Er habe „Informationen“ bekommen, „wonach Nazis
i m allgemeinen von der DDR häufig benutzt wurden, um Nazis, die im
 Westen gelebt haben, auszuspionieren. Über Presseerklärungen wurde damit Westdeutschland diffamiert und als Land dargestellt, das Nazis gut behandelt
und schützt“.

Wiesenthal hatte am 18. Dezember 1991 für den Januar 1992 ein Dossier angekündigt „mit den Namen von mehreren Hundert ehemaligen Nazis, die
durch den Schutz des DDR-Regimes der Strafverfolgung entgehen konnten“ , das er an den damaligen Justizminister Klaus Kinkel übergeben wollte.
 Prof. Detlef Joseph erkundigte sich zehn Jahre später nach diesem Dossier 
bei der Justizministerin Herta Däubler-Gmelin. Diese ließ ihn am 14. Juni 2001 wissen, dass sie ein solches Dossier „weder in den hiesigen noch in den Akten
der Zentralen Stelle (in Ludwigsburg – d. Verf.) festgestellt“ habe. „Auf eine daraufhin veranlasste Anfrage beim Dokumentationszentrum des Bundes jüdischer Verfolgter des Naziregimes in Wien hat Herr Wiesenthal mitgeteilt, er
habe die erwähnte Namensliste zwar seinerzeit geplant, sei jedoch in der
Folge nicht dazu gekommen, sie auch tatsächlich zu erstellen.“ (Dem interessierten Leser empfehlen wir nicht nur aus den vorgenannten Gründen
Detlef Josephs Buch: „Nazis in der DDR“, edition ost, Berlin 2002)

Die Behauptung, es habe eine Kumpanei zwischen Nazis und Kommunisten 
in der DDR gegeben, wurde schon vor, aber besonders nach 1989
 erhoben. Sie schien ein wirksames Instrument zur Diskreditierung der
DDR und ihrer Institutionen zu sein. Seit den 1960er Jahren erschienen, wohl
als Reaktion auf das „Braunbuch“, im Westen verschiedene sogenannte „Dokumentationen“ über „Nazis in der DDR“ (z. B. „Nazis in Pankows Diensten“, „Braunbuch DDR“). Nach dem Erscheinen solcher Publikationen erfolgten durch die HA IX/11 stets umfassende Prüfungen zumeist im 
Rahmen speziell angelegter Vorgänge (SV 1/79, 3/82, 14/83 u. a.). Nicht selten resultierte die vermeintliche „Nazivergangenheit“ aus einer nominellen Mitgliedschaft in der NSDAP, von der die Betroffenen oftmals nicht einmal Kenntnis hatten, wenn eine Überweisung aus anderen Nazi-Formationen erfolgte, als sie bereits bei der Wehrmacht waren. Exemplarisch soll
hier auf den „Fall“ von Gerhard Dengler verwiesen werden. Dieser hatte 
in seiner Eigenschaft als Vizepräsident des Nationalrates der Nationalen Front der DDR die Arbeitsgruppe geleitet, die damals das „Braunbuch“ erarbeitete. Dengler wurde als Altnazi denunziert. Zutreffend war, dass er
in seiner Heimatstadt Eberswalde dem Jungstahlhelm angehört hatte, der
später in die SA überführt wurde. Aus der SA wurde er in die NSDAP überwiesen, was Dengler aber nicht erfuhr, da er bereits bei der Wehrmacht war. Nun schützt Unkenntnis keineswegs vor Verantwortung, aber: Hauptmann Dengler wechselte 1943 im Kessel von Stalingrad die Fronten, wurde Vizepräsident des Bundes der Offiziere (BDO) im Nationalkomitee „Freies Deutschland“ und deshalb 1944 von einem Nazi-Gericht wegen Landes- und Hochverrats in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Die Familie kam in Sippenhaft. Einen solchen Mann als „Nazi“ zu bezeichnen, mutet schon reichlich widersinnig an.

Eine nicht weniger typische Behauptung war auch der „Fall“ Gustav Just, der von 1990 bis 1992 für die SPD dem Landtag Brandenburg angehörte und dessen Alterspräsident war. Just wurde 1957 im Prozess gegen Janka und Genossen als Angehöriger einer „partei- und staatsfeindlichen Gruppe“ verurteilt. Bei der Hausdurchsuchung wurde ein Tagebuch gefunden, in welchem Just seine Teilnahme, an einer am 15. Juli 1941 erfolgten Erschießung von sechs Juden in einem ukrainischen Dorf, dokumentiert hatte. Er war dazu vom Untersuchungsorgan vernommen worden. Die Vernehmungsprotokolle wurden Bestandteil der Beweismittelakte zur Anklage und der Gerichtsakten. Da damals außer seinen Aufzeichnungen und Einlassungen keine weiteren objektiven Beweismittel zum Tatgeschehen ermittelt werden konnten, erfolgte keine gesonderte Anklage wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Der Sachverhalt wurde jedoch im veröffentlichten Urteil zur Charakterisierung der Persönlichkeit mitgeteilt. Nach der Konterrevolution wurde jedoch behauptet, „die Stasi“ habe das Tagebuch verschwinden lassen, um Just gegebenenfalls damit zu erpressen. Von der HA IX/11 sind im November 1989 im Zusammenhang mit Rehabilitierungsmaßnahmen im Auftrage der Staatsanwaltschaft Überprüfungen zur Person und zum Sachverhalt eingeleitet worden, die allerdings mit der Auflösung der Diensteinheit eingestellt wurden. Über die gerichtsbekannten Tatsachen hinausgehende Beweise für das Tatgeschehen und zum Tatbeitrag von Just konnten auch 1989 nicht ermittelt werden und wurden auch in einem bis 1994 bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder anhängigen Verfahren nicht erbracht.

Nicht in einem einzigen Falle konnte bei den namhaft gemachten „Nazis in der DDR“ ein Tatverdacht der Beteiligung an Nazi-Verbrechen zweifelsfrei nachgewiesen werden.

Nach 1989/90 gab es nicht wenige Alt-Nazis und an Nazi-Verbrechen beteiligte Täter, aus denen „Opfer des Stalinismus“ oder „Stasi-Opfer“ wurden.

Hinlänglich bekannt wurde durch die Medien der jahrelange Streit um die „Kriegsopferrente“ für den in der DDR rechtskräftig verurteilten „Mörder von Oradour“, Heinz Barth. Ansprüche auf Rückübertragung von „Alt-Eigentum“ meldete z. B. auch der ehemalige SS-Obersturmbannführer, Chef der Gestapo-Dienststellen in Chemnitz und Kattowitz, Dr. Johannes Thümmler an. Der einstige Vorsitzende eines Standgerichtes im KZ Auschwitz forderte die Rückgabe von durch alliierte Behörden eingezogenes Eigentum, das augenscheinlich als requiriertes jüdisches Eigentum in seinen Besitz gelangt war. Trotz umfangreicher Beweise für seine Verbrechen, die aus Polen und zum Teil aus der DDR geliefert worden waren, blieb Thümmler in der BRD straffrei.

In die Schlagzeilen gerieten Politik und Praxis der Entschädigung für
derartige „Opfer“ auch mit dem „Fall“ Margot Pietzner, die nach der Konterrevolution in der „Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Stalinismus“ in Berlin
 über ihr Schicksal berichtete. Wegen Verbrechen an Häftlingen in Außenlagern der KZ Sachsenhausen und Ravensbrück war sie von einem sowjetischen Militärtribunal (SMT) zum Tode verurteilt worden. Dieses Urteil wurde später in 25 Jahre Haft umgewandelt. 1956 erfolgte in der DDR ihre Haftentlassung unter Aussetzung des weiteren Strafvollzuges. „Bürgerrechtler“ wie Bärbel Bohley, Jürgen Fuchs, Siegmar Faust u. a. brachten
mit Hilfe von Vorstandsmitgliedern der „Gedenkbibliothek“ einen Rehabilitierungsantrag auf den Weg. Dadurch kam Frau Pietzner auf die sogenannte
 Sammelliste Nr. 1 und gehörte damit zu den ersten, die nach der Annexion der DDR durch die BRD Entschädigung für erlittenes Unrecht erhielten. Von den ihr zugestandenen 60.000 DM Haftentschädigung gingen 7.000 DM an Faust und
 20.000 an die Leiterin der „Gedenkbibliothek“.
Als französische Zeugen die Richtigkeit der damals erhobenen Beschuldigungen bestätigten, wurde die Rückzahlung der 60.000 DM gefordert.
Beweise für die Schuld von Margot Pietzner befanden sich allerdings auch
in den MfS-Akten.

Außer der zielgerichteten und systematischen Mitwirkung an der Aufklärung
und strafrechtlichen Verfolgung von Nazi- und Kriegsverbrechen
befasste sich die HA IX/11 auch mit der Auswertung von Dokumenten
und Archivalien zu Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschaftern
und anderen Antifaschisten, die zwischen 1933 und 1945 verfolgt worden 
waren. Zur Verwirklichung des Beschlusses des Sekretariats des ZK
der SED vom 25. Juli 1983 zur zentralen Erfassung von schriftlichen
 Materialien zu Personen und Sachverhalten sowie gegenständlichen Zeugnissen
des antifaschistischen Widerstandskampfes sind Tausende diesbezügliche
 Informationen an das zuständige IML/Zentrales Parteiarchiv
übergeben worden. Es wurden vor allem aus den in der HA IX/11 archivierten 
Beständen des ehemaligen faschistischen Volksgerichtshofs und 
der Sondergerichte Opfer der Nazi-Blutrichter und der Gestapo sowie in
KZ und Haftanstalten Eingekerkerte und Ermordete erfasst und namhaft
gemacht.

Ein Schwerpunkt bei Recherchen zum antifaschistischen Widerstandskampf
 und zu Fragen der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung
 betraf Personen, die der Kollaboration mit den Faschisten
bezichtigt wurden bzw. in der UdSSR unter Stalin Opfer politischer
Repressalien geworden waren. Im Ergebnis zumeist sehr umfangreicher Materialsichtungen, Ermittlungen und Überprüfungen wurden entsprechende Dokumentationen gefertigt und vielfach Vorschläge für die Rehabilitierung
der Betroffenen unterbreitet. Das betraf z. B. eine Reihe von 
Mitarbeitern des Nachrichtendienstes der KPD mit Kippenberger an der 
Spitze, oder den lange des Verrats von antifaschistischen Mitkämpfern
 an die Gestapo bezichtigten KPD-Funktionär Wilhelm Knöchel. Recherchen
und Dokumentationen betrafen auch solche Persönlichkeiten wie
den sowjetischen Marschall Tuchatschewski und den Genetiker Timofejew-
Ressovsky.
 Das unter „Stalinismus“ zu verbuchen wäre zu einfach. In Kriegszeiten hätte das unter jedem Staats- und Regierungschef vorkommen können.

Zugleich konnten weitergehende Erkenntnisse oftmals zu einer differenzierteren
 Sicht auf Personen und Sachverhalte beitragen, was zur Korrektur bis
 dahin gültiger Bewertungen einzelner Persönlichkeiten führte. Der Geschichtsforschung konnten zunehmend Ergebnisse zum Wirken kommunistischer,
sozialdemokratischer, pazifistischer, kirchlicher und anderer Widerstandskämpfer
und -gruppen zur Verfügung gestellt werden („Rote Kapelle“, Uhrig-Organisation, Baum-Gruppe, katholische Widerstandsgruppen etc.).

Spezielle Überprüfungen erfolgten zur Vita von Persönlichkeiten, die
 faschistische Verfolgung und Nazi-Terror überlebt hatten und nach 1945 
in öffentlichem Ansehen standen. Das betraf etwa Herbert Wehner, der
 im Auftrag der Leitung der KPD während des 2. Weltkrieges über Schweden 
nach Deutschland geschickt werden sollte, um die Leitung der illegalen Widerstandsarbeit der noch existierenden KPD-Gruppen zu übernehmen.
 Zuvor in Schweden verhaftet, hatte er zahlreiche Namen von
Kommunisten ausgesagt und galt Jahrzehnte lang als Verräter. Durch 
akribische Recherchen der HA IX/11 in Verbindung mit anderen Diensteinheiten
 konnte schließlich eindeutig nachgewiesen werden, dass die 
von Wehner genannten Personen außer Gefahr gewesen waren bzw. von
 den Faschisten nicht ergriffen werden konnten. Herbert Wehner rettete
 ich durch diese angebliche Aussagebereitschaft vor der Überstellung nach
 Deutschland.

In den 1980er Jahren gewann die Nutzbarmachung der Archiv- und anderen Materialien für die Geschichtsforschung immer mehr an Bedeutung,
zumal die Strafverfolgung von Verdächtigen infolge deren sehr hohen Alters und schwerer Erkrankungen sich dem Ende näherte.
Umfangreiches Material wurde z. B. für die Forschungsarbeiten des Dokumentationszentrums der Staatlichen Archivverwaltung zum faschistischen Okkupationsregime in den von Hitlerdeutschland überfallenen und ausgeplünderten Ländern Europas zur Verfügung gestellt.
 In diesem Kontext soll nicht unerwähnt sein, dass es die BRD-Behörden bis
 in die 1990er Jahre ablehnten, das US-Document-Center in Westberlin in den
 Archivfond der BRD und damit auch Verantwortung für die
 Nutzung dieses umfangreichen Archivaktenbestandes zur Aufarbeitung
der Nazi- und Kriegsverbrechen zu übernehmen.

Buchtitel Die Sicherheit Kopie 3

 

Text: Karli Coburger und Dieter Skiba, bearbeitet von Petra Reichel

Entnommen aus dem Buch „Die Sicherheit“

 

Website MfS-Insider

 

Das gesamte Buch oder einzelne Kapitel kann von der Website www.mfs-insider.de heruntergeladen werden.

 

 

Original-Text:

Abteilung 11 der Hauptabteilung IX