Der Kampf der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung gegen Imperialismus und Kriegsgefahr von 1908 bis 1914

Der Kampf der deutschen Arbeiterbewegung gegen Militarismus und Reaktion

Die besondere Aggressivität des deutschen Imperialismus und die Verantwortung der deutschen Arbeiterklasse

Der deutsche Imperialismus hatte eine führende Stellung unter den europäischen Industriestaaten erlangt. Bei der Verteilung der Welt war er jedoch zu spät gekommen. Der im Vergleich zu anderen imperialistischen Ländern unbedeutende Kolonialbesitz, den Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts erobert hatte, und seine beschränkten Einflussgebiete standen im Widerspruch zu seinen wirtschaftlichen Ansprüchen und Möglichkeiten. (Siehe: „Der Beginn des Imperialismus“)

Dieser Widerspruch war die Ursache für die besondere Aggressivität, mit der der deutsche Imperialismus die Neuaufteilung der Welt zu seinen Gunsten anstrebte.

In seinen Aggressionsbestrebungen konnte der deutsche Imperialismus sich auf die preußisch- militaristischen Traditionen, die durch die Klasse der Junker verkörpert wurden, stützen.

Daraus ergab sich der besonders reaktionäre Charakter des deutschen Imperialismus.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Herrschaft des Imperialismus brachte dem deutschen Volk verstärkte Ausbeutung und politische Entrechtung. Der von den herrschenden Klassen gesteuerte Kriegskurs bedrohte die Existenz des deutschen Volkes. Die Beseitigung der unheilvollen Herrschaft des Imperialismus und Militarismus wurde zur vordringlichen Aufgabe. Von ihrer Lösung hing die weitere Entwicklung in Deutschland ab. Nur die sozialistische Revolution konnte letztlich diese Aufgabe lösen.

Die Hauptlast dieses Kampfes und zugleich eine hohe Verantwortung fiel der deutschen Arbeiterklasse, geführt von ihrer Partei, zu. In den harten Klassenauseinandersetzungen mit einem hochorganisierten, über starke Machtmittel verfügenden Bourgeoisie kämpfte sie um unmittelbare Verbesserungen der der Lebenslage der Werktätigen und gegen die volksfeindlichen imperialistischen Kriegspläne.

Als stärkste einflussreiche Partei in der II. Internationale trug die deutsche Sozialdemokratie darüber hinaus eine große Verantwortung vor der internationalen Arbeiterbewegung. Das galt besonders für den weltweiten Kampf gegen Imperialismus, Militarismus und Kriegsvorbereitung. Auf sie wurde geschaut, ihre Maßnahmen und ihre Taktik im Klassenkampf galten als Vorbild für andere Arbeiterparteien.

Streikbewegung in Deutschland von 1900 bis 1913
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Formierung der Antikriegsbewegung

Die wachsende Gefahr eines Weltkrieges äußerte sich in internationalen Spannungen und Konflikten.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

1911 kam es erneut wegen Marokko zu einem ernsten Konflikt, zur zweiten Marokkokrise.

Imperialistische Kriege und Aggressionen bis 1914
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die übrigen imperialistischen Staaten Europas, besonders England, zwangen jedoch die deutsche Regierung, ihren erneuten Vorstoß nach Nordafrika rückgängig zu machen.

Ein Jahr später, im Herbst 1912, beschworen militärische Konflikte zwischen den Balkanstaaten unmittelbar die Gefahr eines Weltkrieges herauf. Auf dem Balkan trafen die Interessen fast aller europäischen imperialistischen Staaten aufeinander. Jede Einmischung in die Balkankriege musste den Weltkrieg zur Folge haben. 

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Häufung der Konflikte ließ erkennen, dass die Vorbereitung des Krieges um die Neuaufteilung der Welt immer gefährlichere Ausmaße annahm.

Die bürgerlichen Parteien unterstützten fast ohne Ausnahme die Kriegsvorbereitungen ihrer Regierungen. Die bürgerlichen Friedensanhänger besaßen nicht die Kraft zu entscheidenden Aktionen. Nur die Arbeiterklasse unter Führung ihrer sozialistischen Parteien verfügte über die notwendige Organisation und politische Autorität, alle Friedensanhänger zu sammeln und der imperialistischen Kriegspolitik entgegenzutreten.

Die bedrohliche internationale Entwicklung veranlasste die II. Internationale, auf dem Internationalen Sozialistenkongress 1907 in Stuttgart eingehend zu Krieg und Militarismus Stellung zu nehmen.  Etwa 900 Delegierte aus 25 Ländern beteiligten sich an diesem Kongress, davon allein 289 aus Deutschland.

August Bebel eröffnet den Kongress in Stuttgart 1907. (Fotografie)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

In allen Fragen prallten die Auffassungen der Marxisten und die der Opportunisten aufeinander. Die Opportunisten lehnten den Kampf gegen die Kriegsgefahr mit revolutionären Mitteln ab. Sie stellten sich auf den nationalistischen Standpunkt ihrer Regierungen. Verpflichtungen zu gemeinsamen internationalen Aktionen erkannten sie nicht an.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die revolutionären Vertreter setzten nach heftigen Auseinandersetzungen ihre Auffassungen auf dem Kongress durch. Zum ersten Mal trat auf diesem Kongress eine Gruppe konsequenter Marxisten gemeinsam auf. Ihre hervorragendsten Vertreterinnen und Vertreter waren vor allem W.I. Lenin, Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Clara Zetkin und Julian Marchlewski. Auf Antrag Lenins und Rosa Luxemburgs wurde die von August Bebel vorgeschlagene Resolution gegen Militarismus und Kriegspolitik so ergänzt, dass sie eindeutige Forderungen für den revolutionären Antikriegskampf enthielt.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Der folgende Kongress der II. Internationale 1910 in Kopenhagen bekräftigte diese Verpflichtung.

Unmittelbar vor dieser Tagung fand die II. Internationale Sozialistische Frauenkonferenz in Kopenhagen statt. (Die Internationale Sozialistische Frauenbewegung war auf Initiative der deutschen Linken während des Stuttgarter Kongresses 1907 entstanden.) Bedeutendes Ergebnis dieser Beratung war der Beschluss, jedes Jahr einen internationalen Frauentag zu veranstalten. Als Sekretärin der Internationalen Sozialistischen Frauenbewegung wurde Clara Zetkin wiedergewählt.

Der antimilitaristische Kampf der deutschen Linken. Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg

Der antimilitaristische Kampf gehörte von jeher zu den besten Traditionen der deutschen Arbeiterbewegung. Unter der berühmt gewordenen Losung

„Diesem System keinen Mann und keinen Groschen!“

lehnte die Sozialdemokratie jede Militär-, Marine- und Kolonialforderung ab. Außerdem wurde der Militarismus mit seinem entwürdigenden Drill und Soldatenmisshandlungen immer wieder angeprangert. In Wort und Tat nahm die Sozialdemokratie gegen die Aggressionen und Kriegsvorbereitungen der deutschen Imperialisten Stellung.

Die deutschen Linken gingen im antimilitaristischen Kampf noch einen Schritt weiter. Sie stellten der Partei die Aufgabe, eine verstärkte Aufklärung gegen den Militarismus durchzuführen und gegebenenfalls auch außerparlamentarische Kampfmittel gegen ihn einzusetzen.  Karl Liebknecht bemühte sich besonders um eine antimilitaristische Jugenderziehung. Bei den jungen Arbeitern sollte, bevor sie zum Militärdienst einberufen wurden, ein proletarisches Klassenbewusstsein geweckt und entwickelt werden, dass keine Kaserne und kein Drill mehr zu verschütten mochten.

Karl Liebknecht (Fotografie)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Titelseite der Schreift von Karl Liebknecht
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

1907 erschien die bedeutende Schrift „Militarismus und Antimilitarismus“ von Karl Liebknecht. In ihr hat er das weit verzweigt System des Militarismus aufgedeckt und dessen gefährlichen und volksfeindlichen Charakter nachgewiesen.

Damit gab er der revolutionären Arbeiterbewegung ein Mittel in die Hand, den Kampf gegen Militarismus und Kriegsvorbereitung konsequent zu führen. Wie sehr di herrschenden Klassen diesen antimilitaristischen Kampf fürchteten, beweist die Anklage gegen Karl Liebknecht wegen Hochverrats vor dem Leipziger Reichsgericht.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Karl Liebknecht wurde als Sohn des bedeutenden deutschen Arbeiterführers Wilhelm Liebknecht am 13. August 1871 in Leipzig geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte er in Leipzig und Berlin Rechtswissenschaft und Nationalökonomie. 1897 promovierte er an der Universität Würzburg. Am 1899 unterhielt er mit seinem älteren Bruder Theodor eine gemeinsame Anwaltspraxis in Berlin. Als Rechtsanwalt verteidigte er vornehmlich angeklagte Sozialisten in politischen Prozessen; beim werktätigen Volk galt er als „Anwalt der Armen und Unterdrückten“. Seit der Jahrhundertwende stand Karl Liebknecht in vorderster Front des politischen Kampfes gegen Imperialismus, Militarismus und Reaktion. 1901 wurde er Stadtverordneter in Berlin, 1908 Abgeordneter des Preußischen Abgeordnetenhauses und 1912 Mitglied des Reichstages. Karl Liebknecht entwickelte sich zu einem hervorragenden revolutionären Führer der deutschen Arbeiterklasse und stand an der Spitze der deutschen Linken.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Rosa Luxemburg wurde am 05. März 1871 in Zamocz (Polen) als Tochter eines Kaufmanns geboren. Als eine der besten Schülerinnen des Gymnasiums in Warschau wurde ihr wegen „ihrer oppositionellen Haltung gegenüber der Autorität“ eine verdiente Auszeichnung nicht gegeben.

Rosa Luxemburg (Fotografie)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Schon in ihrer Schulzeit hatte sie sich der illegalen Bewegung in Polen angeschlossen. Mit 18 Jahren musste sie ihre Heimat verlassen. Sie studierte in Zürich. Nach ihrer Promotion siedelte sie 1898 nach Deutschland über, das ihre zweite Heimat wurde. In Deutschland war sie als Redakteurin sozialdemokratischer Zeitungen, als Lehrerin an der zentralen Parteischule, als Schriftstellerin und Propagandistin tätig. Wie Karl Liebknecht gehörte sie zu den führenden Kräften der deutschen Linken.

Franz Mehring (1846 bis 1919); bedeutender Marxistischer Historiker und Publizist; Redakteur der „Leipziger Volkszeitung“ und führend bei den deutschen Linken. (Fotografie)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Wahlrechtskämpfe

Preußen als das mächtigste Land im Deutschen Reich übte einen entscheidenden Einfluss auf die reaktionäre Politik in Deutschland aus. Dabei konnte sich die preußische Regierung auf ein Parlament stützen, das auf besonders undemokratische Weise zustande kam. Das preußische Abgeordnetenhaus wurde nach dem öffentlichen, indirekten Dreiklassen-Wahlrecht gewählt.

Nach ihrem Vermögen, beziehungsweise der Höhe der direkten Steuern, wurden die wahlberechtigten Männer (die Frauen besaßen bis 1918 in Deutschland kein Wahlrecht) in den Wahlbezirken in drei Wahlklassen eingeteilt. Unabhängig von der Zahl der Wähler hatte jede Klasse die gleiche Anzahl von Wahlmännern, die dann erst in einem zweiten Wahlgang die Abgeordneten wählten. Die Wahlen fanden an Arbeitstagen statt, so dass viele Werktätige an der Ausübung ihres Wahlrechts gehindert waren. Die öffentliche Stimmabgabe hatte außerdem für Wähler der Sozialdemokratie noch häufig Nachteile.

Ähnliche reaktionäre Wahlrechtsbestimmungen gab es auch in Sachsen, Mecklenburg und den meisten deutschen Ländern.

Der Kampf um die Beseitigung dieser Wahlsysteme als Teil des Kampfes um die Herstellung wirklich demokratischer Verhältnisse in Deutschland erreichte 1910 seinen Höhepunkt. Mit Versammlungen, Kundgebungen und Demonstrationen protestierten die Arbeiter, unterstützt durch fortschrittliche bürgerliche Kräfte, gegen das Dreiklassenwahlrecht in verschiedenen deutschen Staaten, besonders in Preußen.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Plakat des Berliner Polizeipräsidenten gegen die Wahlrechtsdemonstration im Februar 1910
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

An der Spitze der immer machtvolleren Wahlrechtsbewegung standen die deutschen Linken. So hat Rosa Luxemburg dieser Bewegung im Frühjahr 1910 folgende weitergehende Kampfziele gegeben:

Errichtung einer demokratischen Republik und Einführung des Frauenwahlrechtes. Die Erreichung dieser Ziele hätte die Macht der Junker und Monopolisten wesentlich eingeschränkt und günstige Bedingungen für den weiteren Kampf um Demokratie und Sozialismus geschaffen. Doch der Vorstand der Sozialdemokratie, der schwere Zusammenstöße mit dem Staatsapparat befürchtete, machte sich zentristische Auffassungen zu eigen und bremste die Wahlrechtsbewegung ab. Die kampfgewillten Massen wurden von der sozialdemokratischen Führung zur Abrechnung mit dem Klassengegner auf die nächste Reichstagswahl vertröstet.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Arbeiterbewegung am Vorabend des I. Weltkrieges

Die weiteren Kämpfe der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung gegen die imperialistische Kriegspolitik

Die zweite Marokkokrise, die erneut die Weltkriegsgefahr verstärkte, löste in Deutschland und anderen Ländern machtvolle Kundgebungen und Demonstrationen gegen die Aggressions- und Kriegspolitik der imperialistischen Staaten aus.

In Berlin beteiligten sich am 03. September 1911 über 200 000 Werktätige an einer Protestkundgebung gegen die aggressive marokko-Politik der deutschen Imperialisten. Von zehn Tribünen im Treptower Park sprachen sozialdemokratische Führer, darunter Karl Liebknecht, zu den Kundgebungsteilnehmern.

Nachdem Karl Liebknecht im Treptower Park in Berlin gesprochen hat, stimmen die Teilnehmer einer Protestresolution gegen die imperialistische deutsche Marokko-Politik zu. (Fotografie)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

1912 entstand mit den Balkankriegen eine gefährliche Lage für den Weltfrieden. Die sozialistischen Parteien organisierten in allen europäischen Hauptstädten Kundgebungen für den Frieden, an denen Hundertausende teilnahmen. Bereits im Oktober 1912 fand in Berlin eine Kundgebung mit 250 000 Teilnehmern statt.

Im November waren es 150 000 Menschen. In Berlin sprachen O’Grady (England), Jean Jaurès(Frankreich) und Karl Renner (Österreich). Karl Liebknecht trat in Budapest auf, andere deutsche Vertreter in Amsterdam und Paris.

Zu einem Höhepunkt der Antikriegsbewegung gestaltete sich der Außerordentliche Sozialistenkongress der II. Internationale 1912 in Basel. Nach einer eindrucksvollen Demonstration durch Basel sprachen einige der bekanntesten Führer er internationalen Arbeiterbewegung im und vor dem Baseler Münster. Diese Kundgebung brachte sie feste Entschlossenheit der Sozialisten zum Ausdruck, alles zu tun, um den imperialistischen krieg zu verhindern. Der proletarische Internationalismus beherrschte das Antikkriegstreffen der II. Internationale in Basel. In einem umfangreichen Manifest wurden für die einzelnen Parteien der II. Internationale unterschiedliche Aufgaben festgelegt. Die Delegierten gelobten, in ihren Ländern entsprechend den Beschlüssen des Stuttgarter Sozialistenkongresses gegen den drohenden Krieg zu kämpfen.

Massendemonstration während des internationalen Sozialistenkongresses in Basel 1912. (Fotografie)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Der Baseler Kongress der II. Internationale demonstrierte die Macht der sozialistischen Bewegung. Die herrschenden Klassen mussten nicht zuletzt unter der Wirkung dieser mächtigen Aktionen in allen europäischen Ländern auf die Entfesselung des Weltkrieges vorerst noch verzichten.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Kraft der internationalen Arbeiterbewegung wurde jedoch zunehmend durch die innere Spaltung geschwächt.

In den meisten Parteien und Gewerkschaften hatten die Opportunisten wichtige Funktionen erobert. Sie lehnten nach wie vor revolutionäre Massenaktionen gegen den Krieg ab. Das jeweilige imperialistische Land betrachteten sie uneingeschränkt als ihr Vaterland und die Teilnahme der Arbeiterklasse an einem imperialistischen Krieg als Selbstverständlichkeit.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Der Widerspruch zwischen den revolutionären Beschlüssen der II. Internationale sowie der Kampfbereitschaft der Arbeiterklasse und der opportunistischen Zersetzung der politischen und gewerkschaftlichen Organisationen der Arbeiter in den einzelnen Ländern wuchs.

August Bebel – ein entschiedener Kämpfer gegen Imperialismus, Militarismus und Kriegsvorbereitung

Am 13. August 1913 starb August Bebel. Lenin würdigte Bebel als „Vorbild eines Arbeiterführers, der in seiner Entwicklung und seiner politischen Tätigkeit eine ganze historische Periode aus dem Leben nicht nur der deutschen, sondern auch der internationalen Sozialdemokratie“ verkörperte. (W.I. Lenin: Werke. Bd. 19, Berlin 1962, S. 291 und S. 285.)

August Bebel. (Fotografie aus seinen letzten Lebensjahren)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Es war in erster Linie das Verdienst August Bebels gewesen, dass es 1869 zur Gründung der ersten marxistischen Massenpartei in Deutschland gekommen war. Unter seiner Führung erlangte die deutsche Sozialdemokratie internationales Ansehen und Gewicht.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Bis zu seinem Tode blieb August Bebel der marxistischen Weltanschauung und dem Kampf für die sozialistische Gesellschaftsordnung treu. Bei der Feier seines 70. Geburtstages 1910 rief er den Genossen zu: „Den Tag möchte ich noch erleben, wo ich euch das rote Banner zum Sturm vorantragen kann.“

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Bebels Auffassungen vom politischen Kampf und von den Aufgaben der Partei waren durch die Verhältnisse des 19. Jahrhunderts geprägt worden. Er konnte sie veränderten Bedingungen und Erfordernisse des Klassenkampfes im imperialistischen Zeitalter nicht immer richtig erkennen. Daraus ergaben sich bei ihm Fehler und Irrtümer in Theorie und Praxis. Doch niemals hat er die revolutionäre Klassenkampfposition verlassen, und er blieb der entschiedene Gegner des Militarismus und Imperialismus.

Obwohl Bebel zu den Auffassungen der Linken nicht mehr vordringen konnte, stand er mit ihnen auf der gleichen revolutionären Klassenposition.

Die Haltung der sozialdemokratischen Führer und Reichstagsabgeordneten zur großen Wehrvorlage von 1913

Im ersten Halbjahr 1913 kam die bisher größte Wehrvorlage im Reichstag zur Verhandlung und Annahme. Die Kostendeckung dieser ungeheureren Militärverstärkung bereitete erhebliche Schwierigkeiten. Es gab darüber erregte Auseinandersetzungen selbst innerhalb der herrschenden Klassen. Bei der Beratung der Wehrvorlage im Reichstag enthüllte Karl Liebknecht die Machenschaften der deutschen und internationalen Rüstungsmonopole, die Spannungen zwischen den Staaten zu verschärfen und die Rüstungen im Interesse des Profits ins Maßlose zu steigern. Unter anderem wies er nach, dass die Firma Krupp in Berlin ein Spionagebüro unterhielt, das vertrauliche Nachrichten über Rüstungsangelegenheiten einzuholen hatte, um auf die Rüstungspolitik Einfluss zu nehmen. Staatsbeamte und Militärs wurden mit hohen Summen bestochen. Dabei wurde eine enge Verbindung der Monopolisten mit der Regierung deutlich.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Folgerichtig lehnten die sozialdemokratischen Abgeordneten die Wehrvorlage ab. Doch bei der Gesetzesvorlage, die zur Finanzierung dieses Wehrgesetzes eingebracht wurde, konnten die opportunistischen Kräfte einen Sieg davontragen, indem sie die Zustimmung zu Teilen des Gesetzes (Wehrbeitrag, Vermögenssteuergesetz) durchsetzen. Mit der Zustimmung zu Teilen der Deckungsvorlage durchbrachen die Opportunisten zum ersten Mal das Prinzip der Sozialdemokratie: „Diesem System keinen Mann und keinen Groschen! Das war das deutliche Zeichen dafür, dass die opportunistischen Kräfte die Sozialdemokratie in eine reformistische Arbeiterpartei umgewandelt hatten.

Kaiser Wilhelm II. und Krupp im Jahre 1912. (Fotografie)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Das preußisch-deutsche Reich als Militärstaat

Der Klassencharakter des Staates

Preußen und der preußische Militarismus hatten bei der Einigung Deutschlands auf reaktionäre Weise die entscheidende Rolle gespielt.

Daher sicherten sich die Junker auch im neugegründeten Reich ihre politischen Machtpositionen. In den Regierungen Preußens und des Reiches, in den Verwaltungen und im Militärwesen, überall saßen vornehmlich Junker.

Die wirtschaftlich stärkste Klasse im Reich war die Bourgeoisie. Um hohe Profite zu erreichen, versuchte sie, reaktionäre Hemmnisse für die Entwicklung der Wirtschaft zu beseitigen. Junker und Bourgeoisie hatten als gemeinsames Hauptinteresse die Ausbeutung und Unterdrückung der Werktätigen (Erwerbstätige), insbesondere der Arbeiterklasse. So arbeiteten Junker und Bourgeoisie zusammen und festigten das schon früher entstandene Klassenbündnis. In diesem Bündnis hatten die Junker die wichtigsten politischen Positionen inne.

Das politische System und die Verfassung entsprachen diesen Klassenverhältnissen. Der Kaiser berief den Reichskanzler und die Leiter der Reichsämter (Ministerien), er hatte den Oberbefehl über Marine und Heer und vertrat das Reich gegenüber dem Ausland. Der Reichskanzler – bis 1890 Otto von Bismarck – war nur dem Kaiser rechenschaftspflichtig. Bismarck nutzte die verschiedenen Klassenwidersprüche im Reich, um sich eine diktatorische Stellung zu schaffen.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Genehmigung eines Gesetzes
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Der Bundesrat setzte sich aus Regierungsbeauftragten der Einzelstaaten zusammen, war also nicht gewählt; er konnte Gesetzentwürfen zustimmen oder diese auch ablehnen. Im Bundesrat führte der Reichskanzler den Vorsitz. 25 Einzelstaaten mit insgesamt 58 (später 61) Stimmen waren in ihm vertreten. Preußen hatte allein 17 Stimmen und mit den Stimmen der von ihm abhängigen Kleinstaaten eindeutig das Übergewicht.

Der Reichstag wurde in allgemeiner, gleicher und geheimer Wahl von männlichen Bürgern über 25 Jahre gewählt. Die Einführung dieses Wahlrechts und einiger anderer demokratischer Rechte waren ein Ergebnis des Kampfes des Volkes. Aber aus Angst vor dem Volke wurden die Rechte des Reichstages sehr beschnitten. Gesetze, die vom Reichstag beschlossen wurden, konnten beispielsweise vom Bundesrat abgelehnt werden. Der Kaiser konnte den Reichstag einfach auflösen.

Durch politischen Druck und durch Beherrschung der Zeitungen konnten die herrschenden Klassen die Wähler beeinflussen. Die Junker und die Bourgeoisie hatten immer die Mehrheit im Reichstag.

Der preußisch-deutsche Militarismus

Nach dem deutsch-französischen Krieg breitete sich der preußische Militarismus weiterhin über Deutschland aus.

Der Kaiser hatte die oberste Kommandogewalt über die deutschen Streitkräfte. Er ernannte Offiziere und Generäle.

Das preußische Kriegsministerium – dem Reichstag nicht rechenschaftspflichtig – wurde das Organisationszentrum des Heeres, und der preußische Generalstab – nur dem Kaiser verantwortlich entwarf die Kriegs- und Operationspläne.

Im Heer selbst besaßen die Junker als Generale und Offiziere eine beherrschende Stellung.

Wie spiegeln sich die Rolle des Junkertums und das reaktionäre Klassenbündnis von Junkertum und Großbourgeoisie in der Armee wider?

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Junkertum und Bourgeoisie förderten vor allem den Ausbau und die Machterweiterung des preußischen Militarismus. Die herrschenden reaktionären Klassen nutzten die außenpolitischen Spannungen aus und verstärkten die Rüstungen. (Siehe: Die Außenpolitik des preußisch-deutschen Reiches)

Während die Bevölkerungszahl von 1872 bis 1893 um etwa 25 Prozent stieg, wuchs die Heeresstärke um nahezu 50 Prozent. Die Rüstungsausgaben verschlangen den größten Teil der Staatseinnahmen. In Preußen wurden zum Bespiel 1873 zwei Millionen Taler für Volksschulen ausgegeben, aber 60 Millionen Taler für Heer und Flotte.

Die wachsenden Rüstungskosten und die Folgen für das Volk. (Karikatur aus „Der wahre Jakob“)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Kapitalisten und Bankiers sahen in der Verstärkung des preußisch-deutschen Heeres eine Voraussetzung für ihre Ausbeutungs– und Eroberungspläne. Die Rüstung war zudem für sie eine gute Profitquelle. Nicht nur die Werke Krupps, die vor allem schwere Waffen lieferten, nahmen einen großen Aufstieg. Am Rüstungsgeschäft war der Besitzer großer Betriebe im Saargebiet, Stumm, beteiligt. Der Ausbau des Eisenbahnnetzes zu militärischen Zwecken brachte Stahlwerksbesitzern, den Lokomotivfabrikanten und anderen Firmen, die Eisenbahnausrüstungen herstellten, große Profite.  Die sich entwickelnde Elektroindustrie verdiente am Ausbau des militärischen Telefon- und Telegrafensystems. Und die Zeiss-Werke in Jena belieferten sehr bald die Heeresleitung mit Feldstechern und anderen optischen Instrumenten. Bauunternehmer schließlich verdienten am Festungs- und Kasernenbau. So waren Militarismus und Kapitalismus eng miteinander verbunden.

Der Militärapparat wurde nicht nur für außenpolitische Zwecke ausgebaut. Nach dem Motto der Junker aus der Revolution 1848/49 „Gegen Demokraten helfen nur Soldaten! wurde das Militär auch gegen das eigene Volk eingesetzt.

Die Militärorganisation im Deutschen Reich
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die bevorzugte Stellung des Militärapparates beeinflusste das gesamte gesellschaftliche Leben. Kriegervereine und den Militarismus preisende Studentenverbindungen, militärische Aufmärsche zu Sedan-Feiern und Kaiser-Geburtstagen bestimmten das äußere Bild. In den Schulen und Universitäten, in Zeitungen und sogar durch Postkarten wurde der Krieg und das Militär verherrlicht.

Die Herrschaft der Junker und der Großbourgeoisie und die bestimmende Rolle des preußischen Militarismus kennzeichneten das Deutsche Reich als einen preußisch-deutschen Militärstaat.

Die Unterdrückung aller demokratischen Kräfte und der Arbeiterbewegung

Dem Wesen des preußisch-deutschen Militarismus entsprach die Verfolgung aller Gegner der Politik der herrschenden Klassen, insbesondere der Sozialdemokraten.

Schon zu Beginn des Krieges gegen Frankreich ließ der Militärbefehlshaber in Norddeutschland am 09. September 1870 den Braunschweiger Ausschuss der SDAP (Parteileitung) verhaften und in die Festung Lötzen verschleppen. Am 17. Dezember 1870 wurden August Bebel und Wilhelm Liebknecht verhaftet und bis zum März 1871 eingekerkert. Auch bürgerliche Demokraten, die gegen die Politik der Regierung auftraten, wurden verhaftet.

Die Unterdrückung der demokratischen Kräfte, insbesondere der Sozialdemokratie, wurde nach dem Kriege fortgesetzt. Zeitungsredakteure wurden verhaftet und ins Gefängnis gesperrt, die Mitglieder des Braunschweiger Ausschusses wegen angeblicher Vergehen gegen die öffentliche Ordnung zu Gefängnisstrafen verurteilt.

Einen vorläufigen Höhepunkt dieser Terrormaßnahmen, die auch der Einschüchterung aller oppositionellen Kräfte dienen sollten, bildete der Leipziger Hochverratsprozess gegen Wilhelm Liebknecht und August Bebel. In diesem Prozess der im März 1872 in Leipzig stattfand, sollte den beiden Arbeiterführern Vorbereitung zum Hochverrat nachgewiesen werden.

Der Hochverratsprozess gegen Bebel und Liebknecht in Leipzig 1872.(Zeitgenössische Darstellung)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Liebknecht und Bebel nutzten die Verhandlungen zu einer ausführlichen, leidenschaftlichen Darlegung der Ziele der SDAP und der Grundsätze des Sozialismus. Arbeiterzeitungen und teilweise auch bürgerliche Zeitungen berichteten ausführlich über den Prozess und trugen damit wesentlich zur Ausbreitung der Gedanken und der politischen Grundsätze der revolutionären Sozialisten bei. So wurde der Prozess durch das mutige Auftreten der Angeklagten zu einem Erfolg für die Sache des Sozialismus. Obwohl Liebknecht und Bebel die gegen sie erhobenen Vorwürfe widerlegten und nachwiesen, dass die Sozialdemokraten den Interessen der Nation dienten, wurden sie zu je zwei Jahren Festungshaft verurteilt. Dieses Urteil rüttelte viele Arbeiter auf.

Die Unterdrückung nationaler Minderheiten

Eine besonders brutale Unterdrückungspolitik betreiben die herrschenden Klassen gegenüber den im Deutschen Reich lebenden nationalen Minderheiten. Die preußisch-deutschen Junker und Militaristen gaben vor, diesen Völkern eine „höhere Kultur“ bringen zu wollen. Die richteten aber tatsächlich ihre Bestrebungen darauf, die zu „germanisieren“, das Heißt, die nationalen Minderheiten zu unterdrücken und zu verdrängen. Am stärksten waren die in den von Preußen eroberten Gebieten lebenden Polen betroffen. Die Verwaltung und Rechtsprechung in diesen Gebieten lagen in den Händen preußischer Beamter. In den Ämtern, vor Gericht und in den Schulen wurde die polnische Sprache schrittweise verboten. Die Lehrer demütigten und misshandelten(mobbten) die polnischen Kinder, wenn sie gegen dieses Verbot verstießen. Besondere Ansiedlungsgesetze sollten die polnischen Bauern zwingen, ihr Land zu billigen Preisen zu verkaufen und es preußischen Großgrundbesitzern und Großbauern zu überlassen.

Vertreibung eines polnischen Bauern von seinem Land durch preußische Polizei.(Zeitgenössische Darstellung auf einem damals heimlich verbreiteten Flugblatt)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die gleiche Politik der nationalen Entrechtung wurde gegenüber den Sorben betrieben.

In Elsass-Lothringen erhielt die Bevölkerung erst 1874 das Wahlrecht. Preußische Beamte und Offiziere spielten sich als die Herren auf. 42 Jahre nach der Annexion kam es noch zu heftigen Zusammenstößen zwischen der Bevölkerung und Militär, die durch die von preußischen Offizieren an einheimischen Rekruten verübten Schikanen ausgelöst worden waren.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR