Der I. Weltkrieg

Ausbruch und Ziele des Krieges

Der Anlass und die ersten Kriegserklärungen

Durch die ungleichmäßige Entwicklung der kapitalistischen Staaten hatten sich seit der vorletzten Jahrhundertwende die Gegensätze zwischen ihnen verschärft. Die imperialistischen Großmächte drängten auf eine Neuaufteilung der Welt und waren bereit, ihre wirtschaftlichen Interessen mit den Mitteln des Krieges durchzusetzen.

Besonders aggressiv war dabei der deutsche Imperialismus. Er wartete auf eine Gelegenheit, seine Eroberungspläne zu verwirklichen.

Am 28. Juni 1914 verübten serbische Nationalisten in Sarajewo auf den österreichischen Thronfolger ein Attentat. Das gab den deutschen Kriegstreibern den erwünschten Anlass, die letzten Vorbereitungen zur Entfesselung des Krieges zu treffen. Die deutschen Imperialisten drängten Österreich-Ungarn dieses Attentat als Kriegsvorwand gegen Serbien zu benutzen. Am 28. Juli 1914 erklärte Österreich-Ungarn an Serbien den Krieg. Jetzt wurden die Kriegsbündnisse wirksam, die die imperialistischen Staaten miteinander geschlossen hatten. Am 01. August erklärte die deutsche Regierung Russland und am 03. August Frankreich den Krieg. Am folgenden Tage kam England seinen Bündnisverpflichtungen nach und erklärte Deutschland den Krieg.

DAs Attentat in Sarajewo am 28. Juni 1914. Die Fotografie zeigt die Festnahme eines der Attentäter unmittelbar nach der Tat
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

In den nächsten Jahren trieben auch die Imperialisten anderer Länder ihre Völker in den Krieg.

Schließlich befanden sich 38 Staaten im Kriegszustand.

Der I. Weltkrieg dauerte von 1914 bis 1918.

Die Kriegsziele der bedeutendsten Staaten der beiden Mächtegruppen

Die Imperialisten aller Länder heuchelten vor ihren Völkern, sie müssten das eigene Land vor den Angreifern verteidigen. In Wirklichkeit wollten die herrschenden Klassen aller dieser Staaten mit Hilfe des Krieges ihre imperialistischen Ziele verwirklichen. Der I. Weltkrieg trug deshalb den Charakter eines imperialistischen Krieges.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Die Annexionspläne der imperialistischen deutschen Regierung im ersten Weltkrieg in Europa
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Die Gründung eines mitteleuropäischen Wirtschaftsverbandes unter deutscher Führung – eines der wichtigsten Kriegsziele der deutschen Imperialisten im ersten Weltkrieg
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Diese Kriegsziele, an deren Grundsätzen die deutsche Regierung während des Krieges festhielt, wurden lange vor dem Volk geheim gehalten. Während des Krieges legten die deutschen Imperialisten auch ihre Ziele im Osten noch genauer fest. So planten sie die Annexion westpolnischer Gebiete und die Verwandlung des restlichen Polens, der Ukraine und der Ostseeprovinzen Russlands in abhängige Staaten.

Das Kräfteverhältnis der beiden Mächtegruppen zu Beginn des Krieges

Deutschland und Österreich-Ungarn waren bereits zu Beginn des Krieges wirtschaftlich und militärisch schwächer als die Staaten der Entente.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die deutschen Imperialisten überschätzten gewisse zeitweilige Vorteile, die sie durch eine gründlichere Ausbildung des Heeres und durch eine besonders umfangreiche Rüstungsproduktion am Vorabend des Krieges erzielt hatten. Die dennoch vorhandene Unterlegenheit an Menschen und Kriegsmaterial hofften sie durch einen überraschenden und schnellen Feldzug ausgleichen zu können. Die Entente dagegen konnte sich in zunehmenden Maße die wirtschaftlichen und personellen Reserven des größten Teiles der Welt nutzbar machen.

Die Haltung der deutschen und internationalen Arbeiterklasse bei Ausbruch des Krieges

Protestdemonstrationen der deutschen Arbeiter gegen den Krieg im Juli 1914

Die Volksmassen wollten keinen Krieg. Am 26. Juli 1914 leiteten in Deutschland die klassenbewussten Arbeiter Leipzigs mit einer großen Antikriegskundgebung eine Kette von Protestveranstaltungen ein. Zwischen dem 28. Und 30. Juli beteiligten sich in 30 Städten Deutschlands rund 243 000 Werktätige (Erwerbstätige) an diesen Versammlungen. Allein in Berlin brachten auf 23 Großversammlungen am 29. Juli 29 000 Personen ihren Kampfwillen gegen den imperialistischen Krieg zum Ausdruck. In vielen Städten nahm die Polizei Verhaftungen vor.

Antikriegsdemonstrationen in Deutschland vor Ausbruch des ersten Weltkrieges
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Es zeigte sich, dass große Teile der deutschen Arbeiterklasse bereit waren, die Beschlüsse der internationalen Sozialistenkongresse von Stuttgart und Basel zu erfüllen, um den Krieg zu verhindern. Eine ähnliche Haltung bezog die Arbeiterklasse in allen europäischen Ländern.

Die Bewilligung der Kriegskredite durch die sozialdemokratische Fraktion im Deutschen Reichstag

Entgegen dem Friedenswillen großer Teile des deutschen Volkes versuchte die opportunistische Führung der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften die Volksmassen irrezuführen.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Um das Vertrauen der Mitglieder nicht zu verlieren, ging der sozialdemokratische Parteivorstand dem Schein nach auf die Antikriegsstimmung ein. Er empfahl den Arbeitern am 25. Juli, ihren Friedenswillen in Massenversammlungen zu bekunden.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Gleichzeitig verhandelten die sozialdemokratischen Führer heimlich mit der Reichsregierung. Sie versicherten den Herrschenden, dass die sozialdemokratische Partei und die Gewerkschaften nichts gegen den Krieg unternehmen würden.

Als die deutsche Regierung an Russland und Frankreich den Krieg erklärte, gingen die rechten Parteiführer offen in das Lager des Imperialismus über. Da sich Deutschland jetzt verteidigen müsse, so erklärten sie, sei der Klassenkampf abzubrechen. Auch die Arbeiter müssten jetzt ihr „Vaterland“ verteidigen.

Die Extra-Ausgabe des sozialdemokratischen „Vorwärts“ am 04. August 1914. (Teil der Titelseite)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Vergleichsmaterial:

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
„Der wahre Jakob“, die satirische Zeitschrift der Sozialdemokratie, vom 28. August 1914
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

So schloss die rechte sozialdemokratische Parteiführung Burgfrieden mit dem Todfeind der Arbeiterklasse, mit dem deutschen Imperialismus.

Der Zusammenbruch der II. Internationale

In der Mehrheit aller Parteien der II. Internationale besaßen die Opportunisten die Oberhand. Der Verrat der Führer der deutschen Sozialdemokratie erleichterte es ihnen, ebenfalls die Beschlüsse von Stuttgart und Basel zu verraten. In England und Österreich-Ungarn fassten sie ähnliche Beschlüsse wie in Deutschland. In Russland riefen die Menschewiki die Arbeiter auf, die Kriegspolitik des Zarismus zu unterstützen. In Deutschland, Frankreich und Belgien traten einige opportunistische Arbeiterführer während des Krieges sogar als Minister oder hohe Beamte in die imperialistischen Regierungen und Verwaltungen ein.

So unterstützten die Opportunisten in den Arbeiterparteien die Kriegspolitik der herrschenden Klassen ihrer Länder. Sie zerschnitten das brüderliche Band zwischen den Parteien der II. Internationale und sprengten die Einheit der internationalen Arbeiterklasse. Durch den Verrat der Opportunisten zerfiel die mächtige internationale Kampforganisation der Arbeiterklasse.

Die Haltung der Bolschewiki zum imperialistischen Krieg

Im Gegensatz zur Mehrheit der Parteien der II. Internationale hielt die Partei der Bolschewiki in Russland an den Beschlüssen von Stuttgart und Basel fest.

Die Bolschewiki gingen von der Erkenntnis Lenins aus, dass es zwei Arten von Kriegen gibt: gerechte und ungerechte.

Wenn ein Volk seine Heimat vor fremden Eroberern schützt, wenn sich die Arbeiter vom Kapitalismus befreien oder die Kolonialvölker gegen ihre Unterdrücker kämpfen, dann sind das gerechte Kriege. Solche Kriege muss die Arbeiterklasse und ihre Partei mit ganzer Kraft unterstützen.

Kriege zur Unterjochung fremder Völker und zur Eroberung fremder Länder bezeichnete Lenin als ungerechte Kriege. Ein solcher Krieg war auch der I. Weltkrieg.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Abgeordneten der Bolschewiki erhoben in der Duma, dem russischen Parlament, ihre Stimme gegen den Völkermord und entlarvten den Krieg als einen imperialistischen Raubkrieg. Sie verweigerten dem Zaren die Kriegskredite. Die Bolschewiki forderten im Parlament die Umwandlung des Krieges in den Bürgerkrieg zur Entmachtung der imperialistischen Kräfte.

Mit dieser Haltung wiesen die Bolschewiki den Arbeitern aller Länder den Weg zu einem demokratischen Frieden.

Die Verweigerung der Kriegskredite durch Karl Liebknecht im Dezember 1914

Nachdem der Krieg ausgebrochen war, stand vor der Arbeiterklasse die Aufgabe, die Beendigung des Völkermordes zu erzwingen. In Deutschland waren sich nur die Linken (Haben nicht mit der heutigen Partei DIE LINKE zu tun.) dieser in den Beschlüssen der internationalen Sozialistenkongresse festgelegten Pflicht bewusst.

Am Abend des 04. August 1914 trafen sich Hermann Dunker, Hugo Eberlein, Julian Marchlewski, Franz Mehring, Ernst Meyer und Wilhelm Pieck in der Wohnung Rosa Luxemburgs, um über die Aufgaben zu beraten, die nach dem Verrat der Opportunisten vor der deutschen Arbeiterklasse standen. Sie leiteten erste Maßnahmen ein, um die Massen zum Kampf gegen den Krieg zu sammeln.

Am 02. Dezember sollte der Reichstag weitere Kriegskredite bewilligen. In der sozialdemokratischen Fraktion hielten zwar einige Abgeordnete Liebknechts Forderung, die Gelder zu verweigern, für richtig, aber sie beugten sich wieder dem Fraktionszwang. Karl Liebknecht jedoch stimmte im Reichstag gegen die neuen Kriegskredite.

Die Kunde von seiner mutigen Tat drang bis in die Schützengräben; sein „Nein!“ rüttelte die Welt auf. Es wurde zum Signal für das Proletariat in allen Ländern im Kampf gegen den Krieg. Um Karl Liebknecht mundtot zu machen, wurde er als Soldat eingezogen und nur zu den Reichstagssitzungen beurlaubt.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Überblick über den militärischen Verlauf des Krieges bis 1917

Der deutsche Blitzkriegsplan und sein Scheitern

Die deutschen Generale waren sich bewusst, dass Deutschland zu schwach war, um an zwei Fronten zu kämpfen und einen jahrelangen Krieg siegreich zu überstehen. Deshalb begann der Angriff der deutschen Armeen nach einem Blitzkriegsplan, den der General Schlieffen bereits im Jahre 1905 ausgearbeitet hatte.

Dieser Schlieffenplan sah vor, Frankreich in drei bis vier Monaten durch einen Angriff über Belgien zu besiegen. Der deutsche Generalstab hoffte, ihn zu verwirklichen; bevor die russischen Armeen an Deutschlands Ostgrenzen aufmarschiert wären. Dann sollten alle Truppen Deutschlands und Österreich-Ungarns an die Ostfront geworfen werden.

Der erste Weltkrieg (1914 bis 1918)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Der geplante Überfall auf das neutrale Belgien missachtete internationale Abkommen, denn die deutsche Regierung hatte sich verpflichtet, Belgien niemals anzugreifen.

Anfang August besetzten deutsche Truppen ohne Kriegserklärung Belgien und Luxemburg. Dann drangen sie in Gewaltmärschen in Nordfrankreich so weit vor, dass man bereits in Paris den Geschützdonner hörte.

Da inzwischen die russischen Armeen früher als erwartet in Ostpreußen einmarschiert waren, mussten mehrere Armeekorps aus Frankreich an die Ostfront geworfen werden. Der deutsche Imperialismus war nun doch, entgegen dem Schlieffenplan, zur Führung eines Zweifrontenkrieges gezwungen.

Zu der geplanten Zerschlagung des französischen Heeres reichten die deutschen Kräfte nicht aus. Als die französische Heeresleitung eine Gegenoffensive befahl, erlitten die deutschen Truppen große Verluste und mussten sich zurückziehen. Der deutsche Blitzkriegsplan war gescheitert. Es begann der Stellungskrieg, der bis zum Frühjahr 1918 andauerte.

Überblick über den weiteren Kriegsverlauf

Im Osten vermochten es die deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen zwar, die russischen Armeen in Ostpreußen zurückzudrängen und Teile Russlands zu besetzen, Aber das Ziel, starke russische Kräfte zu umfassen und zu vernichten, gelang nicht. Auch an der Ostfront begann der Stellungskrieg.

Zerschossener Wald an der Somme-Front. (Fotografie)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Im Fernen Osten eroberten japanische Truppen Kiautschou, den deutschen Stützpunkt in China, und die in deutschem Besitz befindlichen Südseeinseln. In Afrika besetzten Truppen der Entente die deutschen Kolonien.

Mit dem Kriegseintritt der Türkei entstanden im Kaukasus, in Mesopotamien und Palästina, mit dem Kriegseintritt Italiens auf Seiten der Entente im Mai 1915 in den Alpen neue Fronten.

Im Herbst 1915 eroberten Armeen Deutschlands, Österreich-Ungarns und Bulgariens, das sich inzwischen den Mittelmächten angeschlossen hatte, Serbien.

Nachdem Rumänien im Sommer 1916 den Krieg gegen die Mittelmächte begonnen hatte, drangen deutsche und österreichischer Truppen bis zum Schwarzen Meer vor. Dann aber kam es auch auf dem Balkan, wie an der italienischen Front, zum Stellungskrieg.                                                                              In den folgenden Jahren versuchten die Gegner durch verheerende Materialschlachten die Fronten zu durchbrechen. In diesen Kämpfen fielen Millionen Menschen. Allein die monatelangen Schlachten bei Verdun und an der Somme (1916) kosteten auf beiden Seiten 1,3 Millionen Tote.

Während der Schlacht bei Verdun. (Fotografie)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Vergleichsmaterial:

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Deutschland und Österreich-Ungarn konnten die schweren Verluste an Menschen und Material nur schwer ausgleichen, während die Entente auf ihre Reserven zurückgreifen konnte.

Der Beginn des Gaskrieges und des uneingeschränkten U-Boot-Krieges

Die Imperialisten kümmerten sich nicht um internationale Abkommen, in denen für die Kriegführung bestimmte Regeln festgelegt worden waren.

Besonders grausam war die Kriegführung der deutschen Imperialisten. Belgische, französische, polnische und russische Zivilisten, die sich den Eroberern entgegenstellten, wurden erschossen.

Zehntausende belgischer und polnischer Arbeiter wurden zur Zwangsarbeit in die Rüstungsindustrie nach Deutschland verschleppt. Um den Widerstand der Bevölkerung zu brechen, wurden Ortschaften, wie die Stadt Löwen in Belgien und die Stadt Kalisz in Polen, niedergebrannt.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

1915 begann die deutsche Heeresleitung mit dem Masseneinsatz von Giftgas. Mit Giftgas gefüllte Granaten wurden auf die feindlichen Stellungen abgeschossen oder giftige Gase auf die feindlichen Stellungen abgeblasen. Viele gasvergiftete Soldaten starben einen qualvollen Erstickungstod. Andere erblindeten oder erlitten furchtbare Hautverletzungen. Auch die englischen und französischen Imperialisten setzten Giftgas ein.

Die englischen Imperialisten wollten Deutschland mit Hilfe einer Blockade aushungern. Sie hinderten alle Schiffe, deutsche Häfen anzulaufen. Dadurch kamen weniger Lebensmittel für die Bevölkerung nach Deutschland. Frauen und Kinder litten Hunger. Auch das widersprach den internationalen Abmachungen, wonach sich der Krieg nicht gegen die Zivilbevölkerung richten sollte.

Seit 1915 versenkten deutsche U-Boote feindliche und neutrale Handelsschiffe. Seit Februar 1917 führten die deutschen Imperialisten den U-Boot-Krieg besonders rücksichtslos. Jetzt versenkten die deutschen U-Boote in der Nordsee, im Atlantik und im Mittelmer feindliche und neutrale Handelsschiffe ohne Warnung und ohne Rücksicht darauf, ob sich auf den Schiffen auch Zivilisten, Frauen und Kinder, befanden.

Torpedierung eines englischen Dampfers durch ein deutsches U-Boot. (Zeitgenössische deutsche Darstellung)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Den uneingeschränkten U-Boot-Krieg nahmen die amerikanischen Imperialisten zum Vorwand, um im April 1917 an der Seite der Entente in den Krieg einzutreten.

Der Krieg als „Militärzuchthaus für die Arbeiter“ und als „Paradies für die Ausbeuter

Die wachsende ökonomische und politische Unterdrückung der Werktätigen in Deutschland

Wie in allen kriegführenden Ländern, so trugen auch in Deutschland die Werktätigen die Last des Krieges. Fast jede Familie beweinte bald den Vater, den Sohn oder den Bruder, die gefallen oder verwundet waren. Alle arbeitsfähigen Menschen mussten in Tag- und Nachtschichten in der Rüstungsindustrie arbeiten. Bald fehlte es in allen kriegführenden Staaten an Lebensmitteln, Kleidung, Heizung und an Industriewaren für die Bevölkerung.

„Das eiserne Kreuz“ (Lithographie von Heinrich Zille, um 1916)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Frauenarbeit in der Rüstungsindustrie während des Krieges. Für den Profit der Imperialisten war es wichtig, dass die Löhne der Frauen fast um die Hälfte niedriger waren als die der Männer lagen
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Da die deutschen Imperialisten sich nicht auf einen langen Krieg vorbereitet hatten, waren die Vorräte bereits im zweiten Kriegsjahr erschöpft, obwohl die eroberten Gebiete ohne Rücksicht ausgeplündert wurden. Die Menge der Lebensmittel, die verteilt wurde, verringerte sich von Jahr zu Jahr.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Nahrungsmittel wurden immer minderwertiger. So ordnete die Regierung an, Sägemehl unter das Brotmehl zu mischen. Nur wer reich genug war, konnte sich heimlich zu Wucherpreisen zusätzliche Nahrungsmittel besorgen. Aber auch die Preise der zugeteilten Lebensmittel stiegen laufend. So erhöhten sich zum Beispiel die Preise für Weizenmehl, Brot und Haferflocken um das Doppelte, für Rind- und Schweinefleisch, Erbsen, Bohnen und Eier um das Vier- bis Fünffache.

Ebenso stiegen die Preise für Kohlen, Holz, Gas, Strom und andere Dinge des täglichen Bedarfs.

Zwar erkämpften sich die Arbeiter geringe Teuerungszulagen. Die Zuschläge zu ihren Löhnen blieben jedoch weit hinter den steigenden Kosten für den Lebensunterhalt zurück.

Besonders groß war der Hunger im Winter 1916/17. An Stelle von Kartoffeln, die immer knapper wurden, gab es Kohlrüben. Kohlrübensuppe war die Hauptmahlzeit. Marmelade und sogar der Ersatzkaffee wurden aus Kohlrüben hergestellt. Die Menschen nannten daher diesen Winter den Kohlrübenwinter. Alte Leute, Kranke und Kinder starben an Entkräftung.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Bekanntmachung des Magistrats von Berlin im März 1918
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Zur wirtschaftlichen Ausbeutung trat die verschärfte politische Unterdrückung. Seit dem 31. Juli 1914 herrschte der Belagerungszustand. Die Arbeiter durften ihren Arbeitsplatz nicht wechseln. Militärbehörden kontrollierten die Arbeiterzeitungen. Jede Versammlung musste angemeldet werden und wurde polizeilich überwacht. Wer gegen den Krieg arbeitete oder sprach, wurde ins Gefängnis oder Zuchthaus geworfen.

Da sich der Widerstand gegen den Krieg dennoch verstärkte, verschärfte die herrschende Klasse im Hebst 1916 ihre Kriegspolitik auf allen Gebieten. Den reaktionären Generalen Hindenburg und Ludendorff wurde die Führung der Obersten Heeresleitung (OHL) übertragen. Die neue OHL verwandelte Deutschland in eine einzige Rüstungsfabrik. Gewaltsam suchte sie die Erzeugung von Granaten, Geschützen, Gewehren und anderen Kriegsmaterialien zu steigern (Hindenburgprogramm).

Bald darauf wurde ein Gesetz erlassen (Hilfsdienstgesetz), das alle Bürger – Männer und Frauen- vom 16. Bis zum 60. Lebensjahr zur Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie verpflichtete.

Die Bereicherung der Monopolkapitalisten auf Kosten der Volksmassen und die wachsende Verflechtung der Monopole mit dem Staat in Deutschland

Für die Monopolherren und Junker war der Krieg das beste Geschäft. Staatliche Rüstungsaufträge, Verlängerung der Arbeitszeit auf 10 bis 12 Stunden, unbezahlte Sonntagskriegsschichten, militärische Aufsicht in den großen Rüstungsbetrieben, niedrige Löhne, vor allem für Frauen und Jugendliche, und die Drohung mit der Einberufung an die Front gegenüber den Männern ermöglichten es ihnen, sich besonders hohen Profit zu sichern.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Während des Krieges wurden viele Monopolkapitalisten und Bankiers direkt zu Mitgliedern und Beamten der Regierung ernannt. Staatliche Behörden und Leitungen der Monopole verschmolzen in vielen Fällen. Im preußischen Kriegsministerium wurde eine Kriegsrohstoffabteilung eingerichtet. Sie sollte kriegswichtige Rohstoffe beschaffen, speichern und an die Rüstungsbetriebe verteilen. Als Leiter dieser Abteilung wurde Walter Rathenau, der Aufsichtsratsvorsitzende der AEG, eingesetzt. Auch der größte Teil der anderen Beamten dieser Regierungsstelle waren Monopolkapitalisten.

Die Kriegsrohstoffabteilung gründete zur Bewirtschaftung der einzelnen Rohstoffe Kriegsrohstoffgesellschaften wie die Kriegsmetall-Aktiengesellschaft und die Kriegschemikalien-Aktiengesellschaft. In den Aufsichtsräten dieser Gesellschaften saßen die Vertreter der großen Monopole des jeweiligen Industriezweiges.

Mit Hilfe ihrer amtlichen Befugnisse schanzten sich die Vertreter des Finanzkapitals die einträglichsten Rüstungsaufträge zu, steuerten sie durch Rohstoffzuteilungen und Preisfestlegungen die Produktion der übrigen Betriebe und ließen sich vom Staat den Bau neuer Fabrikanlagen bezahlen. So erhielt beispielsweise die Badische Anilin- und Sodafabrik (die heutige BASF P. R.) im Jahre 1916 360 Millionen Mark für den Bau der Leunawerke.

Auch die Junker und Großbauern bereicherten sich, indem sie unter anderem einen großen Teil ihrer Ernte heimlich zu Wucherpreisen absetzten. Sie kauften das Land der durch die Folgen des Krieges verschuldeten Kleinbauern zu Spottpreisen auf und ließen es mit hohem Profit durch Kriegsgefangene bewirtschaften.

Lenin bezeichnete diese Situation als „Paradies für die Bankiers und Kapitalisten, aber als „Militärzuchthaus für die Arbeiter“.

Krupp verkauft Kanonen an Freund und Feind! (Karikatur von Herbert Sandberg)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Entstehung der Spartakusgruppe und das Anwachsen der Antikriegsbewegung

Die Verstärkung der Antikriegsbewegung in Deutschland

Die deutschen Linken unternahmen große Anstrengungen um die verbrecherische Politik der Imperialisten vor den Werktätigen aufzudecken und sie zum revolutionären Kampf gegen den Krieg zu gewinnen.

Am 14. April 1915 erschien die erste Nummer ihrer Zeitschrift „Die Internationale“. Sie wurde von den Militärbehörden beschlagnahmt. Ihr weiteres Erscheinen wurde verboten. Die Linken riefen die Volksmassen jedoch weiter mit illegalen Flugblättern zum Kampf auf.

Von besonderer Bedeutung für den gemeinsamen Kampf aller antiimperialistischen Kräfte war das Flugblatt Karl Liebknechts „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“ vom Mai 1915.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die gegen den Imperialismus gerichteten Losungen Liebknechts und anderer Führer der Linken bildeten die Grundlage, auf der sich in wachsendem Maße die revolutionären Arbeiter und die anderen Kriegsgegner in Deutschland zusammenfanden.

Bereits im Frühjahr 1915 zogen Berliner Frauen unter Führung von Wilhelm Pieck vor das Reichstagsgebäude und forderten die Beendigung des Krieges. Im November 1915 demonstrierten Berliner Arbeiter Unter den Linden für den Frieden und sangen dabei die Internationale.

Je offener die Imperialisten ihre Eroberungsabsichten verkündeten, desto stärker regte sich auch im Bürgertum der Widerstand gegen den Krieg. Es waren vor allem zwei bürgerliche Organisationen, die gegen die imperialistische Kriegszielpolitik protestierten: die „Deutsche Friedensgesellschaft“ und der „Bund Neues Vaterland“.  Die Führer und Anhänger dieser bürgerlichen Friedensbewegung waren Pazifisten. Sie lehnten jeden Krieg, auch den gerechten, ab. Das bedeutete, dass Friede und Abrüstung allein durch Bittschriften, internationale Schiedsgerichte und durch einen Völkerbund erreicht werden könnten.

Bürgerliche Pazifisten, wie Professor Ludwig Quidde, Hellmuth von Gerlach und Professor Albert Einstein, protestierten mutig gegen die Kriegspolitik der Regierung. Ihre ehrlichen Bestrebungen blieben jedoch erfolglos, weil die meisten von ihnen nicht erkannten, dass ihr zutiefst menschliches Anliegen nur verwirklicht werden konnte, wenn sie sich mit der revolutionären Arbeiterbewegung verbündeten.

Die Zimmerwalder Konferenz

Wie in Russland und Deutschland kämpften auch in anderen Ländern tapfere Sozialisten gegen den Krieg. Um ihre Kräfte zu vereinigen, trafen sich im September 1915 Sozialisten aus mehreren Ländern in dem kleinen Schweizer Ort Zimmerwald. Sie bekundeten ihren Willen zum Kampf für Frieden und Sozialismus und gegen Annexionen und Kriegsentschädigungen. Aber die Mehrheit der Teilnehmer erkannte noch nicht, dass der Kampf gegen die Regierungen der eigenen Länder geführt werden musste und eine organisierte Trennung von den Opportunisten erforderlich war. Mehrere Führer linker Gruppen schlossen sich mit Lenin und den Bolschewiki zu Zimmerwalder Linken zusammen.

Schon 1916 kam es in Kienthal in der Schweiz zu einer weiteren internationalen Konferenz.

Auf beiden Konferenzen mahnte Lenin, dass sich die linken Kräfte in den einzelnen Ländern völlig von den Opportunisten trennen und selbständige revolutionäre Parteien bilden müssten. Die Notwendigkeit dieser entscheidenden Voraussetzungen für einen erfolgreichen Kampf gegen den Imperialismus hatten zu dieser Zeit aber auch die deutschen Linken noch nicht erkannt.

Die Konferenzen in Zimmerwald und Kienthal trugen dazu bei, dass sich die entschlossenen und zielklaren revolutionären Kämpfer der internationalen Arbeiterbewegung immer fester um Lenin und die Bolschewiki scharten. So wurde eine neue, wahrhaft revolutionäre Internationale vorbereitet.

Die Gründung der Spartakusgruppe

Am 01. Januar 1916 fand im Rechtsanwaltsbüro Karl Liebknechts in Berlin eine geheime Konferenz der deutschen Linken statt. Unter den Anwesenden befanden sich Franz Mehring, Wilhelm Pieck,Käte Dunker, Ernst Meyer, Johann Knief und Rudolf Lindau. Sie schlossen sich zur Gruppe Internationale zusammen.

Die Konferenzteilnehmer beschlossen, die Werktätigen durch die Herausgabe illegaler Schriften, die zunächst als „Politische Briefe“, seit September 1916 als „Spartakusbriefe“ erschienen, über die Schuld des deutschen Imperialismus aufzuklären und sie zum revolutionären Kampf gegen die Imperialisten, für die Beendigung des Raubkrieges aufzurufen.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Kopfleiste des „Spartacus“. Junge Arbeiterinnen und Arbeiter aus der sozialistischen Jugendorganisation nähten die Spartakusbriefe in das Rockfutter ein, trugen sie unter der Mütze oder in den Stiefeln versteckt zu den Arbeitern in die Fabriken. Bei dieser gefährlichen Arbeit wurden viele Jugendliche verhaftet und wegen illegaler Arbeit ins Gefängnis geworfen. Die Zahl der Spartakusbriefe aber nahm ständig zu. Sie wurden auch an die Front gebracht.
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Auf einer weiteren Konferenz im März 1916 beschlossen die deutschen Linken als Programm die „Leitsätze über die Aufgaben der internationalen Sozialdemokratie“. Zugleich nahmen die Teilnehmer der Konferenz mehrere Resolutionen an, in denen sie sich ebenfalls für eine Beendigung des Krieges aussprachen.

Arbeiter und Soldaten nannten die 1916 gebildeten Gruppe nach dem Titel dieser Flugschriften Spartakusgruppe. Neben dieser Gruppe gab es auch noch andere linke Gruppierungen, zum Beispiel die Bremer Linken, mit denen die Spartakusgruppe zusammenarbeitete.

Von allen linken Gruppen vertrat die Spartakusgruppe am besten die Interessen der Arbeiterklasse und des ganzen deutschen Volkes. Deshalb folgten immer mehr Arbeiter und andere Werktätige ihrem Ruf.

Lenin schrieb damals: „Mit Liebknecht und den Spartakusleuten geht alles, was unter den Sozialisten Deutschlands ehrlich und wirklich revolutionär geblieben ist.“

Die Antikriegsbewegung in Berlin am 01. Mai 1916

Im April 1916 gingen unter den Berliner Arbeitern illegale Flugblätter von Hand zu Hand, in denen die Spartakusgruppe die Arbeiter trotz des bestehenden Belagerungszustandes zur Mai-Demonstration aufrief.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Tausende strömten am 01. Mai 1916 zur Antikriegsdemonstration auf den Potsdamer Platz in Berlin, den Polizisten misstrauisch bewachten.

Ein von Karl Liebknecht herausgegebener Streuzettel, gefunden in den Prozessakten
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Auch Polizeispitzel hatten sich unter die Arbeiter geschlichen. Flugblätter wurden verteilt, und Karl Liebknecht rief mehrmals in die Menge: „Nieder mit dem Krieg! Nieder mit der Regierung!“ Stürmischer Beifall der Demonstranten begleitete seine Worte.  Was die Arbeiter dachten, hatte Liebknecht ausgesprochen. Liebknecht wurde festgenommen und zu Zuchthausstrafe verurteilt. Vor den Richtern klagte er die herrschende Klasse an: „Ihre Ehre ist nicht mehr meine Ehre! Aber ich sage Ihnen: Kein General trug je eine Uniform mit soviel Ehre, wie ich den Zuchthauskittel tragen werde. Ich bin hier, um anzuklagen, nicht um mich zu verteidigen! Nicht der Burgfriede, sondern Burgkrieg ist für mich die Losung! Nieder mit dem Krieg! Nieder mit der Regierung!“

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Gegen das Terrorurteil über Liebknecht demonstrierten die Arbeiter in Berlin, Stuttgart und anderen Städten. Am 27. Juni 1916 forderten 25 000 Berliner Arbeiter auf dem Potsdamer Platz Freiheit für Karl Liebknecht. Diese Demonstrationen mündeten am 28. Juni in einen großen Streik, den ersten politischen Massenstreik während des Krieges.

Aufruf zum Streik für die Freilassung Liebknechts vom Juni 1916
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Allein in Berlin streikten 55 000 Munitionsarbeiter Polizei und Militärbehörden wüteten. Sehr viele Arbeiter wurden verhaftet oder strafweise an die Front geschickt.

Das Anwachsen der revolutionären Antikriegsbewegung in Deutschland unter dem Einfluss der Februarrevolution in Russland

Der Aufschwung der Antikriegsbewegung im Frühjahr 1917

Im Januar 1917 folgten die Arbeiter Russlands dem Ruf der Bolschewiki. Sie legten in Petrograd, Moskau, Baku und anderen Städten die Arbeit nieder und demonstrierten gegen den imperialistischen Krieg.

Am 25. Februar (10. März) standen in Petrograd alle Maschinen still. Die Arbeiter hatten den Generalstreik ausgerufen. Viele Truppenverbände verbrüderten sich mit ihnen. Arbeiter und Soldaten verhafteten Minister und Generale und befreiten die Revolutionäre aus den Gefängnissen. Der Zar wurde gestürzt. Die Februarrevolution hatte gesiegt.

Die russischen Arbeiter und Soldaten hatten durch ihren heldenhaften Kampf bewiesen, dass es möglich war, die Regierung im eigenen Lande zu beseitigen. Nach ihrem Vorbild forderten die Werktätigen in anderen Ländern ebenfalls: Schluss mit dem Krieg! Sturz der Regierung!

Im Mai 1917 verließen viele französische Soldaten die Feuerlinie. Trotz der Todesurteile und Zuchthausstrafen, die die Kriegsgerichte daraufhin fällten, erfasste diese Aktion bald hundert Regimenter. In England und Italien kam es zu Aufständen. Im Frühjahr 1917 streikten in England 800 000 Mechaniker, Maschinenbauer und Rüstungsarbeiter.

Auch in Deutschland wuchs der Hass der Bevölkerung gegen den Krieg

Als im April 1917 die ohnehin spärliche Brotration auf täglich 120 Gramm gekürzt wurde, legten in Berlin, Leipzig, Magdeburg, Hannover, Halle, Braunschweig, Dresden und anderen Orten über eine halbe Million Werktätige die Arbeit nieder. Im Mittelpunkt ihrer Losungen stand die Forderung nach Frieden. In Berlin und Leipzig verlangten sie nach russischem Vorbild die Bildung von Arbeiterräten. Diese Forderung wurde in Berlin am 18. April 1917 verwirklicht.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die deutschen Imperialisten fürchteten, es könne wie in Russland die Revolution ausbrechen. Deshalb versprachen sie den Arbeitern beispielsweise bei Kriegsende die Abschaffung des Dreiklassenwahlrechts in Preußen.

Mit Unterstützung der rechten Führer der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften warf die Regierung den Massenstreik nieder.

Die Gründung der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei

Am 07. Januar 1917 fand in Berlin eine Konferenz von Delegierten aller jener Gruppen der sozialdemokratischen Partei statt, die die Burgfriedenspolitik der rechten opportunistischen Parteiführer und Reichstagsabgeordneten ablehnten. Von den 157 Teilnehmern waren 35 Mitglieder der Spartakusgruppe. Da in zahlreichen sozialdemokratischen Parteiorganisationen die Unzufriedenheit der Mitglieder mit der offiziellen Parteipolitik weiter wuchs und die Linken ständig stärkeren Einfluss gewannen, versuchten die zentristischen Parteiführer durch die Gründung einer besonderen Partei den Übergang größerer Teile der organisierten Arbeiter auf die Seite der Linken zu verhindern. Im April 1917 gründeten sie deshalb in Gotha die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD). In ihr sammelte sich die Masse derjenigen Arbeiter, die mit der arbeiterfeindlichen und antinationalen Politik der rechten sozialdemokratischen Führer nicht einverstanden waren und in der USPD eine neue, revolutionäre Partei sahen.

Die objektive Rolle der USPD bestand darin, die sich von der Sozialdemokratie abwendenden Arbeiter aufzufangen, sie vom Übertritt in da Lager der Revolution abzuhalten und sie so weiter der antinationalen Politik der rechten Führer der Sozialdemokratie und damit der Monopolbourgeoisie unterzuordnen.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Spartakusgruppe schloss sich organisatorisch der USPD mit dem Vorbehalt an, ihre politisch-ideologische Selbstständigkeit zu erhalten. Denn innerhalb der deutschen Linken bestand noch keine Klarheit über die Rolle einer selbstständigen marxistischen Kampfpartei der Arbeiterklasse. Der organisatorische Anschluss der Spartakusgruppe an die USPD war ein schwerwiegender Fehler. In der USPD entwickelte sich jedoch trotzdem von Anfang an unter dem Einfluss der Spartakusgruppe ein starker revolutionärer Flügel, der im Gegensatz zur USPD-Führung für Massenaktionen gegen den imperialistischen Krieg eintrat. Die Mehrheit der USPD-Mitglieder war revolutionär eingestellt, forderte außerparlamentarische Massenaktionen gegen den imperialistischen Krieg und organisierte solche Aktionen auf örtlicher Ebene. Zwischen den Anhängern der Spartakusgruppe und den anderen Mitgliedern der neuen Partei entwickelten sich vielfältige Formen der Zusammenarbeit.

Ein von der Spartakusgruppe illegal herausgegebenes Flugblatt
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Soldatenverbrüderungen an der Ostfront

Im Frühjahr 1917 ergriff die Friedenssehnsucht auch das deutsche Heer. Die deutschen Soldaten vernahmen freudig die Kunde von der russischen Februarrevolution. Sie glaubten aber, nun werde der Friede von selbst kommen. Die Mehrheit der deutschen Soldaten hatte noch nicht erkannt, dass die Arbeiter den Frieden gegen den Willen der Imperialisten erzwingen mussten. Aber zum ersten Mal fanden sich deutsche und russische Soldaten in großer Zahl an der Front zusammen und verbrüderten sich. So gelangten revolutionäre Gedanken in das deutsche Ostheer.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Soldatenverbrüderung an der Ostfront
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Der Aufstandsversuch in der deutschen Hochseeflotte

Unter den Matrosen der deutschen Kriegsflotte war der Anteil der Arbeiter besonders groß, weil die Bedienung moderner Kriegsschiffe technisch qualifizierte Besatzungen verlangte. Die Matrosen hielten Kontakt zu den Werftarbeitern. Die revolutionäre Stimmung unter ihnen entwickelte sich deshalb rascher als unter den Soldaten im Heer.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Unter dem Eindruck der russischen Februarrevolution verstärkten die Matrosen ihren Kampf. Nach dem Beispiel der russischen Soldaten und Matrosen bildeten sich kleine Gruppe, die untereinander in Verbindung standen. In der illegalen Leitung der Matrosenbewegung befanden sich auch die Matrosen Max Reichpietsch und Albin Köbis. Sie wollten gegen die Willkür der Offiziere protestieren und die Fortsetzung des Krieges verhindern.

Max Reichpietsch und Albin Köbis
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Seit Monaten lag auf der Reede von Wilhelmshaven ein Geschwader der deutschen Kriegsflotte vor Anker. Die Seekriegsleitung befahl stundenlange Marschübungen und Einschränkungen der Freizeit, um den Widerstand der Matrosen zu brechen. Für die Matrosen und Heizer des Schlachtschiffes „Prinzregent Luitpold“ wurde für den dienstfreien 01. August 1917 ein langer Übungsmarsch befohlen. Erregt wurde der Befehl in den Kajüten, auf den Decks und vor den Heizkesseln besprochen. Die Matrosen protestierten. Die Offiziere ließen sie daraufhin verhaften.

Aus Protest gegen die Bestrafung ihrer Kameraden verließen am 02. August etwa 600 Matrosen ihr Schiff, zogen an Land und hielten eine Versammlung ab. Albin Köbis sprach. Er forderte die Matrosen auf, fest gegen die Offiziere zusammenzuhalten und die Befreiung der Verhafteten zu fordern. Auch auf anderen Schiffen gingen die Matrosen zum offenen Widerstand über. Damit war der Aufstand des Jahres 1917 in der deutschen Hochseeflotte ausgebrochen.

Spitzel verrieten jedoch die Bewegung. 55 Matrosen wurden verhaftet. 50 erhielten hohe Zuchthausstrafen, fünf verurteilte das Kriegsgericht zum Tode. Für drei Matrosen wurde die Todesstrafe in eine fünfzehnjährige Zuchthausstrafe umgewandelt. Max Reichspietsch und Albin Köbis wurden nachts heimlich nach Köln gebracht. Am 05. September standen sie aufrecht vor den Gewehrläufen des Hinrichtungskommandos. Sie starben als erste Märtyrer der deutschen Revolution.

Lenin würdigte die revolutionäre Bewegung unter den Matrosen. Er schrieb, dass der Aufstandsversuch in der deutschen Flotte ein Anzeichen für das Herannahen der Revolution in Deutschland sei.

Das Jahr 1917 hatte in allen Schlachten eine wachsende materielle Überlegenheit der Entente deutlich werden lassen. Zur gleichen Zeit verstärkte sich, ausgelöst durch die russische Februarrevolution, der Kampf der Arbeiterklasse gegen den Krieg und die herrschenden Klassen der kriegführenden Staaten, die den Krieg um ihrer Profit- und Machtinteressen willen fortsetzten. Über acht Millionen Menschen aus allen Erdteilen mussten ihr Leben für die imperialistischen Eroberungspläne geben, bis der Krieg 1918 mit der Niederlage des deutschen Imperialismus endete.

Das Proletariat eines Landes verwirklichte jedoch unter Führung einer revolutionären Partei die Beschlüsse der II. Internationale von Stuttgart und Basel: Die Arbeiter und Bauern Russlands verwandelten im Herbst 1917 den ungerechten imperialistischen Krieg in eine Revolution und stürzten die Herrschaft der Monopolbourgeoisie und der Gutsbesitzer. Unter Führung der Bolschewiki errichteten sie den ersten Staat der Arbeiter und Bauern in der Welt. Was 1848 Marx und Engels im Kommunistischen Manifest vorausgesagt hatten, wurde auf einem Sechstel der Erde Wirklichkeit.

Die Große Sozialistische Oktoberrevolution wurde von 1917 bis 1989 zu einer besonderen Epoche der Menschheitsgeschichte; sie leitete vorrübergehend ein neues Zeitalter ein, dessen Hauptinhalt der Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus war. 1989 kam es zur Rückwende der Menschheitsgeschichte. Von einzelnen Ausnahmen abgesehen, ist es wieder zurück zum Kapitalismus gegangen.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Die zweite bürgerlich-demokratische Revolution in Russland

  1. Der I. Weltkrieg und die Rolle des zaristischen Russlands in ihm

Im Juli 1914 begann der I. Weltkrieg. An ihm nahmen zwei Gruppen imperialistischer Staaten teil: die eine, mit Deutschland an der Spitze, bildete den Viererbund (Deutschland, Österreich-Ungarn, Bulgarien und die Türkei); die andere, mit England und Frankreich an der Spitze, bildete den Dreibund oder die Entente (England, Frankreich und Russland). Der Entente traten später Japan und Italien bei, und im Jahre 1917 auch die Vereinigten Staaten von Amerika. Im Ganzen nahmen am Weltkrieg 33 Länder teil. Zum Heeresdienst waren insgesamt 74 Millionen Menschen einberufen.

Dieser Krieg war schon seit langem vorbereitet worden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es auf dem ganzen Erdball kaum noch ein Land, dessen sich die kapitalistischen Staaten nicht bemächtigt hätten. Die europäischen und amerikanischen Imperialisten hatten gewaltige Kolonien in Besitz genommen. Die Kolonien Englands waren nach ihren Ausmaßen 110mal so große, wie das Gebiet von England selbst. Die Kolonien Frankreichs übertrafen das Mutterland nach ihren Ausmaßen um das 20fache. Selbst kleine Staaten wie Belgien und Holland hatten in Asien und in Afrika gewaltige Landflächen mit vielen Millionen von Einwohnern an sich gebracht. Die Inder, Afrikaner, Malaien, Mongolen und viele andere wurden um die Profite der Imperialisten willen zu Sklavenarbeit gezwungen. Die deutschen Imperialisten, in deren Kolonien die Bevölkerung ungefähr zwölf Millionen zählte, schauten mit Neid zu, wie England Hunderte von Millionen Kolonialsklaven ausbeutete. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Deutschland ein mächtiger Staat. Seine Fabriken und Werke produzierten mehr Waren als die englischen. Deutschland hatte viele Kriegsschiffe gebaut. Es wollte England zurückdrängen und eine beherrschende Stellung in der Welt einnehmen. Im Verlauf von einigen Dutzend Jahren hatte sich Deutschland als das am meisten aggressive Land (d.h. als ein Land, das nach gewaltsamen Eroberungen strebte) in verstärktem Maße auf den Krieg vorbereitet.

Von Jahr zu Jahr vergrößerte es seine Armee, versah sie mit neuer Ausrüstung, entwickelte seine Kriegsindustrie und gab gewaltige Summen für Kriegsvorbereitungen aus. Obgleich die Imperialisten sämtlicher Länder am I. Weltkrieg schuld waren, erwies sich das imperialistische Deutschland auf diese Weise als sein Anstifter. Der Chef des deutschen Generalstabes, General Schlieffen, arbeitete Pläne aus, um die Gegner einzeln zu zerschlagen. Schlieffen gedachte den Hauptschlag zu allererst gegen Frankreich zuführen, um nach dessen Zerschlagung in einem Blitzkrieg ebenso rasch bedeutende Kräfte gegen Frankreichs Bundesgenossen Russland zu werfen und nachdem er in einigen Wochen die russische Armee zerschlagen, die Hände für den Krieg mit England freizubekommen.

Die diplomatischen, wie auch die militärischen Pläne Deutschlands erlitten jedoch Schiffbruch. Deutschland gelang es, weder den für es gefährlichen Zweifrontenkrieg zu vermeiden, noch seine Gegner in einem Blitzkrieg zu zerschmettern. Die Ost- (russische) Front erwies sich im I. Weltkrieg, infolge der unübertroffenen Tapferkeit und Standhaftigkeit der russischen Soldaten, von solcher Kraft, wie sie die Deutschen bei der Schmiedung ihrer Kriegspläne nicht vorausgesehen hatten.

Als äußerer Anlass zum I. Weltkrieg diente die Ermordung des österreichischen Thronfolgers in der Stadt Sarajewo durch den serbischen Studenten Gabriel Princip. Dieser Student handelte im Auftrag der serbischen Organisationen, die gegen die Abhängigkeit von Österreich kämpften. Das von Deutschland beeinflusste Österreich-Ungarn stellte Serbien ein Ultimatum und erklärte, ohne eine Antwort abzuwarten seitens der serbischen Regierung entgegenzunehmen, Serbien den Krieg. Russland erklärte seine Bereitwilligkeit, seinen Bundesgenossen Serbien zu unterstützen, und begann die Mobilmachung. Darauf erklärte Deutschland Russland und dessen anderem Bundesgenossen, Frankreich, den Krieg. Am 19. Juli (1. August neuen Stils) des Jahres 1914 verletzten die deutschen Truppen die Neutralität Belgiens und überschritten die belgische Grenze. Die englische Regierung forderte Deutschland auf, das belgische Gebiet zu räumen. Am 4. August 1914 erklärte England den Krieg an Deutschland. So begann der I. Weltkrieg.

Die deutschen Truppen rückten rasch nach Paris vor, mit der Absicht, Frankreich früher zu zerschlagen, als dessen Bundesgenossen ihre Kräfte mobilisieren konnten. Um Frankreichs Lage zu erleichtern, unternahm die russische Armee einen Angriff gegen Ostpreußen. Zu einem Krieg mit so einem starken Gegner wie Deutschland war sie nicht vorbereitet und erlitt in den ersten Kämpfen eine Niederlage. Ihr Angriff zog jedoch deutsche Truppen vom Westen nach dem Osten ab. Paris war gerettet, und Frankreich konnte den Krieg fortsetzten.

Dank dem hartnäckigen Widerstand und der Standhaftigkeit der russischen Truppen gelang es Deutschland nicht, den Feldzug mit einem kurzen Schlage zu beenden.  Der Krieg zog sich in die Länge; um aber einen Langwierigen Krieg zu gewinnen, hatte Deutschland viel weniger Aussichten als seine Gegner, die über gewaltige Menschen- und Materialreserven verfügten. Das deutsche Oberkommando entschloss sich im Jahre 1915, seine Hauptanstrengungen auf die Ostfront zu richten, um die russischen Armeen zu zerschlagen und Russland zum Frieden zu zwingen. Deutschland wollte sich auf diese Weise der zweiten Front entledigen und dann den Kampf im Westen fortsetzen. Aber auch die Lösung dieser Aufgabe gelang den Deutschen nicht.

Obgleich die russischen Armeen unter dem Druck der überlegenen Kräfte des Gegners den Rückzug antraten und das Gebiet Polens, Litauens, eines bedeutenden Teiles des Baltikums und Wolhyniens aufgaben, war die russische Armee trotzdem nicht vernichtet und die Ostfront nicht liquidiert. Ende September 1915 kam es an der Ostfront zum Stellungskrieg: die Gegner verschanzten sich in den Schützengräben, schossen aufeinander, ohne große Angriffshandlungen zu eröffnen. Beide Seiten bereiteten sich zu den neuen entscheidenden Schlägen vor.

In dem Bestreben, die militärische Initiative in seine Hand zu bekommen, begann in Deutschland im Jahre 1916 eine neue Offensive, wobei es den Hauptschlag gegen Frankreich richtete. Diesen Schlag gedachte es gegen Verdun und Paris zu führen, um den nördlichen Flügel der englisch-französischen Armeen in eine kritische Lage zu bringen. Das österreichisch-deutsche Oberkommando bereitete zu dieser Zeit einen starken Schlag auch gegen Italien vor. Die Bundesgenossen verlangten von Russland neue aktive Handlungen. Nach Verhandlungen wurde beschlossen, einen Angriff gleichzeitig im Osten und im Westen zu beginnen. Im zaristischen Hauptquartier in Mogilew war ein Kriegsrat einberufen worden, um über die Möglichkeit eines Angriffs der russischen Truppen zu erörtern. Der Oberbefehlshaber der Nordfront, General Kuropatkin, und der Oberbefehlshaber der Westfront, General Ewert, erklärten, dass die russischen Truppen für Angriffshandlungen nicht bereit seien. Sie traten für Verteidigung ein. Nur der General Brussilow, der zum Oberbefehlshaber der Südwestfront ernannt worden war, forderte beharrlich Angriffshandlungen. „Wir haben sämtliche Chancen auf einen Erfolg, von dem ich persönlich überzeugt bin“, entgegnete er lebhaft den schwankenden Generalen und dem Zaren Nikolaj II., der die Befugnisse des Obersten Befehlshabers übernommen hatte. „Unser Fehler“, sagte Brussilow, „besteht darin, dass wir uns nicht auf allen Fronten zu gleicher Zeit auf den Feind stürzen.“

Brussilow, ein gebildeter entschlossener und energischer General, überragte an Feldherrentalent die übrigen zaristischen Generale. Er war einer der besten russischen Generale, die die Tradition der Suworowschen Schule bewahrt hatten. Brussilow konnte den russischen Soldaten gut und liebte ihn. Er verlangte Kühnheit, Schlagfertigkeit und bewusste Disziplin. „Man muss sich an das Reglement nicht wie der Blinde an eine Mauer halten“, schrieb Brussilow. Er war der Meinung, dass man nur durch einen Angriff den Sieg erlangen könne, dass der Krieg durch Defensive keinesfalls zu gewinnen sei. Deshalb trat er für gut vorbereitete, aktive Operationen ein. Auf der Kampferfahrung an der russischen und an der Westfront fußend, kam Brussilow zu nachstehender Forderung: Um vor dem Gegner Zeit und Ort des Hauptschlages zu verbergen und sich zum Durchbruch gut vorzubereiten, muss die Vorbereitung zum Angriff auf der gesamten Front beginnen, und die Schläge müssen gleichzeitig auf mehreren Abschnitten erfolgen.

Den Hauptschlag gedachte Brussilow im Abschnitt Luzk zu führen.                                                               Der von Brussilow geplante Durchbruch bei Luzk begann in der Frühe des 22. Mai (4. Juni) 1916. Die russische Artillerie eröffnete ein Trommelfeuer auf die Stellungen des Feindes. Die schweren Geschütze schossen alle zwei Minuten, die leichten jede Minute. Genau um zwölf Uhr begann die russische Infanterie den Angriff. Die Artillerie verlegte das Feuer auf die zweite Schützengrabenstellung. Nach achtstündigem Feuer waren die befestigten Stellungen des Gegners zerschlagen. Die betäubten und in Verwirrung geratenen Österreicher, Deutschen und Ungarn gaben sich in Massen gefangen. Der erfolgreiche Brussilow-Durchbruch verschaffte die Möglichkeit, den Angriff in breiter Front in einer Ausdehnung von 300 km zu entfalten. Die Truppen des Generals Brussilow rückten, den Widerstand des Gegners brechend, über die Felder Galiziens und der Bukowina vor. Der Brussilow-Durchbruch veränderte einschneidend den gesamten Verlauf des Krieges.

Die österreichisch-ungarische Armee konnte sich von dem vernichtenden Schlage nicht wieder erholen. Die slawischen Soldaten, die sich in der österreichischen Armee befanden, wünschten sich mehr gegen ihre russischen Brüder zu kämpfen und gaben sich zu Tausenden gefangen.  Die Angriffe der Deutschen auf Verdun wurden schwächer. Das deutsche Oberkommando warf zwecks Liquidierung des Brussilowschen Durchbruches eilig 45 Divisionen, die von der französischen und italienischen Front abgezogen wurden, nach dem Osten.

Jedoch weder die russische noch die verbündete Heeresleitung verstand die Erfolge des Brussilowschen Angriffs auszunutzen. Das Zögern des russischen Hauptquartiers, dessen Pläne der dem Gegner durch deutsche Spione bekannt wurden, verschaffte den Deutschen und Österreichern die Möglichkeit, ihre Kräfte umzugruppieren. Nach schweren Kämpfen in dem sumpfigen Gelände am Fluss Stochod, die gewaltige Menschenopfer kosteten, wurde der Angriff Brussilows, der von den anderen Armeen nicht unterstützt wurde, zum Stehen gebracht.

Ungeachtet der Teilerfolge war die Niederlage der zaristischen Armee im I. Weltkrieg schon sichtbar. General Brussilow schrieb in seinen Erinnerungen über den Krieg 1914 bis 1918 mit Bitterkeit: „Die Überlegenheit des Gegners über uns bestand darin, dass seine Artillerie im Verhältnis zu unserer zahlreicher war, besonders die schwere, außerdem hatte er unvergleichlich mehr Maschinengewehre als wir.“ Brussilow erinnert sich ferner daran, dass in der russischen Armee sogar nicht genügend…Gewehre vorhanden waren. „Ersatzmannschaften gab es genug“, schreibt er, „aber für ihre Ausrüstung war nichts vorhanden.“  Nur der außerordentlichen Standhaftigkeit und Tapferkeit der russischen Soldaten gelang es, trotzdem mit Erfolg im Verlaufe einiger Jahre gegen die Deutschen zu kämpfen.

Die grundlegende Ursache der Niederlage des Zarismus war die technisch-wirtschaftliche Rückständigkeit Russlands, das in seiner Struktur Überbleibsel der Leibeigenschaft bewahrt hatte. Die Kriegsindustrie war schwach entwickelt und nicht imstande, die Armee mit Munition zu versorgen. Infolge des desorganisierten Transportwesens konnten dringende Lieferungen nicht fristgemäß erfolgen. Der Verfall des Transportwesens verschärfte die Nahrungsmittelkrise. Die Armee erhielt nur die Hälfte ihrer Verpflegungsnorm. Die Spekulation mit Brotgetreide nahm im Lande zu. An den Bäckerläden drängte sich die hungrige Bevölkerung in langen Reihen.

Der Krieg und der wirtschaftliche Verfall riefen eine heftige Unzufriedenheit unter den werktätigen Massen hervor, auf deren Schultern die ganze Last des Krieges ruhte. Die Arbeiter hatten es ganz besonders schwer. Hungrig arbeiteten sie für einen geringfügigen Arbeitslohn 15 bis 16 Stunden am Tag. Bis zu 40 % der Arbeiter waren eingezogen und an die Front geschickt. In den Betrieben arbeiteten in der Mehrzahl Frauen und Halbwüchsige, die in der ersten Zeit sich fürchteten, den Ausbeutern Widerstand zu leisten.

Jedoch bereits vom Frühjahr 1915 an begann die Streikbewegung große Ausmaße anzunehmen. Im Oktober 1916 erreichten die Streiks ihren höchsten Stand. Sie waren von Demonstrationen begleitet, die unter den revolutionären Losungen: „Nieder mit dem Krieg!“, „Nieder mit der Selbstherrschaft!“durchgeführt wurden.

Die revolutionären Massenstreiks waren ein Zeugnis dafür, dass „in Russland sich die größte Volksrevolution erhob, an deren Spitze das revolutionärste Proletariat der Welt stand, das zu seiner Verfügung einen so ernst zu nehmenden Bundesgenossen, wie die revolutionäre Bauernschaft Russlands, hatte“. (Stalin)

Die Bolschewiki leisteten unter den Werktätigen eine große Arbeit. In den Betrieben wurden Parteizellen organisiert. Bei den Truppenteilen wurden geheime bolschewistische Organisationen geschaffen. Die Bolschewiki machten dem Volke klar, dass die Fortsetzung des Krieges durch die zaristische Regierung das Land unvermeidlich zur Niederlage führen und es in eine Kolonie des westlichen Imperialismus verwandeln werde.

Lenin und die Bolschewiki lehrten, dass es zwei Arten von Kriegen gibt: gerechte und ungerechte. Ein gerechter Krieg hat das Ziel, das Volk gegen einen äußeren Überfall, gegen Unterjochungsversuche zu verteidigen. Ein ungerechter, ein Eroberungskrieg, hat das Ziel, fremde Länder zu erobern, fremde Völker zu versklaven. Lenin hielt den Weltkrieg des Jahres 1914 für einen ungerechten Krieg, für einen Eroberungskrieg, sowohl von Seiten der deutschen Imperialisten als auch von Seiten des Zarismus. Deshalb rief er dazu auf, gegen ihn einen entschlossenen Kampf zu führen. Lenin stellte die Losung der Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg auf und rief die Arbeiter aller Länder zum revolutionären Kampf für den Sturz ihrer Regierungen auf. Der Kampf der Bolschewiki zur Verwirklichung dieser Losungen war ein Kampf für die Rettung Russlands, für die Bewahrung der Unabhängigkeit gegenüber den ausländischen Imperialisten.

2. Der Sturz des Zarismus in Russland

Die zaristische Regierung war sich darüber im Klaren, dass im Lande eine neue Volksrevolution heranreifte. Die Niederlage an den Fronten und die revolutionäre Lage im Lande verursachten innerhalb der Regierungskreise eine Panik.

Zu dieser Zeit gelangte der Gauner Grigorij Rasputin zu außerordentlichem Einfluss am Hofe. Der Herkunft nach war er ein sibirischer Bauer, der in seiner Jugend Pferdedieb gewesen war. Indem er sich für einen „Wahrsager“ ausgab, erwarb er sich unter den unwissenden religiösen Leuten große Beliebtheit. Die Gerüchte über die „Wunder“ und die Prophezeiungen Rasputins gelangen bis zum Zarenhofe. Zar Nikolaj II. und die Zarin Alexandra waren abergläubische Menschen. Die Zarin hoffte, dass Rasputin ihren unheilbar kranken Sohn, den Thronfolger Alexej, heilen könne. Der geschickte und freche Rasputin, der zum Hofe gerufen wurde, gewann bald auf die Zarin, und durch sie auch auf den Zaren, einen gewaltigen Einfluss. Von ihm geschriebene, von grammatischen Fehlern strotzende Zettel genügten den Zaren, um daraufhin Minister zu berufen und zu entlassen. Unter Rasputins Mitwirkung erhielten dunkle Geschäftemacher, Spekulanten, ausländische Spione verantwortliche Staatsstellungen und einträgliche Aufträge für Heereslieferungen.                                                                                                Die rasputinische Misswirtschaft war ein Zeichen für die moralische Fäulnis, für den geistigen Schwachsinn und die Zersetzung des zaristischen Regimes. Sogar Spitzen der Aristokratie, die den völligen Zusammenbruch des Zarismus kommen spürten, forderten die Entfernung Rasputins, den sie für die Hauptursache allen Unglücks im Lande hielten. Im Dezember 1916 wurde Rasputin von Verschwörern getötet und sein Leichnam in ein Eisloch der Newa geworfene. Rasputins Beseitigung veränderte jedoch die Lage im Lande nicht.

Die zaristische Regierung, die die Revolution fürchtete, entschloss sich, die Reichsduma aufzulösen, die Arbeiterorganisationen zu zerschlagen und mit Deutschland einen Separatfrieden zu schließen. In der Hauptstadt wurden Truppen und Artillerie zusammengezogen. Die Polizei wurde in Kriegszustand versetzt und mit Maschinengewehren ausgerüstet.

Die Verschwörung des Zarismus gegen die Revolution fiel mit der Verschwörung zusammen, die in den Kreisen der Bourgeoisie und der Generalität herangereift war. Die bürgerlichen Verschwörer waren zu dem Schluss gekommen, dass das beste Mittel zur Vorbeugung der Revolution eine Palastrevolution sei. Die beabsichtigten, den Sonderzug des Zaren auf der Strecke vom Hauptquartier zur Hauptstadt anzuhalten und den Zaren zu zwingen, zugunsten seines Sohnes Alexej auf den Thron zu verzichten. An der Vorbereitung der Palastrevolution nahmen auch Vertreter Englands und Frankreichs teil, die einen Separatfrieden Russlands mit Deutschland befürchteten.

Jedoch wurde weder die Verschwörung des Zarismus noch die Verschwörung der Bourgeoisie zu Ende geführt. Die Arbeiterklasse und die Bauern im Waffenrock vernichteten durch ihre revolutionären Aktionen die Pläne des Zaren und der Bourgeoisie.

Am Jahrestag des „Blutigen Sonntags“, am 09. Januar 1917, fand in Petrograd eine große Demonstration gegen den Krieg statt. In einer Reihe von Städten waren Streiks ausgebrochen. Die revolutionäre Bewegung wuchs besonders schnell in Petrograd an. Am Morgen des 23. Februars gingen die streikenden Arbeiter der Putilow-Werke auf die Straße. Die Arbeiter anderer Fabriken schlossen sich an. Am 23. Februar (8. März), am internationalen Frauentag, gingen Arbeiterinnen mit roten Fahnen auf die Straße und vereinigten sich mit den demonstrierenden Arbeitern. Überall fanden Meetings statt, auf denen Arbeiter den Sturz der Selbstherrschaft und die Beendigung des Krieges forderten.  Der Zar gab dem Befehlshaber der Truppen des Petrograder Militärkreises den Befehl, mit den Unruhen in der Hauptstadt unverzüglich Schluss zu machen. Die Polizei fing an, die Demonstranten aus Maschinengewehren, die auf den Dächern der Häuser aufgestellt waren, zu beschießen.

Jedoch hatte der Zarismus nicht mehr die Kraft, die Revolution aufzuhalten. Am 25. Februar 1917 rief das Petrograder Komitee der Bolschewiki in seinem Flugblatt direkt zum Aufstand auf. „Vor uns der Kampf, aber uns erwartet der sichere Sieg. Alle unter die roten Fahnen der Revolution! Nieder mit der der zaristischen Monarchie“

Am 26. Februar erließ das Büro des Zentralkomitees der bolschewistischen Partei mit W.M. Molotow an der Spitze ein Manifest mit dem Aufruf, den bewaffneten Kampf gegen den Zarismus fortzusetzen und eine revolutionäre Regierung zu schaffen. Der Stadtbezirk Wyborgskaja Storona ging in die Hände der aufständischen Arbeiter über. Unter Führung des Komitees der Bolschewiki des Wyborger Stadtbezirkes bemächtigten sich die Arbeiter der Waffenmagazine und bewaffneten sich, um die Polizei abzuwehren. Zur gleichen Zeit drangen die Bolschewiki in die Kasernen ein und riefen die Soldaten auf, sich mit den Arbeitern zu vereinigen. Am 27. Februar begannen die Truppen in Petersburg auf die Seite der Aufständischen überzugehen. Zur „Unterdrückung“ der aufständischen Hauptstadt zog der Zar Truppen von der Front ab. Der Truppentransport gelangte aber Kaum bis nach Zarskoje Sjelo. Hier lehnten die Soldaten, die sich mit den revolutionären Arbeitern verbrüdert hatten, es ab, gegen die Hauptstadt zu marschieren. Der Sonderzug des Zaren wurde auf dem Weg vom Hauptquartier auf einer Station von den revolutionären Eisenbahnern angehalten.

Die bewaffneten Arbeiter und Soldaten befreiten die politischen Gefangenen aus den Gefängnissen. Auf den Aufruf der bolschewistischen Partei hin begannen die Arbeiter und Soldaten, ihre Vertreter in die Sowjets zu wählen. Am Abend des 27. Februar fand die erste Sitzung des Petrograder Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten statt. Die Bourgeoisie versuchte noch einmal mit dem zaristischen Hauptquartier in Verhandlungen zu treten und bewarb sich um die Zustimmung Nikolajs II. zur Bildung eines der Duma verantwortlichen Ministeriums. Die Bourgeoisie hegte die Hoffnung, dass eine Veränderung der Zusammensetzung der Regierung die Möglichkeit gewähren würde, den Zarismus zu erhalten und den Krieg bis zum Ende zu führen, Sie wollte eine kleine Revolution für einen großen Krieg, schrieb J.W. Stalin. Doch die Bourgeoisie konnte die Entwicklung der Revolution nicht aufhalten.

https://dietrommlerarchiv.wordpress.com/2017/09/28/kalender-in-russland/Nach dem Umsturz in Petrograd siegte die Revolution im ganzen Lande. Der nach einem Ausspruch Lenins von Blut und Unrat bedeckte Wagen der Monarchie der Romanows war am 27. Februar (am 12. März neuen Stils) des Jahres 1917 sogleich und für immer umgekippt.

Die Partei der Bolschewiki, die das Volk zum Sieg über den Zarismus geführt hatte, stellte sich an die Spitze des weiteren revolutionären Kampfes des Proletariats und der armen Bauernschaft zum Sturz der Bourgeoisie und zur Übergabe der gesamten Macht an die Sowjets.

Anna Michailowna Pankratowa

Entnommen aus „Das Sowjetland“, Band 1 von 1947, Autorin Anna Michailowna Pankratowa. Bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band I von 1947

Leo Jogiches

Gastbeitrag von Wolfgang Müller

 

Vor 100 Jahren, am 10. März 1919, wurde mit Leo Jogiches, nur wenige Wochen nach der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, der dritte führende Kader der noch jungen, am Jahreswechsel 1918/19 gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), von der Reaktion ermordet. 

 

Leo Jogiches

Leo Jogiches auf einer Porträtkarte, die von der KPD nach seiner Ermordung verbreitet wurde

Bildquelle: „Junge Welt“

 

 

 

 

Wer war Leo Jogiches?

Leo Jogiches wurde am 17. Juli 1867, in Wilna (Vilnius) geboren. Wilna war zu jener Zeit eine jüdisch-polnisch geprägte Stadt im Westen des Zarenreichs, in der insbesondere eine auf die jiddische Sprache gestützte Hochkultur eines ihrer spezifischen Zentren gefunden hatte. Jogiches’ Familie galt als wohlhabend, zu Hause wurde russisch gesprochen, weniger gut beherrschte der junge Jogiches das Jiddische und Polnische. 

Frühzeitig kam er mit der revolutionären Bewegung in Berührung. Anfangs war er fasziniert von der Attentats-Ideologie der Narodnaja Wolja, wonach der getötete Zar auf direktem Weg das Fanal für den baldigen Untergang der Zarenherrschaft abgeben sollte. Doch die spätere Öffnung zur modernen Arbeiterbewegung machte ihn für immer immun gegen das verlockende Gift naiver Revolutionsromantik. Dem aus gesellschaftlichen Widersprüchen geschöpften Sprengstoff maß er ein ganz anderes Gewicht bei als der unmittelbar ausgeübten Gewalt.

Auf der Flucht vor politischer Verfolgung und bevorstehender Einberufung gelangte Jogiches nach Zürich, wo er Ende 1890 die polnische Studentin Rosalia Luksemburg traf. Sie verliebten sich und wurden Kampfgefährten. Von sei­nem Großvater hatte Jogiches 15000 Rubel geerbt. Von diesem Geld unter­stützte er ihr Studium und lebte mit ihr gemeinsam das Leben von Berufs­revolutionä­ren. Während der russischen Revolution 1905 brachten beide in Warschau die Zei­tung „Czerwony Sztandar“ (Rotes Banner) heraus. Die Niederlage der Revolution trieb beide nach Deutschland, wo die Sozialdemokratie großen Einfluss hatte.

Mit dem Verrat der Sozialdemokratie an der Arbeiterklasse und ihrem Übergang ins Lager des deutschen Imperialismus zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1914, wurde Leo Jogiches, neben Karl Liebknecht, der als einziger SPD-Abgeordneter im Reichstag gegen die Bewilligung der Kriegskredite stimmte, zu einem der führenden Köpfe des Widerstandes gegen den Krieg. Die Texte für seine Flugblätter und für die illegalen Schriften schrieb Rosa Luxemburg (wie sie jetzt offiziell hieß) im Gefängnis, in dem sie in „Schutzhaft“ genommen war. 

Aus dem Gefängnis heraus bestimmte Rosa Leo Jogiches zum Leiter der SPARTAKUS-Gruppe. Selber im Unter­grund lebend, schuf der jetzt ein über ganz Kriegs­deutschland verzweigtes Netz von Widerstandsgruppen, die mit SPARTAKUS eng verknüpft waren. Er war der Bestands­bewah­rer der linken, revolutionären Sozialisten in Deutschland.

Zu Ostern 1918 wurde auch Leo Jogiches, der bereits über große Erfahrung in konspirativer Arbeit verfügte, in Gefangenschaft genommen. Erst die Revolution im November brachte ihm wieder die Freiheit. Als Rosa nach der Novemberrevolution 1918 aus der Breslauer Haft nach Berlin zurückkehrte, traf sie Leo bereits in der Redaktion der „Rote(n) Fahne“ an. Mit Karl Liebknecht und anderen Ge­nossen Spartakisten formierten beide im Januar 1919 die Kommunistische Partei Deutschlands. Während des Aufstandes von 1918/19 versuchte Jogiches vor allem, Rosa Luxemburg den Rücken freizuhalten. Jeden Tag analysierten sie gemeinsam die Lage. Doch aller Vorsicht und Planung zum Trotz wurde auch Rosa Luxemburg, zusammen mit Karl Liebknecht, vierzehn Tage nach der Parteigründung, aufgespürt, verhaftet und ermordet.

Zur Geburtsstunde der ersten deutschen bürgerlichen Repu­blik („Weimarer Republik“) gehört der gezielte politische Mord an Revolutionären und Kommunisten.

Nach der Ermordung von Karl und Rosa, übernahm Jogiches den Vorsitz der KPD und geriet damit noch stärker ins Visier der Reaktion, die jetzt dazu übergegangen war, die revolutionären Garden der Arbeiter brutal niederzumetzeln und ihre Führer durch faschistische Freikorps und Todesschwadrone systematisch und gezielt aufzuspüren und zu ermorden. Die politische Verantwortung dafür trugen namentlich sozialdemokratische Führer wie Ebert und Noske, deren Ziel es war, die Revolution in Deutschland mit allen Mitteln niederzuschlagen. Eines dieser Todesschwadrone, die später in der SA und anderen faschistischen Verbänden aufgingen, war die „Brigade Reinhard“.

Am Morgen des 10. März 1919, zwischen vier und fünf Uhr, schlug in der Schwarzastraße 9 die „3. Streifkompanie“ der Brigade Reinhard zu. Den Stamm dieser speziell auf die KPD angesetzten Sonderabteilung des Reinhardschen Freikorps stellten ein paar dutzend ehemalige Beamte der Politischen Polizei, die von Emil Eichhorn in seiner kurzen Amtszeit als Polizeipräsident von Berlin aufgelöst worden war. 

Nach den Januarkämpfen in Berlin galt diese Truppe inoffiziell wieder als „Hilfspolizei des Berliner Polizeipräsidenten“. Am 19. Februar hatte ein Spitzel, dessen Name später aus der Akte herausgeschnitten wurde, den Aufenthaltsort von Jogiches verraten. Der Stab der Brigade Reinhard, „Abteilung Exekutive“, ordnete die Festnahme des in der Öffentlichkeit bis dahin wenig bekannten Mannes am 8. März an. Die Vollzugsmeldung nennt als Grund der Festnahme mit entwaffnender Offenheit: „Führer der KPD“. 

Nachdem einige Tage zuvor der Belagerungszustand über Berlin verhängt worden war, hielt man es demnach nicht mehr für nötig, den politischen Zweck der Aktion durch die Anführung formaler Rechtsgründe zumindest zu verschleiern. In einer Denkschrift des preußischen Landtagsuntersuchungsausschusses zur Nachprüfung von Strafverfolgungen rümpfte man darüber 1924 allerdings die Nase: „Ein rechtlicher Grund der Verhaftung ist aus den Akten nicht ersichtlich.“ 

Den gab es auch gar nicht. Dafür aber etwas anderes: Den kaltblütigen Entschluss, die Kader der radikalen Linken physisch zu vernichten, und die Überlegung, dafür die mörderische, von der bürgerlichen und rechtssozialdemokratischen Presse gerade in diesen Tagen angefeuerte Pogromstimmung gegen die „Spartakisten“ auszunutzen. Jogiches hatte das geahnt: Er soll nach der Ermordung von Luxemburg und Liebknecht gesagt haben, dass „die Sozialdemokraten Kurs auf unsere Vernichtung genommen“ haben.

Die Verhaftung ohne »rechtlichen Grund« wurde von Kriminalwachtmeister Werner Grahn, »der von einem Militäraufgebot unter Führung des Leutnants Kohts unterstützt wurde«, vorgenommen. Von der »Exekutivabteilung« wurde Jogiches an Grahn und einen Angehörigen der »Streifkompanie«, den ehemaligen Kriminalwachtmeister Ernst Tamschick (der an der Verhaftung nicht beteiligt gewesen war), übergeben – angeblich zur »Überführung« in das Untersuchungsgefängnis des Kriminalgerichts Moabit. Grahn und Tamschick behaupteten in ihrer Vernehmung, den Befehl dazu von einem Leutnant Lenz erhalten zu haben. Der allerdings bestritt später »entschieden, etwas mit der Sache zu tun zu haben, die ihn dienstlich auch gar nichts anging«.

In einem Vernehmungszimmer des Kriminalgerichts wurde Jogiches offenbar ein oder zwei Stunden lang misshandelt. Dann nahmen Grahn und Tamschick eine »Verlegung« vor. Auf einer abwärts führenden Treppe gaben die beiden mehrere Schüsse auf Jogiches ab. Ein Schuss von Tamschick traf Jogiches in den Hinterkopf, die Kugel trat über dem linken Auge wieder aus.

Beide behaupteten anschließend, Jogiches habe einen Fluchtversuch unternommen. Die erwähnte Denkschrift von 1924 bemerkt zu den »Ermittlungen« des »militärischen Gerichtsherrn«, eines Majors von Kühlewein: »Die Vernehmung geschah in der Art, dass dem Tamschick die Aussage des erstvernommenen Grahn verlesen wurde, worauf er sie bestätigte.« Das Ergebnis »auf der Flucht erschossen« sei festgestellt worden, »ohne dass [eine] Obduktion der Leiche oder [eine] Lokalbesichtigung des Tatorts durch Gerichtspersonen stattgefunden haben«.

Eine auf Antrag der Hinterbliebenen durchgeführte Nachuntersuchung wurde von dem zuständigen Staatsanwalt mit diesem Aktenvermerk beendet: »Hier ist nichts weiter zu veranlassen. Der Kriminalbeamte Tamschick hat korrekt gehandelt.« Tamschick wurde, nachdem er im Mai 1919 auch noch Heinrich Dorrenbach, einen der Anführer der ehemaligen Volksmarinedivision, nach exakt dem gleichen Muster – »auf der Flucht« im Treppenhaus des Kriminalgerichts Moabit – ums Leben gebracht hatte, auf Veranlassung des preußischen Innenministers Wolfgang Heine (SPD) in die Sicherheitspolizei aufgenommen und zum Leutnant befördert, allerdings vorsichtshalber nach Ostpreußen abgeschoben. Dort kam er, wie 1922 eine Anfrage der KPD-Fraktion im preußischen Landtag herausbrachte, unter dem Innenminister Carl Severing (SPD) bzw. dem Polizeipräsidenten Josef Lübbring (ebenfalls SPD) als Oberleutnant in der Schutzpolizei von Königsberg unter. Er trat später der NSDAP bei. Mehr weiß man, da seine Personalakte unauffindbar ist, nicht über diesen kaltblütigen Mörder – aber das reicht ja schon.

In der „Ro­te(n) Fahne“ vom 12. März 1919 erschien ein letzter Artikel von Leo Jogiches, in dem er die Schuldigen am Tod von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht benannte. Das war der letzte Dienst, den er seinen Kampf­­gefährten erweisen konnte. Der Artikel erschien postum, denn am 10. März war er jetzt selber zum Opfer der kaltblütigen Mörder geworden, die auf den Leichen und dem Blut der Revolutionäre ihre „Weimarer Republik“ errichteten, die mit dem 30. Januar 1933 ihr unrühmliches Ende fand.

KÄTHE KOLLWITZ notierte unter dem 16. 3. 1919: „Mal wieder im Leichenschauhaus gewesen, einen Erschossenen gezeichnet… Sie nannten ihn LEO.“

Ihm und seinen Mitkämpfern widme ich die letzte Strophe des Gedichtes DIE IDEE von Pierre-Jean de BÉRANGER:

Da plötzlich: Blitz und Donnerkrachen
Und Blut und Tod! Hinsinken stumm
Heroen vor dem Feuerrachen
Blindwütiger Disziplin ringsum
Doch trotzig aus dem Pulverqualme
Hebt die Idee sich kampfgestählt
Reicht den Gefallenen die Palme
Trägt fort die Fahne um die Welt.


 

Quellenangaben:

„Junge Welt“ – „Der Kurs bleibt der Alte – trotz alledem“

Erich Köhlers Beiträge in „Das kleine Blatt“ „Widmung für Leo Jogiches“

„Linksnet“ „Leo Jogiches“

Der Rest ist Allgemeinwissen und Geschichte der Novemberrevolution. Mir geht es um die Geschichte der KPD, Novemberrevolution und die Kontinuität des reaktionären deutschen Bürgertums, von 1848 über 1971, 1914-1918, 1933-45 und dann wieder ab 1990. Ab 1914 stets mit der Sozialdemokratie als treuer Steigbügelhalter der Reaktion und Konterrevolution. Den ganzen trotzkistischen und „antistalinistischen“ Rotz, der z.B. in der jW u.a. vorkommt, habe ich großzügig entfernt, weil er mich nicht interessiert.

Wolfgang Müller

 

 

Das Heranreifen der Revolution in Deutschland 1917/1918

Die Revolution in Deutschland erwuchs aus den ökonomischen, sozialen und politischen Widersprüchen des deutschen Imperialismus der Jahrhundertwende vom 19. Ins 20. Jahrhundert. Diese Widersprüche haben sich während des I. Weltkrieges außerordentlich verschärft. Ende 1917 befand sich das imperialistische Deutschland in einer tiefen Krise.

Die militärische Lage Deutschlands und seiner Verbündeten wurde immer aussichtsloser. Die ökonomische und militärische Überlegenheit der Entente trat, vor allem seit dem Kriegseintritt der USA im April 1917, immer deutlicher hervor.

Die deutsche Wirtschaft war zerrüttet. Die Industrieproduktion lag 1918 um 43 Prozent unter der von 1913. Obgleich die Industrie fast nur für die Kriegsführung arbeitete und die besetzten Gebiete rücksichtslos ausgeplündert wurden, konnte nicht so viel hergestellt werden, wie der Krieg verschlang. Die landwirtschaftliche Erzeugung ging um etwa 40 bis 60 Prozent zurück.

Die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, Bekleidung und Schuhwerk wurde immer katastrophaler. Während sich Monopolherren und Großgrundbesitzer maßlos bereicherten, lebten die Werktätigen(arbeitenden Menschen) in den Städten und Industriegebieten im bittersten Elend.

Der Krieg brachte den werktätigen(arbeitenden)Volksmassen aber nicht nur Hunger und Not. Allein im März bis zum November 1918 waren 1,5 Millionen deutsche Soldaten gefallen oder verwundet worden. Von der Zivilbevölkerung starben in den Kriegsjahren durchschnittlich 21 Prozent mehr Menschen als in den Vorkriegsjahren. Die Sterblichkeit der Frauen nahm sogar um 34 Prozent zu. Im Jahre 1918 starben in der Heimat allein an Grippe, Tuberkulose und Lungenentzündung fast eine halbe Million Menschen; das waren etwa dreimal mehr als 1914.

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entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Deutschland war Ende des Jahres 1917 nach dem zaristischen Russland das Land mit den tiefsten Widersprüchen und Klassengegensätzen. Im Kampf gegen den Krieg und das kaiserliche Regime hatte sich eine revolutionäre Massenbewegung entwickelt, deren entschiedenste Kraft die deutschen Linken waren. Von allen imperialistischen Ländern war Deutschland daher auch der Staat, auf den sich die Oktoberrevolution am stärksten auswirkte.

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entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die Spartakusgruppe erkannte von Anfang an die welthistorische Bedeutung der Großen sozialistischen Oktoberrevolution und begann ihre Lehren auf den Klassenkampf in Deutschland anzuwenden.

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entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die deutschen Imperialisten und Militaristen standen der jungen Sowjetmacht von Anfang an mit Hass und Feindschaft gegenüber. Sie nahmen jedoch das sowjetische Friedensangebot an, in der Hoffnung, durch die Beendigung des Zweifrontenkrieges aus ihrer verzweifelten militärischen Lage herauszukommen. In völliger Verkennung des wirklichen Kräfteverhältnisses glaubten sie, durch das Ausscheiden Russlands aus dem Krieg sowohl ihre räuberischen Eroberungspläne im Osten verwirklichen als auch im Westen siegen zu können.

Die deutsche Arbeiterklasse beantwortete die aggressive und volksfeindliche Politik der herrschenden Klasse mit dem größten politischen Massenstreik während des Krieges. Dem Aufruf der Spartakusgruppe und der revolutionären Betriebsvertrauensleute folgten mehr als eineinhalb Millionen Arbeiter und Arbeiterinnen der Rüstungsindustrie. Sie kämpften vom 28. Januar bis zum 4. Februar 1918 für die schnelle Herbeiführung des Friedens entsprechend den Vorschlägen Sowjetrusslands und für demokratische Rechte und Freiheiten.

An der Spitze dieses großen Munitionsarbeiterstreiks, der in Berlin zeitweilig  bürgerkriegsähnlichen Charakter annahm, standen nach russischem Vorbild gewählte Räte. Nur mit Hilfe rechter sozialdemokratischer Führer konnte die Regierung die Massenbewegung noch einmal niederwerfen, die zeitweilig mit Gewalt und Terror unterdrücken und den verbrecherischen Krieg um weitere neun Monate verlängern.

Nach der Niederschlagung des Januarstreiks eröffneten die deutschen Imperialisten und Militaristen am 18 Februar 1918 erneut den Krieg im Osten und zwangen die Sowjetregierung, das räuberische Friedensdiktat zu unterzeichnen.

Am 21. März 1918 begannen die Armeen der Westfront, die durch etwa 40 Divisionen aus dem Osten verstärkt worden waren, die große Offensive, die den Sieg über die Entente bringen sollte. Doch viele der Soldaten, die von der Ostfront kamen, waren schon von den Ideen der russischen Revolution beeinflusst. Nach einigen Anfangserfolgen kam der deutsche Angriff zu Stehen. Das militärische Kräfteverhältnis hatte sich durch den zunehmenden Einsatz amerikanischer Truppen endgültig zugunsten der Westmächte verändert. Nach weiteren vier mörderischen Schlachten, in denen die deutschen Truppen gewaltige Verluste an Menschen und Material erlitten, musste die Oberste Heeresleitung im Juli 1918 ihre Angriffe einstellen. Die Gegenoffensive der Entente begann am 18. Juli 1918. Am 08. August wurde die deutsche Front von englischen und französischen Truppen mit Unterstützung von 450 Tanks und starken Fliegerkräften durchbrochen. Die deutschen Armeen erlitten eine schwere Niederlage, konnten den weiteren Angriffen kaum noch standhalten und waren unter verlustreichem Kämpfen zu ständigen Rückzügen gezwungen. Das deutsche Heer war erschöpft, kriegsmüde und begann zu zerfallen. Unter den Truppen, vor allem im Osten, kam es zu Befehlsverweigerungen, Meutereien und Aufständen.

Seit dem Sommer 1918 war die revolutionäre Massenbewegung unter den Auswirklungen der militärischen Rückschläge und des Hungers in der Heimat erneut stark angewachsen. Unter dem Einfluss der Spartakusgruppeund der linken Kräfte der USPD begann eine Welle von Massenaktionen, Streiks und Hungerunruhen in den Städten und Industriegebieten. Auch unter den werktätigen(arbeitenden/ Kleinbauern)Bauern und den städtischen Mittelschichten wuchs die Erbitterung gegen den Krieg und die Regierung.

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entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Im September 1918 brachen die Verbündeten Deutschlands, Bulgarien und Österreich-Ungarn, zusammen. Unter diesen Umständen mussten Hindenburg und Ludendorff am 29. September im Großen Hauptquartier erklären, dass der Krieg verloren sei und die verzweifelte Lage des Heeres einen sofortigen Waffenstillstand erfordere.

Damit war nach mehr als vierjährigem blutigen Völkermorden der erste Versuch des deutschen Imperialismus, die Weltherrschaft zu erobern, schmählich gescheitert.

Ende September/Anfang Oktober war in Deutschland eine unmittelbar revolutionäre Situation entstanden.  Die deutschen Imperialisten und Militaristen, die das deutsche Volk in eine nationale Katastrophe gestürzt hatten, waren im Herbst 1918 entscheidend geschwächt und weitgehend isoliert. Die Arbeiterklasse und die andere arbeitende Menschen waren nicht mehr bereit, sich mit dem Krieg und dem monarchistisch-imperialistischen Herrschaftssystem abzufinden.

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entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

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Entnommen aus dem Gesichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

heranreifen der novemberrevolution in deutschland

 

Die historischen Aufgaben der Revolution in Deutschland. Die Reichskonferenz der Spartakusgruppe

Die Revolution in Deutschland entfaltete sich als Teil der internationalen revolutionären Bewegung gegen Imperialismus und Krieg, für Frieden, Demokratie und Sozialismus.

Ihre geschichtliche Aufgabe war es, den unversöhnlichen Widerspruch zwischen der imperialistischen Bourgeoisie und der Arbeiterklasse, die zugleich die objektiven Grundinteressen der anderen werktätigen(arbeitenden) Klassen und Schichten vertrat, zu überwinden. Insbesondere während des I. Weltkrieges hatte sich dieser Widerspruch besonders verschärft. Seine Lösung war nur durch eine sozialistische Revolution möglich, die in Deutschland objektiv auf der Tagesordnung stand.

Führer dieser Revolution konnte allein die Arbeiterklasse sein, die jedoch durch Opportunismus tief gespalten war.

Die deutsche Arbeiterklasse besaß noch keine selbstständige marxistische Kampfpartei. Ihre Mehrheit stand und dem opportunistischen Einfluss der rechten Führer der SPD und der USPD.

Unter diesen objektiven und subjektiven Bedingungen musste die Revolution mit antiimperialistischer und demokratischer Zielsetzung beginnen. Ihre nächsten Aufgaben waren: Sturz des kaiserlich-imperialistischen Regime, Beendigung des Krieges, Zerschlagung des Militarismus und des reaktionären Staatsapparates, Entmachtung der für den Krieg verantwortlichen Kräfte des Monopolkapitals und des Junkertums.

In diesem revolutionären Umwälzungsprozess galt es, vor allem durch die Schaffung einer marxistischen Kampfpartei, das Kräfteverhältnis der Klassen so zu verändern, dass der Übergang zur sozialistischen Revolution möglich wurde. Dabei musste sich die Arbeiterklasse von Anfang an vom proletarischen Internationalismus leiten lassen und sich fest mit der Sowjetunion verbünden.

Nur die Spartakusgruppe, die Keimzelle einer revolutionären Partei, erkannte die großen historischen Aufgaben, die vor der Arbeiterklasse und dem ganzen deutschen Volke standen.

Die Reichskonferenz der Spartakusgruppe, die am 07.Oktober 1918 illegal in Berlin tagte und an der auch die Berliner Linken teilnahmen, beschloss das Programm der Volksrevolution für die sofortige Beendigung des Krieges, die Erkämpfung demokratischer Rechte und Freiheiten und den Sturz des deutschen Imperialismus und Militarismus.

Die Reichskonferenz bezeichnete als Ziel des Kampfes in Deutschland die sozialistische Republik. In einem Aufruf an die Bevölkerung legte sie die nächsten Kampfaufgaben fest.

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Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die Konferenz orientierte die Arbeiterklasse auf den bewaffneten Aufstand und rief auf, sofort überall Arbeiter- und Soldatenräte zu bilden. Sie brachte ihre Solidarität und brüderliche Sympathie mit den Bolschewiki zum Ausdruck und versicherte, auch in Deutschland nach dem Beispiel Russlands zu handeln.

 

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Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

historische aufgaben revolution und reichskonferenz spartakusgruppe

 

 

 

 

 

 

 

 

Semjon Michailowitsch Budjonny

Semjon Michailowitsch Budjonny, geboren am 13. April(25. April) 1883 in Kosjurin bei Woronesch, verstorben am 26. Oktober 1973 in Moskau, war ein Marschall der Sowjetunion, Hauptinspekteur der Roten Armee und dreifacher Held der Sowjetunion(1958, 1963, 1968).

Marschall Budjonny

Marschall Budjonny

Bildquelle: Von Unbekannt – [1], Gemeinfrei, Bild ist entsprechend verlinkt

 

Budjonny war der Sohn armer Bauern und trat 1903 der zaristischen Armee bei. Von 1904 bis 1905 nahm er am Krieg gegen Japan teil. Im Ersten Weltkrieg war er Wachtmeister in einem Regiment der zaristischen Dragoner, dekoriert mit dem höchsten Russischen Orden des heiligen Georg.

Im Kampf Sowjetrusslands gegen Konterrevolution und Intervention von 1918 bis 1921 führte Budjonny größere Kavallerieverbände. So kämpfte er an der Spitze der 1. Roten Reiterarmee bei der 10. Armee gegen Anton Iwanowitsch Denikin, General der weißgardistischen Truppen, und vertrieb 1920 die Kosaken aus Jekaterinodar.

Auch am Polnisch-Sowjetischen Krieg von 1920 war er als Befehlshaber einer Armee beteiligt. In dieser Zeit begründete sich seine alle Krisen überdauernde Freundschaft mit Josef Stalin. Stalin mochte Budjonnys einfache Lebensweise, sein virtuoses Spiel auf der Harmonika und seine Rolle als „Stimmungskanone“ bei Feiern im engsten Kreis.

Budjonny erwarb sich große Verdienste um die russische Pferdezucht, als er 1921 entgegen einem Erlass von Lenin, der jeden privaten Besitz an Pferden verboten und alle Staatsgestüte aufgelöst hatte, den Befahl zur Neugründung von Staatsgestüten gab. Einige Rassen, wie der Orlow-Rostoptschin und der Streletzker waren zu diesem Zeitpunkt bereits ausgestorben. Bei allen war viel Qualität verlorengegangen. Als Anführer der Don-Kosaken geht insbesondere der Erhalt des Don-Pferdes, aber auch der Karadiner, Ukrainer und Tersker auf seinen energischen Einsatz im Sinne einer qualitativ hochwertigen Pferdezucht zurück. Als „Pferdeversteher“ galt Budjonny als Autorität. Darüber hinaus veranlasste er den Aufbau der Zucht einer neuen Rasse nach seinen Vorstellungen, die seinen Namen – Budjonny – erhielt.

Von 1924 bis 1937 war Budjonny Inspekteur der Kavallerietruppen. Am 20. November 1935 wurde er zum Marschall ernannt. Im Jahre 1938 wurde er Mitglied des Zentralkomitees der KPdSU.

Er war einer der Militärrichter im Moskauer Prozess von 1937 gegen Marschall Michail Tuchatschewski.

Im zweiten Weltkrieg übte Budjonny anfänglich hohe Funktionen in der Roten Armee aus. Er war 1941 Oberbefehlshaber der „Strategischen Südwestrichtung“, welcher die Südwestfront und die Südfront in der Ukraine unterstanden. Während der Schlacht um Kiew im August/September 1941 forderte er von Stalin und dessen Oberkommando die Erlaubnis zur Räumung des weit nach Westen vorspringenden Frontbogens am Dnepr, da sonst eine Katastrophe in Form einer Einkesselung seiner Truppen für unvermeidlich hielt. Bereits in den Tagen zuvor hatte er die Führung des Oberkommandos kritisiert. Am 12. September 1941 wurde er daher von seinem Kommando entbunden und von Marschall S.K. Timoschenko ersetzt. Tatsächlich wurde die Südwestfront nur drei Tage später eingekesselt und zum größten Teil aufgerieben. Stalin ließ Budjonny aus dem Kessel ausfliegen. Budjonny erhielt umgehend den vakanten Posten des Oberbefehlshabers der Reservefront vor Moskaus. Während der ebenfalls verlustreichen Kämpfe während der Doppelschlacht bei Wjasma un Brjansk wurde diese Front am 10. Oktober 1941 wieder aufgelöst. In der Schlacht um Moskau befehligte er Ende 1941 eine Armee südlich von Moskau um Malojaroslawenz.

Bis Mitte 1942 war er Oberbefehlshaber der Nordkaukasusfront. Die deutsche Wehrmacht konnte erfolgreich seine Armeeverbände zurückdrängen. Erneut wurde Budjonny von seinem letzten, erfolglosen Frontkommando abgelöst.

Trotz seiner Niederlagen blieb Stalin ihm gewogen. Seit Januar 1943 war er Inspekteur der Kavallerie der Roten Armee und wurde als der Begründer vielfältig geehrt.

1946 wurde er in den Obersten Sowjet gewählt.


 

Budjonny war drei Mal verheiratet: Seine erste Frau Nadescha soll Anfang der 1930er Jahre Selbstmord begangen haben. Seine zweite Frau Olga war Sopranistin. Gegen sie ermittelte um 1937 der damalige Geheimdienst GPU wegen privater Affären. Dass es da nicht nur um Privates ging, liegt auf der Hand. Budjonny trennte sich deshalb von ihr. Seine dritte Frau hieß Maria. Seine Tochter Nina verwaltete seine Memoiren und viele unveröffentlichte Notizen.


 

Briefmarke SU 1974

Briefmarke SU 1974

Bildquelle: Von USSR Post – Scanned 600 dpi by User Matsievsky from personal collection, Gemeinfrei, Bild ist entsprechend verlinkt

 

 

entnommen aus Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

 

Beginn des I. Weltkrieges

Durch die ungleichmäßige Entwicklung der kapitalistischen Staaten hatten sich die Gegensätze verschärft. Die imperialistischen Großmächte drängten auf die Neuaufteilung der Welt.

Am 28. Juni 1914 verübten serbische Nationalisten in Sarajevo ein Attentat auf den österreichischen Thronfolger. Das war der Vorwand für die deutschen Kriegstreiber, dieses Ereignis als Anlass für den 1. Weltkrieg zu benutzen.

Am 28. Juli 1914 erklärte Österreich-Ungarn an Serbien den Krieg. Jetzt wurden die Kriegsbündnisse wirksam. Am 1. August erklärte die deutsche Regierung Russland und am 3. August Frankreich den Krieg. In den nächsten Jahren wurden viele andere Völker in den Krieg getrieben.

Schließlich befanden sich 38 Staaten im Kriegszustand. Der erste Weltkrieg dauerte von 1914 bis 1918.

Die Imperialisten aller Länder heuchelten vor ihren Völker, sie müssten das eigene Land vor den Angreifern verteidigen. In Wirklichkeit ging es um die Interessen der herrschenden Klassen ihre imperialistischen Ziele mit Hilfe dieses Krieges zu verwirklichen.

In der alten BRD lernte man in Geschichte, dass Deutschland bei der Aufteilung der Kolonien zu spät gekommen wäre. Vermutlich wird so ein Unsinn auch heute, nun in ganz Deutschland, im Fach Geschichte gelehrt. DIE TROMMLER orientiert sich nun an einem alten Geschichtsbuch aus der DDR, um eine andere Sichtweise zu vermitteln.

Kriegsziele erster Weltkrieg

Kriegsziele einiger imperialistischer Staaten

(weitere Ausführungen siehe Auszug aus dem Geschichtsbuch der DDR(PDF-Dokument im Anschluss diesen Beitrages)

Kriegsziele 1. Weltkrieg Deutschland Teil 1

Kriegsziele 1. Weltkrieg Deutschland Teil 2

Diese Kriegsziele, an deren Grundsätzen die deutsche Regierung während des Krieges festhielt, wurden lange vor dem Volk geheim gehalten.

Annexionsziele in Europa 1. Weltkrieg Deutschland

Annexionsziele Deutschlands im I. Weltkrieg in Europa

 

Kriegsziel I. Weltkrieg seitens Deutschlands:

Kriegsziel 1. Weltkrieg Gründung mitteleuropäischer Wirtschaftsverband

Kriegsziel erster Weltkrieg seitens Deutschland: Die Gründung eines mitteleuropäischen Wirtschaftsverbandes unter deutscher Führung.

Nun ja, heute haben wir die EU, die diese Funktion erfüllt. Hat sich im Nachgang doch das damalige deutsche Kriegsziel verwirklicht.

 

Die Volksmassen wollten keinen Krieg. Am 26. Juli 1914 leiteten in Deutschland die klassenbewussten Arbeiter Leipzigs mit einer großen Antikriegskundgebung eine Kette von Protestveranstaltungen ein. (weitere Ausführungen siehe Auszug aus dem Geschichtsbuch der DDR(PDF-Datei).

Entgegen dem Friedenswillen großer Teile des deutschen Volkes versuchte die opportunistische Führung der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften die Volksmassen irre zu führen. Um das Vertrauen der Mitglieder nicht zu verlieren, ging der sozialdemokratische Parteivorstand dem Schein nach auf die Antikriegsstimmung ein. Er empfahl den Arbeitern am 25. Juli, ihren Friedenswillen in Massenversammlungen zu bekunden.

Gleichzeitig verhandelten die sozialdemokratischen Führer heimlich mit der Reichsregierung. Sie versicherten den Herrschenden, dass die sozialdemokratische Partei und die Gewerkschaften nichts gegen den Krieg unternehmen würden.

Als die deutsche Regierung an Russland und Frankreich den Krieg erklärte, gingen die rechten Parteiführer offen in das Lager des Imperialismus über. Da Deutschland sich jetzt verteidigen müsse, so erklärten sie, sei der Klassenkampf abzubrechen. Auch die Arbeiter müssten jetzt ihr „Vaterland“ verteidigen.

So schloss die rechte sozialdemokratische Parteiführung Burgfrieden mit dem Todfeind der Arbeiterklasse, dem deutschen Imperialismus.

Am 04. August wurde der Reichstag einberufen. Die Abgeordneten sollten der Regierung die Kriegskredite bewilligen. Vor der Sitzung des Reichstages berieten die Mitglieder des Reichstages in den Fraktionen über den Antrag der Regierung. Die meisten der 110 sozialdemokratischen Abgeordneten waren Opportunisten. Nur 14 von ihnen – darunter Karl Liebknecht– forderten in der Fraktionssitzung die Ablehnung der Kriegskredite. Dem Willen der Mehrheit der sozialdemokratischen Abgeordneten entsprechend(Fraktionszwang, dass kennen wir ja heute noch), stimmte die Fraktion in der Reichstagssitzung geschlossen für die Kriegskredite.

In der Mehrheit aller Parteien der II. Internationale (Zusammenschluss sozialdemokratischer Parteien), besaßen die Opportunisten die Oberhand. In England und Österreich-Ungarn fassten sie ähnliche Beschlüsse, wie in Deutschland. In Russland reifen die Menschewiki(russische Sozialdemokraten) die Arbeiter auf, die Kriegspolitik des Zarismus zu unterstützen. In Deutschland, Frankreich und Belgien traten einige opportunistische Arbeiterführer während des Krieges sogar als Minister oder hohe Beamte in die imperialistischen Regierungen und Verwaltungen ein. So unterstützten sie die Kriegspolitik der herrschenden Klassen ihrer Länder und zerschnitten das brüderliche Band zwischen den Parteien der II. Internationale und sprengten die Einheit der internationalen Arbeiterklasse.

Am 2. Dezember sollte der Reichstag weitere Kriegskredite bewilligen. In der sozialdemokratischen Fraktion hielten zwar einige Abgeordnete Liebknechts Forderung, die Gelder zu verweigern, für richtig. Aber sie beugten sich wieder dem Fraktionszwang. Karl Liebknecht jedoch stimmte gegen die neuen Kriegskredite.

Karl Liebknecht

Die Kunde von seiner mutigen Tat drang bis in die Schützengräben. Sein „Nein“ rüttelte die Welt auf. Um Karl Liebknecht mundtot zu machen, wurde er als Soldat eingezogen und nur zu den Reichstagssitzungen beurlaubt.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

Geschichtsbuch DDR 8

 

Link zum Quelltext, bzw. zu den näheren Erläuterungen:

Beginn 1.Weltkrieg