Auf die Veränderungen im internationalen Kräfteverhältnis, die sich Ende des II. Weltkrieges abzeichneten, hatte die revolutionäre Entwicklung in den meisten Ländern Mittel- und Südosteuropas einen besonderen Einfluss. Ihre Völker, wie die Polen, Tschechen, Jugoslawen, Albaner, waren während des Krieges entweder direkt durch das faschistische Deutschland unterjocht worden, oder sie wurden wie die Bulgaren, Rumänen, Slowaken, Ungarn mir Hilfe von Regierungen ausgebeutet und ausgeplündert, die vom Hitlerregime völlig abhängig waren. Sie alle nahmen, wie auch die Völker Frankreichs, Italiens, Griechenlands und anderer Staaten, den Kampf gegen die ausländischen und inneren faschistischen Unterdrücker auf. Der antifaschistische Widerstandskampf wurde um so heftiger, je deutlicher sich abzeichnete, dass das faschistische Deutschland den Krieg verliert.
In diesen Ländern hatten sich große, illegale Widerstandorganisationen gebildet, in denen zumeist der Einfluss der bürgerlichen nationalen Kräfte schnell geschwunden war und sich ein vorherrschender Einfluss der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Parteien herausgebildet hatte.
Es bestand die Möglichkeit, dass in diesen Ländern mit der Befreiung vom Faschismus auch die soziale Befreiung hätte erfolgen können. Auf sich selbst gestellt wäre die Bourgeoisie auch in Frankreich, Italien und Griechenland nicht in der Lage gewesen, eine revolutionäre Entwicklung zu verhindern. Hier spielten die Truppen des amerikanischen und britischen Imperialismus auf vielfältige Weise eine konterrevolutionäre Rolle. Mit ihrer Hilfe war es der Bourgeoisie in einigen westeuropäischen Ländern möglich, ihre Herrschaft wiederherzustellen bzw. zu festigen und die im antifaschistischen und nationalen Befreiungskampf heldenhaft kämpfenden Volksmassen um die Früchte ihres Sieges zu bringen. Die reaktionären bürgerlichen Kräfte konnten sich dabei häufig auf den Verrat rechter sozialdemokratischer Führer und den Einfluss großbürgerlicher christlich-demokratischer Parteien stützen.
Anders verlief die Entwicklung in den meisten Ländern Mittel- und Südosteuropas. Hier vermochten es die Arbeiterklasse und alle antifaschistischen Kräfte, die durch die Befreiungstat der Sowjetunion geschaffenen günstigen Bedingungen auszunutzen und das Streben um die nationale Befreiung mit dem erfolgreichen Kampf um die soziale Befreiung zu verbinden. Es gelang den von den Kommunisten geführten Volksmassen, den antifaschistischen Widerstandskampf in grundlegende revolutionäre Umgestaltungen der Gesellschaft hinüberzuleiten. Indem diese Länder eine antiimperialistische, demokratische Entwicklung einschlugen, brachen sie aus dem imperialistischen Lager aus und mehrten die Kräfte der Demokratie und des sozialen Fortschritts in der Welt um ein vielfaches.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 10. Klasse, Stand 1981
Polen:
Nach der Besetzung Polens durch das faschistische Deutschland entwickelte sich im ganzen Land ein nationaler und antifaschistischer Widerstandskampf. Es gelang der von der Polnischen Arbeiterpartei geführten Arbeiterklasse in den Jahren 1943 und 1944, den Einfluss der bürgerlichen polnischen Exilregierung in London zurückzudrängen und die Führung der polnischen Widerstandsbewegung gegen die deutsch-faschistischen Okkupanten zu erringen. Dabei spielte der in der Neujahrsnacht 1943/44 geschaffene Landesnationalrat eine bedeutende Rolle. Er entwickelte sich zu einem revolutionären Führungszentrum für die polnische antifaschistische Widerstandsbewegung. Der Landesnationalrat, die durch ihn auf allen Ebenen geschaffenen örtlichen Nationalräte und die in tiefer Illegalität im antifaschistischen Kampf entstandene Volksgrade(später Volksarmee)bildeten Keime der künftigen revolutionären Volksmacht.
Im Gegensatz zu den Vorstellungen der polnischen bürgerlichen Exilregierung, nach denen die Befreiung Polens mit der Wiederherstellung des Kapitalismus einhergehen sollte, stellte der Landesnationalrat auf seiner Gründungssitzung unter Vorsitz des Kommunisten Boleslaw Bierut folgendes Kampfprogram auf:
- Mobilisierung aller Kräfte des Volkes für die Befreiung von der deutsch-faschistischen Okkupation,
- Schaffung einer provisorischen Regierung, die sich auf den Volkswillen stützt,
- Enteignung aller Großgrundbesitzer, Nationalisierung der Großindustrie und Banken,
- Entwicklung einer friedlichen Außenpolitik Polens, die sich auf ein freundschaftliches Verhältnis zur Sowjetunion orientiert.
Große Bedeutung für die Stärkung der antifaschistisch-demokratischen Kräfte in Polen hatten die Beratungen im Mai 1944 in Moskau, die eine Delegation des Landesnationalrates mit Mitgliedern der sowjetischen Regierung führte. Bei diesen Gesprächen sagte die Regierung der UdSSR dem Landesnationalrat ihre vollste Unterstützung zu und erkannte ihn damit faktisch international an.
Die schnell auf die polnischen Grenzen vorrückende Sowjetarmee und die polnische antifaschistische Widerstandsbewegung trieben das deutsch-faschistische Okkupationsregime in die Enge. Seine Krise erreichte ihren Höhepunkt, als im Verlaufe der großen Sommeroffensive der Sowjetarmee 1944, an der auch Verbände der in der Sowjetunion aufgestellten Polnischen Armee teilnahmen, große Teile Polens befreit wurden. Etwa 150 000 Mann umfassten zu dieser Zeit die bewaffneten polnischen Partisanenabteilungen, die dem Feind im Hinterland schweren Schaden zufügten.
Am 20. Juli 1944 überschritten sowjetische und polnische Truppen den Bug, am 21. Juli befreiten sie die erste polnische Stadt, Chelm. Schon am selben Tage konnte, auf befreitem polnischen Boden, das Polnische Komitee der Nationalen Befreiung gebildet werden. Das durch Gesetz des Landesnationalrates geschaffene Komitee mit Sitz in Lublin war die Vorstufe zur späteren provisorischen polnischen Regierung. Am 22. Juli 1944 gab das polnische Komitee der Nationalen Befreiung ein „Manifest an das polnische Volk“, das Lubliner Manifest, heraus. Dieser Tag wurde zum Geburtstag der Volksrepublik Polen.
Lubliner Manifest:

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 10. Klasse, Stand 1981

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 10. Klasse, Stand 1981
Tschechoslowakei:
Am 29. August 1944 begann der Nationalaufstand des slowakischen Volkes gegen die faschistischen Okkupanten. Er band fast zwei Monate lang sechs bis sieben SS-Divisionen und erleichterte der Sowjetarmee die Entwicklung einer Offensive. Es bildete sich eine Partisanenarmee von 20 000 Mann, der sich etwa 60 000 Soldaten der slowakischen Armee anschlossen. Mit dem slowakischen Nationalaufstand wurde der Übergang vom antifaschistischen Widerstandskampf zur revolutionären Umwälzung der Gesellschaft eingeleitet. An der Befreiung der Tschechoslowakei nahmen auch tschechoslowakische Militäreinheiten teil, mit deren Aufstellung im Jahre 1943 in der Sowjetunion unter der Leitung von General Svoboda, dem späteren tschechoslowakischen Präsidenten, begonnen worden war. Anfang April 1954 konnte schließlich in der befreiten ostslowakischen Stadt Kosice eine Regierung der Nationalen Front der Tschechen und Slowaken gebildet werden, der Vertreter der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei, Sozialdemokraten, Volkssozialisten, Mitglieder der Volkspartei und der Slowakischen Demokratischen Partei angehörten. Von den insgesamt 25 Regierungssitzen gehörten acht den Kommunisten.
Die Grundlage für die Tätigkeit der neuen Regierung war das Kosicer Programm, das auf der ersten Sitzung der Regierung am 04. April 1945 beschlossen wurde. Unter der Führung der KPTsch ausgearbeitet, stellte es die entscheidende Basis für die einheitliche Organisierung der weiteren Befreiung der Heimat sowie für erste revolutionäre Veränderungen der gesamten gesellschaftlichen Verhältnisse dar.
Kosicer Programm:

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 10. Klasse, Stand 1981
Das Kosicer Programm, das von seinem Wesen her dem Lubliner Manifest glich, war für die Tschechoslowakei das Programm zur revolutionären Umwälzung der Gesellschaft.
Bulgarien:
In Bulgarien, das im Kriege Verbündeter des faschistischen Deutschlands gewesen war, siegte die Volksmacht nach dem Volksaufstand am 09. September 1944. Die Monarchie wurde am 15. September 1946 abgeschafft und die Volksrepublik Bulgarien proklamiert. Die im Oktober 1946 durchgeführten Wahlen zu einer verfassungsgebenden Versammlung erbrachten eine absolute Stimmenmehrheit für die bulgarischen Kommunisten. Georgi Dimitroff, der Welt als standhafter Kommunist aus dem faschistischen Reichstagsbrandprozess bekannt, wurde Ministerpräsident der neuen Regierung der Vaterländischen Front Bulgariens.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 10. Klasse, Stand 1981
Jugoslawien und Albanien:
In Jugoslawien und Albanien siegte die neue Volksmacht im Ergebnis eines über viele Jahre geführten Partisanenkrieges gegen die deutschen und italienischen Eroberer. An der Befreiung Belgrads nahmen neben jugoslawischen auch sowjetische Truppen teil.
Ungarn und Rumänien:
In Ungarn und Rumänien, die an der Seite Hitlerdeutschlands gegen die Sowjetunion und die anderen Staaten der Anti-Hitler-Koalition gekämpft hatten, gelang es den Volksmassen nach dem siegreichen Vormarsch der Truppen der Sowjetarmee, die Macht der Faschisten zu brechen und ebenfalls eine antiimperialistische Volksmacht zu errichten.
Mit der Errichtung der Volksmacht in Polen, der Tschechoslowakei Bulgarien, Jugoslawien, Albanien, Ungarn und Rumänien begann in diesen Ländern die volksdemokratische Revolution. Damit wurde eine revolutionäre Umwälzung in Mittel- und Südosteuropa eingeleitet. Für die Völker dieser Länder eröffnete sich dank der Befreiungstat der Sowjetunion und ihres eigenen erfolgreichen antifaschistischen Kampfes eine sozialistische Entwicklungsperspektive. Die entscheidende Bedingung für diesen Prozess waren die Durchsetzung der führenden Rolle der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei in der Gesellschaft sowie die Verwirklichung einer Politik des Bündnisses mit allen antifaschistischen, demokratischen und nationalen Kräften.
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 10. Klasse, Stand 1981, bearbeitet von Petra Reichel
Beginn antiimperialistischer Umwälzungen in Mittel- und Südosteuropa