Der grundlegende Umschwung des Krieges. Die neue Etappe des Widerstandskampfes

Die Schlachten an der Wolga und bei Kursk

Ende des Jahres 1941 war der Blitzkrieg der Faschisten gegen die Sowjetunion trotz deren anfänglicher Misserfolge gescheitert. 1942 versuchte die faschistische Führung jedoch nochmals in einem neuen Ansturm, die UdSSR niederzuringen. Die Möglichkeiten Hitlerdeutschlands waren aber viel geringer geworden.

Aus Bericht Oberkommando WehrmachtQuellenangabe aus Bericht Oberkommando Wehrmacht

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die Verluste der Hitlerwehrmacht zwangen somit die Faschisten, ihre Pläne für 1942 zu ändern und nicht weiter frontal gegen Moskau vorzugehen. Der Vorstoß zur Wolga und die Eroberung des Kaukasus mit seinen reichen Ölfeldern waren die Hauptziele dieser Offensive. Die faschistische Führung hoffte, die Sowjetunion würde dieses Mal zusammenbrechen und Hitlerdeutschland sein durch die Niederlage vor Moskau geschwundenes Ansehen wiedergewinnen

Die deutschen Faschisten konnten auch 1942 den größten Teil der Wehrmacht an der deutsch-sowjetischen Front konzentrieren. Von insgesamt 177 Infanteriedivisionen standen zum Beispiel 136 im Osten. Das war nur möglich, wie die Westmächte die Sowjetunion militärisch nicht entlasteten und die versprochene zweite Front nicht eröffneten.

Flugzeugfabrik SU

Die Sowjetvölker vollbrachten nicht nur Heldentaten an der Front, sondern auch im Hinterland: Serienherstellung von Iljuschin-Kampfflugzeugen in neuerrichteten Betrieben

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Ende Juni/Anfang Juli 1942 begannen die Faschisten im Süden der Sowjetunion einen Angriff. Es gelang ihnen, über den Don vorzustoßen und Ende August die Wolga nördlich von Stalingrad (heute Wolgograd) zu erreichen. Im Kaukasus drangen sie über den Kuban vor und eroberten das Erdölgebiet bei Maikop. Die vorgesehenen Ziele des Angriffs erreichten sie jedoch nicht. Mitte September begannen langwierige, kräftezehrende Straßenkämpfe in Stalingrad. Am 14. Oktober musste das faschistische Oberkommando den Übergang zur Verteidigung befehlen. Die deutschen Angriffskräfte waren erschöpft. Über eine Million Soldaten hatte die Naziwehrmacht seit dem Sommer verloren.

Die Schlacht an der Wolga 1942-43

Die Schlacht an der Wolga 1942/43

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Am 19./20. November 1942 traten die sowjetischen Armeen an der Wolga zum Gegenangriff an. Innerhalb von 3 Tagen war die deutsche 6. Armee unter ihrem Befehlshaber Paulus mit 300 000 Mann eingeschlossen. Aus dem Kaukasus wurden die faschistischen Truppen ebenfalls zurückgedrängt. Bald wurde die Lage der Eingeschlossenen in Stalingrad hoffnungslos. Es fehlte an Munition, Treibstoff und Verpflegung. Hunger und Seuchen schwächten die Armee. Auf ausdrücklichen Befehl des faschistischen Oberkommandos lehnte der Oberbefehlshaber der 6. Armee jedoch mehrere ehrenvolle sowjetische Kapitulationsangebote ab.

Während der Schlacht riefen deutsche Kommunisten, darunter Walter Ulbricht, Willi Bredel und Erich Weinert aus den vordersten sowjetischen Schützengräben die deutschen Soldaten auf, den sinnlosen Kampf einzustellen. An der Seite der deutschen Kommunisten standen antifaschistische Offiziere und Soldaten, die ihre ehemaligen Kameraden aufforderten, die verbrecherischen Befehle Hitlers und des faschistischen Oberkommandos nicht mehr auszuführen, um weiteres sinnloses Blutvergießen zu vermeiden.

Flugblatt 12.12.1942 1Flugblatt 12.12.1942 2Quellenangabe Flugblatt 12.12.1942

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

W.Ulbricht E.Weinert u.a.

Walter Ulbricht, Erich Weinert und andere Genossen versuchen unter Einsatz ihres Lebens von den sowjetischen Stellungen aus, die deutschen Soldaten vor ihrem sinnlosen Tod für das Hitlerregime zu bewahren

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Nach einem aussichtslosen, über zwei Monate dauernden Kampf mussten sich die Reste der 6. Deutschen Armee in Stalingrad am 2. Februar 1943 ergeben. Nur 91 000 Überlebende, zum Teil halbverhungert und mit schweren Erfrierungswunden, gerieten in sowjetische Gefangenschaft.

Sowjetische Truppen erobern Stalingrad zurück

Sowjetische Truppen erobern Meter für Meter Stalingrad zurück

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Nach der Niederlage an der Wolga hatte die faschistische Wehrmacht keine Möglichkeit mehr, an der gesamten Deutsch-sowjetischen Front eine große Angriffsoperation durchzuführen. Dem deutschen Volk logen die Faschisten vor, die militärische Kraft sei ungebrochen, denn die Armeen stünden ja noch weit in Feindesland. Die deutschen Konzerne forderten die Militärs und Hitler auf, unbedingt die eroberten Gebiete im Interesse der deutschen Rüstungsindustrie zu halten.

Auf einem begrenzten Raum versuchten die Faschisten am 05. Juli 1943 bei Kursk noch einmal einen Angriff. Dieser blieb schon in den ersten Tagen stecken. Am 12. Juli gingen die sowjetischen Truppen zum Gegenangriff über. Die Schlacht bei Kursk führte zu einer neuen großen Niederlage der faschistischen Wehrmacht.

Der Umschwung im Verlauf des Krieges zugunsten der Antihitlerkoalition, der sich mit der Schlacht bei Moskau abgezeichnet hatte und in Stalingrad offensichtlich geworden war, wurde mit dem Sieg der Sowjetarmee bei Kursk vollendet.

Nach der Schlacht bei Kursk setzten sowjetische Truppen an anderen Abschnitten der Front die Offensive fort. Bis Ende des Jahres 1943 mussten sich die Faschisten im Süden der UdSSR um 1200 Kilometer und im Mittelabschnitt um rund 500 Kilometer zurückziehen. Sie verloren zwei Millionen Mann an Toten, Vermissten und Verwundeten.

Reste Schlacht an der Wolga

Reste der faschistischen Armee nach der Schlacht an der Wolga

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Der Sieg der UdSSR bei Stalingrad und Kursk sowie die Befreiung der Hälfte des gesamten von den Faschisten besetzten sowjetischen Gebietes bis Ende 1943 ließen den Glauben an den Sieg bei allen gegen den deutschen Imperialismus kämpfenden Völkern zur Gewissheit werden.

Festsetzung deutscher Monopolkapitalisten

Die deutschen Monopolkapitalisten glaubten, sich für immer in den besetzten sowjetischen Gebieten festsetzen zu können. Eine unmenschliche Ausbeutung und Ausnutzung der Rohstoffreserven brachte für die deutschen Imperialisten jetzt auch Profite aus den der Aggression zum Opfer gefallenen Gebieten

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

Der beginnende Zerfall des faschistischen Blocks. Die Niederlagen in Nordafrika und Italien

Die deutschen Faschisten mobilisierten 1943 noch einmal bedeutende Kräfte, um den Krieg weiterzuführen, obwohl die Niederlagen an der deutsch-sowjetischen Front sowie in Nordafrika und Italien deutlich machten, dass der Krieg für sie verloren war. Trotzdem planten die Faschisten den Tod weiterer Millionen deutscher Männer und Frauen ein, um ihre eigene Herrschaft zu verlängern. An der Wende des Jahres 1942/43 wurden umfangreiche Maßnahmen beschlossen, um die Rüstungsproduktion zu vergrößern und noch mehr Männer zur Wehrmacht einzuziehen. Diese Maßnahmen trugen die Bezeichnung totaler Krieg. Die großen Konzerne nutzten den totalen Krieg, um ihren Einfluss auszudehnen. Die führenden Vertreter der Rüstungs- und Grundstoffindustrie erlangten die absolute Herrschaft über die deutsche Wirtschaft und bestimmten, wer noch was produzieren durfte. Jeder Industriezweig wurde von dem führenden Konzern des entsprechenden Bereichs beherrscht und gelenkt.

Kriegsverlauf 1942-43 Mittelmeerraum 1Kriegsverlauf Mittelmeerraum 1942-43 2

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Diese Maßnahmen und die brutale Ausbeutung der besetzten Länder führten zu einer gewissen Verstärkung der Wehrmacht und der Rüstung. Dennoch brachten sie nicht die erwarteten Erfolge. Unter der kapitalistischen Gesellschaftsordnung war es unmöglich, das Volk restlos für diesen ungerechten Krieg zu mobilisieren, der zum Nutzen der herrschenden Klasse geführt wurde. Das insgesamt für die deutschen Imperialisten unbefriedigende Ergebnis der totalen Kriegsführung zeigte auch, dass beim Volk der Glaube an den Sieg sank und es weitaus weniger als früher bereit war, freiwillig weitere Opfer zu bringen.

Maßnahmen der Faschisten totale Kriegsführung

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

Abtransport von Zwangsarbeiterinnen

Sowjetbürgerinnen werden zur Zwangsarbeit nach Deutschland abtransportiert

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

Der wachsende Widerstand in den besetzten Gebieten

Nach den faschistischen Niederlagen bei Stalingrad und Kursk kam es zu einem gewaltigen Aufschwung der Partisanen- und Widerstandsbewegung in ganz Europa.

In der Sowjetunion nahm der Kampf der Partisanen den Charakter großer Schlachten an. Allein 1943 verursachten Partisanen im Hinterland der faschistischen Truppen etwa 11 000 Schienensprengungen, 6000 Zugzusammenstöße, vernichteten oder beschädigten die 6000 Lokomotiven, 40 000 Waggons, 22 000 Kraftfahrzeuge und sprengten sie 5500 Straßen- und 900 Eisenbahnbrücken.

Zum Entgleisen gebrachter Zug

Zum Entgleisen gebrachter Transportzug in der Nähe von Wilnjus

Sowjetische Partisanen

Sowjetische Partisanen bereiten eine Sprengung einer Eisenbahnlinie vor

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

In Polen entstanden Volksgarden, die sich bemühten, den gemeinsamen Kampf aller Widerstandskräfte zu organisieren. Auf dem Territorium der Sowjetunion stellten polnische Patrioten mit Hilfe der UdSSR seit Mai 1943 die Volksarmee auf, die im Sommer 1944 die Stärke von 100 000 Mann erreichte und an vorderster Front gegen die Faschisten kämpfte.

Vereidigung eines polnischen Offiziers

Vereidigung eines Offiziers der polnischen Division „Tadeusz Kosciusko“

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Als die SS die im Warschauer Ghetto eingepferchten Juden in die Todeslager von Auschwitz und Majdanek verschleppen wollte, erhoben diese sich am 19. April 1943 zum bewaffneten Aufstand. Brutal ermordete die SS bei seiner Unterdrückung allein in Warschau über 56 000 Juden.

Abtransport von Juden aus Warschauer Ghetto

Abtransport von Juden aus dem Warschauer Ghetto in die Vernichtungslager

 

 

 

 

 

 

 

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

In Jugoslawien hatte die 1943 rund 300 000 Mann zählende Volksbefreiungsarmee fast die Hälfte des Lands befreit.

Jugoslawische Partisanen

Jugoslawische Partisanen im Einsatz

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

In Griechenland kontrollierten die Patrioten 1943 ein Drittel des Landes.

In Frankreich wurden Ende 1943 alle Kampforganisationen zur Widerstandsbewegung unter der Führung eines Nationalrates zu einer einheitlichen Armee zusammengeschlossen. Zehntausend junger Franzosen entzogen sich durch Flucht und Übergang zu den Partisanen der Zwangsverschickung nach Hitlerdeutschland. Im September 1943 befreiten französische Patrioten die Insel Korsika.

Der Widerstandskampf und die Partisanenbewegung trugen einen internationalen Charakter. Die Ziele der weltweiten Antihitlerkoalition waren auch die Ziele des Widerstandskampfes. Die Arbeiterklasse und die werktätigen Bauern waren die Hauptträger dieser Bewegung. Sie stellten die Masse der illegalen Kämpfer und brachten die meisten Opfer. Die kommunistischen und Arbeiterparteien waren die führende Kraft im Widerstandskampf. Ihre Mitglieder standen in allen Ländern in der ersten Reihe des Kampfes.

Am 08. September 1943 wurde der tschechische Nationalheld Julius Fucik in Berlin von den faschistischen Henkern ermordet. Er schmuggelte aus dem Gefängnis das Buch „Reportage unter dem Strang geschrieben“, ein bedeutendes Dokument des Kampfes der tschechoslowakischen patriotischen Kräfte. Den faschistischen Blutrichtern, die ihm die Treue zur UdSSR vorwarfen, sagte er stolz ins Gesicht: „Jawohl, ich habe der Sowjetunion geholfen. Und das ist das Beste, was ich während der 40 Jahre meines Lebens geleistet habe.“

In der Sowjetunionwaren viele Kommunisten und Komsomolzen am Partisanenkampf beteiligt. In Belorussland kämpften 25 152 Kommunisten und 73 000 Komsomolzen illegal gegen die faschistische Wehrmacht. In der Ukraine waren es 15 000 Kommunisten und 26 000 Komsomolzen. 80 Prozent der 15 000 Mitglieder der Kommunistischen Partei Jugoslawiens fielen im Kampf, aber 100 000 andre Kämpfer traten bis Januar 1945 der Partei bei. Die Kommunistische Partei Frankreichs verlor im Kampf gegen die faschistischen Besatzungstruppen 75 000 Mitglieder.

Die Kraft und Stärke der sowjetischen Soldaten und Partisanen sowie aller antifaschistischen Widerstandskämpfer entsprang den gerechten Zielen ihres Kampfes, die mit den Lebensinteressen der Völker übereinstimmten.

Lenin über Rolle der Volksmassen im KriegeQuellenangabe Lenin über Rolle der Volksmassen im Kriege

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die deutschen Faschisten gingen bei der Unterdrückung des Widerstandskampfes und der Partisanenbewegung, die immer größere Kräfte Hitlerdeutschlands banden, mit größter Grausamkeit vor.

Am 10. Juni 1942 zerstörten sie die Bergarbeitersiedlung Lidice, als „Vergeltung“ für die Erschießung des SS-Mörders und stellvertretenden Reichsprotektors Heydrich durch tschechische Widerstandskämpfer. Sie erschossen wahllos 199 Männer und 9 Frauen und verschleppten 203 Frauen und 93 Kinder in Konzentrationslager. Ebenso grausam wurde als angebliches Versteck von Widerstandskämpfern das französische Dorf Oradour-sur-Glane am 10. Juni 1944 von der SS zerstört, wobei 642 Männer, Frauen und Kinder niedergeschossen oder lebendig verbrannt wurden – die Männer in Scheunen und Garagen, die Frauen und Kinder in der Kirche.

Faschistische Soldaten führen Massenhinrichtungen durch

Faschistische Soldaten führen Massenhinrichtungen durch

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Weder der Terror gegen die Widerstandskämpfer noch die totale Kriegsführung konnten jedoch die herannahende Niederlage Hitlerdeutschlands aufhalten.

 

Geschichtsbuch DDR 9. Klasse Kopie

 

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Der grundlegende Umschwung des Krieges. Die neue Etappe des Widerstandskampfes