Der Einfall der „Großen Armee“
Russland gehörte zu jenen Ländern, die von der Kontinentalsperre besonders hart betroffen wurden. Seit Jahrhunderten blühte der englisch-russische Handel. Holz, Getreide, Pelze, Flachs und andere Waren wurden nach England ausgeführt. Dafür kamen viele gewerbliche Produkte ins Land. Die russischen Gutsbesitzer und Kaufleute wollten auf dieses einträgliche Geschäft nicht verzichten. Als Napoleon Nachricht erhielt, dass neutrale Schiffe laufend englische Waren nach Russland brachten, wollte er nicht länger warten, um auch dem russischen Volk seinen Willen aufzuzwingen. Aus Soldaten Frankreichs und der von ihm abhängigen Länder stellte er eine gewaltige Armee auf. Man nannte sie die „Große Armee“, weil sie hinsichtlich ihrer Stärke beispiellos war. Ohne Kriegserklärung überschritt sie am 24. Juni 1812 den Grenzfluss Neman. Es begann der Vaterländische Krieg des russischen Volkes.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
Der Sieg des russischen Volkes über Napoleon
Vor der Übermacht der Napoleonischen Truppen musste sich die russische Armee kämpfend zurückziehen. Sie war etwa 180 000 Man stark. Aber bald regte sich der Widerstand des russischen Volkes. Vor allem waren es die russischen Bauern, die den Eindringlingen mutig entgegentraten. Im Rücken des Feindes bildeten sich kleine bewaffnete Abteilungen. Sie überfielen Transporte für Munition und Verpflegung. Auch Meldereiter wurden von ihnen abgefangen. Diese tapferen Kämpfer bezeichnete man als Partisanen.
Manchmal nur mit Sensen, Heugabeln und Spießen ausgerüstet, schwächsten sie die Napoleonische Armee bedeutend. Bei Borodino kam es schließlich zu einer blutigen Schlacht, die unentschieden ausging. Das war für die sieggewohnten Franzosen eine Überraschung.
In weiteren Kämpfen nahm Napoleon wohl Moskau ein, aber seine Hoffnungen erfüllten sich nicht. Ein großer Teil der Stadt ging in Flammen auf, so dass die „Große Armee“ in ihr nicht überwintern konnte. Sie musste den Rückzug antreten.
Unter dem Befehl des Feldherren Kutusow ging nun die russische Armee zum Gegenangriff über. Gemeinsam mit den Partisanen trieb sie die einstmals stolze Armee aus dem Lande heraus. Frühzeitig brach ein strenger Winter herein. Viele Soldaten erfroren oder verhungerten. Jetzt rächte sich, dass die Napoleonischen Soldaten auf ihrem Vormarsch Hab und Gut der russischen Menschen vernichtet hatten.
Als Gefangene mussten sie durch das von ihnen verwüstete Gebiet zurückziehen. Selten fanden sie ein schützendes Dach oder ein stück Brot. Ständig wurden sie von Kosaken umschwärmt und angegriffen. Als die Truppen den Fluss Beresina überschreiten wollten, ertranken viele in den eisigen Fluten.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
So endete Napoleons Zug nach Russland mit einer Katastrophe. Die „Große Armee“ gab es nicht mehr. Nur etwa 30 000 Mann erreichten die russische Westgrenze. Napoleon eilte nach Paris, um eine neue Armee aufzustellen. Das russische Volk hatte ihm den Ruf eines Unbesiegbaren genommen. Die unterdrückten Völker Europas schöpften neue Hoffnungen und rüsteten sich zu Entscheidungskampf gegen die fremden Eroberer.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
Die deutsch-russische Waffenbrüderschaft
Tausende deutscher Männer waren gezwungen worden, als Angehörige der „Großen Armee“ in Russland einzufallen. Es gab aber viele deutsche Patrioten, die auf der Seite des russischen Volkes standen. Ihre Absicht war es, die Kräfte der beiden Völker zu vereinen und die Napoleonische Fremdherrschaft zu beseitigen.
Im Juni 1812 bildete sich auf russischem Boden ein „Komitee für deutsche Angelegenheiten“, in dem der Freiherr vom Stein und andere Patrioten mitarbeiteten. Sie wollten nicht tatenlos zusehen, wie deutsche Soldaten für die französischen Interessen geopfert wurden. Der 30. Dezember 1812 brachte ihnen einen großen Erfolg. An diesem Tage schloss General York, der die in die „Große Armee“ eingegliederten preußischen Truppen befehligte, mit dem russischen General Diebitsch bei Tauroggen ein Abkommen. Darin wurde vereinbart, dass sich York mit seinen Soldaten künftig neutral verhalten sollte. Die war ein kühner Entschluss, denn York handelte ohne Zustimmung des preußischen Königs, der zunächst die Meldung veröffentlichte, er habe York dafür abgesetzt. Er schreckte aber davor zurück. Schon während der Verhandlungen konnte beobachtet werden, wie sich russische und preußische Soldaten verbrüderten.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
bearbeitet von Petra Reichel
Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR
Der Vaterländische Krieg des russischen Volkes