Vorbereitung der KPD auf den Aufbau der antifaschistisch-demokratischen Ordnung in Deutschland

Während sich die Armeen der Antihitlerkoalition von Osten und Westen den deutschen Grenzen näherten, bereitete die Führung der KPD bereits den Neuaufbau eines antifaschistischen Deutschlands nach der Beendigung des Krieges vor. Ab Februar 1944 tätige Kommissionen des Zentralkomitees der KPD arbeiteten unter anderem ein „Kampfprogramm für Beendigung des Krieges, Frieden und Schaffung eines neuen freien Deutschlands“ und ein „Aktionsprogramm des Blocks der kämpferischen Demokratie“ aus. Das erste zeigte Wege, um durch Aktionen deutscher Arbeiter und ausländischer Zwangsarbeiter die Rüstungsproduktion zu schwächen und Zerstörungen in Deutschland durch die Faschisten zu verhindern. Das zweite Dokument enthielt Maßnahmen, die nach der militärischen Besetzung in Deutschland durchgeführt werden sollten, um eine antifaschistisch-demokratische Ordnung zu errichten.

Aktionsprogramm KPD Block kämpferische DemokratieAktionsprogramm der KPD kämpferische Demokratie 2

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Am 5. April wurde von der Parteiführung Direktiven für die praktische Durchführung der antifaschistisch-demokratischen Umgestaltung in den von der Sowjetarmee befreiten deutschen Gebieten beschlossen.

Sowjetarmee am Brandenburger Tor Berlin Kopie

Die siegreiche Sowjetarmee am Brandenburger Tor in Berlin

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

Mit diesen Maßnahmeplänen befand sich die KPD in voller Übereinstimmung mit den Forderungen der Antihitlerkoalition.

 

Geschichtsbuch DDR 9. Klasse Kopie

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Der zweite Weltkrieg wird zum Volkskampf gegen den Faschismus

Die Herausbildung der Antihitlerkoalition

Der durch den faschistischen Überfall erzwungene Kriegseintritt der UdSSR änderte das Kräfteverhältnis im Kriege grundlegend. Für Hitlerdeutschland und seine Verbündeten gab es keine reale Möglichkeit mehr, den Krieg mit einem Erfolg zu beenden.

Da Großbritannien und seine Verbündeten 1940/41 in einer äußerst kritischen Situation befunden hatten, empfanden sie die Kriegsbeteiligung der Sowjetunion als eine große Erleichterung der eigenen Lage. Es entsprach somit auch dem Interesse der herrschenden Kreise dieser Länder, die Sowjetunion gegen den deutschen Faschismus zu unterstützen. Die Werktätigen(arbeitende Menschen/Erwerbstätige) dieser Länder, die mit großer Sympathie den Kampf der UdSSR verfolgten, forderten ihre Regierungen auf, dem sowjetischen Volk in seinem schweren Kampf aktiv Beistand und Hilfe zu leisten.

Aus Erklärung der Kommunistischen Partei Großbritanniens vom 23.06.1941

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Der britische Regierungschef Winston Churchill erklärte am 22. Juni 1941, Großbritannien werde die UdSSR unterstützen. Ebenso verhielten sich die USA, die zwar noch nicht Kriegsteilnehmer waren, jedoch Großbritannien und seine Verbündeten politisch und materiell unterstützten. Beide Staaten versprachen, der Sowjetunion Waffen und Ausrüstungen zu liefern.

So entstand nach dem Überfall Hitlerdeutschlands auf die UdSSR ein Kampfbündnis sowohl der Völker als auch der Regierungen gegen den deutschen Faschismus, das die Bezeichnung Antihitlerkoalition erhielt. Das Bündnis beruhte auf der Interessengemeinschaft aller Völker gegen die Weltherrschaftspläne des deutschen Imperialismus und sein barbarisches Herrschaftssystem.

Der Widerstandskampf und die Partisanenaktionen in den besetzten Ländern, die Anstrengungen der Völker aller übrigen Länder um einen aktiven Kampf gegen den Faschismus sowie das Wirken der Antifaschisten und Kriegsgegner in den Staaten des Faschistischen Blocks waren eine Grundlage der Antihitlerkoalition.

Aus der Rede Stalins vom 03.07.1941Quellenangabe aus der Rede Stalins vom 03.07.1941

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Mit der Teilnahme eines sozialistischen Staates wurde der gerechte Kampf der Völker gegen den Faschismus wesentlich verstärkt, und es wandelte sich endgültig der Charakter des Krieges seitens der gegen Hitlerdeutschland kämpfenden Staaten. Sie führten einen gerechten Volkskrieg, einen Befreiungskrieg gegen den Faschismus.

Die Entwicklung der Antihitlerkoalition

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Plakat der Kommunistischen Partei Großbritanniens

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Kräfteverhältnis während des II. Weltkrieges

Kräfteverhältnis während des II. Weltkriegs

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die Regierungen Englands und der USA hielten allerdings viele Versprechen nicht ein. Sie sandten weder die versprochene Anzahl an Waffen, noch eröffneten sie schnell in Westeuropa eine zweite Front. Die Sowjetunion musste deshalb jahrelang allein die Hauptlast im Kampf gegen Hitlerdeutschland tragen. Innerhalb der herrschenden Kreise Großbritanniens und der USA gab es unterschiedliche Auffassungen über die Kriegsziele. In den USA sah ein Teil der Ratgeber des Präsidenten Franklin D. Roosevelt im deutschen Faschismus den Hauptfeind der Menschheit. Reaktionäre Kräfte des Finanzkapitals waren daran interessiert, den Krieg auszunutzen, um Hitlerdeutschland und die Sowjetunion sowie Großbritannien zu schwächen und die amerikanische Weltherrschaft zu errichten.

Erklärung von Harry S. Truman

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die antisowjetische Haltung reaktionärere Kräfte in den USA und Großbritannien behinderte die schnelle Entwicklung der Antihitlerkoalition. Es bedurfte großer Anstrengungen der progressiven Kräfte der Völker, um dieses Bündnis zu festigen. Trotz der negativen Haltung imperialistischer Kreise der Westmächte hatte die Antihitlerkoalition welthistorische Bedeutung. Sie errang den Sieg über denFaschismus und bewies, dass die Leninschen Prinzipien des internationalen Zusammenlebens zwischen kapitalistischen und sozialistischen Staaten auch im Kriege Gültigkeit besitzen

Der Zusammenschluss der Mächte in der Antihitlerkoalition gab den unterdrückten Völkern neuen Mut und festigte ihre Kampfentschlossenheit gegen die Aggressoren.

 

Die Ausweitung des II. Weltkrieges

Japan, der fernöstliche Verbündete Hitlerdeutschlands, glaubte, Ende 1941 sie die günstigste Situation, um die langgehegten Aggressionspläne in Asien zu verwirklichen. Sein Plan bestand darin, die reichen Inselgebiete im südlichen Stillen Ozean zu erobern, nachdem er bereits im Jahre 1940 im Raum des Südchinesischen Meeres sowie seit 1937 in China große Gebiete besetzt hatte. Japan wollte auch die Sowjetunion überfallen, jedoch abwarten, bis Hitlerdeutschland einen entscheidenden Sieg errungen hätte.

Richard Sorge

Der deutsche Kommunist und sowjetische Kundschafter Richard Sorge leitete in Japan eine Gruppe, die der sowjetischen Regierung die Kriegspläne der Japaner und der deutschen Faschisten mitteilte. Sorge wurde am 18. Oktober 1941 verhaftet und am 7. November 1944 von den japanischen Imperialisten ermordet.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Der Gegenschlag der Sowjetunion bei Moskau im Dezember 1941 und die danach beginnende Wende des Krieges zwangen jedoch die japanischen Imperialisten, ihre Kriegsabsichten gegen die UdSSR aufzugeben.

Der II. Weltkrieg im fernen Osten

Der II. Weltkrieg im Fernen Osten – Die Zerschlagung der japanischen Aggressoren

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Am 07. Dezember 1941 überfielen ohne Kriegserklärung japanische Flugzeuge und Kriegsschiffe den amerikanischen Stützpunkt Pearl Harbor auf der Hawaii-Insel Oahu. 18 große und mehrere kleine amerikanische Kriegsschiffe und rund 300 Flugzeuge gingen in wenigen Stunden verloren. Die amerikanische Flotte im Pazifik war vorerst kampfunfähig. Damit befanden sich die auch die USA offiziell im Kriege.

Überfall auf Pearl Harbor

Während des japanischen Überfalls auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941. Neben Kreuzern und anderen Einheiten wurden auch zwei Schlachtschiffe versenkt und sechs weitere schwer beschädigt.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Am 11. Dezember 1941 erklärten Hitlerdeutschland und das faschistische Italien den USA den Krieg. Eine Reihe von Staaten Südamerikas traten auf der Seite der USA ebenfalls in den Krieg ein. Ende 1941 befanden sich bereits 29 Staaten im Kriegszustand mit dem faschistischen Block.

In allen japanisch besetzten Gebieten entwickelten sich starke Widerstandsbewegungen und Partisaneneinheiten. Im Mai 1941 begannen die Viet-Minh unter Ho-chi-Minh den Kampf um die Unabhängigkeit des Landes gegen die japanischen Besatzer, den sie nach dem Kriege gegen die französischen Kolonialherren und später gegen die amerikanischen Interventen bis zu Jahre 1975 fortsetzen mussten.

Viet- Minh

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Bis zum Frühsommer 1942 eroberten japanische Truppen Indonesien, die Gilbert-Inseln, Guam und weitere Inselgruppen. Im Juni erlitten sie jedoch in der See-Luft-Schlacht bei den Midway-Inseln große Verluste. Auf diesem Kriegsschauplatz erlangten die anglo-amerikanischen Streitkräfte allmählich das Übergewicht.

 

 

Geschichtsbuch DDR 9. Klasse Kopie

 

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Der II. Weltkrieg wird zum Volkskampf gegen den Faschismus -1

 

 

Arvid Harnack

Arvid Harnack, geboren am 24. Mai 1901 in Darmstadt, hingerichtet am 22. Dezember 1942 in Berlin-Plötzensee, war ein deutscher Jurist, Nationalökonom und Widerstandskämpfer gegen den Faschismus.

Arvid Harnack

Arvid Harnack(1901 bis 1942)

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Harnack war ein Sohn des Literaturwissenschaftlers Otto Harnack und der Malerin Clara Harnack, geb. Reichau und ein Neffe des Theologen Adolf von Harnack. Er war der ältere Bruder des Regisseurs und Drehbuchautors Falk Harnack, der ebenfalls im Widerstand arbeitete.

Sein Vater, Otto Harnack, war seit 1896 Professor für Geschichte und Literatur. Er lehrte an der TH Darmstadt. Am 01. April 1905 wechselte er zur Universität Stuttgart, was zum Ortswechsel der ganzen Familie führte. 1914 nahm sich der Vater das Leben.

Bedingt durch den I. Weltkrieg machte Arvid 1918 das Notabitur.

Von 1919 bis 1923 studierte er Rechtswissenschaften an den Universitäten Jena, Graz und Hamburg und wurde 1924 zum Dr. jur. promoviert. Von 1926 bis 1928 studierte er mit Hilfe eines Rockefeller-Stipendiums Nationalökonomie an der University of Wisconsin–Madison (USA), wo er 1926 die Literaturwissenschaftlerin Mildred Fish heiratete. 1929/30 wurde er in Gießen bei dem Nationalökonomen Friedrich Lenz (1885–1968), mit dem er 1931 die Arplan (Arbeitsgemeinschaft zum Studium der Planwirtschaft) gründete, zum Dr. phil. Promoviert. Auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise hatte das kapitalistische System offensichtlich versagt und das sowjetische Modell schien eine interessante Alternative. 1932 organisierte er eine Studienreise in die Sowjetunion.

1933 wurde er zunächst als wissenschaftliche Hilfskraft im Reichswirtschaftsministerium angestellt, wo er später Regierungs und Oberregierungsrat wurde. Zusammen mit seiner Frau Mildred, dem Schriftsteller Adam Kuckhoff und dessen Frau Greta baute er einen Diskussionszirkel auf, der politische Perspektiven nach dem erwarteten Sturz der Faschisten erörterte. Harnack war ein geheimes Mitglied der KPD.

Ab 1935 unterhielt er Kontakte zu Mitarbeitern des sowjetischen Nachrichtendienstes NKGB, der ihn ohne sein Wissen unter dem Decknamen „Korsikanez“ (Korse) führte. 1936 nahm er über seine Frau Mildred Kontakt zur US-amerikanischen Botschaft auf, um vor der von Deutschland ausgehenden Kriegsgefahr zu warnen. Der Kontakt mit Donald Heath, dem ersten Sekretär der amerikanischen Botschaft, war freundschaftlich und hielt bis 1941 an. Heaths Auftrag war, Kontakte mit dem deutschen Untergrund zu pflegen, um Henry Morgenthau und Franklin D. Roosevelt über Gefahren, die von Hitler ausgehen könnten, zu informieren. Zur Tarnung seiner illegalen Aktivitäten wurde Harnack 1937 Mitglied der NSDAP. 1939 nahm er Kontakt zu der Gruppe um Harro Schulze-Boysen auf, einen Luftwaffenleutnant, der Kontakte in alle Bevölkerungsschichten unterhielt. Dadurch entstand das von der Gestapo später als „Rote Kapelle“ verleumdete Widerstandsnetz. (In der Sprache der Gestapo war ein Spion, der Morsetasten drückte, ein Pianist. Eine Gruppe von Pianisten war eine Kapelle, und rot stand für Kommunismus. In Wahrheit folgte die Gruppe, in der politische Konservative, Juden und Katholiken ebenso wie Sozialdemokraten und Kommunisten Widerstand leisteten, in der sich 40 % Frauen ebenso wie Menschen aus allen Altersgruppen und Bevölkerungsschichten befanden, keinen ideologischen Dogmen.) Über Schulze-Boysen lernte Harnack 1940 die Kommunisten Hilde Rake und Hans Coppi kennen; ebenso arbeitete er mit dem Sozialdemokraten Adolf Grimme und anderen zusammen. 1941, in dem Jahr, in dem die Amerikaner Berlin verlassen mussten, wurde Harnack von Alexander Michailowitsch Korotkow, dem Repräsentanten des NKGB, kontaktiert. Widerstrebend, da er Stalin nicht traute, erklärte er sich bereit, auch die Sowjets über den bevorstehenden deutschen Krieg gegen die Sowjetunion und mit Hitlers Kriegsvorbereitungen verbundene wirtschaftliche und militärische Sachverhalte zu informieren

Anfang 1942 verfasste er eine Studie „Das nationalsozialistische Stadium des Monopolkapitals“, die unter Regimegegnern in Berlin und Hamburg verbreitet wurde. Im Sommersemester 1942 hatte er einen Lehrauftrag an der Auslandswissenschaftlichen Fakultät der Universität Berlin.

Am 7. September 1942 wurden Arvid und Mildred Harnack verhaftet. Am 19. Dezember fällte das Reichskriegsgericht das Todesurteil über Arvid Harnack. Am 22. Dezember 1942 wurde er um 19:10 Uhr im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee auf Befehl Adolf Hitlers erhängt.

„Feldurteil“ des Reichskriegsgerichts vom 19. Dezember 1942

„Feldurteil“ des Reichskriegsgerichts vom 19. Dezember 1942

 

Bildquelle: Von reichskriegsgericht – Reichskriegsgericht, PD-Schöpfungshöhe, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=3682822

 


 

40+10 Pfennig-Sondermarke der DDR-Post 1964 mit Arvid Harnack und seiner Frau Mildred

40+10 Pfennig-Sondermarke der DDR-Post 1964 mit Arvid Harnack und seiner Frau Mildred

Bildquelle: Von Hochgeladen von –Nightflyer (talk) 12:52, 19 July 2009 (UTC) – Eigener Scan, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7337392

 

Vom Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR erhielt Arvid Harnack am 06. Oktober 1969 postum den Rotbannerorden. Heute geht man davon aus, dass die Gruppe fälschlicherweise als kommunistisches Kundschafternetz, das für die Sowjetunion tätig war, interpretiert wurde. Dieser Irrtum basierte auf den Verleumdungen seitens der Faschisten. In der BRD war dies Grundlage zur umgekehrten Interpretation. Dort wurden die Widerstandskämpfer nicht geehrt, sondern wurden bis in die 1970er Jahre hinein als Landesverräter verfolgt.

Gedenkstein für Arvid und Mildred Harnack auf dem Friedhof Zehlendorf in Berlin

Gedenkstein für Arvid und Mildred Harnack auf dem Friedhof Zehlendorf in Berlin

Bildquelle: Von Mutter Erde – Eigenes Werk, Attribution, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1792179

 

Stolperstein, Genthiner Straße 14, in Berlin-Tiergarten

Stolperstein, Genthiner Straße 14, in Berlin-Tiergarten

Bildquelle: Von OTFW, Berlin – Selbst fotografiert, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=28579576

 

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

 

Harro Schulze-Boysen

Harro Schulze-Boysen, voller Name Heinz Harro Max Wilhelm Georg Schulze-Boysen wurde am 02. September 1909 in Kiel geboren und wurde am 22. Dezember 1942 in Berlin Plötzensee hingerichtet. Er war ein führender Widerstandskämpfer gegen den Faschismus.

Harro Schulze-Boysen

Harro Schulze-Boysen(1909 bis 1942)

 

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse

 

Harro Schulze war der Sohn des Marineoffiziers Erich Edgar Schulze und dessen Frau Marie Luise Boysen. Väterlicherseits war er der Großneffe des Admirals Alfred von Tirpitz und mütterlicherseits des Soziologen Ferdinand Tönnis.

Durch die Versetzung des Vaters siedelte die Familie 1913 nach Berlin um. Harro Schulze war der Älteste und hatte noch zwei Geschwister, Helga, verheiratete Mulachié und Hartmut (1922-2013). Hartmut Schulze-Boysen war Diplomat der BRD.

In Erinnerung an seinen 1942 hingerichteten Bruder, nahm auch er den Doppelnamen Schulze-Boysen an.

Erst am 24. Februar im Jahre 2006 erreichte Hartmut Schulze-Boysen, dass die Staatsanwaltschaft Berlin das Urteil des Kreiskriegsgerichts gegen seinen Bruder Harro -63 Jahre nach dessen Hinrichtung- aufhob.  Vermutlich wäre das Todesurteil gegen Harro Schulze-Boysen niemals aufgehoben worden, wenn der Bruder Hartmut Schulze-Boysen nicht die Position als Diplomat innegehabt hätte.

Typisch BRD ist, dass von 1952 bis 1954 das Bundesamt für Verfassungsschutz Material gegen Hartmut Schulze Boysen sammelte, weil er als Kommunist verdächtigt wurde. Das ist in Zusammenhang mit seinem Bruder Harro zu sehen. So ist die BRD mit den Widerstandskämpfern gegen den Faschismus umgegangen.

20+5 Pfennig-Sondermarke der DDR-Post 1964 mit Harro Schulze-Boysen

Bildquelle: Von Hochgeladen von –Nightflyer (talk) 12:51, 19 July 2009 (UTC) – Eigener Scan, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7337378

 

In Berlin besuchte Harro ab 1913 di Grundschule und später und später das Gymnasium. Ab 1920 verbrachte er regelmäßig die Ferien bei einer befreundeten Familie in Schweden.

1922 wurde der Vater nach Duisburg versetzt und Harro folgte ihm. Er beteiligte sich 1923 am Untergrundkampf gegen die französische Ruhrbesetzung und wurde zeitweise von den Besatzungstruppen inhaftiert.

Um ihn aus der politischen Schusslinie zu holen, organisierten seine Eltern einen längeren Schwedenaufenthalt.

Eine Reise nach England im Jahre 1926 hatte Harro stark zum Vergleichen und Nachdenken angeregt. Dabei hatte er festgestellt, dass das in Deutschland gezeichnete Englandbild sehr wenig mit seinen vor Ort getroffen Feststellungen übereinstimmte

1927 schrieb er seinen ersten größeren Zeitungsbericht über einen Skandal in Duisburg zur Aufstellung der Skulptur „Kniende“ von Wilhelm Lehmbruck. Aus Anlass des 80. Geburtstages des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg hielt er an der Schule eine Gedenkrede. Überhaupt wurde sein politisches Engagement am Gymnasium als ungewöhnlich intensiv empfunden. Das Abitur legte er mit der Gesamtbewertung „gut“ ab. Dabei wurde besonders seine Gewandtheit im schriftlichen und mündlichen Ausdruck hervorgehoben. Von seiner geistigen Haltung her befand er sich zu dieser Zeit in guter Übereinstimmung zu den bürgerlichen Wertvorstellungen und den Traditionen der Familie. In der Öffentlichkeit und in schriftlichen Äußerungen trat er von nun an, den Geburtsnamen der Mutter nutzend, mit dem Doppelnamen Schulze-Boysen auf.

Nach dem Abitur 1928 begann er im April ein rechts- und staatswissenschaftliches Studium an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Zur gleichen Zeit wurde er Mitglied des nationalliberalen Jungdeutschen Ordens der ihn in dieser Zeit ideologisch stark prägte. Ziel dieser Vereinigung war es, die „Kameradschaft aus den Schützengräben des Ersten Weltkrieges“ als Vorlage der zu entwickelnden „Volksgemeinschaft“ ethisch wiederaufleben zu lassen. Dabei wurde jede Form der Diktatur, egal ob von rechts oder links kommend, abgelehnt. In dieser Zeit wurde er Mitglied der „Akademischen Verbindung Albingia Freiburg“ im Miltenberger Ring, einer schlagenden Verbindung. Im Sommer 1929 nahm er an einem Lehrgang des Hochsee-Wehrsportvereins „Hansa“ in Neustadt teil und wechselte im November zur Fortsetzung des begonnenen Jurastudiums an die Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Hier trat er der internationalen Studentenvereinigung bei. Erstmals setzte er sich in dieser Zeit mit der Ideologie des Faschismus intensiv auseinander und suchte nach den Ursachen des plötzlichen Stimmengewinns der NSDAP bei den Reichstagswahlen. Er studierte das Programm der NSDAP und las auch „Mein Kampf“ auf der Suche nach Antworten. Dabei wurde ihm klar, dass ein weiterer Stimmengewinn der NSDAP zu noch deutlicheren Verschärfungen und Polarisierungen in der Gesellschaft führen würde. 1930 unterstützte er die intellektuell-nationale Gruppe Volksnationale Reichsvereinigung, an deren Spitze Artur Mahraun stand.

Im Juli 1931 lernte Harro Schulze-Boysen bei einem Frankreichaufenthalt französische Intellektuelle im Umfeld der Zeitschrift Plans“ kennen, unter deren Einfluss er sich nun politisch links orientierte. Mehr und mehr distanzierte er sich von den Anschauungen des Jungdeutschen Ordens. Und es reift bei ihm die Erkenntnis, dass sich der Tageskampf in Deutschland in erster Linie gegen den aufkommenden Faschismus und alles Reaktionäre richten müsste. 1932/1933 gab er nach dem Vorbild von „Plans“ die 1931 von Franz Jung wiedergegründete linksliberale Zeitschrift „Der Gegner“ heraus.

Das verfolgte Ziel bestand darin, eine einheitliche Front von Jugendlichen gegen den „liberalen, kapitalistischen und nationalistischen Geist“ in Europa aufzubauen. Für die Franzosen war Harro Schulze-Boysen auf diesem Gebiet der Akteur für Deutschland. Er versuchte mit dem „Gegner-Kreis“, zu dem auch Robert Jungk, Erwin Gehrts, Kurt Schumacher und Gisella von Poellnitz gehörten, eine eigenständige deutsche Jugendbewegung zu entwickeln und begann damit, in Berliner Cafés „Gegner-Abende“ zu veranstalten. „Es gab kaum eine oppositionelle Jugendgruppe, mit der er nicht Kontakt hielt.“ Ende des Jahre 1931 ließ er sich vom Studium beurlauben, da er zu der Auffassung gelangt war, dass die hier behandelten Inhalte nichts mit den tagtäglichen politischen Auseinandersetzungen mehr zu tun haben. Für den Februar 1932 organisierte Harro Schulze-Boysen, in Abstimmung mit seinen französischen Partnern von „Plans“ ein Treffen der „Jugend Europas“ in Frankfurt/Main. Insgesamt nahmen etwa 1.000 Jugendliche am Treffen teil und er formulierte für die deutsche Delegation die politischen Ziele. Diese bestanden angesichts der Krise in Deutschland einerseits in der Abschaffung des kapitalistischen Systems und andererseits in der Durchsetzung einer eigenen Rolle Deutschlands ohne ausländisches Diktat und Einmischung. Auf der Suche nach Alternativen zum krisengeschüttelten Westeuropa begann er sich stärker für den Sozialismus nach sowjetischem Vorbild zu interessieren. Diese Wendung war auch beeinflusst durch seine Enttäuschung über die nationalen und konservativen Parteien in Deutschland, die seiner Meinung den aufkommenden Faschismus nicht genug bekämpften.

Als im Mai 1932 gegen Franz Jung ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und die Geschäftsräume des „Gegners“ versiegelt wurden, übernahm Harro Schulze-Boysen als neuer Herausgeber und mit einer neuen Firmierung als „gegner“ (nunmehr klein geschrieben) aber mit dem gleichen Netzwerk zu den verschiedensten politischen Lagern die Geschäfte. Im Tiefpunkt der Krise sah er zugleich eine deutliche Chance, einen neuen Politikansatz zu verwirklichen. „Gegner von heute – Kampfgenosse von morgen“ formulierte er diesen in der im Herbst veröffentlichten Streitschrift. Damit war er zum führenden Kopf und zum Mittelpunkt des „Gegner-Kreises“ geworden.

Die Machtergreifung durch Hitler hielt Harro Schulze-Boysen zu diesem Zeitpunkt bereits für wahrscheinlich, glaubte aber an dessen baldigen Sturz durch einen Generalstreik. Nach der Machtergreifung der Faschisten und dem Reichstagsbrand in Berlin verhalf Harro Schulze-Boysen mehreren bedrohten Personen seines Umgangskreises zur Flucht ins Ausland. Um seinen Sohn ebenfalls aus der politischen Frontstellung in Berlin zu bekommen, hatte sein Vater für ihn in Warnemünde einen Ausbildungsplatz als „Seebeobachter“ organisiert. Aber bereits im Februar 1933 war durch die politische Polizei das Handeln der „gegner“-Gruppe in einer amtlichen Mitteilung als „radikal“ bewertet worden. Und im April 1933 hatte eine SS die Redaktionsräume besetzt und die Anwesenden inhaftiert. Die Redaktionsmitglieder wurden in ein Sonderlager der 6. SS-Standarte verschleppt; Schulze-Boysen wurde schwer misshandelt und mehrere Tage lang festgehalten. Die Nazi-Schlägertrupps ermordeten dabei vor seinen Augen seinen jüdischen Freund und Mitstreiter Henry Erlanger. Mit dieser Erfahrung war ihm klar geworden, als bekennender Nazi-Gegner hatte er keine Chance, er musste für sich neue Wege finden, seine Überzeugungen umzusetzen.

Natürlich kam in dieser Situation der vom Vater in Warnemünde reservierte Ausbildungsplatz an der „Deutschen Verkehrsfliegerschule“ wie gerufen. Der Ort war weit weg von Berlin, es war genug Gelegenheit, über das Gewesene nachzudenken und Schritte vorzubereiten, worin in Zukunft sein Engagement bestehen kann. Noch vor seiner Abreise riet er den ihm Nahestehenden, sich in Nazideutschland umzusehen und in die Institutionen des faschistischen Regimes zu gehen.

Im Mai 1933 begann seine Fliegerausbildung in Warnemünde, und Harro Schulze-Boysen bemühte sich, im NS-System zu existieren, ohne seine bisherigen Anschauungen aufzugeben. Er las Bücher, auf die sich die Herrschenden beriefen und versuchte, mit gebotener Vorsicht zu seiner Publikationsarbeit zurückzukehren. Im Frühjahr 1934 ergab sich dafür eine Gelegenheit durch einen Kontakt zu Erich Röth (1895–1971) aus der „Gegner“-Zeit. Er gab die Zeitschrift „Wille zum Reich“ heraus und bearbeitete nach außen kulturpolitischen Themen aber mit dem abgedeckten Ziel, die faschistische Bewegung mit ihren eigenen Themen zu unterlaufen. Und auch hier fanden regelmäßige Diskussionsabende mit den Interessenten statt. Unter einem Pseudonym (vermutlich das Kürzel E.R. – für Erich Röth) schrieb Harro Schulze-Boysen einzelne Leitartikel und Aufsätze. Dabei war für ihn wichtig auszuloten, welche Einflussmöglichkeiten hinsichtlich der neuen Situation bestünden. Zeitgleich erfolgte ab 10. April 1934 seine Anstellung als Hilfsreferendar in der 5. Abteilung „Fremde Luftmächte“ des Reichsluftfahrtministeriums (RLM) bei Berlin. Als Adjutant des Chefs des Seeflugnachrichtenwesens oblag ihm, die ausländische Presse nach Themen der Luftrüstung auszuwerten.

Um sich vor erneuten Verfolgungen zu schützen, umgab sich Harro Schulze-Boysen mit einem Kreis politisch unverfänglicher Freunde. Hier lernte er auch 1934 die 20-jährige Libertas Haas-Heye, genannt „Libs“, kennen. Mit ihr unternahm er 1935 einen als Privatreise getarnten Besuch zu einer Vortragsreihe über internationale Rechtsfragen in Genf. Als die Hochzeit für 1936 geplant wurde, wurde vorher notwendigerweise auch der Name Schulze-Boysen legalisiert. Am 26. Juli 1936 fand die Hochzeit auf Schloss Liebenberg in Liebenberg, dem Gut ihrer Eltern, statt. Die Hochzeitsreise nach Stockholm hatte er gegenüber seinem Arbeitgeber als Sprachstudienreise ausgegeben und legte nach der Rückkehr einen vertraulichen Bericht an.

Stolpersteine für die Schulze-Boysens im Schlosshof von Schloss Liebenberg

Stolprsteine für die Schulze-Boysens im Schosshof auf Schloss Liebenberg

Bildquelle: Von Jt wob (Diskussion) 16:25, 24. Jun. 2018 (CEST) – Eigenes WerkOriginaltext: Eigenes Werk, Copyrighted free use, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=70524855

 

Um sich in seinem neuen militärischen Aufgabenbereich weiterentwickeln zu können, absolvierte Harro Schulze-Boysen ab Januar 1936 eine militärische Grundausbildung in der 3. Luftnachrichten-Lehrkompanie in Halle. Im Anschluss daran wurde er zum Gefreiten befördert. Seine Vorgesetzten schätzten seine Arbeitsleistungen. Um aber befördert werden zu können, hätte er entweder einen akademischen Abschluss nachweisen oder an einer Reservistenübung teilnehmen müssen. Die Personalabteilung blockierte diese Möglichkeit aber, weil er in den Akten als „politisch nicht zuverlässig“ registriert war. Im September 1936 hatte Hermann Göring beim Chef der Personalabteilung nachfragen lassen, was gegen Schulze-Boysen vorliege. Als er die Antwort erhielt, dass hier politische Aktivitäten aus der Weimarer „System-Zeit“ vermerkt seien, entgegnete dieser, man solle doch „die alten Kamellen lassen“ und ihn auf einen Fliegerlehrgang schicken. Diesen Lehrgang absolvierte er im November in List auf Sylt und wurde anschließend zum Unteroffizier der Reserve befördert. Weitere Lehrgänge im Mai und Juli 1936 folgten. Inzwischen wurde er im Auftrage des Reichsluftfahrtministeriums auch zur publizistischen Mitarbeit am „Handbuch der Wehrwissenschaften“ und der Zeitschrift „Luftwehr“ herangezogen

Noch während der militärischen Grundausbildung in Halle erfuhr er vom Verbot der Zeitschrift „Wille zum Reich“. Das war für Harro Schulze-Boysen ein Anlass, die bestehenden Kontakte nach außen noch deutlicher zu verwässern, daher entwickelte sich die kurz nach der Hochzeit bezogene Wohnung der Familie Schulze-Boysen in Berlin Waitzstraße mehr und mehr zu einem beliebten Treffpunkt für zahlreiche Personen, die den gesellschaftlichen Umgang miteinander suchten und auch pflegen wollten. Ein zweite solche Begegnungsstätte hatte sich in Liebenberg auf dem Gut ihrer Eltern entwickelt. Verständlicherweise befanden sich unter diesen Personen auch viele Ehemalige aus dem „Gegner“-Kontaktumfeld. Im internen Kreis dieser Kontakte und Begegnungen bewegten sich dadurch diejenigen etwas sicherer, die miteinander interne Informationen austauschen, sich eine Meinung über bestimmte Entwicklungen des faschistischen Regimes bilden oder auch Geld sammeln wollten für Familien, deren Angehörige aus politischen Gründen inhaftiert worden waren. Zur Sicherung dieser abgedeckten Aktivitäten wurden einige grundsätzliche konspirative Regeln vereinbart. So hieß Harro Schulze-Boysen in diesem Kreis „Hans“.

Als sich Mitte 1936 Deutschland personell am Kampf gegen die spanische Volksfront beteiligte und hier vor Ort auch neues militärisches Gerät erprobt wurde, sammelte Harro Schulze-Boysen dazu gezielt interne Informationen und gab sie mit dem Ziel über gute Bekannte weiter, dass diese über britische Medien veröffentlicht und dadurch die deutsche Öffentlichkeit von diesen Machenschaften Kenntnis bekommen konnte.

Im Herbst 1937 wurde er zur Gestapo zwecks einer Gegenüberstellung vorgeladen. Ein früherer Freund aus dem „Gegner“-Kreis, Werner Dissel (1912–2003), war wegen antifaschistischer Kontakte inhaftiert worden. In einem unbeobachteten Moment konnte Harro Schulze-Boysen ihm einen Zettel zustecken und signalisieren, dass die Gestapo kein Wissen über den vor der Verhaftung zwischen beiden erfolgten Informationsaustausch über deutsche Panzerregimenter, die nach Spanien verlegt worden waren, hatte. Ende des Jahres gingen einzelne Aktive des internen Kreises um Harro Schulze-Boysen dazu über, zum eigenen Schutz, konspirative Treffen zu vereinbaren. Im Februar 1938 hatte er eine kurze Informationsschrift über ein in Barcelona von der deutschen Abwehr geplantes Sabotageunternehmen (gemeint war eine Aktion des Sonderstabes W. unter Helmut Wilberg) zusammengestellt. Ein Exemplar davon sollte der sowjetischen Botschaft in Paris zugestellt werden. Gisella von Poellnitz, die ebenfalls zum internen Kreis zählte, erklärte sich bereit, ein Paket mit der betreffenden Schrift in den Briefkasten der sowjetischen Handelsvertretung in Berlin zu werfen. Dabei wurde sie beobachtet und von der Gestapo inhaftiert. Die Folge davon war eine Vernehmung von und Hausdurchsuchung bei Harro Schulze-Boysen. Da keine belastenden Sachverhalte bei ihm festgestellt wurden, begnügte sich die Gestapo mit einem Hinweis an das Reichsluftfahrtministerium, ihn nicht weiter zu beschäftigen. Der Generalstab verbat sich eine solche Einmischung und ließ es bei einer Verwarnung bewenden. Um die Ostertage 1938 kam im Kreis der engsten Freunde der Vorschlag auf, ein Flugblatt zum National-revolutionären Krieg in Spanien herauszubringen. Der Versand erfolgte an ca. 100 Adressen.

In Vorbereitung auf die bevorstehende militärische Besetzung der Tschechoslowakei fand nach den Pfingsttagen 1938 in der Abteilung „Fremde Luftmächte“ ein Planspiel und kurz darauf im August eine Gefechtsübung im Raum Wildpark-Werder bei Potsdam statt. Auch die Gestapo bereitete sich auf den bevorstehenden Kriegsfall vor und aktualisierte nach einer Weisung von Heinrich Himmler ihre Karteien potentieller Staatsfeinde. Harro Schulze-Boysen wurde hier in die Kategorie C als ehemaliger Herausgeber des „Gegner“ eingestuft. Er blieb also im Visier des Sicherheitsdienstes. Am 20. April 1939 wurde er zum Leutnant befördert und zeitnah zu einer Studie über den Luftrüstungsvergleich zwischen Frankreich, England und Deutschland herangezogen. 1940 begann er parallel zu seiner Tätigkeit im RLM ein Studium an der Auslandswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Gegen Ende dieses Studiums leitete er ein auslandswissenschaftliches Seminar als Mitarbeiter von Franz Six.

An seinem 30. Geburtstag am 2. September 1939 hatte Harro Schulze-Boysen ein intensives Gespräch mit Hugo Buschmann (1899–1983), mit dem er vereinbart hatte, Literatur über die russische Revolution, Lenin, Stalin und Trotzki zu erhalten. Dabei beschäftigten ihn vor allem Fragen, welche Alternativen es zum kapitalistischen System der westeuropäischen Länder gebe, und er trug sich mit dem Gedanken, in seinem Studium eine Arbeit über die Sowjetunion zu schreiben. Die Bedenken, die Hugo Buschmann hinsichtlich der Literaturübergabe hatte, entkräftete Schulze-Boysen mit der Bemerkung, „ich erhalte regelmäßig die „Prawda“ und „Iswestija“ und muss[sic!] sie lesen“, weil ich Berichterstatter über russische Fragen bin. „Meine Abteilung verlangt ein eingehendes Studium dieser Literatur. Außerdem sind wir doch Verbündete von Sowjetrussland.“

Mit dem Überfall auf Polen der deutschen Wehrmacht am 1. September 1939 gab es für Harro Schulze-Boysen keinen Zweifel, dass dieser Krieg ganz Europa erfassen und gründlich verändern würde. Das bedeutete in seinen Überlegungen zwar eine Katastrophe und Zerstörung, aber zugleich auch eine Chance zur baldigen Überwindung der Nazi-Herrschaft. Auf dieses Ziel hinzuarbeiten war eine greifbare Motivation für ihn. Nach dem gegenseitigen Kennenlernen Ende 1939/Anfang 1940 kam es im Oktober 1940 zu ersten intensiven Gesprächen zwischen Arvid HarnackAdam Kuckhoff und Harro Schulze-Boysen. Er informierte sie über sein Tätigkeitsfeld im Reichsluftfahrtministerium, die Verbindung zu kommunistischen Aktivisten, durchgeführte Flugblattaktionen und die von ihm angefertigten wöchentlichen internen Lageberichte für den engen Kreis der Gesinnungsfreunde. Dabei stellten sie fest, dass alle drei zwar unterschiedlichen Temperamentes, aber ähnlich in ihrer Haltung zum Hitler-Regime waren. Einer festeren Zusammenarbeit stand also nichts im Wege, nur mahnten beide Gesprächspartner Harro zukünftig, mehr Vorsicht walten zu lassen, und drangen darauf, die Kontakte zu Walter Küchenmeister und in die Schweiz (Auslandsleitung der KPD) aus Sicherheitsgründen abzubrechen.

Im Januar 1941 wurde Harro Schulze-Boysen, inzwischen Oberleutnant, in die Attachégruppe der 5. Abteilung des Reichsluftfahrtministeriums kommandiert. Sein neuer Dienstort war der Luftwaffenführungsstab in Potsdam-Wildpark, wo sich auch das Hauptquartier der Luftwaffe befand. Seine Aufgabe war es hier, die einkommenden Berichte der in den einzelnen Botschaften tätigen Luftwaffenattachés zu bearbeiten. Zeitgleich erfuhr Arvid Harnack von ihm, dass nunmehr auch das Reichsluftfahrtministerium in die Vorbereitung des Russlandfeldzuges eingebunden war und Aufklärungsflüge über sowjetischem Territorium begonnen hatten

Am 27. März lernte Harro Schulze-Boysen, in der Wohnung von Arvid Harnack den Angehörigen der sowjetischen Botschaft Alexander Korotkow (1909–1961) kennen. Dabei handelte es sich um einen Mitarbeiter des Auslandsnachrichtendienst des sowjetischen Volkskommissariates für Staatssicherheit (NKGB). Ohne zu diesem Zeitpunkt über die genaue Tätigkeit seines Gegenübers im Bilde zu sein, informierte Harro Schulze-Boysen diesen in dem Gespräch darüber, dass der Angriff auf die Sowjetunion nun endgültig entschieden sei und in kürzester Zeit erfolgen würde.

Ab Mai 1941 gab Schulze-Boysen geheime militärische Informationen an den Auslandsnachrichtendienst des sowjetischen Volkskommissariates für Staatssicherheit (NKGB) weiter. Gleichzeitig baute er mit Arvid Harnack einen Widerstandskreis auf, der nach dem Krieg Schulze-Boysen/Harnack-Gruppe genannt wurde und zu dem schließlich über hundertfünfzig Hitlergegner gehörten. Sie verteilten Flugblätter, brachten Parolen an Gebäuden an und unterstützten Verfolgte. Ein engerer Kreis sammelte und übermittelte zudem Informationen an den sowjetischen Nachrichtendienst.

Dieses Widerstandsnetz wurde von der Funkabwehr der Wehrmacht mit dem Fahndungs- und Sammelbegriff „Rote Kapelle“ bezeichnet. Über Alexander Korotkow, den Vertreter des NKGB in der sowjetischen Botschaft in Berlin, versuchte Schulze-Boysen, vor dem bevorstehenden deutschen Überfall auf die Sowjetunion zu warnen.

Im Juli 1942 wurde ein verschlüsselter Funkspruch des sowjetischen Militärgeheimdienstes GRU vom 26. August 1941 von Moskau nach Brüssel durch die Gestapo dechiffriert, in dem neben Schulze-Boysens Name auch seine Adresse stand. Dies führte zur Entdeckung und Verhaftung der Schulze-Boysen/Harnack-Gruppe und zur Hinrichtung zahlreicher ihrer Mitglieder.

Am 31. August wurde Harro Schulze-Boysen in seinem Büro im Reichsluftfahrtministerium verhaftet, seine Frau Libertas einige Tage später, nachdem sie, als er am Abend nicht heimkehrte, in Panik geraten und zu Freunden geflüchtet war. Am 19. Dezember wurde er wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ und „Landesverrat“ zum Tode verurteilt und am 22. Dezember 1942 um 19:05 Uhr in Berlin-Plötzensee gehenkt. Die Hinrichtungen weiterer Mitstreiter der „Roten Kapelle“ erfolgten dort im Vierminutentakt. Libertas Schulze-Boysen wurde etwa eine Stunde nach der Ermordung ihres Mannes enthauptet

Bereits am 15. Dezember 1942 wurde auf Weisung Hitlers im Hinrichtungsraum der Haftanstalt Berlin-Plötzensee eine Eisenschiene mit Fleischerhaken angebracht. Bis dahin wurden Todesurteile von Militärgerichten durch Erschießung und die von Zivilgerichten durch Enthauptung mit der Guillotine vollstreckt. Beginnend mit der Hinrichtung der führenden Mitglieder der Schulze-Boysen/Harnack-Gruppe, wurde das qualvollere und besonders entehrende Hängen eingeführt.

Berliner Gedenktafel für die Schulze-Boysens am Haus Altenburger Allee 19 in Berlin-Westend

Bildquelle: Von Axel Mauruszat – Eigenes Werk, Attribution, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3907387

 

Hartmut Schulze-Boysen, der jüngere Bruder von Harro, erreichte, dass die Staatsanwaltschaft Berlin das Urteil des Reichskriegsgerichts gegen Schulze-Boysen am 24. Februar 2006, 63 Jahre nach der Hinrichtung, aufhob. Siehe oben.

 

Entnommen aus Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

 

Der Antikominternpakt

Gastbeitrag von Gerd Pehl

Der Antikominternpakt (AKP) ist in dem Beitrag zu wenig in seiner Bedeutung dargestellt. Seine briete und tiefe Bedeutung ergibt sich bereits aus dem Begriff: Antikominternpakt. Ihn nun nur als Angriffspunkt gegen die UdSSR zu reduzieren, gehört zur Geschichtsklitterung. Um die Bedeutung des AKP von 1936 zu begreifen, ist es notwendig, die historischen Entstehungsbedingungen gedanklich zu erfassen.

Um den Begriff zu verstehen, muss verstanden werden, dass es sich um einen Vertrag (Pakt) handelt, der sich gegen (Anti) die Kommunistische Internationale (Komintern oder KI)handelt – also Antikominternpakt.

Was war die Kommunistische Internationale? Die Komintern war eine im März 1919 von W. I. Lenin, dem Führer der Kommunistischen Partei der RSFSR (KPR (B)) ins Leben gerufene Konferenz in Moskau, an der 50 Delegierte der kommunistischen und linkssozialistischen Parteien und Organisationen aus fasst 30 Ländern Europas, Asiens und Afrikas teilnahmen und sich als Kommunistische Internationale bezeichneten. Mit ihrem Erstarken wurde sie für den internationalen Imperialismus und besonders für den aufkommenden Faschismus in Europa zum international erklärten Feind. Auf dem VII. Kongress der KI, August 1935, an dem 513 Delegierte aus 65 Kommunistischen Parteien und einer Reihe der KI angeschlossener internationaler Organisationen teilnahmen referierte unter anderem der bulgarische Kommunist Georgi Dimitroff über die Offensive des Faschismus und die Aufgaben der KI im Kampf um die Einheit der Arbeiterklasse gegen den Faschismus, indem er den Faschismus als offene terroristische Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals brandmarkte.

Diese breite internationale Entwicklung der KI war nun besonders für die Ziele des Hitlerfaschismus zur Gefahr geworden, die mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werden musste. So kam es dann im November 1936 zu dem AKP zwischen Hitlerdeutschland und Japan, auch Japan war im Exekutivkomitee der KI (EKKI) durch Shoichi Ichikawa vertreten.

Der AKP bestand aus drei Teilen, einem Zusatzprotokoll und einem Geheimen Zusatzprotokoll. Der AKP verpflichtete die vertragschließenden Seiten, sich gegenseitig über die Tätigkeit der KI zu unterrichten, über notwendige Abwehrmaßnahmen zu beraten und in enger Zusammenarbeit durchzuführen sowie dass beide Vertragsparteien dritte Staaten gemeinsam einladen, Abwehrmaßnahmen im Geiste des AKP zu ergreifen oder an diesem Abkommen teilzunehmen. 

Das Zusatzprotokoll verpflichtete zum Nachrichtenaustausch über die Tätigkeit der KI und strenge Maßnahmen gegen diejenigen zu ergreifen, die sich im In- oder Ausland direkt oder indirekt im Dienst der KI betätigen. Damit hatten Hitlerdeutschland und Japan sich Vorwände zu Einmischung in innere Angelegenheiten anderer Staaten geschaffen. 

Das Geheime Zusatzprotokoll enthielt die Verpflichtung, dass im Falle eines Krieges des einen Staates gegen die UdSSR der andere Staat keine Maßnahmen trifft, die die Lage der UdSSR entlasten könnten. Die Gültigkeit des Vertrags war für fünf Jahre vereinbart, in der keine politischen Verträge abgeschlossen werden, die nicht mit dem AKP übereinstimmen.

1937 trat Italien, 1939 traten Ungarn und der japanische Marionettenstaat Mandschukuo und Franco-Spanien dem AKP bei. 1941 wurde der AKP um weitere fünf Jahre verlängert und es schlossen sich die faschistischen Regierungen Bulgariens, Finnlands, Rumäniens, der von Hitlerdeutschland besetzten Länder Dänemark, Slowakei und Kroatien sowie die chinesischen Nanking-Regierung an. Die herrschenden Kreise Großbritanniens, Frankreichs und der USA begünstigten durch ihre Befriedigungs-Politik und die Ermunterung der Aggressoren zum Krieg gegen die UdSSR in bedeutendem Maße die Bildung und Festigung dieses Blocks, obwohl er darauf abzielte unter den Vorwand des Kampfes gegen die KI nicht nur eine intensive Kriegsvorbereitung gegen die UdSSR, sondern auch gegen Großbritannien, Frankreich, die USA und andere Staaten durchzuführen. 

In den Jahren 1939/40 wurde der AKP zu einem offenen Militärbündnis zwischen Deutschland, Italien und Japan verwandelt. Der Sieg der Antihitlerkoalition, in der die UdSSR die entscheidende Rolle spielte, führte zur Liquidierung des Blocks der faschistischen Aggression.

 

 

Die außenpolitischen Schritte der Faschisten zur Vorbereitung des Krieges

Die faschistische Aufrüstung stärkte die Positionen des faschistischen deutschen Imperialismus und Militarismus. Deshalb unternahm die Hitlerregierung gleichlaufend wichtige außenpolitische Schritte, um ihre Positionen auszubauen und die Kräfte des internationalen Faschismus zusammenzuschließen

Die drohende Gefahr eines imperialistischen Weltkrieges wurde durch den Krieg, den der italienische Faschismus 1935/36 gegen das Kaiserreich Äthiopien führte, schlaglichtartig deutlich. Die Hitlerfaschisten nahmen gegenüber diesem Aggressionskrieg eine wohlwollende Haltung ein und unterstützten den italienischen Faschismus durch Lieferungen von Kriegsmaterial.

Italienische Truppen in Äthiopien Kopie

Faschistische italienische Truppen bringen schwere Artillerie in Stellung, um das Feuer auf eine äthiopische Stadt zu eröffnen

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Am 07. März 1936 ließ die Hitlerregierung Teile der faschistischen Wehrmacht in jene Gebiete des Rheinlandes einrücken, die entsprechend dem Versailler Vertrag militärisch nicht befestigt oder besetzt werden durften. Dieser Schritt diente der Verbesserung der strategischen Ausgangspositionen für einen Krieg gegen Frankreich. Der Bau des Westwalls entlang der Grenze nach Frankreich begann.

Besetzung Rheinland Kopie

Besetzung der entmilitarisierten Gebiete des Rheinlandes: Faschistische Militärflugzeuge überfliegen den Rhein

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die imperialistischen Westmächte England und Frankreich nahmen auch diese Provokation hin. Sie verurteilten in Worten den faschistischen Einmarsch. Da sie jedoch keinerlei praktische Schritte unternahmen, um das faschistische Deutschland zu zügeln, förderten sie damit die Verderbnis bringende Politik der Hitlerregierung.

Ein nächster Schritt bei der Entwicklung einer aggressiven Mächtegruppierung war die Bildung der Achse Berlin-Rom durch den Abschluss eines Vertrages zwischen den faschistischen Staaten Deutschland und Italien am 25. Oktober 1936. Darin erkannte Hitlerdeutschland die Annexion Äthiopiens durch Italien an. Zugleich verständigte man sich über die Verteilung der Einflusssphären auf dem Balkan.

Nachdem sich mit dem militär-faschistischen Putsch im Februar 1936 auch in Japan die äußerste Reaktion in der Regierung durchgesetzt hatte, wurde am 25. November 1936 zwischen Deutschland und Japan der sogenannte Antikominternpakt abgeschlossen. Diesem Pakt trat am 06. November 1937 auch Italien bei. Das war eine offene Kampfansage dieses Kriegsblocks gegen die Sowjetunion, die internationale Arbeiterbewegung und alle demokratischen Kräfte. Zugleich aber wurde durch die starke Betonung des Kampfes gegen den Kommunismus der Versuch unternommen, sich der gesamten imperialistischen Reaktion als Speerspitze gegen die Sowjetunion anzubieten.

Unterzeichnung des Antikomminternpaktes Kopie

Unterzeichnung des Antikominternpaktes durch die Beauftragten Japans und Hitlerdeutschlands am 25. November 1936 in Berlin

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Damit wollten sich die Staaten der Antikominternpaktes die Unterstützung der Imperialisten in aller Welt sichern und gleichzeitig sollten die Westmächte getäuscht werden, um sie von den Kriegsvorbereitungen der Faschisten gegen Frankreich und Großbritannien abzulenken.

Siehe auch den Gastbeitrag von Gerd Pehl:  „Der Antikominternpakt“

 

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Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

 

Die Außenpolitischen Schritte zur Kriegsvorbereitung des Faschismus

 

 

 

 

 

 

Die militärischen und wirtschaftlichen Kriegsvorbereitungen des faschistischen deutschen Imperialismus

Auch in den Jahren 1936 bis 1939 wurde die Innen- und Außenpolitik des faschistischen Regimes durch ein Ziel bestimmt, durch die Vorbereitung eines Raubkrieges. Entsprechend dieser verbrecherischen Politik wurde die Armee im beschleunigten Tempo ausgebaut. Voraussetzung für den raschen Aufbau der faschistischen Wehrmacht war die schnelle Entwicklung der Rüstungsindustrie, die Milliarden Mark erforderlich machte. Diese einseitige Ausrichtung der Wirtschaft auf Rüstung stellte hohe Anforderungen an die deutschen Rohstoff- und Devisenvorräte. Dadurch eintretende ökonomische Schwierigkeiten des Hitlerregimes sollten nach dem Willen der Nazi-Führer durch den lautstark verkündeten „Vierjahresplan“ unter der Losung „Kanonen statt Butter“ überwunden werden.

Rüstungsindustrie bei Nazis Kopie

Die Kriegsausrüstung des deutschen Faschismus läuft Ende der 1930er Jahre auf Hochtouren. Die Abbildung zeigt die Geschützproduktion in einem Werk der Rheinmetall-Borsig AG in Düsseldorf

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Mit dem Aufbau eines riesigen Verwaltungsapparates in Gestalt der Vierjahresplanbehörden schufen sich die aggressiven Monopole ein neues Instrument zur Verwirklichung ihrer unmenschlichen Pläne zur Unterdrückung des eigenen Volkes und fremder Völker.

Geheime Denkschrift Hitlers KopieQuellenangabe Geheime Denkschrift Kopie

Quellenangabe Geheime Denkschrift 2 Kopie

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

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Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Die militärischen und wirtschaftlichen Kriegsvorbereitungen

 

 

Das Münchner Abkommen und die Annexion der Tschechoslowakischen Republik

Nach der Einverleibung Österreichs bestand das nächste Ziel des Hitlerregimes in der Annexion der Tschechoslowakei. Auch hier ging es den deutschen Faschisten um die hochentwickelte Industrie, um landwirtschaftliche Rohstoffe und Nahrungsmittel sowie um günstige militär-strategische Positionen für einen Krieg gegen Polen und zur Beherrschung des Balkans

Die Tschechoslowakei war ein Nationalitätenstaat, in dem auch rund drei Millionen Deutsche lebten, hauptsächlich im Sudetengebiet. Unter ihnen hatte die faschistische Sudetendeutsche Partei, geführt von Konrad Henlein, den größten Einfluss gewonnen. Die Henleinfaschisten wurden von Deutschland finanziert und gelenkt. Sie sollten, unter Berufung auf das „Selbstbestimmungsrecht“, für die deutsche Bevölkerung der Grenzgebiete Autonomie fordern. Dadurch sollten sie die Situation in der Tschechoslowakei bis zum Bürgerkrieg zuspitzen. Die Hitlerregierung erwartete davon einen Vorwand, um ihre Truppen zum „Schutz der Deutschen“ einmarschieren zu lassen.

Im Mai 1938 inszenierten die Henleinfaschisten in den Grenzgebieten anlässlich der Gemeindewahlen zahlreiche Zusammenstöße. Die Regierung in Berlin befahl den Aufmarsch deutscher Truppen an der Grenze, um die Prager Regierung zum Nachgeben zu zwingen. Unter Führung der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei entwickelte sich jedoch eine so starke patriotische Bewegung, dass die tschechoslowakische Regierung eine Teilmobilmachung beschließen musste.

Demo in Prag gegen Einmarsch in CSR Kopie

Massendemonstration in Prag unter Führung der Kommunistischen Partei der CSR gegen die drohende faschistische Aggression

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Obwohl die Westmächte sich gegen dies Verteidigungsmaßnahmen des Volkes der CSR wandten, mussten sie unter dem Druck der Volksmassen zugleich dem Hitlerregime Zurückhaltung in seinen aggressiven Bestrebungen gegen die CSR empfehlen. Doch die Hitlerfaschisten verfolgten ihre Pläne weiter und bereiteten sich ohne Unterbrechung auf den militärischen Überfall vor. Damit entstand die Gefahr eines Krieges in Europa.

 

Überfall auf CSR geheime Weisung Hitlers Kopie

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Am 15. September 1938 traf sich Hitler mit dem britischen Premierminister Neville Chamberlain, der sich bereit erklärte, die faschistischen Forderungen nach Abtretung der sudetendeutschen Gebiete in London, Paris und Prag durchzusetzen

Allein die Sowjetunion blieb ihren Bündnisverpflichtungen treu und stand fest an der Seite des tschechoslowakischen Volkes.

 

-Die Rote Fahne- Frühjahr 1938 Kopie

„Die Rote Fahne“ vom Frühjahr 1938

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Auf Anfrage des Präsidenten der CSR, Benesch, erklärte die UdSSR ihre Bereitschaft, sofort militärische Hilfe zu leisten, wenn auch Frankreich seinen Verpflichtungen aus dem Beistandspakt nachkäme. Nachdem Frankreich dazu nicht bereit war, brachte die Sowjetregierung am 20. September 1938 zum Ausdruck, dass sie trotzdem Hilfe erweisen würde, wenn die Regierung der CSR die Sowjetunion offiziell darum ersuchen würde.

 

Aus Bericht des sowjetischen Gesandten CSRAus Bericht des sowjetischen Gesandten CSR 2Quellenangabe aus Bericht des sowjetischen Gesandten CSR

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Aber die bürgerliche Regierung der CSR bat die Sowjetunion nicht um Hilfe, sie kapitulierte lieber.

So trafen sich Neville Chamberlain, Edouard Daladier, Adolf Hitler und Benito Mussolini in München zu Beratungen, deren Ergebnis am 29. September 1938 der Abschluss des sogenannten Münchner Abkommens war. Hierin wurde die Regierung der CSR gezwungen, die Sudetengebiete an Deutschland abzutreten und alle militärischen Anlagen in diesem Gebiet unbeschädigt zu übergeben.

Unterzeichnung des Münchener Abkommens Kopie

Bei der Unterzeichnung des Münchner Abkommens, 29. September 1938(von Links nach rechts: Camberlain, Premierminister Großbritanniens; Mussolini, Italien; Hitler, Deutschland; Daladier, Ministerpräsident Frankreichs)

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Am 1. Oktober 1938 marschierte die faschistische Wehrmacht in dieses Gebiet ein.

 

Einmarsch deutscher Truppen in Prag 1939 Kopie

Einmarsch der faschistischen deutschen Armee in Prag am 15. März 1939

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

Am 15. März 1939 unterjochte Hitlerdeutschland die restlichen tschechoslowakischen Gebiete. Auf dem Territorium der tschechoslowakischen Republik wurde das sogenannte Protektorat Böhmen und Mähren und ein slowakischer Marionettenstaat geschaffen. Heute ist die Slowakei wieder ein eigenständiger Staat.

Siehe ZEIT-Artikel vom 06. Januar 2018.

 

Glückwunschtelegramm der IG Farben 1938Quellenangabe Glückwunschtelegramm IG Farben 1938

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Das demagogische Gerede von der „Befriedung Europas“, durch das die Regierungen der Westmächte ihre Zustimmung zum Münchner Abkommen vor den Volksmassen rechtfertigen wollten, wurde im gemeinsamen Aufruf der kommunistischen Parteien Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und der Tschechoslowakei widerlegt. Der Aufruf hob hervor, dass der Frieden nur von den Arbeitern und Bauern im Bündnis mit den demokratischen Kräften aller Völker gerettet werden kann.

 

Demo in London gegen Münchner Abkommen 1938 Kopie

Protestkundgebung in London gegen das Münchner Abkommen 1938

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Das Münchner Abkommen dagegen, so wurde festgestellt, ist die Fortsetzung der gleichen Kapitulationspolitik gegenüber Hitler, die die Regierungen Frankreichs und Großbritanniens bereits mit ihrer Politik der „Nichteinmischung“ gegenüber der spanischen Republik angewandt hatten und die letztlich den faschistischen Interventen diente.

 

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entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Münchener Abkommen und Annexion der Tschechoslowakischen Republik

 

 

 

 

 

 

Die Annexion Österreichs, März 1938

Das von Hitler so unverhüllt umrissene Ziel, Österreich dem faschistischen Deutschland einzuverleiben, verfolgten die Faschisten seit ihrem Machtantritt. Jahrelang wurden die faschistischen Kolonnen in Österreich aufgebaut. Unter der Losung „Heim ins Reich“ betrieben sie ihre Wühltätigkeit und bereiteten so der Aggressionspolitik Hitlers den Weg.

Einmarsch nach Österreich 1938 Kopie

Truppen der Hitlerwehrmacht marschieren am 12. März 1938 in Österreich ein

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Am 12. Februar 1938 stellte Hitler an den österreichischen Kanzler Schuschigg ultimative Forderungen nach voller Amnestie und freier Betätigung für alle österreichischen Nazis und nach Ernennung des faschistischen Führers Seiß-Inquart zum Innen- und Sicherheitsminister

Da sich England, Frankreich und Italien gegenüber diesen Drohungen in Schweigen hüllten, gab Schuschigg den Forderungen Hitlers nach.

Schuschniggs letzter Rettungsversuch war eine für den 13. März 1938 festgesetzte Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Österreichs. Den Drohungen Hitlers nachgebend, hob er die Volksabstimmung auf und trat am 11. März als Bundeskanzler zurück

Sein Nachfolger wurde Seiß-Inquart. Dennoch begannen am Abend des gleichen Tages die faschistischen deutschen Truppen in Österreich einzurücken. Am 13.März 1938 erklärte die Regierung Seiß-Inquart den Anschluss an das „Großdeutsche Reich“, wie die Faschisten Deutschland von nun an nannten. Damit war die Annexion Österreichs durch Hitlerdeutschland vollzogen.

Den Truppen der Hitlerwehrmacht folgten die Beauftragten der Monopole auf dem Fuß. Die Deutsche Bank, die IG Farbenindustrie, die Elektrokonzerne AEG und Siemens drangen tief in das Wirtschaftsleben ein. Die faschistische Rüstungswirtschaft erhielt durch den Raub der Bodenschätze wie Eisenerz, Blei, Zink, Kupfer, Nickel, Chrom, Kohle usw. dringend benötigte Rohstoffe.

Die imperialistischen Westmächte reagierten auf diese Annexion eines souveränen Staates mitten im Frieden lediglich durch einige papierne Proteste. Aber bereits am 2. April 1938 erkannte die englische Regierung die Annexion Österreichs an. Die Vorschläge der Sowjetregierung, die sich als einziger Staat im Völkerbund gegen diesen Aggressionsakt gewandt hatte, fanden in London, Paris und Washington kein Gehör. Den Westmächten ging es darum, über alle imperialistischen Widersprüche hinweg eine einheitliche Front gegen die Sowjetunion zu schaffen.

Innerhalb kurzer Zeit nahm das Zentralkomitee der KPD gegen diesen ersten offenen Aggressionsakt Stellung. Es trat für die Freiheit und das Selbstbestimmungsrecht der österreichischen Nation ein und brachte die wahren Interessen des deutschen Volkes zum Ausdruck.

Demo gegen Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland Kopie

Demonstration der Wiener Bevölkerung gegen den geplanten gewaltsamen Anschluss Österreichs an das faschistische Deutschland

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

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entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Die Annexion Österreichs 1938

 

 

 

 

 

 

 

 

Die drohende Gefahr eines zweiten Weltkrieges

In der zweiten Hälfte des Jahres 1937 wurde die kapitalistische Welt erneut von einer Wirtschaftskrise erfasst. Allein das faschistische Deutschland, Italien und Japan vermochten dieser Krise durch ihre gewaltige Rüstung zunächst zu entgehen. Die Wirtschaftskrise verschärfte erneut die imperialistischen Widersprüche; der Kampf um den Weltmarkt, um Rohstoffquellen und Einflusssphären spitzte sich zu

Unter diesen Bedingungen verstärkten sie reaktionärsten Kräfte des deutschen Monopolkapitals die Kriegsvorbereitung. Dabei richtete sich die gesamte militär-strategische Planung des Hitlerregimes auf die Entfesselung eines Blitzkrieges. Die Blitzkriegskonzeption war, ähnlich wie im ersten Weltkrieg, der Versuch des deutschen Militarismus, die für einen längeren Krieg ungenügenden materiellen und personellen Reserven auszugleichen.

Aus Erklärung Hitlers über erste Ziele faschistischer AggressionAus Erklärung Hitlers über Ziele faschistischer Aggression 2Quellenangabe Aus Erklärung Hitlers Ziele faschistischer Aggression

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

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Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Die drohende Gefahr eines zweiten Weltkrieges