Juli: Käthe Kollwitz wird in Königsberg als Käthe Schmidt, Tochter des Maurermeisters und Predigers Carl Schmidt und dessen Frau Katharina (geb. Rupp), geboren.
1881
Zeichenunterricht bei einem Kupferstecher in Königsberg.
1885-1889
Studium der Malerei bei Karl Stauffer-Bern (1857-1891) in Berlin und bei Ludwig Herterich (1856-1932) in München.
1891
Juni: Heirat mit dem Kassenarzt Karl Kollwitz, der sich in einem Berliner Arbeiterbezirk niederlässt. Aus der Ehe gehen zwei Söhne hervor.
1895
Teilnahme an der „Freien Kunstausstellung“ in Berlin mit drei Werken.
1895-1898
Inspiriert von Gerhart Hauptmanns Drama „Die Weber“ schafft Käthe Kollwitz den Zyklus „Ein Weberaufstand“.
1898
Aufnahme in die „Berliner Secession“.
1898-1903
Lehrerin an der Künstlerinnenschule in Berlin.
1899
Mit dem Erwerb von „Ein Weberaufstand“ beginnt das Dresdner Kupferstichkabinett eine Sammlung ihrer Werke. Verleihung der Kleinen Goldenen Medaille auf der Deutschen Kunstausstellung in Dresden, nachdem ihre Nominierung im Vorjahr abgelehnt wurde.
1901-1908
Arbeiten an dem Zyklus „Bauernkrieg“, für den sie den Villa-Romana-Preis erhält.
1904
Kollwitz lebt ein Jahr in Paris und arbeitet in der Plastikklasse der Académie Julian. Kontakt mit Auguste Rodin und Théophile Alexandre Steinlen (1859-1923).
1906
Januar: Ihr Plakat für die Deutsche Heimarbeit-Ausstellung wird auf Wunsch der Kaiserin Auguste Viktoria von allen Anschlagsäulen entfernt, da dieser die Darstellung einer abgearbeiteten Frau missfällt.
1914
22./23. Oktober: Ihr Sohn Peter fällt im Ersten Weltkrieg bei Dixmuiden (Flandern).
1917
Zahlreiche Ausstellungen in ganz Deutschland zu ihrem 50. Geburtstag.
1919
Januar: Sie wird als erste Frau Mitglied der Preußischen Akademie der Künste und erhält gleichzeitig den Professorentitel.
1921-1924
Arbeit für die Internationale Arbeiter-Hilfe (IAH), der viele linke Intellektuelle angehören. Während dieser Zeit entstehen sozialpolitische Plakate wie „Nie wieder Krieg“ für den Mitteldeutschen Jugendtag in Leipzig und „Nieder mit den Abtreibungs-Paragraphen!“
1922/23
Kollwitz arbeitet an der Holzschnittfolge „Krieg“, die von den Werken Ernst Barlachs beeinflusst ist.
1928
Leitung des Meisterateliers für Grafik an der Akademie der Künste in Berlin.
1929
Ausstellung im Kupferstichkabinett in Basel. Verleihung des Ordens Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste.
1932
Aufstellung des Mahnmals „Die Eltern“ für den gefallenen Sohn Peter auf dem Soldatenfriedhof in Roggevelde nahe Dixmuiden, das sie schon seit 1914 geplant hat.
1933
Kollwitz wird zum Austritt aus der Preußischen Akademie der Künste gezwungen. Amtsenthebung als Leiterin in der Meisterklasse für Grafik, später zudem indirektes Ausstellungsverbot durch Entfernung ihrer Arbeiten aus der Akademieausstellung und dem Kronprinzenpalais.
1934/35
Sie schafft ihren letzten Zyklus „Vom Tode“ (Lithografien).
1940
Juli: Tod ihres Mannes.
1942
September: Ihr Enkelsohn Peter fällt in Russland. Es entsteht die Lithografie „Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden“.
1943
Übersiedlung nach Nordhausen zu der Bildhauerin Margret Böning (1911-1995). 25. November: Ihre Berliner Wohnung, in der sie seit 1891 lebte, wird durch Bomben zerstört; viele Drucke und Platten werden vernichtet.
1944
Juli: Umsiedlung nach Moritzburg bei Dresden.
1945
April: Käthe Kollwitz stirbt in Moritzburg. Ihre Urne wird im September 1945 in Berlin beigesetzt.
Handel, Gewerbe, Kolonialpolitik und die Ausbeutung von Bauern und Arbeitern machten England zu einem der wohlhabendsten und mächtigsten Staaten Europas. Die wirtschaftliche und politische Stärke des englischen Bürgertums rief auch große Leistungen in Kunst und Wissenschaft hervor.
Die „Utopia“ des Thomas Morus
Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
Thomas Morus, der im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts wirkte, war der berühmteste englische Humanist. Er ist besonders durch sein Werk „Utopia“bekannt geworden. Ausgehend von einer scharfen Kritik der Zustände im England seiner Zeit entwarf er in diesem Buche das großartige Bild eines Staates, wie er nach seinen Vorstellungen sein sollte. In diesem Staate bestand Gemeineigentum am Boden. Morus verlegte ihn nach einer Insel „Utopia“(Land Nirgendwo), die dem Werk den Namen gegeben hat. Danach nannte man später alle Leute, die sich mit der Verbesserung der menschlichen Gesellschaft beschäftigten, ohne von den wirklichen Gegebenheiten auszugehen, Utopisten.
William Shakespeare
Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
Großen Ruhm erlangte England auch durch sein Theater. Als dessen bedeutendster Dichter gilt William Shakespeare, der rund ein halbes Jahrhundert nach Morus lebte. Shakespeare war ein Anhänger der Tudors, die eine dem Bürgertum genehme Politik betrieben. In seinen Bühnenstücken behandelte er vor allem die jüngste englische Geschichte, in der sich ein starkes Königtum durchsetzte. Daneben schrieb er aber auch weltbekannte Lustspiele, beispielsweise „Wie es euch gefällt“, und Trauerspiele wie „Hamlet“. Künstler aus ganz Europa nahmen sich das lebensbejahende Schaffen Shakespeares und die wirklichkeitsgetreue Gestaltung seiner Werke zum Vorbild.
Robinsons und Gullivers Väter
Im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts entstanden in England die Bücher „Robinson Crusoes Abenteuer“ und „Gullivers Reisen“.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
Eigentlich waren das keine Bücher für Kinder, sondern für Erwachsene – die Hauptwerke der berühmten Schriftsteller Daniel Defoeund Jonathan Swift. Defoe gedachte mit der Lebensbeschreibung Robinsons, der mit allen vom englischen Bürgertum beanspruchten guten Eigenschaften ausgestattet war, die Entwicklungsgeschichte des Menschen überhaupt wiederzugeben. Swift, der aus Irland stammte, wollte mit bitteren Worten die Verhältnisse auf den britischen Inseln verspotten, Verhältnisse, die er seinen Helden Gulliver im Lande der Liliputaner und der Riesen verkleinert oder vergrößert wiederfinden ließ. Swift prangerte auch die europäische Kolonialpolitik an.
Hervorragende bürgerliche Denker
Im Zeitalter der bürgerlichen Revolution gab es verschiedene Engländer, die über die Natur und die menschliche Gesellschaft nachdachten. Das waren Francis Bacon, John Locke und Thomas Hobbes. Besonders Bacon wurde von Karl Marx und Friedrich Engels hochgeschätzt. Er stellte die wissenschaftliche, durch Erfahrung und Experiment gewonnene Erkenntnis dem religiösen Glauben gegenüber. Der Wissenschaft komme ein entscheidender Platz in der Gesellschaft zu; ihr „wahres und rechtmäßiges“ Ziel solle es sein, „das menschliche Leben mit neuen Erfindungen und Mitteln zu bereichern“.
Einer der bedeutendsten Naturwissenschaftler überhaupt war Isaac Newton, ein Professor an der englischen Universität Cambridge. Dieser beschäftigte sich vornehmlich mit Physik und Mathematik. Newton ist der Begründer der klassischen Mechanik. In seinem 1686 veröffentlichten Hauptwerk „Die mathematischen Grundlagen der Naturwissenschaft“ behandelte er die Begriffe „Masse“, „Kraft“ und „Gewicht“.
Seine wichtigste Entdeckung aber war die des Gravitationsgesetzes. Dadurch gelang es ihm, die Ursachen für die Planetenbewegung, die vor ihm der deutsche Astronom Johannes Keplernur beschreiben konnte, auch zu erklären.
Damit wurde erneut die Lehre des Polen Copernicus über die Bewegungen der Himmelskörper bestätigt.
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel
Der absolutistische Staat hatte zunächst die kapitalistischen Unternehmungen mannigfaltig unterstützt. Privilegien hoben für die Manufakturen den Zunftzwang auf. Die Staatskasse lieh den Unternehmen fehlende Geldmittel. Arbeitskräfte, an denen es anfangs mangelte, wurden den Werkstätten aus Zucht-, Arbeits-, Armen- oder Waisenhäusern zwangsweise zugeführt.
Der Missbrauch von in Heimen untergebrachten Kinder und Jugendlichen als billige Arbeitskräfte war in kapitalistischen Ländern noch bis in die 1970er Jahre Usus.. Erst jetzt geht man daran dies aufzuarbeiten. Dabei relativiert man wieder und schwingt die antikommunistische Keule, indem man behauptet, dass es in der DDR auch so gewesen sei.
Deshalb entwickelten sich die fürstlichen Städte, voran die Residenzstädte, in schnellerem Tempo als di auf sich gestellten Reichsstädte. Doch blieb die Förderung der Wirtschaft bescheiden, weil Deutschland durch die Landesfürstentümer wirtschaftlich und politisch zersplittert war. Die einzelnen Territorien regelten die wirtschaftlichen Fragen nur für sich allein. Immer neue Zollschranken entstanden. So arbeiteten viele der mit künstlichen Mitteln geschaffenen Manufakturen zu teuer, bedurften ständig neuer Zuschüsse und erlagen schließlich der übermächtigen ausländischen Konkurrenz.
Erst nach 1750 wandelte sich das Bild merklich. Nunmehr gab es schon viele Manufakturen, die privaten bürgerlichen Unternehmern gehörten. Vor allem im Rheinland und in Sachsen blühten die Metallverarbeitung und die Textilproduktion auf. Neue Werkzeuge steigerten die Arbeitsproduktivität. Der Zeugdruck ermöglichte die billige Herstellung bunt gemusterter Baumwoll- und leichter Wollstoffe. Mit der Strickmaschine konnten statt bisher 100 Maschen je Minute 1000 bis 1500 hergestellt werden.
Obwohl in den Städten die Elemente der Bourgeoisie(Verleger, Manufakturbesitzer, Großkaufleute)heranwuchsen, Blieben die Bürger insgesamt auf vielfache Weise von den absolutistischen Herrschern abhängig: Sie profitierten von deren Maßnahme und verdienten an der Versorgung der Fürstenhöfe und der Heere. Durch die wirtschaftliche Abhängigkeit bedingt, unter der strengen Aufsicht des feudalabsolutistischen Staatsapparates, wagte es das deutsche Bürgertum kaum, offen gegen die historisch überlebten Feudalverhältnisse zu kämpfen. Die meisten Vertreter des deutschen Bürgertums schreckten vor dem direkten Klassenkampf mit Adel und Fürsten zurück, weil sie seit langem zu kriecherischer Unterwürfigkeit und bedingungslosem Gehorsam erzogen worden waren.
Deutsche Wissenschaftler als Träger fortschrittlicher Gedanken
Das deutsche Bürgertum beschränkte sich zunächst darauf, im Bereich der Wissenschaft und Kultur den Kampf gegen die feudalen Fesseln zu führen. In seinem Verlauf bildeten sich die Grundzüge der neuen, bürgerlichen Weltanschauung weiter aus. Im 17. Und 18. Jahrhundert brachte Deutschland einige hervorragende Gelehrte hervor, die das Werk der Humanisten fortsetzten.
Gottfried Wilhelm Leibnitz war allseitig gebildet und gleichermaßen als Philosoph, Mathematiker, Naturwissenschaftler, Historiker und Staatsrechtler tätig.
Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
Er schuf die Grundlagen der modernen höheren Mathematik und erfand zum Beispiel auch die erste Rechenmaschine. Die Gründung der Berliner Akademie der Wissenschaften(während der DDR-Zeit Akademie der Wissenschaften der DDR, nach der DDR-Zeit wurde die Akademie aufgelöst und in kleinere Institutionen, bzw. Akademien zersplittert.)im Jahre 1700 ist sein Verdienst.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
Christian Thomasius(1655-1728) wandte sich scharf gegen die grausamen Hexenverfolgungen und bekämpfte die unmenschliche Folter als Mittel, Geständnisse von einem Angeklagten zu erpressen. Er hielt seine Vorlesungen in deutscher Sprache und nicht, wie bisher üblich in Latein.
Diese und andere kluge und mutige Männer(Frauen gab es damals nicht in diesen Positionen)hatten aber zumeist besoldete Stellungen inne und waren somit vom Fürstenstaat abhängig. Vertraten sie Meinungen, die den Fürsten gefährlich erschienen, wurden sie rücksichtslos verfolgt. Berüchtigt ist die Behandlung des hallischen Professors Christian Wolff, dessen Lehren der preußische König als Rechtfertigung der Deserteure und damit als Angriff auf die Grundlagen des preußischen Militärstaates auffasste.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
Die meisten Gelehrten beschränkten sich daher auf umfangreiche wissenschaftliche Darlegungen, in denen sie ihre Zuversicht in den unaufhaltsamen Fortschritt der Menschheit zum Ausdruck brachten.
Immanuel Kant(1724-1804)war einer der bedeutendsten Gelehrten der Weltgeschichte, der in seinen Arbeiten viele Wissensgebiete behandelte. Er stellte zum Beispiel die erste Bahnbrechende Lehre über die Entstehung des Sonnensystems auf. Kant verwarf die Leibeigenschaft als „widermenschlich“. In der Schrift „Über den ewigen Frieden“ trat er für die Schaffung eines Völkerbundes ein, der einen dauerhaften Friedenszustand herbeiführen sollte. In einer Welt, die vollständig von der Ausbeutergesellschaft beherrscht war, konnte dieses hohe Ziel freilich nicht erreicht werden.
Dichter und Musiker als Gegner der feudal-absolutistischen Verhältnisse
Deutlicher noch als die Wissenschaftler nahmen hervorragende Dichter und Musiker zu den gesellschaftlichen Fragen ihrer Zeit Stellung.
Die Dichter wandten sich gegen den an den Fürstenhöfen überwiegend französischen Einfluss. Friedrich II. von Preußen beispielsweise schrieb fast nur französisch und ernannte einen Franzosen zum Präsidenten der Akademie. Verächtlich sah er auf die deutsche Dichterkunst seiner Zeit herab. Unter diesen Umständen war allein schon die Pflege der deutschen Sprache von großer Bedeutung für die Ausbildung eines Gefühls nationaler Zusammengehörigkeit über die Grenzen der deutschen Kleinstaaten hinweg.
Die Gedichte Klopstocks zeigten bereits, dass die deutsche Sprache gar nicht so steif und unbeweglich sei, wie viele bisher im Vergleich zum Französischen gemeint hatten.
Gotthold Ephraim Lessing schrieb in seinen gedankenreichen Fabeln sein meisterhaftes Deutsch.
Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
Er forderte die Schaffung eines Nationaltheaters und trug so maßgeblich zur Entstehung deutscher Theater in Mannheim und Hamburg bei. Vornehmlich Theaterstücke erreichten eine große Massenwirksamkeit und rüttelten zur Parteinahme auf, weil sie die brennenden Probleme der Zeit behandelten. Der erste große deutsche Theaterschriftsteller war Lessing. In seinem Trauerspiel „Emilia Galotti“ prangerte er das verwerfliche Treiben der Fürsten an, die glaubten, ihre Untertanen als Spielzeug ihrer Launen behandeln zu dürfen. Im Schauspiel „Nathan der Weise“ erklärte er, dass alle Religionen gleichwertig sind, und trat für Glaubensfreiheit und Menschlichkeit ein.
Um 1770 entstand eine Strömung in der Dichtkunst, die kühner als je zuvor die feudalen Zustände angriff. Dieser „Sturm und Drang“bestimmte auch die frühen, mit revolutionärem Geist erfüllten Werke Goethes(1749-1832)und Schillers(1759-1805). Sie gestalteten in ihnen zumeist Ereignisse aus der Geschichte ihrer Zeit und der jüngeren Vergangenheit, um die Willkür der Fürsten bloßzustellen und für die Befreiung des Bürgertums zu kämpfen. In Goethes „Götz von Berlichingen“ wird der Titelheld, ein Reichsritter, als freiheitsliebender Anführer der Bauern im Bauernkrieg geschildert. Das Trauerspiel „Egmont“ war dem gerechten revolutionären Aufstand der Niederlande gegen die spanische Fremdherrschaft gewidmet. Friedrich Schiller litt besonders unter der fürstlichen Herrschaft. Schon mit 13 Jahren musste er die Fürstenschule in Württemberg besuchen, in der ärgster Zwang herrschte. Sein erstes Schauspiel „Die Räuber“ schilderte den Anführer einer Räuberschar, wie sie im 18. Jahrhundert weit verbreitet war und auf ihre Art den antifeudalen Klassenkampf führte. Schiller stellte sein heimlich verfasstes Werk unter den Leitspruch „Gegen die Tyrannen“ und ließ es ohne herzogliche Genehmigung außerhalb Württembergs aufführen. Auch in den folgenden Werken blieb er dem kämpferischen Geist der „Räuber“ treu. „Kabale und Liebe“ brandmarkte den Soldatenverkauf als Menschenhandel und deckte das Intrigenspiel der Fürstenhöfe auf. Es gehörte viel Mut dazu, solche mitreißenden, politisch klar Partei ergreifenden Werke zu schreiben.
Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
Viele der Gebildeten Deutschlands glaubten dennoch daran, dass ein aufgeklärter, einsichtsvoller Fürst die gesellschaftlichen Zustände bessern könnte. So folgte Goethe einem Rufe des Herzogs Karl August nach Weimar, in die Hauptstadt eines thüringischen Zwergstaates. Weimar wurde für die nächsten Jahrzehnte das Zentrum des deutschen Geisteslebens. Hier wirkte zum Beispiel auch Herder, die die Liebe zum Volkslied und zum Volksmärchen wieder weckte. Schiller, als Geschichtsprofessor an die Universität in Jena berufen, schuf eine ganze Reihe von Dramen, die am Weimarer Theater aufgeführt wurden, das jahrelang unter Goethes persönlicher Leitung stand. Mit Goethes zweiteiligem Hauptwerk „Faust“ erreichte die klassische Periode der deutschen bürgerlichen Literatur ihren Höhepunkt. An das Wirken Goethes und Schillers erinnern zahlreiche Gedenkstätten in Weimar und in ganz Thüringen. Sie wurden zur DDR-Zeit von Hundertausenden Menschen aus der DDR und von Besuchern aus aller Welt besichtigt. Natürlich sind die Orte, die an das Wirken von Goethe und Schiller erinnern nach wie vor ein Toruristenmagnet.
Wie die Werke der Dichter, so werden auch die der bedeutendsten Komponisten jener Zeit noch heute überall aufgeführt. Johann Sebastian Bach, der zuletzt als Organist an der Leipziger Thomaskirche tätig war, sprengte die starren Formen, wie sie bisher in der Barockmusik üblich waren, und drückte in seinen Kompositionen menschliches Erleben und Empfinden aus.
Georg Friedrich Händel(1685-1759), in Halle(Saale) geboren, konnte in der geistigen Enge der deutschen Kleinstaaterei seine schöpferischen Fähigkeiten nicht entfalten und ging daher in das bürgerliche England. Im Inhalt seiner Werke spiegeln sich Zustände und Ereignisse seiner Wahlheimat wieder. Anstelle von Opern, die nur einem kleinen Kreis zugänglich waren, komponierte Händel später nur noch Oratorien. (Das Wort Oratorium entstammt dem Lateinischen. Heute versteht man darunter ein großes Musikwerk für Chor, Solisten und Orchester, das konzertartig, ohne Bühnenbild und Kostüme, aufgeführt wird.) Deren Handlung wurde vom Chor vorgetragen. In ihm wollte Händel die Volksmassen dargestellt wissen, an die er sich jetzt unmittelbar wandte.
Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
Wolfgang Amadeus Mozart(1756-1791)war bereits als Knabe ein bewunderter Musiker. Später entwich er dem heimatlichen Salzburg, wo ihn der Landesherr ständig bevormundete. In Wien lebte er lange Zeit bis zu seinem frühen Tode. In seinen Opern „Figaros Hochzeit“ und „Don Giovanni“ stellte er kraftvolle Menschen aus dem Volke auf die Bühne, die letztlich über die Vertreter des Adels triumphierten. Mit seinem letzten großen Werk, der Oper „Die Zauberflöte“, bekannte sich Mozart eindeutig zu den Gedanken der Menschlichkeit, die damals vom Bürgertum der Missachtung des Menschen durch die Feudalgewalten entgegengesetzt wurden.
Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
Dieses fortschrittliche Musikschaffen führte Ludwig van Beethoven weiter. Neben seiner Oper „Fidelio“ schuf er vor allem neun Sinfonien. In diesen großartigen Orchesterwerken gelangte der Freiheitswille der aufsteigenden bürgerlichen Gesellschaft zu einem überzeugenden künstlerischen Ausdruck. Die letzten Werke entstanden, obwohl Beethoven bereits völlig taub war.
In der zweiten Hälfe des 18. Jahrhunderts entstanden endgültig die Grundlagen der deutschen Nationalkultur, die vom Bürgertum getragen wurde. Ihre Werke, die zu den größten Leistungen der Menschheit zählen, dienten in hervorragender Weise dem gesellschaftlichen Fortschritt. Sie halfen mit, in Deutschland den Boden zu bereiten für den längst notwendigen Sturz der Feudalordnung und die Schaffung eines einheitlichen Nationalstaates. Sie zeigen, wie sich das Klassenbewusstsein der werdenden Bourgeoisie bildete.
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel
Die Bildung des marxistisch-leninistischen Zentralkomitees der KPD im Oktober 1925
Nach der Niederschlagung der Arbeiterklasse im Herbst 1923 terrorisierte die Reichswehr gemeinsam mit militaristischen Verbänden sowohl die klassenbewussten Arbeiter als auch parteilose Gewerkschafter und bürgerliche Demokraten. Den Hauptstoß richtete der imperialistische Staatsapparat gegen die Kommunisten. Ihre Partei wurde verboten und gegen fast alle führenden Funktionäre der KPD Haftbefehl erlassen.
Etwa 7000 klassenbewusste Proletarier saßen 1924 in den Gefängnissen der Weimarer Republik; gegen 18 000 wurde von den Justizbehörden Anklage erhoben. Eine Serie von Gesetzen und Verordnungen bürdete den Werktätigen(arbeitende Menschen)neue Steuerlasten auf, kürzte die kargen Unterstützungssätze für Erwerbslose, raubte den Arbeitern und Angestellten den Achtstundentag und schränkte ihr Streikrecht erheblich ein.
Das kommt uns bekannt vor. In der heutigen Zeit gibt es in Österreich gravierende Verschlechterungen für die arbeitenden Menschen, aber auch Erwerbslose. In Deutschland ist Hartz IV und die Einführung von Leiharbeit und anderen prekären Arbeitsverhältnissen mit Einkommenskürzungen für viele Menschen verbunden. Für diejenigen, die Arbeit haben und Steuern zahlen, wird diesen ebenso diese Last mehr und mehr aufgebürdet.
Doch der Vortrupp der Arbeiterklasse, der heutzutage nicht mehr vorhanden ist, kapitulierte nicht vor diesem Angriff. Trotz der schwierigen Kampfbedingungen und ungeachtet ihrer außerordentlich schlechten materiellen Lage organisierten die Kommunisten den Widerstand der Werktätigen(arbeitende Menschen)gegen die Offensive der Monopolkapitalisten. Arbeiter griffen in vielen Industriezweigen und Orten zur Waffe des Streiks. Wirksame proletarische Abwehrbewegungen wurden ausgelöst. Aber ihr Verlauf bestätigte letztlich, dass sich das Kräfteverhältnis der Klassen nach dem Oktober 1923 grundlegend zugunsten der Monopolbourgeoisie verändert hatte. Denn die Streikenden erreichten zwar insgesamt gesehen gewisse Lohnerhöhungen, vermochten jedoch nicht, die beseitigten sozialen Errungenschaften, wie z.B. den Achtstundentag, zurückzuerobern.
Die revolutionären Mitglieder der KPD bemühten sich, die Veränderungen im Kräfteverhältnis der Klassen rasch zu erfassen und eine der neuen Situation entsprechende Taktik auszuarbeiten. Doch das war außerordentlich schwierig; denn die relative Stabilisierung des Kapitalismus in Deutschland setzte sich nicht schlagartig durch, sondern vollzog sich in einem längeren, widerspruchsvollen Prozess. Die Breite und Schärfe der proletarischen Abwehrbewegungen begünstigten Fehleinschätzungen der Klassenkampfsituation. So meinte eine Reihe von Mitgliedern und Funktionären der KPD, in Deutschland könnten rasch neue, entscheidende Klassenkämpfe heranreifen und in naher Zukunft erneut den gesamtnationalen bewaffneten Aufstand gegen die Macht des Monopolkapitals auf die Tagesordnung stellen. Dem gegenüber beurteilte der revolutionäre Kern der KPD die Massenaktionen ihrem Charakter nach richtig als Abwehrkämpfe. Er rang in der Partei für die Durchsetzung dieser Politik, die die Verteidigung der elementaren materiellen und demokratischen Interessen in den Vordergrund rückte. Nur mit einer solchen Politik war es der KPD nach dem Oktober 1923 möglich, sich im Kampf um Teilforderungen eng mit den Arbeitermassen, mit den werktätigen Bauern und großen Kreisen der Städtischen Mittelschichten zu verbinden und so das Volk an neue große Klassenschlachten gegen den deutschen Imperialismus heranzuführen. Die KPD verfügte bereits über den dafür erforderlichen Stamm kampferfahrener und marxistisch-leninistisch gebildeter Revolutionäre. Einer ihrer hervorragendsten war Ernst Thälmann.
Schon im Alter von 17 Jahren wurde Ernst Thälmann Mitglied der Sozialdemokratischen Partei und der Freien Gewerkschaften. Bereits 1912 wählten die Hamburger Gewerkschafter den Transportarbeiter Thälmann als Delegierten zum Verbandstag. Am Vorabend des ersten Weltkrieges trat er für den entschiedenen Kampf gegen den Militarismus ein und beteiligte sich später an der Front an Aktionen gegen den imperialistischen Krieg. 1919 wurde er erster Vorsitzender der Hamburger Organisation der USPD. Als bewährter Arbeiterführer wurde er 1923 Mitglied der Zentrale der KPD und war seitdem Mitglied des höchsten Führungsgremiums der KPD.
Ernst Thälmann appellierte auf dem 9. Parteitag der KPD im April 1924 an alle Kommunisten, sich an die Spitze der Massenkämpfe gegen die Festigung der Macht der Monopole, gegen die Vorstöße der Militaristen und gegen den Raub der Arbeiterrechte zu stellen. Und um die Partei fest in den Betrieben zu verwurzeln, forderten die revolutionären Kräfte den organisatorischen Aufbau der KPD auf der Basis von Betriebszellen, das heißt von Grundeinheiten in den Betrieben.
Da aber in der Führung der KPD nach 1923 zeitweilig eine kleinbürgerliche Gruppe um Ruth Fischer und Arkadi Maslow Oberhand gewonnen hatte, vermochte die Partei weder die eben genannte Organisationsfrage rasch und konsequent zu lösen noch die sozialen, demokratischen und nationalen Forderungen in den Vordergrund der Politik der KPD zu rücken. Die Gruppe Fischer-Maslow unterschätzte nicht nur die Bedeutung dieser Forderungen, sondern verband sie obendrein direkt mit solchen Zielen, wie Bewaffnung der Arbeiterklasse und Errichtung der Diktatur des Proletariats, die in der grundlegend veränderten Klassenkampfsituation nicht mehr unmittelbar auf der Tagesordnung standen. Unterstützt von der Kommunistischen Internationale, gelang es Ernst Thälmann,Wilhelm Pieck, Walter Ulbricht, Fritz Heckert,Walter Stoecker, Wilhelm Florin, Ernst Schneller, Clara Zetkin und anderen, die Mehrheit der Parteimitgliedschaft von der Unrichtigkeit und Schädlichkeit der Generallinie der Fischer-Maslow-Gruppe zu überzeugen.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982
Die 1. Parteikonferenz der KPD entwickelte gleichzeitig die Grundzüge einen antiimperialistisch-demokratischen Aktionsprogramms. Erweiterung der Rechte der Betriebsräte, Auflösung der militaristischen und monarchistischen Organisationen, Beschlagnahme der Fürstenvermögen und Säuberung des Staatsapparates von militaristischen und extrem reaktionären Elementen wurden in den Mittelpunkt der Politik der KPD gerückt.
Überblick über die wichtigsten von der KPD beeinflussten Organisationen
In dem 1924 gegründeten Roten Frontkämpferbund(RFB)sammelten sich vor allem ehemalige proletarische Frontkämpfer zur Abwehr des Militarismus.
Mit Demonstrationen und anderen Aktionen stellte er sich den Kräften der Kriegstreiber entgegen. Er schützte Versammlungen der Arbeiter vor Anschlägen der Feinde des Proletariats. Gleichzeitig widmete sich der RFB der politischen Aufklärung sowie der Erziehung seiner Mitglieder zur proletarischen Wehrhaftigkeit und setzte sich für die Verteidigung der Sowjetunion ein.
Die seit 1921 bestehende Internationale Arbeiterhilfe(IAH)sammelte für streikende Arbeiter Geld, verteilte Lebensmittel und kümmerte sich um notleidende Kinder. Anfang 1924 gab die IAH in Deutschland in etwa 400 Speisestellen täglich 30 000 warme Mittagessen an Erwerbslose , Streikende und andere notleidende Werktätige aus. Von April 1927 bis zum März 1929 stellte sie deutschen Arbeitern 192 000 Mark für Kinderbeihilfe und 580 000 Mark für Streikunterstützung zu Verfügung. In dieser Hilfsorganisation wirkten Kommunisten nicht nur gemeinsam mit sozialdemokratischen und parteilosen Arbeitern, sondern auch mit fortschrittlichen Wissenschaftlern, Künstlern, Schriftstellern und Politikern, unter anderem mit Otto Dix und Oskar Maria Graf.
Die im Sommer 1921 entstandenen Komitees der Roten Hilfe(RHD), zentral geleitet von Wilhelm Pieck und Clara Zetkin bemühten sich, den von der reaktionären Justiz verfolgten Revolutionären beizustehen und deren Angehörigen materielle und moralische Hilfe zu erweisen. So wurden unter anderem im Oktober 1924 bis September 1925 385 Kinder von verhafteten und ermordeten Arbeitern in Kinderheimen der RHD untergebracht. Die Komitees der Roten Hilfe kämpften für die Amnestie der proletarischen politischen Gefangenen. Neben kommunistischen, sozialdemokratischen und parteilosen Arbeitern halfen fortschrittliche Wissenschaftler, Künstler und Schriftsteller wie Albert Einstein, Käthe Kollwitz, Heinrich Mann, Kurt Tuchosky und Arnold Zweig, besonders dem Kinderhilfswerk der Roten Hilfe vor dem Eingreifen der reaktionären Behörden zu schützen.
Die damalige Rote Hilfe hat mit der heutigen Roten Hilfe nicht das geringste zu tun. Heute ist es undenkbar in Selbsthilfe Kinderheime zu unterhalten.
Die Kommunistische Jugend Deutschlands(KJD),die sich 1925 in Kommunistischer Jugendverband Deutschlands(KJVD)umbenannte, kämpfte für die Einheitsfront der Arbeiterjugend gegen imperialistische Kriegsgefahr, gegen Ausbeutung und politische und kulturelle Unterdrückung der Jungarbeiter. Der JVD erzog seine Mitglieder im Geiste des Marxismus-Leninismus, leistete in den Betrieben, Gewerkschaften und Sportorganisationen antimilitaristische Arbeit unter der Jugend und trat für die Verteidigung der Sowjetunion ein.
Der 1924 gegründete Jung-Spartakus-Bund(JSB)kämpfte gegen die militaristische Erziehung, gegen nationalistische und antisowjetische Verhetzung und gegen die Prügelstrafe in den Schulen. Er forderte von seinen Mitgliedern nicht nur gesellschaftliche Aktivität, sondern auch das Bemühen um gute Lernergebnisse. Gleichzeitig beteiligten sich die Mitglieder des JSB in verschiedenen geeigneten Formen an Kämpfen und Aktionen der Arbeiterklasse. Schulzellen demonstrierten für die Freilassung der proletarischen politischen Gefangenen, veranstalteten Kundgebungen gegen die Verherrlichung des Erzmilitaristen Hindenburg, agitierten in Häusern und auf Höfen, um Kinder für die Unterstützung der Arbeiterklasse zu gewinnen, Und nicht zuletzt wirkte der JSB für die Stärkung der Verbindung seiner Mitglieder zu den Kindern anderer Länder, besonders zu den Pionieren der UdSSR.
Die Kämpfe der Arbeiterklasse unter Führung der KPD gegen Imperialismus und Militarismus
Die KPD kämpfte gegen die Locarnoverträge, weil sie auf einen neuen imperialistischen Krieg hinsteuerten. Zerrissen wurde der Schleier der Friedensphrasen, in den die Imperialisten dieses Vertragswerk hüllten. Die Kommunisten wiesen auf die Stärkung hin, die dem deutschen Imperialismus aus diesem Vertrag erwuchs.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982
Mit dem Ringen um Verwirklichung der antiimperialistisch-demokratischen Forderungen, die die KPD mehr und mehr in den Vordergrund ihrer Politik rückte, gewann sie bald großen Einfluss unter den Werktätigen(arbeitende Menschen). Das zeigte sich, als es darum ging, die Auslieferung von Milliardenwerten an die im November 1918 gestürzten Fürsten zu verhindern. Damals hatte die Regierung Ebert-Haase alle Versuche der Volksmassen vereitelt, die entthronten Fürsten entschädigungslos zu enteignen. Ihre Güter, Schlösser und anderen Sachwerte waren lediglich von staatlichen Behörden beschlagnahmt, aber nicht enteignet worden. Die Landesregierungen hatten nach 1918 mit Zustimmung sozialdemokratischer Minister den ehemaligen Königen, Großherzögen und Herzögen große Geldzuwendungen in Form von Renten und Abfindungen gewährt. Im Jahre 1925, nach dem Wahlerfolg Hindenburgs, hielten die ehemaligen Fürsten die Zeit für gekommen, ihr gesamtes, in Jahrhunderten zusammengeraubtes Vermögen zurückzufordern oder dafür eine Entschädigung zu verlangen. Die bürgerlichen Parteien und selbst rechte Führer der Sozialdemokratie fanden sich bereit, diesem Verlangen ganz oder teilweise entgegenzukommen. Doch sie stießen auf den Widerstand von Millionen Werktätigen(arbeitende Menschen), die sich unter der Losung der KPD„Keinen Pfennig den Fürsten!“vereinten. Dieser Bewegung konnte sich auch die Führung der SPD nicht widersetzen, wollte sie sich nicht von ihren eigenen Mitgliedern und Wählern isolieren. Das Angebot des Zentralkomitees der KPD, Maßnahmen zum gemeinsamen Kampf für die entschädigungslose Enteignung der Fürsten zu beraten, fand deshalb die Zustimmung der SPD- und Gewerkschaftsführung. Im Januar 1926 einigten sich die Arbeiterorganisationen darüber, einen Volksentscheid über die Fürstenabfindung zu erzwingen.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982
Wenn nämlich-so bestimmte es die Weimarer Verfassung-zehn Prozent aller Wähler in einem Volksbegehren(einer öffentlichen Einzeichnung in Listen)die Entscheidung einer wichtigen Frage durch die Wähler selbst forderten, dann musste die Regierung eine geheime Abstimmung darüber ansetzen.
Kaum war bekannt geworden, dass sich die Arbeiterorganisationen darüber verständigt hatten, der Fürstenabfindung entgegenzutreten, da vereinigte sich die Reaktion unter der Losung: Verteidigung des Privateigentums. Alle Mittel der Massenbeeinflussung wurden eingesetzt, um kleinbürgerliche Schichten mit der Lüge zu schrecken, dass die Kommunisten und Sozialisten erst die Fürsten und dann alle Besitzenden zu enteignen beabsichtigten.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982
Doch das einheitliche Handeln der Arbeiterklasse übte eine große anziehende Kraft aus. 12,5 Millionen Wähler(31 Prozent aller wahlberechtigten Deutschen)forderten mit ihrer Unterschrift den Volksentscheid. Nach diesem ersten Erfolg schlossen sich die Arbeiter noch enger zusammen und bildeten in Städten und Gemeinden Ausschüsse, in denen kommunistische, sozialdemokratische und parteilose Arbeiter gemeinsam den Volksentscheid vorbereiteten. Das geschah gegen den Willen der reformistischen Führer, die aus Furcht vor der Revolutionierung der Massen versuchten, die mächtige Bewegung abzubremsen.
Am 20. Juni 1926, dem Tag der Abstimmung, entschieden sich 14,5 Millionen Wähler für die entschädigungslose Enteignung der Fürsten. Niemals vorher war es in der Weimarer Republik den Arbeiterparteien gelungen, eine so große Anzahl von Stimmen auf sich zu vereinen. Dennoch reichte dieser Erfolg nicht aus, denn zu Sieg des Volksentscheids waren rund 20 Millionen Stimmen notwendig.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982
Den Fürsten wurde von den deutschen Regierungen nun ein Vermögen von 2,5 Milliarden Mark zugeschoben. Der Kampf gegen die Fürstenabfindung vermochte zwar sein unmittelbares Ziel nicht zu erreichen, doch war durch die Vorbereitung und Durchführung des Volksentscheids die Autorität der Arbeiterparteien, insbesondere der KPD, gewachsen. Er bewies, dass die Volksmassen sich zu einer mächtigen antiimperialistischen Front zusammenschließen können, wenn ihnen eine einheitlich handelnde Arbeiterklasse im Kampfe gegen Militarismus und für Demokratie als führende Kraft vorangeht.
Als 1928 die Mehrheit des Reichstages den Militaristen den Bau des Panzerkreuzers A(siehe militärische Rüstungsmaßnahmen)bewilligte, mobilisierten die Kommunisten Millionen Menschen zu Widerstand gegen diesen Schritt zur Aufrüstung. KPD und RFB reichten beim Reichsinnenminister den Antrag auf Volksbegehren für ein Gesetz ein, das den Bau von Panzerkreuzern und Kriegsschiffen aller Art verbietet. Mit Plakataufschriften wie „Für Panzerkreuzer 80 Millionen Mark bewilligt, für Kinderspeisung fünf Millionen abgelehnt“brandmarkte die KPD das volksfeindliche Verhalten der bürgerlichen Reichstagsmehrheit.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982
Bürgerliche Friedensorganisationen, wie die Deutsche Friedensgesellschaft, forderten ihre Mitglieder zur Teilnahme am Volksbegehren auf. Ihre Führer, wie Hellmuth von Gerlach und Ludwig Quidde, traten für die Unterstützung des Volksbegehrens ein. Demgegenüber verbot der Parteiausschuss der SPD den Sozialdemokraten die Teilnahme. Zugleich organisierten die rechten Führer der Sozialdemokratie ebenso wie die Politiker der Großbourgeoisie in Presse und Rundfunk eine Verschwörung des Schweigens gegen das Volksbegehren.
Fast auf sich allein gestellt, reichte die Kraft der KPD nicht aus, um das Volksbegehren gegen alle Behinderungen zu einem vollen Erfolg zu führen. Die für die Durchführung eines Volksentscheids notwendige Stimmenzahl konnte nicht erreicht werden. Dennoch war Bedeutendes erreicht worden. Denn das Volksbegehren verstärkte die antimilitaristischen Stimmungen im Volke und führte ihm einmal mehr vor Augen, dass in Deutschland nur eine einzige Partei, die KPD, konsequent gegen Militarismus und Aufrüstung kämpfte.
Ende 1928 untersagte der sozialdemokratische Polizeipräsident von Berlin, Zörgiebel, alle politischen Veranstaltungen unter freiem Himmel und hielt dieses Verbot trotz der Proteste der revolutionären Berliner Arbeiter auch für den 1. Mai 1929 aufrecht. Die KPD unterstützte die Arbeiter, die sich das demokratische Recht nicht nehmen lassen wollten, auf den Straßen und Plätzen für ihre sozialen Forderungen und gegen die Kriegsvorbereitungen zu demonstrieren. Die revolutionäre Arbeiterpartei reif für den 1. Mai 1929 zu friedlichen Demonstrationen auf. Etwa 200 000 Berliner folgten diesem Ruf. Aber jeden Zug, der sich formierte, griff die Polizei an. Irregeführt durch die offizielle antikommunistische hetze und aufgehetzt von reaktionären Polizeioffizieren, schossen die Polizisten auf die unbewaffneten Demonstranten. Vor diesen blindwütig schlagenden und schießenden Polizeibütteln suchten sich die Demonstranten durch Straßensperren zu schützen, die sich aus Brettern, umgestürzten Fahrzeugen, Kanalisationsrohren und anderen Gegenständen errichteten. Daraus entstanden am Abend des 1. Mai in Neukölln und am Wedding Barrikaden. Hier begannen sich auch Arbeiter spontan, mit einigen wenigen selbst beschafften Waffen zu verteidigen.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982
Die Polizei umstellte Stadtbezirke, verhängte den Belagerungszustand und brach dann schießend in einzelne Wohnviertel ein. 10 981 Schüsse feuerten sie laut eigener Abrechnung in den ersten Maitagen aus ihren Pistolen und Karabinern ab. 31 Tote und Hunderte Verletzte waren die fürchterliche Folge. Aber die KPD ließ sich nicht zu einem unvorbereiteten bewaffneten Kampf herausfordern. Wo einzelne Arbeiter spontan zum Gewehr gegriffen hatten, rief sie sie auf, den bewaffneten Kampf abzubrechen. Und die kämpfenden Arbeiter folgten diesem Appell. „Sie unterwarfen sich“, wie Thälmann rühmend hervorhob, „der revolutionären Disziplin, die das Grundgesetz der revolutionären Bewegung ist.“Die Polizei verhaftete mehr als 1200 Arbeiter. Es folgten Verbote von Zeitungen, Versammlungen und Demonstrationen. Jedoch die revolutionären Arbeiter nahmen diesen Unterdrückungsfeldzug nicht widerstandslos hin. In vielen Städten solidarisierte sich die Arbeiterschaft mit den Kämpfern und Opfern. Etwa 75 000 Arbeiter traten in Berlin, Chemnitz, Hamburg, Halle und Merseburg in den politischen Streik. Heutzutage ist ein politischer Streik von vornherein verboten. Ein neuer Aufschwung des Klassenkampfes reifte heran.
Die verstärke Auseinandersetzung der proletarischen und bürgerlich-humanistischen Schriftsteller und Künstler mit der imperialistischen Politik und Ideologie
Als aktive Teilnehmer am Kampf der revolutionären Arbeiterbewegungen gegen den Imperialismus griffen proletarische Schriftsteller wie Willi Bredel, Karl Grünberg, Hans Marchwitzka,Adam Scharrer, Ludwig Turek und andere Themen auf, die in der deutschen Literatur bisher unbekannt waren, Literarisch gestalteten sie beispielsweise die Entwicklung des revolutionären Arbeiters zum Kommunisten, den Aufbau in der Sowjetunion und den revolutionären Befreiungskampf der Arbeiter in der ganzen Welt. Johannes R. Becher, der bedeutendste Lyriker der deutschen proletarischen Literatur, bekämpfte den Imperialismus besonders konsequent von den Positionen des Humanismus und der Arbeiterklasse mit vielfältigen Mitteln. Seine Werke halfen vielen Werktätigen(arbeitenden Menschen), den richtigen Weg zu finden.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982
Neben Johannes R. Becher, dem Mitschöpfer und Organisator der proletarisch-revolutionären Literatur, wirkte Erich Weinert vor allem mit dem Mittel des politisch-agitatorischen Gedichtes. Mit ihm begeisterte er Hunderttausende Arbeiter, regte er sie zu Taten gegen den Imperialismus und Militarismus an. John Heartfield förderte diesen Prozess mit der von ihm entwickelten Fotomontage. Otto Nagel malte nicht nur die Not und die Unterdrückung des Proletariats ergreifend, sondern brachte dem Betrachter auch die Kraft des Arbeiters nahe.
Aus Empörung gegen die Barbarei des Imperialismus schlossen sich mehrere hervorragende bürgerliche Schriftsteller wie Bertolt Brecht, Egon Erwin Kisch, Ludwig Renn und Anna Seghers der revolutionären Arbeiterbewegung an. Ende der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts entwickelte sich Bertolt Brecht bereits zum größten Dramatiker seiner Zeit. Mit dem Stück „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ bemühte er sich, den Marxismus in der Praxis des Theaters anzuwenden. Er versuchte, komplizierte ökonomische Vorgänge des Monopolkapitalismus auf der Bühne deutlich zu machen, demonstrierte den erbarmungslosen Kampf der Imperialisten an der Börse und zeigte den Mechanismus der kapitalistischen Meinungsbeeinflussung. Brecht wies auf die Notwendigkeit des revolutionären Sturzes der Herrschaft der Finanzkapitalisten hin und rief dazu auf. Er tat es in Form des Theaterspiels, die bei den werktätigen Zuschauern Lust am Erkennen erregen und Initiative zur Beseitigung der menschenfeindlichen kapitalistischen Gesellschaftsordnung wecken sollte.
Auf dem Gebiet der Musik wurde Hanns Eisler Ende der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zum bedeutendsten Komponisten der deutschen Arbeiterklasse. Er komponierte Lieder, wie „Roter Wedding“ und „Solidarität“, die aktuelle Probleme des Kampfes der Arbeiterklasse künstlerisch gestalteten.
Als erbitterte Gegner des Krieges und des Militarismus stemmten sich in zunehmenden Maße auch einzelne fortschrittliche bürgerliche Schriftsteller gegen die militaristische Flut. Sie schufen vor allem im Kampf gegen die Verherrlichung des imperialistischen Krieges einige bedeutende Romane, wie „Im Westen nichts Neues“ (Erich Maria Remarque) und „Der Streit um den Serganten Grischa“ (Arnold Zweig). Gelang es ihnen auch nicht, Wesen und Ursachen des imperialistischen Krieges zu klären, so brandmarkten sie doch das Unmenschliche dieser gesetzmäßigen Erscheinung des Imperialismus.
Andere fortschrittliche bürgerliche Schriftsteller wie Alfred Döblin,Leonard Frank und Oskar Maria Graf rückten die Leiden, die Tapferkeit und die moralische Überlegenheit des einfachen Werktätigen(arbeitenden Menschen)in den Mittelpunkt ihrer Romane. Mit politischer und gesellschaftskritischer Lyrik kämpfte vor allem Kurt Tucholsky gegen Militarismus, Nationalismus und Faschismus an.
Auch einige bürgerliche Künstler stellten ihr Schaffen in den Dienst des Kampfes gegen den Hauptfeind des deutschen Volkes. Zu ihnen gehörte vor allem der Maler Otto Dix. Er konfrontierte die verlogene Verherrlichung des Krieges mit dem wirklichen Grauen des Völkermordens und bemühte sich, mit seinen sozialkritischen Gemälden im Volke Kräfte der Abwehr zu wecken.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982
Alle diese literarischen und künstlichen Werke mobilisierten viele Werktätige(arbeitende Menschen)zum Kampf gegen den Imperialismus und Militarismus.
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel
Carl Theodor Körner, geboren am 23. September 1791 in Dresden, gestorben am 26. August 1813 im Forst Rosenwo bei Lützow bzw. Gadebusch, war ein Dichter und Dramatiker. Berühmt wurde er für seine Dramen für das Wiener Burgtheater und besonders seine Lieder in den Befreiungskriegen. Nachdem er im Lützwschen Freikorps gefallen war, wurde er zu patriotischen Identifikationsfigur.
Theodor Körner, porträtiert von seiner Tante Dora Stock (nach einer Pastellminiatur von seiner Schwester Emma Sophie Körner), 1813/1814
Die Familie Körner pflegte regen gesellschaftlichen, künstlerischen und geistigen Austausch. Neben Schiller bestanden enge Kontakte zu Goethe, Heinrich von Kleist, dem Grafen Friedrich Leopold vonGeßler, Christoph Friedrich Nicolai, Wilhelm und Alexander von Humboldt, Novalis und den Brüdern August Wilhelm und Friedrich Schlegel.
Wie der Vater verfügte Körner über musikalisches Talent. Er besaß zeichnerische Begabung wie seine Mutter und seine Schwester Emma, die das letzte Bild Theodors bei seinem Aufenthalt als Lützower Jäger im April 1813 von ihm schuf. Beide sangen später an der zelterschenLiedertafelund Theodor inWieninStreichersChor. Er beherrschte auch eine Anzahl Instrumente, am liebsten war ihm jedoch die Gitarre.
Zunehmend machte sich seine dichterische Begabung bemerkbar. Kaum eine von Emmas Freundinnen wurde von ihm nicht dichterisch umworben: „An Augusten“, „An Theresen“, „An Henriette“ sind die Titel einiger Gedichte.
1808 begann er sein Studium an derBergakademie Freibergund schloss sich der damaligenLandsmannschaftder Montanen, dem heutigenCorps Saxo-Montaniaan. Dort wurde er vomGeologenAbraham Gottlob Wernergefördert. Zunächst interessierte er sich mehr für die praktische Seite, fuhr in Bergmannstracht unter Tage und fühlte sich bei der harten Arbeit der mächtigen Natur verbunden. Später wandte er sich allerdings der theoretischen Seite zu. Häufige ausgedehnte Fußreisen führten ihn zurBurg Gnandstein, von Dresden über dasElbsandsteingebirgeinsBöhmische Mittelgebirgeund insRiesengebirge. Eine reichliche Auslese von Naturgedichten war die Folge.
Bereits 1810 erschien sein erster Gedichtband, die „Knospen“,beiGöschen.
Im Sommer desselben Jahres wechselte er an dieUniversität Leipzig, schloss sich der damaligenLandsmannschaft Thuringiaan und begannGeschichteundPhilosophiezu studieren. Körners Studentenleben gestaltete sich der Zeit entsprechend wild, und wenn es galt, der adligenKoterie Paroli zu bieten, war er stets dabei. Aufgrund der drohendenRelegationnach einem verbotenen Duell wechselte Körner 1811 nachBerlin, stiftete dort dasCorps Guestphalia I und hörte Vorlesungen beiJohann Gottlieb Fichte,Friedrich SchleiermacherundBarthold Georg Niebuhr. Dort sang er in derzelterschenSing-Akademie zu Berlinund turnte unterFriedrich Ludwig JahnundFriedrich Friesen.
Körners handschriftliche Beschreibung des Systems der Hiebe beim Fechten, entstanden in seiner Freiberger Studienzeit
Eine Krankheit mit Fieber machte einen längeren Aufenthalt inKarlsbaderforderlich. In dieser Zeit erfolgte die Relegation von allen mit Leipzig inKompaktatverhältnisstehenden Universitäten, wozu auch Berlin gehörte. Nach Heidelberg wollte, aber nach Wien sollte der allzu temperamentvolle Student auf Wunsch seines Vaters nun gehen.
In Wien hatte er freundschaftliche Kontakte zu den ihm aus seinem Elternhaus Bekannten, insbesondere zu Wilhelm von Humboldt, aber auch zu Friedrich Schlegel, dessen Frau Dorothea und ihrem Sohn Philipp Veit. Freundliche Aufnahme fand er im Salon der Baronin Henriette von Pereira-Arnstein, Tochter der Fanny von Arnstein, wo er häufig seine Gedichte oder einige der damals im Schwange verbreiteten Schauergeschichten vortrug. Auch lernte er dort die Dichterin Caroline Pichler kennen.
Gedenktafel: Köllerhofgasse 3, Körners Wohnung in Wien
Zunächst belegte er noch Vorlesungen, doch traten seine Studien zunehmend gegenüber seinem dramatischen Schaffen in den Hintergrund. Binnen weniger Monate hatte er mehrere kürzere Schauspiele, insbesondere Lustspiele, für das Burgtheater geschrieben. Hier lernte er die so hübsche wie talentierte Schauspielerin Antonie Adamberger kennen, Tochter des bereits verstorbenen und von Mozart sehr geschätzten Hofsängers Josef Valentin Adamberger. Eine tiefe Leidenschaft ergriff ihn, und noch 1812 verlobten sich beide.
Im Sommer 1812 schrieb Körner sein größtes Drama, den „Zriny“.DieParallele des ungarischen Heldenkampfes gegen die türkischen Eroberer zu dem Freiheitskampf gegen die französische Fremdherrschaft war unverkennbar.
Eine glanzvolle Karriere als Dramatiker schien ihm offenzustehen, denn sowohl vom Fürsten Lobkowitz als auch vom Grafen Ferdinand Pálffy erhielt er Anstellungsverträge als Theaterdichter. Körner entschied sich für die Stelle am Burgtheater und erhielt als solcher den Titel eines k. k. Hoftheaterdichters. Auf diese Weise lernte er auch Ludwig van Beethoven kennen, für den er im Februar 1813 das Opernlibretto „Ulysses’ Wiederkehr“ entwarf. Aber bereits im März 1813 kündigte er diese Stelle, als Preußen sein Volk im Kampf gegen Napoleon zu den Waffen rief.
Als bereits prominenter Dichter trat Körner dem Lützowschen Freikorps bei, das sich gerade in Breslau(heute Polen) formierte, und traf unter den dort enrollierten Patrioten alte Bekannte wie Jahn und Friesen.
Körner, durch frühere tagelange Wanderungen in Böhmen und Sachsen an ermüdende Märsche gewöhnt, ließ sich zunächst der Infanterie zuteilen, die im schlesischen Zobten(heute Polen) Quartier bezog. „Frisch auf, ihr Jäger, frei und flink“ und andere Gedichte schrieb er in rascher Folge, schon wurden sie zu bekannten Melodien von seinen Kameraden gesungen. Ein von ihm verfasster Choral erklang zur Einsegnung des Korps in der Kirche zu Rogau(heute Polen) am 27. März. Am folgenden Tage rückte die Truppe in Richtung Sachsen aus. Dieses war zuvor bereits von verbündeten Truppen besetzt worden. Am 6. April erreichte der Dichter, der seinem Korps als Marschkommissar vorauseilte, Dresden und besuchte seine Familie.
Die Lützower zogen über Leipzig, wo auf dem Schneckenberg das bekannte Lied „Lützows wilde verwegene Jagd“ entstand, nordwärts und hatten so keine Gelegenheit, an den sich vornehmlich weiter südlich abspielenden Kampfhandlungen teilzunehmen.
Verdrossen meldete der tatendurstige Dichter, der mittlerweile zum Leutnant befördert worden war, nach Hause:„Derweilen sitze ich hier an der Elbe und recognoscire, und finde nichts, sehe nach Westphalen über, und sehe nichts, lade meine Pistolen, und schieße nichts.“ Eins seiner dort entstandenen Gedichte lautete folgerichtig „Missmut“.
Der weitere Marsch nach Norden zur Unterstützung des Wallmodenschen Korps endete, als Hamburg aufgegeben wurde. Lützow wendete sich wieder nach Süden.
Am 24. Mai trat der Dichter zur Kavallerie über, da er hoffte, hier seinem Tatendrang genügende Aufgaben zu finden, und avancierte zu Lützows Adjutanten. Tatsächlich kam es nun zu häufigen Geplänkeln und Überfällen auf kleinere Einheiten des Gegners. In einem Handstreich beraubte Körner das berühmte Gestüt inWendelsteinan der Unstrut seiner Pferde.
Am 8. und 9. Juni 1813 hatten die Lützower Jäger ihr Biwak inEichigtim sächsischenVogtlandauf der Husarenwiese neben der Kirche aufgeschlagen; ein Angriff aufHofinOberfrankenwar geplant. Während Lützow bei PfarrerJohann Christian Wirthgastliche Aufnahme fand, war Körner im Biwak. Die auf der Wiese stehende Linde erhielt aus diesem Grunde den NamenKörnerlinde.
Erst am 9. Juni erfuhr Lützow, zunächst auch nur vage, vom Waffenstillstand, der zwischen den Alliierten und Napoleon geschlossen worden war, und erst am 14. hatte er Gewissheit. Den Bestimmungen nach hätte das Korps bereits zwei Tage zuvor auf preußischem Boden sein müssen. Statt ins neutrale Böhmen zu ziehen, das nur wenige Stunden entfernt lag, ließ Lützow die Freischar über Gera und Zeitz nach Norden marschieren, zur Sicherheit allerdings mit sächsischen Marschkommissaren.
Friesen, Körner (sitzend, Mitte) und Heinrich Hartmann auf Vorposten (Gemälde von Georg Friedrich Kersting, 1815)
Theodor Körner, im Lager bei Gadebusch, seinen Kameraden sein „Schwertlied“ vortragend (Glasfenster nach einem Gemälde von Rudolf Eichstaedt im Haus einer Göttinger Studentenverbindung)
Bildquelle: Von Ulrich Witt, Friedland, 2005 (Benutzer: DerGoettinger) – Ausschnitt aus einem Glasfenster im Haus der Studentischen Musikvereinigung Blaue Sänger im SV, CC BY 3.0,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2897671
Am 17. Juni 1813 bezogen die Lützower ihr Lager bei Kitzen (südwestlich von Leipzig). Württembergische Truppen unter General Normann stellten sich ihnen entgegen. Dieser versicherteLützow, der in Begleitung Körners vorangeritten war, keine feindlichen Absichten zu hegen, und verwies im Übrigen auf den kommandierenden französischen General Fournier. Dieser schleuderte ihnen jedoch entgegen: „L’armistice pour tout le monde, excepté pour vous !“ Der Angriff der feindlichen Kavallerie traf die Lützower unvorbereitet, sie wurden von der Übermacht regelrecht zusammengehauen. Körner erhielt einen Säbelhieb über den Kopf. Schwer verwundet, gelang ihm noch der Weg nach Großzschocher, wo er sich in einem Gehölz verbarg. Dem Tode nahe schrieb er dort das Sonett „Abschied vom Leben“.
Bauern, die das Holz zur Ausbesserung des Elsterwehres bewachen sollten, fanden den Dichter und brachten ihn in das nahegelegene Gutsgärtnerhaus von Großzschocher. Nach einer Nacht wurde er mit Hilfe des Freundes der Familie Körner, Kunze, auf dem Wasserweg zu dem Arzt Doktor Wendler nach Leipzig gebracht und dort versorgt. Auf die versprengten Lützower, von Napoleon ihrer schwarzen Uniformen halber verächtlich „brigands noirs“ , „schwarze Banditen“, genannt, wurde immer noch Jagd gemacht.
Als er sich einigermaßen stabilisiert hatte, wurde er von Freund zu Freund nach Karlsbad dirigiert. Dabei verbrachte er auch eine Nacht bei seiner Pflegeschwester Julie vonEinsiedelaufBurg Gnandstein.In Karlsbad wurde er von seiner Patentante Elise von der Recke gepflegt. Ein Wiedersehen mit seinen Eltern, die ganz in der Nähe in Teplitz weilten, gab es nicht, um seine leidende Mutter zu schonen.
Auf dem Weg zu seinem Korps war Körner bei seinem Patenonkel Graf von Geßler in Reichenbach zu Gast, wo er denFreiherrn vom Stein,Arndt,BlücherundGneisenautraf. Über Berlin gelangte er zu seiner nun in Norddeutschland kämpfenden Truppe, die ihre Unabhängigkeit eingebüßt hatte und dem Korps Wallmoden zugeordnet worden war.
Fortwährend wurden wieder kleine Streifzüge durchgeführt. Den Abend des 25. August verbrachte Körner mit einer Streifschar unter Lützow auf dem Rittergut zuGottesgabe. Er soll hier am Klavier gesessen und das zwei Tage zuvor entstandene „Schwertlied“ vorgetragen haben.
In der zweiten Morgenstunde des 26. August 1813 wurde ein feindlicher Transport gemeldet, auf den rasch ein Angriff geplant wurde. Bei dem folgenden Gefecht, das sich im Forst vonRosenowbeiGadebusch abspielte, fiel Theodor Körner. Die tödliche Kugel kam von einem deutschen Schützen, der ausBiebernimHunsrückstammte.
Er wurde im DorfWöbbelinunter der nachmaligen „Theodor-Körner-Eiche“begraben, wo 1815 auch seine Schwester Emma und 1831 sein Vater Christian Gottfried Körner ihre letzte Ruhe fanden.
Zu seinen Ehren errichteten die Bürger vonFrankenberg/Sa.auf dem nahen Haustein (Harrasfelsen) beiBraunsdorf (Niederwiesa)(sieheSprungsage) am 20. Juni 1864 das Körnerkreuz. Die Inschrift lautet: „Dem Sänger und Helden Theodor Körner. Die Bewohner von Frankenberg/Sa. zur Erinnerung an den 26. August 1863.“
Körners teils stürmische, teils gefühlvolle Lyrik entsprach der ebenso romantischen wie vaterländisch kampfbereiten Gesinnung der Generationen in einem Deutschland, das auch nach den Befreiungskriegennoch lange Zeit in viele Einzelstaaten zersplittert war. Körners Sterben als Lützower Jäger erhob ihn zur vorbildhaften Gestalt. Die glaubwürdige Übereinstimmung von Dichtung und Leben empfahl seine Werke für die Lehrpläne erst des Deutschen Bundes, später des Deutschen Reichs. Körners Gedichte aus seinem Buch „Leyer und Schwert“ wurden zum Vorbild für Kriegslyrik späterer Zeit.
„Lützows wilde, verwegene Jagd“ auf Körners Text in Carl Maria von Webers dramatisch-schwungvoller Vertonung ist bis heute ein beliebtes Paradestück des deutschen Männer-Chorgesangs. Professor Kurt Huber zitierte1943 im 6. Flugblatt der Weißen Rose die erste Zeile aus Körners Aufruf (1813):„Frisch auf, mein Volk! Die Flammenzeichen rauchen.“ Marlene Dietrich wählte die Zeile „Hier steh ich an den Marken meiner Tage“ aus Körners Sonett „Abschied vom Leben“ (aus „Leier und Schwert“) als Inschrift für ihren Grabstein in Berlin.
Ausschnitt aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
Erste Strophe von „Lützows wilde, verwegene Jagd“ auf einem Gedenkblock der Deutschen Bundespost zum 200. Geburtstag
Daneben haben die Faschisten Theodor Körner für ihre Zwecke missbraucht. Das Gelände um die Grabstätte Körners und seiner Familie in Wöbbelinwurde 1938 aufwendig zur „nationalen Weihestätte“ umgebaut und diente als Kulisse für Aufmärsche und Vereidigungszeremonien. Die Zeile „Das Volk steht auf, der Sturm bricht los“aus dem Gedicht „Männer und Buben“ lieferte Joseph Goebbels die Textvorlage für die Phrase „Nun Volk, steh’ auf, und Sturm, brich los!“, das Finale der Sportpalastrede.
In der Nachkriegszeit gilt Theodor Körner für die neofaschistische Szene als „Rebell für Deutschland“.
Auch die Neo-Faschisten der heutigen Zeit missbrauchen Theodor Körner für ihre Zwecke.
Auf einer Großveranstaltung im Münchner Löwenbräukeller am 21. April 1990 wurde der Spruch aufgesagt: „Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen Gestalten, / vom Feinde bezahlt und dem Volke zum Spott. / Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten, / dann richtet das Volk und es gnade euch Gott.“
Im 21. Jahrhundert wird dieser Spruch über das Internet als angebliches Körner-Zitat verbreitet und u. a. bei Kundgebungen und Demonstrationen der Pegida eingesetzt. Am 23. September 2016 publizierte „Der Flügel“,eine von Björn Höcke geführte AfD-nahe Gruppierung, Körners Satz „Das Volk steht auf, der Sturm bricht los“mit dem obigen Spruch.
Das Theodor-Körner-Museum in Wöbbelin bei Schwerin, Teil der dortigen Mahn- und Gedenkstätten, wurde nach der Annexion der DDR renoviert und mit neuem Konzept, d.h. im Sinne der heutigen offiziellen Geschichtsschreibung und Tilgung der Geschichtsschreibung der DDR, am 15. Juni 1997 wiedereröffnet.
Standbilder, Bäume und andere Denkmäler
Die Liste bitte auf Wikipedia ansehen. Diese ist zu lang, um sie in diesem Beitrag aufzuführen.
Ernst Moritz Arndt, geboren am 26. Dezember 1769 in Groß Schoritz, Rügen, gestorben am 29. Januar 1860 in Bonn, war ein deutscher Schriftsteller, Historiker, Freiheitskämpfer und Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung. Er widmete sich hauptsächlich der Mobilisierung gegen die Besetzung Deutschlands durch Napoleon. Er gilt als einer der bedeutendsten Lyriker der Epoche der Befreiungskriege und wird sehr unterschiedlich beurteilt. Einige betonen seine demokratischen Gedanken und sehen in als deutschen Patrioten in turbulenten Zeiten, andere wiederum charakterisieren ihn als Nationalisten und thematisieren vorhandene antisemitische Tendenzen in seinen Schriften.
Arndts Geburtshaus
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Sein Vater Ludwig Nikolaus (1740–1808) konnte sich, obwohl er nur der Sohn eines Hirten der Herrschaft zu Putbus in Schwedisch-Vorpommern war, am 28. März 1769 für die hohe Summe von 80 Talern aus der Leibeigenschaft des Grafen Malte Friedrich zu Putbus freikaufen und arbeitete zur Zeit von Arndts Geburt als Inspektor auf dem Gut des Grafen. 1776 wurde der Vater Pächter verschiedener Güter auf Rügen.
Seine Mutter Friederike Wilhelmine (geb. Schumacher, 1747–1804), Tochter eines Bauern, prägte seine Früherziehung maßgeblich durch volkstümliche Sagen und Bibelgeschichten.
Der Vater schickte seinen frei geborenen Sohn nach dem Unterricht durch Hauslehrer von Februar 1787 bis 1789 auf das Gymnasium im Stralsunder Katharinenkloster.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982
Ab 1788 besuchte Arndt die Prima bei Rektor Christian Heinrich Groskurd. Im Herbst 1789 wurde er für seine erfolgreich bestandenen Herbstprüfungen öffentlich gelobt. Er selbst sah jedoch im Lernen am Gymnasium keinen Sinn mehr, verließ Stralsund und ging nach Zemmin außerhalb Schwedisch-Pommerns. Nach der Intervention seines Vaters, der ihm die Wahl ließ zwischen einer Fortsetzung des Studiums oder Mitarbeit auf dem elterlichen Gut in Löbnitz, kehrte Arndt zu seinen Eltern zurück und blieb dort bis Ostern 1791, wobei er das Gymnasium praktisch im „Fernstudium“ beendete.
Ab Mai 1791 studierte er an den Universitäten Greifswald und später Jena neben evangelischer Theologie, Geschichte, Erd- und Völkerkunde auch Sprachen und Naturwissenschaften. Nach der Kandidaten- und Hauslehrerzeit bei Ludwig Gotthard Kosegarten unternahm er 1798/99 eine Bildungsreise durch Österreich, Oberitalien, Frankreich, das heutige Belgien und einen Teil Norddeutschlands. Er schilderte seine Eindrücke in verschiedenen Reiseberichten.
Im April 1800habilitiertesich Arndt in Greifswald in Geschichte undPhilologiemit einer Schrift, in der er sich gegen die IdeenJean-Jacques Rousseausaussprach. Er heiratete Charlotte Marie Quistorp, die Tochter von ProfessorJohann Quistorp, die 1801 nach der Geburt des Sohnes Karl Moritz anKindbettfieberstarb. Am 22. April 1800 bat Arndt die Universität Greifswald um die Lehrerlaubnis für Geschichte und Philologie, die ihm am 5. Mai 1800 vomGeneralgouverneurund UniversitätskanzlerHans Henrik von Essenerteilt wurde, dem Arndt später seinen „Versuch einer Geschichte der Leibeigenschaft in Pommern und Rügen“widmete.
Arndt wurde 1801Privatdozentan der Universität. 1803 wurde Arndt nach dem Erscheinen seines „Versuchs einer Geschichte der Leibeigenschaft in Pommern und Rügen“von adligen Gutsbesitzern verklagt. Darin hatte er voller Empörung dasBauernlegenund dieLeibeigenschaftin Vergangenheit und Gegenwart kritisiert. Arndt schrieb in seiner Autobiographie, die 1806 erfolgte Aufhebung der Leibeigenschaft und derPatrimonialgerichtsbarkeit(Gerichtsbarkeit durch die Gutsherren und vom Staat unabhängige Rechtspflege)in Schwedisch-Vorpommern durch den schwedischen König sei aus der Lektüre seiner Studie gefolgt. Im selben Jahr verfasste Arndt den ersten Teil seinerantinapoleonischenFlugschrift „Geist der Zeit“. Er erhielt, nach einem Schweden-Aufenthalt 1803/1804, auf seinen Antrag vom November 1805 hin am 11. April 1806 eine außerordentliche Professur an der philosophischen Fakultät in Greifswald.
1805 erarbeitete Arndt für die schwedische Regierung eine Verordnung über die Errichtung einer Landwehr in Schwedisch-Pommern, die am 30. April 1806 in Kraft trat. Ab dem Sommer war Arndt dann öfter für die Regierung tätig, was seinen Aufenthalt inStralsunderforderte, wo er sich mit dem seit 1799 als Arzt arbeitendenChristian Ehrenfried Weigel anfreundete. Er geriet mit einem schwedischen Offizier namens Gyllensvärd aneinander, dem er antideutsche Äußerungen unterstellte, und duellierte sich mit ihm am 12. Juli 1806, wobei er von einer Pistolenkugel im Bauchraum verwundet wurde.
Arndt musste nach der NiederlagePreußensin derSchlacht bei Jena und Auerstedtvor den Truppen Napoleons nach Schweden flüchten. Er traf am 26. Dezember 1806 inStockholmein, wo er den zweiten Teil von „Geist der Zeit“schrieb, der Wege aus der „fremdherrschaftlichen Bevormundung Deutschlands“ aufzeigen sollte. Arndt arbeitete in Schweden an der Übersetzung des schwedischen Gesetzbuches, um es in Schwedisch-Pommern einführen zu können.
Nach dem Sturz KönigGustavs IV. Adolfverließ Arndt 1809 sein Asyl und kehrte illegal nach Deutschland zurück. Er lebte zunächst bei seinen Geschwistern auf dem Land und ging dann nachBerlinzuGeorg Andreas Reimer, wo er in einen patriotischen Kreis eingeführt wurde, zu dem u. a.Friedrich Ludwig Jahn,Hermann von Boyen,August Neidhardt von GneisenauundFriedrich Schleiermachergehörten.
Als im Jahr 1812 NapoleonFriedrich Wilhelm III.von Preußen in ein Bündnis zumKrieg gegen Russlandgezwungen hatte, gingen zahlreiche deutsche Gegner Frankreichs nach Russland. Unter ihnen befand sich derFreiherr vom Stein, der in Arndt einen Gefährten zur Unterstützung des deutschen Nationalbewusstseins gegen die französische Fremdherrschaft sah und ihn einlud, sein Privatsekretär zu werden. Arndt folgte ihm überPragnachSankt Petersburg. Zu seinen Aufgaben gehörten vor allem Briefwechsel mit England und Deutschland, besonders dieRussisch-Deutsche Legionbetreffend sowie eine KoalitionEnglandsmitRussland. In dieser Zeit publizierte Arndt den Großteil seiner patriotischen Lieder und Gedichte und seiner Schriften gegen Frankreich.
Zu Beginn des Befreiungskrieges verfasste Arndt die Schriften „Kurzer Katechismus für den teutschen Soldaten“und „Katechismus für den teutschen Kriegs- und Wehrmann“. In dieser Schrift geißelt er den „Krieg der Tyrannen“.
Sein Beispiel für den Tyrannen in einer seiner Schriften ist Napoleon Bonaparte. In zahlreichen Gedichten thematisiert er das Streben nach größtmöglicher Freiheit. Diese stellte er als konstitutelle Monarchie dar. Auch das Verhalten von Soldaten ist Thema seiner Schriften.
Nach Napoleons Niederlage im Russlandfeldzug und dem Beginn der Befreiungskriege kehrte Arndt 1813 nach Schwedisch-Pommern zurück. Von Sommer 1816 bis März 1817 war Arndt im seit 1815 preußischen Stralsund und traf u. a. seinen langjährigen FreundGottfried Christian Mohnike, seinen ehemaligen Konrektor Furchau und dessen SohnAdolf Friedrich. Er unterstützte weiterhin die nationale Einheitsbewegung durch diverse Schriften, u. a. „Der Rhein, Deutschlands Strom, aber nicht Deutschlands Grenze“, in der er die Ablösung des deutschsprachigenRheinlandsvon Frankreich forderte.
Zur Unterstützung des evangelischenPietismusveröffentlichte er den „Deutschen Volkskatechismus“. Arndt schrieb außerdem gegen französische Politik, Philosophie und Lebensart an.
Im April 1817 verlobte sich Arndt in Berlin mit Anna Maria Schleiermacher, einer Schwester des Theologen Friedrich Schleiermacher, die er am 18. September des gleichen Jahres heiratete. In diesem Jahr erschienen auch seine „Märchen und Jugenderinnerungen“ und der vierte Teil von „Geist der Zeit“. Er ging an die von Preußen in Bonn errichtete Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, wo er 1818 Professor für Geschichte wurde.
Im Jahr 1819 veröffentlichte Arndt das Gedicht „Der Fels des Heils“ in seiner Schrift „Von dem Wort und dem Kirchenliede“. Es lehnt sich an die Bibelstelle „Ich weiß, an wen ich glaube“ aus 2. Timotheus 1,12 LUT an. Noch zu Arndts Lebzeiten wurde das Lied in zahlreiche Gesangbücher aufgenommen. Es ist heute unter dem Titel „Ich weiß, woran ich glaube“ im Evangelischen Gesangbuch enthalten. Die Melodie stammt von HeinrichSchütz aus dem Jahr 1628 in einer minimal veränderten Version von 1661.
Arndts akademisches Wirken war nur von kurzer Dauer. 1819 wurden seine Papiere im Rahmen der sogenannten Demagogenverfolgungen infolge der Karlsbader Beschlüsse wegen des vierten Bandes von „Geist der Zeit“ und Privatäußerungen beschlagnahmt, er selbst am 10. November 1820 von seinem Lehramt suspendiert. Im Februar des folgenden Jahres wurde ein Verfahren wegen „demagogischer Umtriebe“ gegen ihn eröffnet. Es endete ohne Ergebnis. Arndts Forderung einer Ehrenerklärung wurde nicht erfüllt, er selbst aber auch nicht für schuldig erklärt. Bei Weiterbezug seines Gehaltes wurde ihm die Erlaubnis entzogen, an der Universität Vorlesungen zu halten. Die Berufsverbote sind also keine Erfindung der BRD(Radikalenerlass).
1826 musste Arndt sein Professorenamt ganz niederlegen. Erst 1840 wurde er durch Friedrich Wilhelm IV. rehabilitiert. Eine Schilderung des Prozesses gab Arndt in dem „Notgedrungenen Bericht aus meinem Leben, aus und mit Urkunden der demagogischen und antidemagogischen Umtriebe“ (1847).
Auch im Privatleben musste Arndt mit Schicksalsschlägen fertigwerden. 1834 ertrank sein jüngster Sohn Wilibald im Rhein. Sein Sohn Sigerich Arndt wurde gegen den erbitterten Widerstand seines Vaters, der der Burschenschaft zugeneigt war und das Prinzip politischer Neutralität strikt ablehnte, Mitglied des Corps Rhenania Bonn. 1841 wurde Arndt Rektor der Bonner Universität und lehrte und publizierte bis zu seiner Emeritierung(Ruhestand) 1854.
Am 18. Mai 1848 zog Arndt als Abgeordneter für Solingen in die Frankfurter Nationalversammlung ein. Er blieb fraktionslos, war aber Mitglied der Kaiserdeputation. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. hatte Arndt schon vor der Konstituierung der Versammlung geschrieben, dass er die von einem demokratischen Parlament angebotene Krone nicht annehmen werde. Am 20. Mai 1849 legte Arndt sein Mandat nieder und widmete sich wieder dem akademischen Leben.
Ernst Moritz Arndt als Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung
Arndt blieb weiter aktiv als patriotischer Literat. Er verfasste „Blätter der Erinnerung, meistens um und aus der Paulskirche in Frankfurt“ (1849), „Mahnruf an alle deutschen Gauen in betreff der schleswig holsteinischen Sache“(1854), „Pro populo germanico“(1854), „Blütenlese aus Altem und Neuem“(1857) und „Meine Wanderungen und Wandelungen mit dem Reichsfreiherrn H. K. Fr. vom Stein“(1858). Wegen einer GeneralfeldmarschallCarl Philipp von Wredeund dasbayerische Militärverleumdenden Stelle in der letztgenannten Schrift wurde Arndt vor das Schwurgericht inZweibrücken geladen und in Abwesenheit zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
1858 widmetenHermann und Moritz SchauenburgArndt die erste Ausgabe des „Allgemeinen deutschen Kommersbuches“. Diese Widmung und einFaksimile(Verkleinerung des Originals)seiner Antwort werden bis heute in jeder Auflage des Kommersbuches abgedruckt. Unter allgemeiner und öffentlicher Teilnahme feierte Arndt 1859 seinen 90. Geburtstag. Er starb kurz darauf am 29. Januar 1860. Sein Grab befindet sich auf demAlten Friedhofin Bonn.
Arndt war rassistisch, insbesondere den Franzosen und Juden gegenüber.
Zu Lebzeiten wurde Arndt hoch verehrt und gefeiert, seine Schriften führten zur Gründung patriotischer Vereinigungen, u. a. in Gießen, Heidelberg und Marburg, die als Vorgänger der Burschenschaften angesehen werden können. Sein Lied „Was ist desDeutschen Vaterland?“ war lange Zeit die inoffizielle Hymne der deutschen Einigungsbewegung. Für Arndt wurden eine Reihe von Denkmälern errichtet, u. a. in Bonn und Stralsund.
Arndts Schreibtisch in Stralsund
Grabstätte auf dem Alten Friedhof in Bonn
Arndts erklärtes Ziel war es, mit seinen Texten über den Kreis der Gebildeten hinaus zu wirken; er bemühte sich daher um eine allgemeinverständliche Sprache. Er war sich durchaus im Klaren darüber, dass einige seine Publikationen, wie zum Beispiel die Schriften „Geist der Zeit“, nur Leser in gebildeten Schichten finden würden, und arbeitete daher Teile davon um in ein einfacher gehaltenes Volksbuch. Dessen Auflagen waren 1813/14 innerhalb weniger Monate vergriffen. Die Flugschriften Arndts sollten den gebildeten wie auch den ungebildeten Leser ansprechen. Er bediente sich bewusst einer Sprache, die „einfältig, klar und ohne alle Klügelei des Worts“ war. Während viele die Breitenwirkung Arndts hervorheben, resümiert ein anderer:
„Gut ist es, daß es [Arndts Wirken] nur zu den Studenten gedrungen und das Volk noch unangesteckt geblieben ist. Darum ist es auch lächerlich von diesen Gelehrten immer als vom Volk zu sprechen. Der Bürger und Bauer wünscht ihren Himmel nicht.“
Genauso, wie es aus den verschiedensten Richtungen Ehrungen und Berufungen auf Freiherr vom Stein gibt, so ist das auch bei Ernst Moritz Arndt der Fall.
Die Faschisten betrachteten Arndt als ihren Vordenker. Kurz nach der Machtübernahme durch die Faschisten beantragte der örtliche Leiter des Stahlhelms die Benennung der Greifswalder Universität nach Arndt. Das preußische Staatsministerium erteilte die Bewilligung im Mai 1933, da Arndt „..stets für die Freiheit, die Ehre und die Macht des Deutschen Vaterlandes an erster Front gekämpft“ habe. Die 1935 in Berlin-Zehlendorf eingeweihte Kirche erhielt den Namen Ernst-Moritz-Arndt-Kirche; angesichts des erstarkenden Neuheidentums galt Arndt den Verantwortlichen als Kronzeuge dafür, dass man sehr wohl ein guter Christ und ein Patriot sein konnte.
In der DDR wurde Arndt als Kämpfer gegen Feudalismus und Vorbild für die Freundschaft mit Russland geehrt.
Der Nationalrat der DDR verlieh an Kulturschaffende die Ernst-Moritz-Arndt-Medaille, die Arndts Porträt zeigte und die Unterschrift „Das ganze Deutschland soll es sein“. Bekannte Empfänger der Medaille waren u. a. Johannes R. Becher und Karl-Eduard von Schnitzler.
Im Gegensatz dazu ist die Ernst-Moritz-Arndt-Plakette die höchste Auszeichnung, die vom Revanchistenverband „Bund der Vertriebenen“, Landesverband Nordrhein-Westfalen vergeben wird.
1992 wurde die Ernst-Moritz-Arndt-Gesellschaft e. V.gegründet, welche die wissenschaftliche Erforschung des Lebens und des Wirkens von Ernst Moritz Arndt im Kontext seiner Zeit und in der Nachwirkung auf spätere Epochen fördert und betreibt.
Im Jahr 2009 wurden an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität 1400 Unterschriften für eine Umbenennung der Universität in „Universität Greifswald“ gesammelt. Als Grund wurden seine antisemitischen Äußerungen genannt. An der Abstimmung vom 11. bis 15. Januar 2010 nahmen rund 23 Prozent der 12.300 Studierenden teil. Mit 56 Prozent der Abstimmenden sprach sich die Mehrheit gegen die angestrebte Umbenennung aus. Vorerst beendete der Senat den Streit am 17. März 2010, als 22 von 36 Senatoren für die Beibehaltung des Namens stimmten. Am 18. Januar 2017 kam es zu einer erneuten Abstimmung des Senats der Universität Greifswald über den Namenspatron. Dabei sprachen sich diesmal 24 von 36 Senatoren für ein Ablegen des Namens „Ernst Moritz Arndt“ aus. Auf Grund von Rechtsmängeln im Verfahren verweigerte das Bildungsministerium der Senatsentscheidung die Zustimmung. Am 17. Januar 2018 beschloss der Akademische Senat der Greifswalder Universität erneut, den Namen Ernst Moritz Arndt abzulegen, wobei nach einer Kompromissformel Arndts Name zu bestimmten Anlässen der offiziellen Bezeichnung Universität Greifswaldvorangestellt werden kann. Die Änderung bedarf der Zustimmung des Bildungsministeriums.
Briefmarke BRD 1969
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Entnommen aus Wikipedia, Bearbeitet von Petra Reichel
John Heartfield, geboren am 19. Juni 1891 in Schmargendorf, verstorben am 26. April 1968 in Berlin/DDR. Sein eigentlicher Name ist Helmut Herzfeld, fälschlicherweise manchmal Herzfelde geschrieben. Er war ein deutscher Maler, Grafiker, Fotomontagekünstler und Bühnenbildner und gilt landläufig als der Erfinder der politischen Fotomontage. Sein Bruder ist Wieland Herzfelde.
15-Pf-Sondermarke der DDR-Post 1971 aus der Serie „Berühmte Persönlichkeiten“
Helmut Herzfeld kam als erstes von insgesamt vier Kindern des Schriftstellers Franz Held (eigentlich Franz Herzfeld) und Alice Herzfeld geb. Stolzenberg zur Welt. Im Jahre 1895 wurde Franz Held wegen Gotteslästerung zu einer Haftstrafe verurteilt. Darauf zog die Familie in die Schweiz und später nach Aigen bei Salzburg. Aus nicht geklärter Ursache verließen die Eltern im Sommer 1899 ihre Kinder, Helmut Herzfeld und seine Geschwister wurden von dem Ehepaar Ignaz und Clara Varschein aufgenommen. Vormund wurde sein Onkel Joseph Herzfeld, der sich jedoch nicht besonders um ihn gekümmert haben soll.
Im Jahre 1905 begann Helmut Herzfeld eine Lehre als Buchhändler in Wiesbaden, an die sich von 1908 bis 1911 ein Studium an der Kunstgewerbeschule München anschloss. 1912 arbeitete er zunächst als Werbegrafiker in München. Da ihn diese Aufgabe nicht ausfüllte, begann er im selben Jahr ein Studium an der Kunst- und Handwerkerschule in Charlottenburg.
Im Jahre 1914 wurde Herzfeld bei Beginn des Ersten Weltkriegs als Soldat zum in Berlin stationierten Garde-Grenadier-Regiment „Kaiser Franz“ eingezogen.
Nachdem er 1915 wegen einer simulierten Nervenkrankheit aus der Armee entlassen worden war, nannte sich Herzfeld ab 1916 offiziell „John Heartfield“. Damit wollte er gegen den im Deutschen Kaiserreich herrschenden und insbesondere englandfeindlichen Nationalismus protestieren. Anlass war der Slogan Ernst Lissauers „Gott strafe England“. Im folgenden Jahr gründete er zusammen mit seinem Bruder Wieland Herzfelde den Malik-Verlag in Berlin.
Am 31. Dezember 1918, ihrem Gründungstag, trat John Heartfield der KPD bei.
1924 erschien Heartfields erste politische Fotomontage „Väter und Söhne“. Auf dem Bild ist Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg zu sehen, hinter dem Soldatenskelette stramm stehen. Ein Trupp Kinder in Kadetten-Uniform mit Gewehren über der Schulter zieht an ihnen, den mutmaßlichen toten Vätern, vorbei.
1939 erschien ein gemeinsam mit Kurt Tucholsky verfasstes Bilderbuch mit dem satirisch gemeinten Titel „Deutschland, Deutschland über alles“.
1930 wurde Heartfield ständiger Mitarbeiter der von Willi Münzenberg herausgegebenen „Arbeiter Illustrierten Zeitung““(AIZ), ab 1936 „Die Volks-Illustrierte“(VI), in der bis 1938 regelmäßig seine politischen Fotomontagen erschienen.
Eine seiner bekanntesten Arbeiten ist mit „Millionen stehen hinter mir“ betitelt und zeigt Adolf Hitler, in dessen Gruß nach hinten geklappte Hand ein archetypischer Industrieller Geldbündel legt.
Auch seine übrigen Arbeiten wurden massenhaft verbreitet. Unter anderem auf Titeln vor allem linksgerichteter Zeitschriften und auf Plakaten der KPD.
1-Mark-Block der DDR-Post 1981mit einer Rekonstruktion einer Fotomontage von John Heartfield in der „Arbeiter Illustrierte Zeitung“ Nr. 45 vom 16. November 1933; der vom Vorwurf der Reichstagsbrandstiftung freigesprochene Georgi Dimitroff übergroß dargestellt alsRichterund ein kleiner Hermann Göring als Gerichteter
Ab dem Frühjahr 1981 lebte John Heartfield für ein Jahr in der Sowjetunion und arbeitete dort an verschiedenen Projekten(Ausstellungen und Theaterstücke).
1933 floh John Heartfield vor den Faschisten in die Tschechoslowakei, nachdem die SA seine Wohnung gestürmt hatte. Von Prag aus setzte er seine Arbeit für oppositionelle Publikationen in Deutschland fort.
Am 03. November 1934 veröffentlichte der „Deutsche Reichsanzeiger“ die dritte Ausbürgerungsliste des Deutschen Reiches, durch welche Heartfield ausgebürgert wurde.
Eine Protestnote des deutschen Gesandten gegen ihn, erschwerte sein Schaffen im Exil.
Nach der Besetzung des Sudetenlandes floh John Heartfield am 06. Dezember 1938 mit Hilfe englischer Intellektueller auf dem Luftweg nach Großbritannien.
1940 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand, da er als feindlicher Ausländer im Internierungslager festgehalten wurde. Er beteiligte sich an Veranstaltungen des Freien Deutschen Kulturbundes und betätigte sich als Buchgestalter für englische Verlage. Die Klasse seiner früheren Werke erreichte er jetzt nur noch selten.
Am 31. August 1950 kehrte John Heartfield über Prag nach Deutschland zurück und ging in die DDR. Er lebte bis 1956 in Leipzig. Zusammen mit seinem Bruder Wieland arbeitete er für verschiedene Theater, Verlage und Organisationen in der DDR.
Im Oktober 1950 kündigte der Kulturbund eine Heartfield-Ausstellung an. Diese kam aber nicht zustande, weil seine Fotomontagen unter Berufung auf Georg Lukács als Formalismus kritisiert wurden.
Heartfields Gesuch in die SED aufgenommen zu werden, wurde aus Sicherheitsgründen abgelehnt, weil er in England im Exil war.
1951 erlitt Heartfield den ersten Herzinfarkt, von dem er sich lange nicht erholte. Im November 1952 folgte der zweite Infarkt.
Berthold Brecht riet ihm nach Berlin und zu ihm in die Märkische Schweiz zu kommen.
Erst 1954 nahm Heartfield seine Arbeit wieder auf. Im Juni desselben Jahres forderte der Schriftsteller Stefan Heym öffentlich die Aufnahme Heartfields in die Akademie der Künste der DDR. 1956 zog Heartfield nach Berlin und wurde zum ordentlichen Mitglied der Akademie der Künste gewählt.
1957 bezog Heartfield ein Sommerhaus in Waldsieversdorf in der Märkischen Schweiz, das heute wieder als Gedenkstätte geöffnet ist. Im selben Jahr wurde ihm am 07. Oktober während einer Reise nach China durch den Botschafter der DDR der Nationalpreis für Kunst und Kultur überreicht.
John Heartfield (Mitte) 1960 im Gespräch mit Otto Nagel und Wieland Herzfelde (r.) über eine seiner Fotomontagen.
1962 erkrankte Heartfield erneut schwer. Sein Bruder Wieland veröffentlichte im selben Jahr „John Heartfield. Leben und Werk“.
1968 starb John Heartfield im Alter von 76 Jahren in Berlin/DDR. Er wurde auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof beigesetzt. Gemäß seinem Testament wurde in der Akademie der Künste der DDR ein John-Heartfield-Archiv eingerichtet.
Grab von John Heartfield auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin
For Eyes Only, Langtitel For Eyes Only (Streng geheim), ist ein deutscher Spionagefilm der DEFA(Filmgesellschaft der DDR) von János Veiczi aus dem Jahr 1963.
Handlung:
Das Jahr 1961: Hansen gilt bei seinem Sohn als Republikflüchtling, arbeitet jedoch in Wirklichkeit seit drei Jahren als Kundschafter der DDR in der BRD. Er wurde vom MfS erfolgreich in die Dienststelle des MID in Würzburg eingeschleust, die sich als „Concordia“-Handelsgesellschaft tarnt. Sie ist Teil eines Netzwerks, das Pläne zur Übernahme der DDR schmiedet. Der Schlag gegen das Land steht unmittelbar bevor. Jeder MID-Zentrale(ein Geheimdienst USA) liegen die Übernahmepläne vor.
Das MfS beauftragt Hansen, ein Original des Schriftsatzes zu beschaffen. Diesen will man an die Presse weitergeben, um jegliche Verschwörung gegen den Staat im Keim zu ersticken. Hansen vermutet die Papiere der MID-Dienststelle im Safe seines Vorgesetzten Major Collins. Als er bei einem Kleinkriminellen eine Kopie des Safe-Schlüssels anfertigen lassen will, erfährt er, dass er nicht der erste mit diesem Ansinnen ist. Auch Sicherheitschef Colonel Rock, der Vorgesetzte von Major Collins, ahnt, dass es eine undichte Stelle in der Würzburger Zentrale geben muss, wurden doch in letzter Zeit zahlreiche Würzburger Agenten in der DDR enttarnt.
Die Amerikaner vermuten in Hansen einen Spion, da er als einziger von ihnen aus dem Osten kommt und er auch während der NS-Zeit keine große Karriere gemacht hat, um aus diesem Grund in den Westen fliehen zu müssen. Selbst einen Lügendetektortest besteht Hansen jedoch. Gleichzeitig findet man bei einer Hausdurchsuchung in Hansens Safe Fotos, die den Würzburger Mitarbeiter Schuck als Maulwurf des Bundesnachrichtendienstes enttarnen. Schuck wird liquidiert. Eine unachtsame Äußerung Collins’ macht Hansen deutlich, dass die wichtigen Papiere nicht im Safe, sondern im Kühlschrank Collins’ lagern. Es gelingt Hansen, kurz vor der geplanten Besetzung der DDR sämtliche Mitarbeiter der MID-Villa anderweitig zu beschäftigen. Er nimmt die Papiere aus dem Safe an sich und transportiert den gesicherten Kühlschrank in sein Auto. Zusammen mit dem tschechischen Chauffeur František, der menschlich zu gut ist, um weiterhin mit dem MID zusammenzuarbeiten und den Hansen lieber wieder in dessen Heimat sehen will, fährt er an die Grenze. Die Amerikaner sind bereits auf seine Flucht aufmerksam geworden und haben sämtliche Wege in den Osten abgesperrt. Hansen durchbricht die Sperren und bringt die Papiere sicher in die DDR.
Die Weltpresse berichtet vom gescheiterten Versuch der Amerikaner, einen Krieg gegen die DDR zu führen. Collins wird liquidiert werden. Hansen wiederum darf nun endlich seinen Sohn wiedersehen und ihm die wahren Hintergründe für sein Fernbleiben verraten.
„For Eyes Only“ entstand nach einer Idee von Hans Lucke. Hintergrund waren zum einen Kriegspläne der NATO, bzw. Bundeswehr gegen die DDR, die 1960 als DECO II und MC-96 bekannt wurden und von Walter Ulbricht als ein Grund für die Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls genannt wurden.
Auch die Dramaturgen des Films beriefen sich auf zugrundeliegende, reale Ereignisse des Films: „Wir versuchen in diesem Film, trotz freier Gestaltung, uns in den wesentlichen Zügen an Tatsachen-Material und echte Dokumente zu halten (DECO II, MC 96).“ Zum anderen hatte bereits 1956 ein MfS-Mitarbeiter aus der MID-Stelle in Würzburg (der Doppelagent Horst Hesse)die gesamte MID-Agentendatei für die DDR an sich bringen und in die DDR schleusen können. In der Folge konnten über 140 Personen in der DDR enttarnt und verhaftet werden. Aus beiden Vorfällen sowie weiteren zeitgenössischen Begebenheiten wurde das Drehbuch zusammengestellt, das in enger Zusammenarbeit mit dem MfS entstand. Der Realitätsanspruch findet sich im Einleitungstext des Filmes wieder, wo es heißt: „Die Handlung des Films ist frei erfunden – Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten und lebenden Personen sind beabsichtigt.“
Die Hauptrolle übernahm der damals am Berliner/DDR Maxim-Gorki-Theater tätige und filmunerfahrene Schauspieler Alfred Müller, der durch den Film zum Star wurde. Teilweise werden Dialoge des Films auf Englisch eingesprochen und von Erzähler GerryWolff ins Deutsche übersetzt. Einzelne Szenen des Films wurden auf dem Berliner Alexanderplatz, auf dem Platz der Luftbrücke in Berlin-Tempelhof und im Botanischen Garten in Berlin gedreht.
„For Eyes Only“ wurde am 15. Mai 1963 als „Politischer Gegenwartsfilm“ freigegeben und erlebte am 19. Juli 1963 im Berliner „Kosmos“ seine Uraufführung. Der Film wurde ein großer Publikumserfolg: Bereits nach einer Woche hatten im Karl-Marx-Städter „Luxor-Palast“ 30.000 Zuschauer den Film angesehen, im August waren es DDR-weit 630.000 Besucher. Bis 1973 hatte der Film in der DDR 2,3 Millionen Zuschauer in die Kinos gelockt. Auch das Interesse in osteuropäischen Staaten war groß, so wurde der Film unter anderem nach Bulgarien, Ungarn und Rumänien, aber auch ins sozialistische Kuba verkauft.
Der Film erhielt das Prädikat „Künstlerisch besonders wertvoll“. Regisseur, Darsteller und weitere Mitarbeiter des Films wurden in der Folgezeit mehrfach ausgezeichnet, so erhielt das gesamte Filmensemble unter anderem 1964 den Nationalpreis III. Klasse. Im Jahr 1991 wurde er im Rahmen einer DEFA-Retrospektive auf der Berlinale gezeigt.
Das Berliner „Kosmos“, Premierenort des Films 1963
Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-B0507-0010-001 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Bild ist entsprechend verlinkt
Kritik:
Die zeitgenössische Kritik der DDR lobte den Film. Er sei „ein knallharter Reißer, ein Spionageabwehrfilm mit spannungsgeladenen Situationen. Scharfe Schüsse, Nachtlokale, harte Kinnhaken, Spielkasinos, Tote am Straßenrand, Halbweltdamen, Giftampullen, Miniaturkameras, Nachschlüssel für Panzerschränke, geheimnisvolle Treffs in dunkler Nacht, atemberaubende Autoverfolgungsjagden – nichts fehlt, was zu einem Superkrimigehört“, begeisterte sich die „Neue Zeit“ 1963.
Für Frank-Burkhard Habel war „For Eyes Only“ 2000 „eine Art ‚Vater aller Kundschafterfilme‘“in der DDR.
Der „film-dienst“ bezeichnete „For Eyes Only“ als „mit großem Aufwand geschickt inszenierte[n] und gut gespielte[n] Agententhriller, der auf authentischen Ereignissen der Jahre 1960/61 fußt und die Abwehrspezialisten des DDR-Staatssicherheitsdienstes als omnipräsent feiert.“
In Bezug auf die entscheidenden Unterlagen im Kühlschrank schrieb „Cinema“ ironisch: „Jetzt wissen wir endlich, woher der Begriff ‚Kalter Krieg‘ kommt. Fazit: So clever und am Ende hat’s nix genützt“.
Bildquelle: Von Martin Zeise – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Bild ist entsprechend verlinkt
Das Bauernkriegspanorama ist ein monumentales Panoramabild über den Bauernkrieg mit dem Titel „Frühbürgerliche Revolution in Deutschland“ des Leipziger Malers und Kunstprofessors Werner Tübke. Es befindet sich im Panorama Museum, einem eigens dafür errichteten Gebäudekomplex, auf dem Schlachtberg bei der thüringischen Kleinstadt Bad Frankenhausen am Fuße des Kyffhäusergebirges. Das Werk entstand in den Jahren 1976 bis 1987, ursprünglich zum Gedenken an den Deutschen Bauernkrieg und den Bauernführer Thomas Müntzer. Mit einer Fläche von 1722 m² zählt es zu den größten Tafelbildern der Welt.
Schlachtberg vor Panorammuseum
Bildquelle: Von H.Stolze – H.Stolze, CC BY-SA 3.0, Bild ist entsprechend verlinkt
Daten und Fakten
Der zylindrische Rundbau aus Betonfertigteilen, der das Gemälde umfasst, ist ca. 18 m hoch und hat einen Außendurchmesser von knapp 44 m. Als Architekt wurde Herbert Müller beauftragt, die Grundsteinlegung erfolgte am 8. Mai 1974. Die Stützmauer setzt sich aus 54 vorgefertigten, halbröhrenförmigen Spannbeton-Schalen zusammen und das Dach besteht aus freitragenden, vorgespannten Dreiecks-Betonschalen. Bereits 1975 waren Rundbau und Eingangsgebäude fertiggestellt. Die Leinwand (und damit das Bild selbst) ist 123 m lang und 14 m hoch. Sie wog unbemalt ungefähr 1,1 t und ist zwischen einem oberen und einem unteren Stahlring mit je knapp 40 m Durchmesser gespannt. Gewebt wurde sie in einem Stück im Textilkombinat Sursk in der Sowjetunion. Der damalige Kulturminister der DDR, Hans-Joachim Hoffmann, der sich sehr für das Projekt einsetzte, hatte die Leinwand persönlich in der Sowjetunion bestellt. Der ortsansässige Autosattler Günter Hohlstamm nähte die beiden Enden passgenau zusammen und präparierte die Längsseiten für die Ringe. Nach der Aufspannung versah ein sowjetisches Spezialistenteam die Leinwand mit einer Grundierung nach einer alten russischen Geheimrezeptur. Tübke verteilte auf die 1722 m² große Fläche mehr als 3000 einzelne Figuren, wovon die größten über 3 Meter messen. Der Maler selbst musste die Arbeiten zeitweilig unterbrechen und seinem Kollegen Eberhard Lenk die Ausführung überlassen, weil die Überanstrengung einen Muskelriss im Daumen hervorgerufen hatte. Das Bild ist durch einen umlaufenden Graben und Geländer vom Besuchersaal getrennt, um Berührungen und Beschädigungen zu verhindern. Es wird bei den Führungen von einer größeren Zahl von gedämpft leuchtenden Scheinwerfern angestrahlt, während der Saal selbst im Halbdunkel bleibt. Somit kann sich die plastische Wirkung des Rundbildes optimal entfalten.
Offizieller Auftraggeber war das Kulturministerium der DDR, das damit einen Beschluss des SED-Politbüros vom 09. Oktober 1973 umsetzte. Anfang der 1970er Jahre fand mit dem Ende der Regierungszeit von Walter Ulbricht auch ein Wandel in der Kulturpolitik der SED statt.
Mehr Vielfalt und Akzeptanz auch nicht ausschließlich die Kunstrichtung sozialistischer Realismus, sollte einerseits das internationale Ansehen heben, andererseits fortschrittliche historische Gestalten und Ereignisse näherbringen, denen die DDR sich als historischer Erbe verpflichtet war ihr Vermächtnis zu erfüllen. Bei Thomas Müntzer wurde u.a. dadurch ausgedrückt, dass er ab 1975 auf der 5-Mark-Banknote der DDR zu sehen war.
DDR-Banknote 5 Mark mit Thomas Müntzer in der Ausgabe von 1975 bis 1990
Bildquelle: Gemeinfrei, Bild ist entsprechend verlinkt
Im heutigen neuen Bundesland Thüringen gibt es viele Thomas-Müntzer-Denkmäler. Sie sind das Erbe aus der DDR-Zeit.
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Der Geburtsort Stolberg sowie der Sterbeort Mühlhausen erhielten in der DDR den offiziellen Namenszusatz „Thomas-Müntzer-Stadt“. (Mühlhausen 1975 anlässlich des 450. Todestages) Nach der Annexion der DDR wurden die Beinamen aberkannt und getilgt. Im Gegensatz dazu sind die Beinamen der „Lutherstädte“ Eisleben und Wittenberg bestehen geblieben. Dieses Geschichtsverständnis der vergrößerten heutigen BRD sagt doch einiges aus.
Die SED plante im Hinblick auf den 450. Jahrestag des Deutschen Bauernkrieges für 1975 ein Gedenkjahr.
Auf einem Plenum der SED 1972 wurde erstmals der offizielle Antrag eingebracht, auf dem Schlachtberg bei Bad Frankenhausen eine Panorama-Gedenkstätte zum Andenken an die dort geschlagene Bauernschlacht und ihren Anführer Müntzer zu errichten. Der SED-Führung schwebte ein monumentales, heroisierendes Schlachtengemälde vor.
Nach mehrjährigen Diskussionen, fachlichen Expertisen durch Historiker und Kunstsachverständige, Änderungsvorschlägen, erneuten Debatten usw. entschied der beauftragte Kulturminister, den Streit zu beenden. Entgegen den Vertretern des sozialistischen Realismus gab er nun doch ein von diesen abgelehntes Panoramabild in Auftrag – der zugehörige Bau war bereits in Arbeit.
Für ein solches Vorhaben kamen nur die besten Künstler in Betracht. Konkret wurde der international angesehene Werner Tübke als geeignet erachtet. Tübke nahm den Auftrag nach einiger Bedenkzeit an, stellte aber unmissverständliche Bedingungen: Er bliebe der einzige Auftragnehmer und er würde kein dokumentarisch korrektes Bilddokument einer Schlacht schaffen, sondern ein künstlerisches Monumentalwerk mit umfassender Verallgemeinerung. Vor allem aber habe ihm niemand ins künstlerische Konzept und seine Ausführung hineinzureden. Ohne die Akzeptanz seiner künstlerischen Autonomie würde er nicht malen.
Die Zeit drängte, es war 1975. Tübkes „Ultimatum“, wurde weitgehend akzeptiert. So entstand das Gemälde nicht im „offiziellen“ Stil des sozialistischen Realismus, sondern in dem von Tübke gepflegten magischen Realismus.
Im Jahre 1976 ließ sich der Maler als Rektor der Leipziger Kunsthochschule beurlauben und begann, parallel zum intensiven Quellenstudium der Renaissancezeit, erste Skizzen und kleinere Bilder als Entwürfe anzufertigen. Bereits 1978 wurde die Leinwand angeliefert.
1979 folgte, wie konzipiert und im Vertrag auch fixiert, die Arbeit an der 1:10-Modellfassung, der eigentlichen Originalversion. Das auf fünf Holztafeln von je 2,46 m Länge und 1,39 m Höhe gemalte Werk wurde im Dezember 1988 von der Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin erworben und befindet sich heute noch in Berlin. 1982 spannten und präparierten 54 Arbeiter die Leinwand auf. Danach zeichneten insgesamt fünfzehn Künstler die Konturen aus der Modellfassung auf 900 Quadrate aus Klarsichtfolie, die anschließend fotografiert wurden. Die Fotos wurden mit beweglichen Tageslichtprojektoren im Maßstab von 10:1 auf die Leinwand projiziert und die vergrößerten Konturenzeichnungen mit einer blassen Temperafarbe festgehalten. Diese Arbeit beanspruchte drei Monate. Die fünfzehn Künstler absolvierten im folgenden Jahr eine Art Training, bei dem sie Tübkes Stil exakt kopieren lernen und sich zudem durch Übertragung von Vorstudien auf immer größere Flächen die Technik für die Großleinwand aneignen sollten. Fünf Maler wurden schließlich vom Meister ausgewählt. 1983 stießen sie nach und nach zu Tübke, der inzwischen schon eine kleinere Fläche als Referenz allein bemalt hatte. Auf fünf Stockwerke hohen fahrbaren Gerüsten arbeiteten die sechs Maler über vier Jahre lang in Schichten und auch am Wochenende. Durch die ständige Überbeanspruchung seines rechten Armes kam es bei Tübke während der Arbeiten zu einem Muskelriss im Daumen, wodurch er zu längeren Pausen gezwungen wurde. Am 7. August 1987 vollendete Werner Tübke schließlich seinen Teil des Gemäldes, am 11. September beendete Lenk als letzter Mitarbeiter seine Arbeit, und am 16. Oktober setzte Werner Tübke schließlich seine Signatur auf das fertige Werk. Einer der ersten, die das Werk kurz vor seiner Fertigstellung sehen konnten, war im Herbst 1987 der Historiker Golo Mann. Er schilderte seine Eindrücke wie folgt:
„Der Schreiber dieser Zeilen hatte das Glück, den Rundbau auf dem Hügel bei Frankenhausen im Oktober des Jahres 1987 zu besuchen, einige Wochen bevor Werner Tübke, nach zwölfjähriger Arbeit, sein Werk als vollendet bezeichnete, anderthalb Jahre bevor es der Öffentlichkeit gelegentlich einer Feier zugänglich gemacht werden wird. Wir waren zu dritt, mit zwei freundlichen Erklärern. Danach durften wir noch das Ehepaar Tübke begrüßen. Der Meister war tief erschöpft, soviel spürte man, sehr erholungsbedürftig, aber glücklich wohl auch. Was konnte ich ihm sagen? Kaum mehr, als was ich in das Gästebuch schrieb: „Voll Bewunderung und Staunen.“ Betritt man das riesige Gewölbe, sieht man steil nach oben, so wird man zunächst von etwas wie Schwindel erfasst. Dann versucht man sich zu orientieren; wozu eine Stunde niemals ausreichen kann. Es ist eine Welt, die sich da auftut; Menschenwelt im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts. Hatte der Meister Vorbilder, so waren es Maler eben jener Zeit; keineswegs die Historien-Maler des neunzehnten, die gar so schlecht auch nicht waren, mit denen sich aber jeder Vergleich verbietet. Überhaupt versagt hier das bloße Wort. Realismus? Ja, doch, der auch. Man sieht die Qual eines aufs Rad Geflochtenen. Man sieht Henker und Gehängte. Man sieht das üppige Leben, Lust und Wollust neuen, reich gewordenen Bürgertums. Stimmig ist auch hier eine Druckerwerkstatt mit von der Partie: Wirklichkeit und Symbol der neuen Großmacht. […] Aber wer unter jener Kuppel auf dem Frankenberg steht, dem Gemälde ohne Anfang, ohne Mitte und ohne Ende, der Schau, in welcher Symbole wie der berstende Turm von Babylon oder ein Regenbogen hoch über dem Schlachtengewimmel sich mit historischen Figuren versöhnen, dem wird die Zaubermacht der Kunst für einen Moment alle Theorie als grau in grau erscheinen lassen.“
— Golo Mann: In: Bauernkriegs-Panorama. Erster Besuch. Eröffnung
Tübke präsentiert die 1:10-Version des Bauernkriegspanoramas Mitgliedern des Politbüros 1982 im Albertinum
Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-1982-1002-014 / Franke, Klaus / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Bild ist entsprechend verlinkt
Eröffnung
Das Jahr 1989 war anlässlich des 500. Geburtstages Thomas Müntzers von der Regierung der DDR zum Thomas-Müntzer-Jahr erklärt worden. Aus diesem Anlass wurde die Gedenkstätte „Frühbürgerliche Revolution in Deutschland“ mit dem monumentalen Panoramabild am 14. September des Jahres offiziell eröffnet. Zuvor waren Ausschnitte des Gemäldes bereits auf einem fünfteiligen Briefmarkensatz erschienen, den die Deutsche Post der DDR am 22. August herausgegeben hatte.
Kulturminister Hoffmann, einer der wichtigsten Förderer des Projekts, der SED-Kulturverantwortliche Kurt Hager und die Volksbildungsministerin Margot Honecker, die zugleich ihren erkrankten Mann Erich Honecker vertrat, nahmen an der Eröffnung teil.
In der Bevölkerung kam dieses Kunstwerk nicht an. Man muss bedenken, dass bereits die Konterrevolution voranschritt und die Unzufriedenheit groß war. So wurde die Geldausgabe für dieses Projekt kritisiert, während andere Projekte in der Region, wie z.B. eine Turnhalle in Sangershausen, gestrichen wurden. Hinzu kam der verschärfende Mangel in allen Bereichen.
Das Kunstwerk wurde als Propagandamittel gesehen. Vom in der Schule gelehrten Stolz auf diese Epoche der Geschichte ist nichts geblieben. Verächtlich wurde das Museum „Elefantenklo“, „Gasometer“ und „Silo“ genannt.
Dieser Unmut schloss auch den so titulierten „Staatskünstler“ Werner Tübke ein. Tübke betrachtete sich nach eigener Aussage nicht als Künstler der DDR und schon gar nicht als Staatskünstler, sondern als außerhalb der DDR-Kunst stehend. Außerdem entsprach die Ausführung des Kunstwerks von Werner Tübke nicht den Vorstellungen der damaligen Politiker.
An dieser Stelle muss noch gesagt werden, dass zu allen Zeiten in allen Gesellschaftsordnungen Künstler von Aufträgen und Mäzenen (heute würde man sagen Sponsoren) abhängig waren und sind. Die Künstler müssen schließlich von irgendwas leben und ihre Arbeiten finanzieren.
Befürworter des Projekts verwiesen auf Deviseneinnahmen, die der Verkauf von Bildern von Werner Tübke ins Ausland eingebracht hatte. Hätte die DDR länger bestanden, hätten durch Touristen und Kunststudenten, Kunstkenner und –sammler aus dem Ausland Devisen eingenommen werden können.
Heutige Bedeutung
Nach der Annexion der DDR durch die BRD war die Zukunft des Panorama Museums ungewiss, da es kurz vor Ende der DDR bei der Bevölkerung nicht gut ankam. Es wurde sogar über eine Schließung des Museums diskutiert, die jedoch der Sachverständige im Thüringischen Kunstministerium abwenden konnte.
Seit 1992 wurde das Konzept des Panorama Museums über die Präsentation des Monumentalgemäldes hinaus um ähnliche Kunstwerke einerseits und das Gesamtwerk Werner Tübkes andererseits erweitert. Hauptträger des Museums war nach der Konterrevolution der Freistaat Thüringen. Anfang 2008 wurde das Museum privatisiert und vom Verein Panorama Museum e. V. übernommen. Dem Trägerverein gehören das Land Thüringen, der Kyffhäuserkreis und die Städte Bad Frankenhausen und Sondershausen an. Das Museum wird vom Freistaat bis mindestens 2012 weiter mit jährlich knapp 1,3 Millionen Euro finanziert. Wie der derzeitige Stand ist, ist aus dem Wikipedia-Artikel nicht zu entnehmen. Was die Bevölkerung zu der Finanzierung des Kunstwerkes durch das heutige neue Bundesland Thüringen sagt, interessiert heute niemanden mehr. Zu etwa 30 Prozent kann sich das Museum aus eigenen Einnahmen finanzieren. Mit jährlich etwa zwischen 75.000 bis 90.000 Besuchern zieht es ein so großes Publikum an wie nur noch wenige andere Gemälde in Deutschland. Ob gewürdigt wird, dass dieses Kunstwerk ein Erbe der DDR ist? Das heutige neue Bundesland Thüringen hätte das wohl kaum in Auftrag gegeben. Die DDR hatte einen großen Kulturetat. Das ist heute anders. Außerdem sind für Kunst und Kultur in der BRD die einzelnen Bundesländer zuständig.
Neben Ankäufen bilden Schenkungen einen weiteren wichtigen Teil der Sammlung. Zwei bedeutende Schenkungen sind die Sammlung Albert-Leo Troost und Fabius von Gugel. Der Kaufmann und Grafiksammler Albert Leo Troost (1930-2001), in Düsseldorf aufgewachsen, verkehrte in Künstlerkreisen in Düsseldorf und Prag. Er schenkte 2001 dem Panoramamuseum 140 teils großformatige Grafiken bedeutender tschechischer und slowakischer Künstler. 2004 bildeten diese Arbeiten den Kern der Museumsausstellung „Das innere Gesicht… Meisterwerke tschechischer und slowakischer Grafik“. Der Schenkung Fabius von Gugel ging eine Sonderausstellung des Künstlers im Panorama Museum 1998 voraus. Nach der Exposition entschloss sich der Künstler, dem Panorama Museum einen Großteil seines malerischen und grafischen Werkes zu übereignen.
Das Panorama Museum wurde als einer von 20 sogenannten kulturellen Gedächtnisorten in den neuen Bundesländern in das Blaubuch der Bundesregierung aufgenommen. Na, da hoffen wir doch, dass nicht in Vergessenheit gerät, warum die DDR dieses große Kunstwerk in Auftrag gab.
Entnommen aus Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel