Zur Innenpolitik der imperialistischen Staaten in den 1920er Jahren

Die kapitalistische  Rationalisierung und ihre Folgen

Nach dem I. Weltkrieg leiteten die Monopolherren in Europa nach amerikanischem Beispiel eine Reihe von Maßnahmen technischer und organisatorischer Art zur Beschleunigung und besseren Ausnutzung der Produktion ein. Die kapitalistische Rationalisierung sollte durch ein System von Maßnahmen den Profit steigern. Dazu gehörte vor allem die Übersteigerung des Arbeitstempos durch zu schnellen Rhythmus des Produktionsablaufs, durch raffinierte Kontrollsysteme und insbesondere durch weite Verbreitung der Akkordarbeit. Gleichzeitig wurden veraltete Produktionsanlagen dank der schöpferischen Kräfte der Wissenschaftler, Techniker und Arbeiter innerhalb weniger Jahre modernisiert und erneuert. Es entstanden viele völlig neue Industriebauten. Die Elektrizität wurde der entscheidende Energiespender für die Industrie. Der Anwendungsbereich der Chemie erweitere sich; die chemische Industrie gewann neben der Eisen- und Stahlindustrie größere Bedeutung. Durch den Einsatz neuer Maschinen und durch Standardisierung der Erzeugnisse wurden in vielen Betrieben die Produktionsmethoden vervollkommnet. Weil sich aber diese Vervollkommnung des Produktionsapparates unter kapitalistischen Verhältnissen vollzog, war die Rationalisierung in Ziel und Charakter ein arbeiterfeindlicher Wirtschaftsprozess. Am deutlichsten trat das in der kapitalistischen Fließbandproduktion zutage.

Fließbandarbeit Opelwerke 1923

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Grünberg über FließbandarbeitQuelle Grünberg über Fließbandarbeit

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Durch die kapitalistische Rationalisierung verloren in den kapitalistischen  Ländern Millionen Werktätige(arbeitende Menschen/Erwerbstätige) ihren Arbeitsplatz. Viele von ihnen fanden trotz der allgemeinen Belebung der kapitalistischen Wirtschaft keine Arbeit mehr. In den Hauptländern des Kapitalismus waren nunmehr in eine Konjunkturperiode ebenso viele Werktätige(arbeitende Menschen/Erwerbstätige) arbeitslos, wie in den Krisenjahren.

Im Grunde hat sich an diesen Zuständen bis heute nichts geändert.

Folgenschwer, wie in allen imperialistischen Staaten, verlief die kapitalistische Rationalisierung  auch in England. Hunderttausende wurden in die ohnehin große Erwerbslosenarmee gestoßen. In England war in diesen Jahren von 1924 bis 1929 jeder achte Arbeiter ohne Erwerb.

In den Kohleschächten sank zum Beispiel die Anzahl der Bergleute in den Jahren von 1924 bis 1929 um 275 000 Mann. Die Anzahl der Unfälle stieg beträchtlich. Der durchschnittliche Vierteljahreslohn des englischen Bergmannes sank in den Jahren von 1926 bis 1928 von 34 Pfund 6 Shilling 4 Pence auf 28 Pfund 9 Shilling 2 Pence. Ähnlich wirkte sich die kapitalistische Rationalisierung auf andere Teile der englischen Arbeiterklasse aus. Was den Arbeitern so das Letzte an Nerven- und Muskelenergie abverlangte und ihren Lebensstandard senkte, brachte den Monopolen höhere Profite. Sie stiegen in England von 1924 bis 1929 um etwa 14 Prozent. In Deutschland wuchs von 1925 bis 1928/29 im Verlaufe der Rationalisierung der Reingewinn der Aktiengesellschaften mit einem Aktienkapital von über 1 Million Mark sogar um mehr als 62 Prozent.

Entwicklung Import-Anteil USA

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Für die Monopolbourgeoisie war die Rationalisierung gleichzeitig eine scharfe Waffe im Kampf um die Absatzmärkte. Die USA-Imperialisten nutzten die Ergebnisse der Rationalisierung, um die Positionen der amerikanischen Monopole auf dem Weltmarkt auf Kosten anderer Länder zu vergrößern. Sowohl die Steigerung der Arbeitsintensität als auch die Standardisierung der Produktion, Verbesserung der Technik und die Senkung der Produktionskosten hatten die Konkurrenzfähigkeit der amerikanischen Waren erhöht. Deshalb vermochte die stärkste Macht des Imperialismus in vielen Ländern ihren Marktanteil beträchtlich zu vergrößern.

New York 1920er Jahre

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Arbeitslosensiedlung New York 1920er Jahre

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Heute müssen nicht nur Arbeitslose in den USA so leben. Die Arbeit wird dort so schlecht bezahlt, dass sich die Menschen, insbesondere in den großen Städten, keine Wohnung leisten können. So leben auch arbeitende Menschen in solchen Siedlungen, in Zelten etc. In den USA ist es üblich 3 Jobs zu haben, um leben zu können. Da bleibt keine Zeit und Energie mehr zum Nachdenken und aufzubegehren, geschweige denn Demonstrationen zu organisieren bzw. daran teilzunehmen.

Die Rationalisierung, die verstärkte Ausbeutung der Werktätigen(arbeitenden Menschen) und die Ungleichmäßigkeit der Entwicklung der imperialistischen Länder erschwerten den Absatz der Waren auf dem Weltmarkt und spitzten die Widersprüche in und zwischen den imperialistischen Ländern zu.

 

Festigung und Verschleierung der Diktatur der Monopolbourgeoisie

Der zeitweilige Aufschwung der kapitalistischen Produktion und Wirtschaft, die Niederlagen und das Abebben der revolutionären Bewegung in den kapitalistischen Ländern ermöglichten es dem Imperialisten, ihre Herrschaft mit Hilfe des Parlamentarismus aufrechtzuerhalten. Der Parlamentarismus ist eine bürgerliche Herrschaftsform, in der nach der Verfassung die Regierung von einem aus Wahlen hervorgegangenen Parlaments abhängig ist, das die Gesetze ausarbeitet und beschließt. In Wahrheit bewirkt die ökonomische Macht der Konzerne und ihr beherrschender Einfluss in den Regierungsämtern und in den Parlamentsausschüssen, dass kein wichtiger Gesetzentwurf eingereicht oder vom Parlament verabschiedet wird, der nicht den Interessen des Monopolkapitals dient. Der bürgerliche Parlamentarismus gibt dem Volk den trügerischen Schein, dass es in Parlamentswahlen demokratisch darüber entscheiden könne, welche der politischen Parteien die Regierungspolitik bestimmt und dass die Staatsgewalt vom Volk ausgeht. Wegen dieser ideologisch verwirrenden Wirkung erschien der Parlamentarismus den Imperialisten als Verschleierung ihrer Diktatur besonders geeignet. Ihre Zeitungskonzerne, Film- und Rundfunkgesellschaften verhinderten darüber hinaus, dass die Volksmassen die wahren politischen Zusammenhänge erkannten. Durch den Einsatz gewaltiger Finanzmittel wurde das Denken und Handeln der Wählermassen und der Mehrheit der Abgeordneten im Sinne der volksfeindlichen Interessen der Imperialisten beeinflusst. Die Vertreter der monopolistischen Unternehmerverbände besprachen alle wichtigen Gesetzentwürfe mit den zuständigen Regierungsstellen und Parlamentsausschüssen. Erst dann wurden sie dem Parlament zur Verabschiedung vorgelegt.

In vielen kapitalistischen Ländern kauften sich die Konzerne einfach die nötige Anzahl von Parlamentsabgeordneten um „ihre“ Gesetzentwürfe verabschieden zu lassen.

Daran hat sich nichts geändert. Wenn es ganz schlimm kommt und man diese Machenschaften doch bekanntgeben muss, wird Empörung vorgeheuchelt.

Die Werktätigen(arbeitenden Menschen/Erwerbstätige)besaßen, bzw. es ist heute auch noch so, also besitzen, dennoch die Möglichkeit einige Regeln des bürgerlichen Parlamentarismus für die Durchsetzung ihrer Interessen zu nutzen. Die Führer der Arbeiterklasse mussten deshalb lernen, in den Parlamentswahlen und von der Tribüne des Parlamentes herab die noch rückständigen Schichten des Proletariats aufzurütteln und aufzuklären.

Es galt neben dem unerlässlichen außerparlamentarischen Kampf und in Verbindung mit ihm in den bürgerlichen Parlamenten von innen heraus einen hartnäckigen ideologischen Kampf zur Überwindung der Illusion und Vorurteile der von den Monopolherren verwirrten Werktätigen(arbeitende Menschen) zu führen. Wie diese langwierige Arbeit mit Erfolg zu machen war, hatte die revolutionäre Parlamentsfraktion der Partei Lenins auf ihrem Weg zur Großen Sozialistischen Oktoberrevolution gezeigt.

Im Gegensatz dazu wurde der bürgerliche Parlamentarismus von den reformistischen Arbeiterführern überbewertet. Sie verbreiten in den kapitalistischen Ländern die Irrlehre, dass die Arbeiterklasse nur durch den Parlamentarismus und nur durch Zusammenarbeit mit den Imperialisten zu Wohlstand gelangen könne. Reformistische Gewerkschaftsführer redeten den Arbeitern ein, dass sie durch Aufkaufen von Aktien zum Miteigentümer kapitalistischer Unternehmen werden könnten. Tatsächlich aber erhielt der Arbeiter durch eine derartige Klein-Aktie keinen Einfluss auf die kapitalistische Aktiengesellschaft. Denn die wenigen kleinen Aktien die die Arbeiter für einen Teil ihres Lohnes erwerben konnten, waren gegenüber den großen Aktienpaketen, die die Monopolherren besaßen, praktisch bedeutungslos. Die Entscheidung über die Geschäftsführung des Unternehmens blieb nach wie vor bei den Großaktionären. Der Arbeiter, der eine Klein-Aktie besaß, blieb Lohnarbeiter und Ausgebeuteter. Die Klein-Aktie beseitigte nicht den Klassengegensatz, sondern verschleierte ihn lediglich.

Es hat sich an diesen Zuständen nichts geändert. Wo einst der Sozialismus herrschte, ist man zu diesen Zuständen wieder zurückgekehrt. Die Welt dreht sich rückwärts.

 

Die Unterdrückung der fortschrittlichen Kräfte in den imperialistischen Staaten und der Widerstand der Werktätigen

UnterdrückungsmaßnahmenUnterdrückungsmaßnahmen 2

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

Streik Textilarbeiter Pennsylvania

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die Folgen der kapitalistischen Rationalisierung riefen in der Arbeiterklasse der imperialistischen Staaten wachsende Unzufriedenheit hervor. Vor allem in England, den USA und Deutschland beantworteten die Arbeiter entgegen dem Willen der reformistischen Arbeiterführer vielfach das Vorgehen der Großbourgeoisie mit Klassenkampfaktionen.

Bei den englischen Bergarbeitern stießen die Versuche der Grubenbesitzer, die Löhne zu senken und die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern auf entschiedene Gegenwehr. Die Kommunistische Partei rief zum Generalstreik auf. Arbeiter der anderen Industriezweige unterstützten die Bergleute mit einem Generalstreik vom 4. Bis zum 12. Mai 1926. Insgesamt legten fast 6 Millionen Arbeiter die Arbeit nieder. Da setzte die Regierung Panzerwagen gegen die Streikenden ein, Polizei griff in vielen Orten Streikposten an, das Oberste Gericht erklärte den Streik für ungesetzlich, und die reformistischen Gewerkschaftsführer nutzten diese Entscheidung des Gerichts, um den Generalstreik umgehend abzuwürgen.  Die Bergarbeiter kämpften zwar noch bis Mitte Dezember 1926, mussten jedoch schließlich eine Kürzung des Lohnes und eine Verlängerung des Arbeitstages von sieben auf acht Stunden hinnehmen.

Im April 1927 legten in den USA 200 000 Bergleute die Arbeit nieder; aber auch dieser Streik endete wegen des Verrats der reformistischen Arbeiterführer mit einer schweren Niederlage. Dessen ungeachtet nahmen die Arbeiter in der Textilindustrie und in einigen anderen Industriezweigen den Klassenkampf mit der Waffe des Streiks auf. In Frankreich demonstrierten am 6. November 1926 Hunderttausende Arbeiter gegen die kapitalistische Rationalisierung.

Nach der großen Niederlage 1989/90 sind wieder überall auf der Welt solche Zustände wieder eingetreten. Nur spielt die Arbeiterklasse heute politisch keine Rolle mehr.  Zugeständnisse, die in den vergangenen Kämpfen der Arbeiterklasse den Kapitalisten abgerungen wurden, werden ausgehöhlt, da nun die Produktion ins Ausland verlagert worden ist, wo man die arbeitenden Menschen uneingeschränkt unterdrücken kann. Wenn es ganz schlimm kommt, wie bei den brennenden Textilfabriken in Bangladesch, wo es Tote und Verletzte gab, wird sich empört und Skandal geschrien.  Lässt sich die Produktion nicht ins Ausland verlagern, bedient man sich der Leiharbeit und sonstiger prekärer Beschäftigung und baut reguläre Arbeitsverhältnisse ab. Die Fluktuation ist sehr hoch. Kollegialität kann nicht entstehen. Hilft das alles nichts, wird Mobbing gefördert. Die Uneinigkeit der Arbeiterschaft ist das Plus für die Kapitalisten. Es heißt ja in der Liedzeile „Unsere Herrn, wer sie auch seien, sehen unsere Zwietracht gern, denn wenn sie uns entzweien, bleiben sie doch unsere Herren.“ 

 

 

 

 

 

Was sich seit damals geändert hat, ist die Unmöglichkeit für die Arbeiterklasse politisch eine Rolle zu spielen.

Frankreich ist ein Land in Europa, wo sich die arbeitenden Menschen nicht alles gefallen lassen. Dort wird protestiert, wie es aktuell die „Gelbwesten“ tun.

 

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Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text 

Innenpolitik imperialistischer Staaten in 1920er Jahren