Die Niederlage bei Jena und Auerstedt und der Frieden von Tilsit

Die Niederlage bei Jena und Auerstedt

Die französischen Kapitalisten gaben sich mit der Unterwerfung von einem Teil Deutschlands noch nicht zufrieden. Sie wollten das ganze Land beherrschen und ausplündern. Im Herbst 1806 kam es deshalb zum Krieg mit dem militaristischen Preußen. Überheblich hatte ein preußischer General geäußert, man brauche gar keine Gewehre und Säbel, um die Franzosen zu besiegen. Schon mit Knüppeln könne man sie in die Flucht schlagen. Aber Napoleons Armee lehrte die preußischen Junker etwas anderes. Rasch drang sie über den Thüringer Wald in die Gegend von Jena und Auerstedt vor. Hier kam es am 14. Oktober zu einer Doppelschlacht. Die preußischen Truppen wurden vernichtend geschlagen und zogen sich Hals über Kopf zurück.

Wie kam es zu dieser für Preußen so schmachvollen Niederlage? Sie war kein Zufall, sondern ergab sich aus den rückständigen gesellschaftlichen Verhältnissen. Die preußische Armee bestand aus Söldnern und Leibeigenen, deren menschenunwürdige Behandlung durch die Offiziere bekannt war. Demgegenüber hatten die französischen Soldaten das Gefühl freie Männer zu sein.

Schriftsteller zu Unterschied französische Und preußische Armee

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

 

Schlacht bei Jena 14.10.1806

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Wenige Wochen nach der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt waren auch die meisten preußischen Festungen in französischer Hand. Die Mehrzahl der Kommandanten kapitulierte feige. Manchmal waren es nur kleine französische Abteilungen, vor denen die Waffen gesteckt wurden. So geschah es auch in Magdeburg. Mit etwa 23 000 Mann, 800 Kanonen und reichen Vorräten ergab sich diese starke Festung den Franzosen, die nur drei Kanonen vor der Stadt aufgefahren hatten.

Aber nicht überall konnte die Napoleonische Armee so leichte Erfolge erringen. Blücher kapitulierte bei Lübeck erst, als er kein Brot und Pulver mehr hatte. Die Festung Kolberg wurde unter dem Befehl des Majors Neithardt von Gneisenau bis zum Kriegsende erfolgreich verteidigt.

Obwohl die russische Armee den Preußen zu Hilfe eilte, gefährdete sie den endgültigen Sieg Napoleons nicht mehr. Schon im Oktober konnte Napoleon in die preußische Hauptstadt Berlin einziehen. Er schlug sein Quartier im Königsschloss auf. Der preußische König Friedrich Wilhelm III. war nach Memel geflohen. Wegen seiner feigen Haltung sangen die Berliner Jungen: „Unser Dämel ist Memel!“

 

Der Frieden von Tilsit

Preußen musste seine Niederlage sehr teuer bezahlen. Napoleon zeigte sein wahres Gesicht als Eroberer. Am 09. Juli 1807 schloss er mit Friedrich Wilhelm III. den Frieden zu Tilsit. Der preußische Staat verlor etwa die Hälfte seines Gebietes und seiner Einwohner. Im Osten handelte es sich um Gebiete, die Preußen im 18. Jahrhundert Polen geraubt hatte. Daraus wurde das Großherzogtum Warschau gebildet. Besonders schmerzlich war der Verlust der linkselbischen Provinzen. In ihnen gab es bedeutende Städte und Produktionsanlagen. Aus diesen und anderen Gebieten gründete Napoleon das Königreich Westfalen, in dem sein Bruder Jerome König wurde. Außerdem sollte Preußen so lange durch franzöisische Truppen besetzt bleiben, bis es die Kriegskosten bezahlt habe. Napoleon legte deren Höhe jedoch nicht fest, so dass er seine Forderungen laufend steigern konnte. Während Preußen im Jahre 1806 über mehr als 200 000 Soldaten verfügte, durfte es nach einem Vertrag von1808 künftig nicht mehr als 42 000 Mann unter Waffen halten. Nicht nur für Preußen, sondern für ganz Deutschland bedeutete der Tilsiter Frieden die größte Erniedrigung.

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Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Niederlage bei Jena und Auerstedt und Tilsiter Frieden

 

 

August Neithardt von Gneisenau

Gneisenau

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Bildquelle: Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

 

August Wilhelm Antonius Graf Neidhardt von Gneisenau, geboren am 27. Oktober 1760 als August Wilhelm Antonius Neidhardt in Schildau, Kurfürstentum Sachsen, gestorben am 23. August 1831 in Posen, Provinz Posen, war ein preußischer Generalfeldmarschall und Heeresreformer.(preußische Reformen) Er hatte als Blüchers Stabschef wesentlichen Anteil am Sieg bei Waterloo.

Das 1814 zum Grafenstand verliehene Wappen

Das 1814 zum Grafenstand verliehene Wappen

Bildquelle: Von Unbekannt – Wappengrafik nach dem königlich preußischen Diplom 1814 für August Neidhardt von Gneisenau, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=46826973

Gneisenau wurde als Sohn des sächsischen Artillerieleutnants August Wilhelm Neidhardt und seiner Frau Maria Eva, geborene Müller, geboren. Der Vater nannte sich „von Neidhardt“; erst in den folgenden Jahren wurde der Beiname Gneisenau, von einem früheren Besitztum der Familie in Österreich, Schloss Gneisenau, hinzugefügt. Als der spätere Feldmarschall 1777 auf der Universität Erfurt immatrikuliert wurde, wurde er im Register als „Antonius Neidhardt“ aufgeführt. Dagegen nannte ihn die brandenburg-ansbachische Rangliste von 1783 „Neidhardt von Gneisenau“, und diesen Doppelnamen behielt er auch im preußischen Dienst.

Nach dem Tod der Mutter am 22. Oktober 1761 übergab ihn sein Vater an Pflegeeltern in Schildau oder Hildesheim. Im Jahr 1769 kam der junge Neidhardt zu seinem Großvater mütterlicherseits nach Würzburg und besuchte die dortige Jesuitenschule bis zum Tod des Großvaters 1772. Danach ist sein Aufenthalt ungeklärt; Würzburg, Schwäbisch Gmünd und Erfurt sind mögliche Aufenthaltsorte. Am 1. Oktober 1777 immatrikulierte sich Neidhardt an der Universität Erfurt und studierte militärische Mathematik, Artilleriewesen, Befestigungskunst und Kartografie. Durch seinen lockeren Lebenswandel verlor der 18-Jährige das großväterliche Erbe und brach 1778 sein Studium ab. Er trat dann in das in Erfurt in Garnison liegende österreichische Husaren-Regiment „Graf Wurmser“ ein und zog als Gemeiner in den Bayerischen Erbfolgekrieg. Nach dem Frieden von Teschen (Cieszyn) im Jahr 1779 trat Neidhardt in den Dienst des Markgrafen Karl Alexander von Brandenburg-Ansbach. In der Rangliste des dortigen Jägerbataillons ist Neidhardt erstmals mit dem Namen verzeichnet, den inzwischen sein Vater angenommen hatte: Neidhardt von Gneisenau.

 

Teilnahme am Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1782/83)

Der, wie andere deutsche Fürsten auch, an Geldmangel leidende Markgraf Karl Alexander vermietete während des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges Truppen an Großbritannien. Gneisenau meldete sich zum Einsatz in Nordamerika, wurde zum Leutnant ernannt und 1782 nach Amerika verschifft. Da der Krieg fast vorüber war, verbrachte Gneisenau seine Zeit meist in der Garnison von Québec. Bereits Ende 1783 kehrte er in die Garnison Bayreuth zurück und trat zur Infanterie über.

 

Aufstieg im preußischen Heer (1783–1806)

Auch wegen des eintönigen Dienstes verließ er die Dienste des Markgrafen von Ansbach-Bayreuth und bewarb sich 1785 beim preußischen Heer. Vor seiner eigentlichen Anstellung hospitierte Gneisenau mit Genehmigung Friedrichs des Großen als Sekondeleutnant im Potsdamer Generalquartiermeisterstab. Als jüngster Premierleutnant wurde er 1786 zum leichten Infanterie-Regiment Chaumontet in die Garnison Löwenberg (Lwowek) versetzt. Er lernte in seiner Garnisonszeit die englische, französische und polnische Sprache und studierte Geschichte, Literatur und Kriegswissenschaften. Am 17. März 1788 wurde er in die Freimaurerloge „Zu den drei Felsen“ der Großloge „Große National-Mutterloge Zu Den Drei Weltkugeln“ in Schmiedeberg i. Riesengebirge aufgenommen.

1790 erfolgte die Beförderung zum Stabskapitän. Von 1792 bis 1795 war Gneisenau mit seinem Bataillon bei der zweiten Polnischen Teilung zusammen mit russischen Truppen eingesetzt. Im Jahr 1795 wurde Gneisenau zum Hauptmann befördert und als Kompaniechef nach Jauer(Jawor) versetzt.

Er heiratete 1796 die vermögende Karoline von Kottwitz, mit der er in den Folgejahren vier Töchter und drei Söhne hatte.

Nachdem seine Frau 1803 das Gut Mittel-Kauffung erworben hatte, studierte Gneisenau landwirtschaftliche Schriften, entwarf Pläne zur Melioration und richtete eine Kartoffelbrennerei ein. Nebenher beschäftigte er sich weiter intensiv mit Studien zum Truppendienst, zur Infanterie, Kavallerie, Artillerie, Ingenieurkunde, Taktik und Militärgeografie.

Heeresreformer während der napoleonischen Herrschaft (1806–1812)

Am 10. Oktober 1806 nahm Gneisenau unter dem Befehl des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen im Gefecht bei Saalfeld erstmals an Kampfhandlungen gegen die Truppen Napoleons teil und wurde verwundet. Trotzdem kämpfte er in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 im Gefolge des preußischen Generals Ernst von Rüchel. Nach der Niederlage der preußischen Truppen entkam Gneisenau zum Sammelpunkt der geschlagenen preußischen Armee nach Graudenz. Er wurde am 17. Dezember 1806 zum Major befördert und mit seinem Bataillon an die russische Grenze in (Preußisch-)Litauen verlegt. In Denkschriften analysierte Gneisenau die Fehler der Preußen in den Schlachten bei Jena und Auerstedt und forderte eine Reform der Taktik. Vom König Friedrich Wilhelm III. von Preußen wurde Gneisenau auf Empfehlung des Generals Ernst von Rüchel, inzwischen Generalgouverneur der Provinz Preußen, als neuer Kommandant in die belagerte pommersche Festung Kolberg entsandt, wo er am 29. April 1807 auf dem Seeweg über die Ostsee eintraf. Gneisenau organisierte die erfolgreiche Verteidigung der Festung auch durch die Einbeziehung patriotischer Bürger um den Bürgerrepräsentanten Joachim Nettelbeck. Der Waffenstillstand zwischen Preußen und Frankreich beendete den Kampf um Kolberg am 2. Juli 1807. Gneisenau war bereits am 13. Juni 1807 zum Oberstleutnant befördert worden und wurde auf Wunsch von Scharnhorst in die Militär-Reorganisationskommission berufen.

Zwischen 1807 und 1810 hielt sich Gneisenau meist in Memel und Königsberg auf. Unter anderem arbeitete er mit General Graf Yorck das neue Exerzier-Reglement für die Infanterie(1812) aus. Mit weiteren Offizieren war er mit der Aufklärung der Vorgänge betraut, die zur Kapitulation der Festungen Erfurt, Magdeburg, Nienburg und Neiße sowie des Hohenloheschen Korps bei Prenzlau und zur Niederlage der Schlacht bei Jena und Auerstedt und dem Gefecht bei Halle geführt hatten. Im Sommer 1808 forderte er in einer Denkschrift an den König die Volksbewaffnung, die Züge der Guerillataktik erkennen ließ, und verfasste wenig später die „Konstitution für die allgemeine Waffenerhebung des nördlichen Deutschlands gegen Frankreich“. Im Mai 1808 wurde Gneisenau zum Inspekteur der Festungen ernannt und wurde im September 1808 auch Chef des Ingenieurkorps. Am 1. März 1809 wurde er als Mitglied des Artillerie- und Ingenieurdepartements ins preußische Kriegsministerium berufen. Im Mai 1809 griff Gneisenau seinen Gedanken der Volkserhebung wieder auf und regte die Aufstellung einer „Preußischen Legion“ an der Seite der Österreicher an.

Im Mai 1809 wurde Gneisenau zum Oberst befördert und quittierte im Juli 1809 seinen Dienst „für die Dauer des Friedens“, nachdem er und andere Reformer von reaktionären Kräften am Hof verleumdet und des Verrats beschuldigt worden waren. In inoffiziellem Auftrag reiste Gneisenau im August 1809 nach Großbritannien, um die Möglichkeiten britischer Hilfe im Kampf gegen Napoleon zu sondieren. In Kenntnis seiner militärischen Fähigkeiten boten ihm lediglich  Friedrich Wilhelm, Herzog von Braunschweig, das Kommando in seinem Freikorps, der Schwarzen Schar, und die Briten den Eintritt in die Deutsch-Englische Legion an. Enttäuscht kehrte Gneisenau im Dezember 1810 nach Berlin zurück. Zum Schutz vor französischen Spitzeln brachte ihn Clausewitz bei einem Tischler in Pankow (bei Berlin) unter. Danach begab sich Gneisenau auf sein Gut in Schlesien, hielt aber weiter engen Kontakt zu den Reformern (Scharnhorst, Boyen und Blücher).

 

Wirken in den Befreiungskriegen (1812–1815)

Nach der französischen Niederlage im Russlandfeldzug von 1812/13 konnten sich die Reformer in Preußen endlich durchsetzen, und am 16. März 1813 erklärte König Friedrich Wilhelm III. von Preußen dem napoleonischen Frankreich den Krieg. Gneisenau wurde als Generalmajor im selben Monat wieder in das preußische Heer eingestellt und als Zweiter Generalquartiermeister zur Armee Blüchers versetzt, in der auch sein Sohn August bei der Kavallerie diente. Beim Einrücken in den Rheinbundstaat Sachsen verfasste Gneisenau einen Aufruf zum gemeinsamen Widerstand. In Dresden, das von den Franzosen geräumt worden war, ordnete Gneisenau die Schaffung von Flussübergängen an, da die Elbbrücken von den Franzosen gesprengt worden waren. In der Schlacht bei Großgörschen am 2. Mai 1813 befehligte Gneisenau die Kavallerie des linken Flügels. Da der Erste Generalquartiermeister der Blücher-Armee, Scharnhorst, in dieser Schlacht verwundet wurde, übernahm Gneisenau in der Folge die Aufgaben des Ersten Generalquartiermeisters. In der Schlacht bei Bautzen unterlagen die vereinten preußisch-russischen Truppen erneut, während das Reitergefecht bei Haynau (Chojnow) gewonnen wurde.

Die Zeit des Waffenstillstands vom 4. Juni bis August 1813 nutzte Gneisenau zur weiteren Ausbildung und Ausrüstung der preußischen Truppen, insbesondere der Schlesischen Armee Blüchers. Gleichzeitig führte er – in der Nachfolge des erkrankten Friedrich Wilhelm von Götzen d. J. – auch die Geschäfte des Generalgouvernements Schlesien. Er ließ auch die schlesischen Festungen ausbauen und weiter aufrüsten. Mitte August hatte die Schlesische Armee eine Stärke von 105.000 Mann und bestand aus zwei russischen und einem preußischen Korps. Nach den Gefechten bei Löwenberg, Bunzlau und Goldberg zwischen dem 21. August und dem 23. August 1813 musste sich die schlesische Armee allerdings zurückziehen. Aber in der Schlacht an der Katzbach am 26. August errangen die Verbündeten den Sieg.

Bis Ende September 1813 kämpfte die von Blücher und Gneisenau geführte Schlesische Armee in Schlesien und drang dann ab 26. September 1813 über Bautzen nach Norden vor. Am 5. Oktober 1813 stand die Armee östlich von Bitterfeld. Auch die anderen beiden verbündeten Heere, die Nordarmee unter dem schwedischen Kronprinzen Bernadotte und die Böhmische Armee unter dem österreichischen Fürsten Schwarzenberg, konzentrierten ihre Kräfte im mitteldeutschen Raum bei Leipzig, wo es am 18. Oktober 1813 zur entscheidenden Völkerschlacht bei Leipzig kommt, die mit dem Sieg der Verbündeten endete. Blücher und Gneisenau zogen mit ihren Truppen als Erste in die Stadt ein. Beide wurden auf dem Marktplatz von Zar Alexander I. von Russland, von Kaiser Franz von Österreich, von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und von Fürst Schwarzenberg belobigt. Gneisenau vermisste allerdings schmerzlich ein persönliches Wort der Anerkennung durch den preußischen König. Am 18. Dezember 1813 wurde Gneisenau zum Generalleutnant befördert. Sein Feldzugplan zum direkten Marsch der verbündeten Armeen wurde allerdings aus politischen Gründen anfangs verworfen. Erst am Jahresende 1813 gelang es Gneisenau, seinen Plan durchzusetzen. Die Schlesische Armee überschritt am 1. Januar 1814 bei Kaub den Rhein und marschierte westwärts Richtung Frankreich. In seinen Briefen warnte Gneisenau vor Verhandlungen mit Napoleon über einen Friedensabschluss, die bis Februar 1814 geführt wurden. Am 31. März 1814 endete der Feldzug mit der Kapitulation von Paris. Napoleon, dessen zivile und militärische Anhänger sich daraufhin den Bourbonen zugewandt hatten, musste abdanken und Frankreich verlassen. Der König erhob Gneisenau wegen seiner Verdienste in den Grafenstand und am 3. August 1814 ernannte ihn die Berliner Universität gemeinsam mit Hardenberg, Blücher, Yorck, Kleist, Bülow und Tauentzien zum Dr. phil. h. c. Über seine Erlebnisse im Freiheitskrieg berichtete Gneisenau unter anderem in zahlreichen Briefen an den inzwischen entlassenen General Ernst von Rüchel, Gneisenaus altem Gönner.

Nach Napoleons Rückkehr 1815 blieb Gneisenau weiter Stabschef von Blüchers Armee. Ein eigenes Kommando blieb ihm somit versagt, eine Entscheidung, die auf das andauernde Misstrauen des Hofes gegen ihn als „Jakobiner“ (mit seinen vormaligen Volksbewaffnungsplänen) zurückging, und die ihn tief kränkte. Trotzdem erfüllte er seine Aufgaben mit Tatkraft und Energie. Er bemühte sich für die Armee um Waffen und Geld aus Großbritannien, um die Versorgung der Truppe mit Verpflegung und Bekleidung zu gewährleisten und plante mit Blücher den Feldzug. Die geplante Vereinigung der britisch-niederländischen Armee unter Wellington mit der preußischen Armee unter Blücher scheiterte, als Napoleon die Preußen bei Ligny angriff und schlug. Die Schlacht der Franzosen gegen die Briten bei Quatre-Bras endete unentschieden. Daraufhin fassten Blücher und Gneisenau den Plan, unter Aufgabe der Versorgungslinien nicht nach Osten, sondern nach Norden zu marschieren, um so doch noch eine Vereinigung mit den Truppen Wellingtons zu erreichen. Wellington stellte sich Napoleon am 18. Juni 1815 bei Belle Alliance in Belgien zur Schlacht bei Waterloo. Erst als am späten Nachmittag die preußischen Truppen das Schlachtfeld erreichten, fiel die Entscheidung zugunsten der Verbündeten. Napoleon wurde vernichtend geschlagen und später auf Beschluss der Alliierten nach St. Helena verbannt. Die preußischen Truppen erbeuteten zahlreiche Gegenstände aus Napoleons Besitz. Gneisenau behielt das kaiserliche Siegel und wurde im Juli 1815 zum General der Infanterie befördert. Der bayerische König Maximilian I. Joseph zeichnete ihn mit dem Großkreuz des Militär-Max-Joseph-Ordens aus.

Verlust des Einflusses, Alter und Tod (1815–1831)

Nach dem Krieg zog sich der an Gicht erkrankte Gneisenau zunächst auf sein verschuldetes Gut zurück. Aber bereits im Oktober 1815 übernahm er das Generalkommando am Rhein. Gneisenau hielt Verbindung zu fortschrittlichen Intellektuellen zumal in Berlin und wurde – als „Jakobiner“ – verstärkt und dauerhaft zum Ziel von Angriffen konservativ-reaktionärer Kreise am Königshof. Daraufhin reichte er im April 1816 seinen Abschied ein. Der König lehnte ab und gewährt stattdessen einen „Urlaub auf unbestimmte Zeit“.

Als Gneisenau Wochen später zurückkehrte, war seine Dienststellung schon mit einem anderen besetzt. Gneisenau wurde vom König in den Preußischen Staatsrat berufen, aber erst Hardenberg gelang es, Gneisenau zur Annahme der Berufung zu überreden. Er erhielt den Vorsitz in den Abteilungen „Äußere Angelegenheiten“ und „Militärangelegenheiten“. Im Jahr 1818 wurde Gneisenau vom König zum (nur der Repräsentation dienenden) Gouverneur von Berlin ernannt. 1819 wurde die Eigenständigkeit der Landwehr abgeschafft, ohne dass man Gneisenau als Vorsitzenden der Abteilung für Militärangelegenheiten konsultierte. Er wurde zum Präses der Ober-Militär-Examinationskommission ernannt, die die wissenschaftliche Eignungsprüfung der Offiziere abhielt, und war dort mit reiner Verwaltungsarbeit beschäftigt. Jeder Einfluss auf Entscheidungen war ihm damit entzogen; seine Gegner hatten ihn kaltgestellt.

Auf Gneisenaus eigene Empfehlung wurde die Position des Gouverneurs von Berlin 1820 zur Entlastung der Staatskasse gestrichen, Titel und Berliner Dienstwohnung blieben ihm jedoch erhalten. Er pendelte zwischen Berlin und seinem Gut Erdmannsdorf bei Hirschberg, das er gegen Gut Mittel-Kauffung eingetauscht hatte. Gneisenau engagierte sich für die Künste, befürwortete die Wiederherstellung des alten Schlossgartens in Berlin und sorgte unter anderem mit Schinkel, Christian Daniel Rauch und Carl von Clausewitz dafür, dass Scharnhorst ein würdiges Grabmal erhielt, das noch heute auf dem Invalidenfriedhof zu Berlin zu sehen ist.

Am 18. Juni 1825 fand bei den Feierlichkeiten zum 10. Jahrestag der Schlacht bei Waterloo die Ernennung Gneisenaus zum Generalfeldmarschall statt. Als königliche Schenkung erhielt er das Gut Sommerschenburg in der preußischen Provinz Sachsen. Er wurde auch weiterhin revolutionärer Ideen verdächtigt, obwohl er längst konservative Ansichten hatte; so wurde sein Briefwechsel kontrolliert.

1830 erfolgte in Polen ein Aufstand gegen die russische Besatzung („Polnischer Insurrektionskrieg“). Den Oberbefehl über das von Preußen aufgestellte Korps an der Grenze zu Russisch-Polen erhielt im Dezember 1830 Gneisenau. Zar Nikolaus I. von Russland verzichtete jedoch auf die preußische Waffenhilfe. Neidhardt von Gneisenau fiel während seines Kommandos am 23. August 1831 der aus Russland über Polen eingeschleppten europäischen Cholera-Epidemie zum Opfer, nachdem er noch am 1. Mai an Wilhelm von Scharnhorst geschrieben hatte: „Ich meinerseits halte die Cholera weder für so ansteckend noch für so gefährlich.“

 

Nachkommen

Gneisenaus Söhne August, Hugo und Bruno schlugen eine militärische Laufbahn ein. Die Tochter Agnes (* 24. April 1800; † 5. Juli 1822), war mit Wilhelm von Scharnhorst, die Tochter Hedwig (* 3. Dezember 1805; † 22. Oktober 1890) seit 1828 mit Graf Friedrich von Brühl, die Tochter Emilie mit Graf Karl von Hohenthal auf Schloss Püchau verheiratet. Die Tochter Ottilie blieb ledig.

Im Jahr 1822 starb die Tochter Agnes, verheiratet mit Scharnhorsts Sohn Wilhelm, bei der Geburt ihres dritten Kindes. Gneisenau kümmerte sich nun um seine Enkel, da sich sein Schwiegersohn im Ausland aufhielt.

 

Grabstätte

Die sterblichen Überreste des Generalfeldmarschalls Graf Neidhardt von Gneisenau wurden zunächst auf einer Bastion der Festung Posen aufgebahrt. Nach Abklingen der Cholera wurden sie in die Kirche von Wormsdorf (Landkreis Börde) überführt und fanden ihre letzte Ruhe 1841 in Sommerschenburg.

Gneisenau Denkmal am Morsoleum

Denkmal am Mausoleum

Bildquelle: Von Doris Antony, Berlin – photo taken by Doris Antony, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4034823

 

 

Weiteres zur Grabstätte und Denkmal siehe Wikipedia.

 

entnommen Wikipedia bearbeitet von Petra Reichel


 

So sieht das „Jugendlexikon – Militärwesen“ der DDR von 1984

August Neidhardt von Gneisenau
Buchtitel Jugendlexikon-Militärwesen Kopie 3

 

 

 

 

Gneisenau Seite 1

siehe auch PDF-Datei

Gneisenau

Reformen in Preußen

Preußische Reformen Übersicht -1

Buchtitel %22Geschichte in Übersichten%22

Entnommen aus „Geschichte in Übersichten“, Berlin/DDR 1982

 

 

siehe auch PDF-Datei

Preußische Reformen Übersicht -1

 

Die Ziele des Freiherrn vom Stein

Fortschrittliche Leute erkannten, dass der Zusammenbruch Preußens im Jahre 1806 kein Zufall war. Ihnen blieben die rückständigen gesellschaftlichen Verhältnisse nicht verborgen. Da ihnen die Zukunft Deutschlands am Herzen lag, drängten sie gerade auch in Preußen auf Veränderung. An der Spitze dieser politisch klugen Leute stand der Freiherr vom Stein. Er war kein Revolutionär, aber er trat für wirksame Reformen in Preußen ein. Die Geschichtsschreibung der DDR blendete allerdings aus, dass Freiherr vom Stein letztendlich gar nicht so fortschrittlich gesonnen war. Aus den verschiedensten politischen Richtungen ist sich auf Stein berufen worden.

vom Stein

Bildquelle: Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

Die Lage der Bauern sollte verbessert werden. Den Adel wollte er nicht abschaffen, aber in seiner wirtschaftlichen und politischen Macht beschränken.

Freiherr vom Stein wusste, dass die französische Fremdherrschaft nicht ohne das Volk abgeschüttelt werden konnte. Die Bauern und Bürger sollten sich in Zukunft nicht in erster Linie als Preußen, Sachsen, Mecklenburger usw. fühlen, sondern als Deutsche.

Die Junker(Gutsherren) hassten Freiherr vom Stein, weil er sich als Patriot zeigte und nicht für ihre egoistischen Ziele eintrat. Sie erreichten, dass ihn der preußische König im November 1808 als Minister entließ, was auch Napoleon gefordert hatte. Die Rolle der Junker im Zusammenhang mit der Entlassung Steins als Minister wird in der Personenbeschreibung von Wikipedia ausgeblendet. Aber Freiherr vom Stein gab sich nicht geschlagen und setzte seinen Kampf gegen die französischen Unterdrücker fort. Daraufhin ließ ihn Napoleon verfolgen.

Freiherr vom Stein über das Vaterland

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Die Veränderung der Lage unter den Bauern

Noch immer war der größte Teil der preußischen Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Die Masse der Bauern und Landarbeiter befand sich in einer Art Leibeigenschaft, der sogenannten Erbuntertänigkeit. Oft schon hatten sie an dieser feudalen Fessel gerüttelt und sich gegen die Unterdrückung aufgelehnt. Doch den Junkern(Gutsherren) gelang es stets, die aufflackernden Bauernunruhen zu ersticken.

Als preußischer Minister war Freiherr vom Stein mit einsichtsvollen Leuten bemüht, die menschenunwürdigen Zustände auf dem Lande zu beseitigen.

Am 09. Oktober 1807 erschien eine Verordnung, die den Bauern die persönliche Freiheit brachte. Sie ist als Oktoberedikt in die Geschichte eingegangen. Die Bauern konnten nun ohne Genehmigung des Gutsherrn den Wohnort wechseln und ihre Kinder ein Handwerk lernen lassen. Sie forderten seit langem aber auch die Beseitigung der Frondienste und Abgaben. Diesen Verpflichtungen mussten sie weiterhin nachkommen. Ihr Wegfall sollte erst durch neue Verordnungen geregelt werden. Auch die Gerichtsgewalt verblieb weiter in den Händen der Gutsherren. Die Junker versuchten, die eingeleiteten Maßnahmen vielfach zu erschweren und zu verhindern.

 

Die Städtereform

Wichtige Neuerungen ergaben sich in dieser Zeit auch für Bürger der preußischen Städte. Sie wurden von der Städteordnung vom 19. November 1808 festgelegt.

Während bisher die Verwaltung der Städte durch königliche Beamte erfolgt war, galt nun die städtische Selbstverwaltung. Die wohlhabenden Bürger erhielten das Recht Stadtverordnete zu wählen. Diese entschieden über alle wichtigen Angelegenheiten, wie z.B. Finanzen und Polizei, und wählten den Magistrat(Stadtrat). Für den Posten des Oberbürgermeisters konnten sie drei Kandidaten vorschlagen, die Bestätigung nahm jedoch der preußische König vor.

—Zu diesen Neuerungen kamen wirtschaftliche Veränderungen hinzu. Der Zunftzwang wurde aufgehoben und die Gewerbefreiheit erklärt. Damit waren dem Kapitalismus einige Hindernisse aus dem Wege geräumt worden.

 

Die Heeresreform

Napoleon hatte der preußischen Armee einen schweren Schlag versetzt. Sie konnte sich von ihm nur erholen, wenn sie insgesamt reformiert wurde. Zu dieser Einsicht kamen patriotische Offiziere, die sich um den General Gerhard David von Scharnhorst scharten.

Scharnhorst

Bildquelle: Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Sein engster Mitarbeiter wurde August Neithardt von Gneisenau. Beide hatten sich 1806/07 im Kampf gegen die französischen Truppen tapfer gehalten und nicht ehrlos gehandelt. Sie sahen, wie mutig die französischen Soldaten kämpften, weil sie keine Söldner waren und den Prügelstock nicht fürchten mussten. Scharnhorst und Gneisenau setzten sich deshalb das Ziel, die Grundlagen für ein Volksheer zu schaffen. Nach ihren Vorstellungen sollte die preußische Armee nicht mehr als Strafanstalt für Schwachköpfe und Taugenichtse gelten. Daher forderten sie vor allem:

  • Einführung der allgemeinen Wehrpflicht
  • Abschaffung der grausamen Strafen
  • Beseitigung der Vorrechte des Adels auf die Offiziersstellen
  • Änderung der militärischen Ausbildung und Kampfesweise

 

Gneisenau

Bildquelle: Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Es war nicht leicht, diese Vorstellungen zu verwirklichen, denn der preußische König und die Junker widersetzten sich allen weitreichenden Reformen. Sie hatten Angst vor den bewaffneten Bauern und Bürgern. Die Patrioten ließen sich jedoch durch die Haltung des Königs und der Junker nicht entmutigen. Schritt für Schritt suchten sie ihre Ideen in die Wirklichkeit umzusetzen. Dies gelang ihnen aber nur teilweise. Das Spießrutenlaufen und die Prügelstrafe wurden abgeschafft. Tüchtige und tapfere Soldaten sollten zukünftig Offiziere werden. Außerdem schmiedeten sie Pläne, um große Teile des Volkes zu bewaffnen und gegen die Franzosen führen zu können.

Da Preußen nur 42 000 Mann unter Waffen halten durfte, kam Scharnhorst auf folgenden Gedanken: Ein Teil der Soldaten wird jeweils beurlaubt. An ihre Stelle treten neue Rekruten. Diese werden nach kurzer Ausbildung wieder verabschiedet. Durch diese laufende Abwechslung wird die Gesamtstärke der Armee nicht überschritten, aber das Land verfügt über viel mehr Männer, die an den Waffen geübt sind. Das Volk nannte die auf diese Weise ausgebildeten Soldaten Krümper.

—Die Reformen insgesamt dienten der Vorbereitung des nationalen Befreiungskampfes. Sie leiteten die bürgerliche Umwälzung in Preußen ein, die mehrere Jahrzehnte andauerte. Engels charakterisierte das Reformwerk daher als Beginn der bürgerlichen Reform in Preußen.

Hauptforderung Heeresreform

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Entnommen aus „Geschichte in Übersichten“, Berlin/DDR 1982

 

 

siehe auch PDF-Datei

Hauptforderung Heeresreform

In der BRD und der DDR gelten(galten) die preußischen Reformen als gesellschaftlicher Fortschritt. Insbesondere die Heeresreform steht(stand) in der Tradition von Bundeswehr und NVA.

 

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Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

Bearbeitet von Petra Reichel

 

 

 

Original-Beitrag aus dem Geschichtsbuch der DDR

Reformen in Preußen