Arvid Harnack

Arvid Harnack, geboren am 24. Mai 1901 in Darmstadt, hingerichtet am 22. Dezember 1942 in Berlin-Plötzensee, war ein deutscher Jurist, Nationalökonom und Widerstandskämpfer gegen den Faschismus.

Arvid Harnack

Arvid Harnack(1901 bis 1942)

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Harnack war ein Sohn des Literaturwissenschaftlers Otto Harnack und der Malerin Clara Harnack, geb. Reichau und ein Neffe des Theologen Adolf von Harnack. Er war der ältere Bruder des Regisseurs und Drehbuchautors Falk Harnack, der ebenfalls im Widerstand arbeitete.

Sein Vater, Otto Harnack, war seit 1896 Professor für Geschichte und Literatur. Er lehrte an der TH Darmstadt. Am 01. April 1905 wechselte er zur Universität Stuttgart, was zum Ortswechsel der ganzen Familie führte. 1914 nahm sich der Vater das Leben.

Bedingt durch den I. Weltkrieg machte Arvid 1918 das Notabitur.

Von 1919 bis 1923 studierte er Rechtswissenschaften an den Universitäten Jena, Graz und Hamburg und wurde 1924 zum Dr. jur. promoviert. Von 1926 bis 1928 studierte er mit Hilfe eines Rockefeller-Stipendiums Nationalökonomie an der University of Wisconsin–Madison (USA), wo er 1926 die Literaturwissenschaftlerin Mildred Fish heiratete. 1929/30 wurde er in Gießen bei dem Nationalökonomen Friedrich Lenz (1885–1968), mit dem er 1931 die Arplan (Arbeitsgemeinschaft zum Studium der Planwirtschaft) gründete, zum Dr. phil. Promoviert. Auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise hatte das kapitalistische System offensichtlich versagt und das sowjetische Modell schien eine interessante Alternative. 1932 organisierte er eine Studienreise in die Sowjetunion.

1933 wurde er zunächst als wissenschaftliche Hilfskraft im Reichswirtschaftsministerium angestellt, wo er später Regierungs und Oberregierungsrat wurde. Zusammen mit seiner Frau Mildred, dem Schriftsteller Adam Kuckhoff und dessen Frau Greta baute er einen Diskussionszirkel auf, der politische Perspektiven nach dem erwarteten Sturz der Faschisten erörterte. Harnack war ein geheimes Mitglied der KPD.

Ab 1935 unterhielt er Kontakte zu Mitarbeitern des sowjetischen Nachrichtendienstes NKGB, der ihn ohne sein Wissen unter dem Decknamen „Korsikanez“ (Korse) führte. 1936 nahm er über seine Frau Mildred Kontakt zur US-amerikanischen Botschaft auf, um vor der von Deutschland ausgehenden Kriegsgefahr zu warnen. Der Kontakt mit Donald Heath, dem ersten Sekretär der amerikanischen Botschaft, war freundschaftlich und hielt bis 1941 an. Heaths Auftrag war, Kontakte mit dem deutschen Untergrund zu pflegen, um Henry Morgenthau und Franklin D. Roosevelt über Gefahren, die von Hitler ausgehen könnten, zu informieren. Zur Tarnung seiner illegalen Aktivitäten wurde Harnack 1937 Mitglied der NSDAP. 1939 nahm er Kontakt zu der Gruppe um Harro Schulze-Boysen auf, einen Luftwaffenleutnant, der Kontakte in alle Bevölkerungsschichten unterhielt. Dadurch entstand das von der Gestapo später als „Rote Kapelle“ verleumdete Widerstandsnetz. (In der Sprache der Gestapo war ein Spion, der Morsetasten drückte, ein Pianist. Eine Gruppe von Pianisten war eine Kapelle, und rot stand für Kommunismus. In Wahrheit folgte die Gruppe, in der politische Konservative, Juden und Katholiken ebenso wie Sozialdemokraten und Kommunisten Widerstand leisteten, in der sich 40 % Frauen ebenso wie Menschen aus allen Altersgruppen und Bevölkerungsschichten befanden, keinen ideologischen Dogmen.) Über Schulze-Boysen lernte Harnack 1940 die Kommunisten Hilde Rake und Hans Coppi kennen; ebenso arbeitete er mit dem Sozialdemokraten Adolf Grimme und anderen zusammen. 1941, in dem Jahr, in dem die Amerikaner Berlin verlassen mussten, wurde Harnack von Alexander Michailowitsch Korotkow, dem Repräsentanten des NKGB, kontaktiert. Widerstrebend, da er Stalin nicht traute, erklärte er sich bereit, auch die Sowjets über den bevorstehenden deutschen Krieg gegen die Sowjetunion und mit Hitlers Kriegsvorbereitungen verbundene wirtschaftliche und militärische Sachverhalte zu informieren

Anfang 1942 verfasste er eine Studie „Das nationalsozialistische Stadium des Monopolkapitals“, die unter Regimegegnern in Berlin und Hamburg verbreitet wurde. Im Sommersemester 1942 hatte er einen Lehrauftrag an der Auslandswissenschaftlichen Fakultät der Universität Berlin.

Am 7. September 1942 wurden Arvid und Mildred Harnack verhaftet. Am 19. Dezember fällte das Reichskriegsgericht das Todesurteil über Arvid Harnack. Am 22. Dezember 1942 wurde er um 19:10 Uhr im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee auf Befehl Adolf Hitlers erhängt.

„Feldurteil“ des Reichskriegsgerichts vom 19. Dezember 1942

„Feldurteil“ des Reichskriegsgerichts vom 19. Dezember 1942

 

Bildquelle: Von reichskriegsgericht – Reichskriegsgericht, PD-Schöpfungshöhe, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=3682822

 


 

40+10 Pfennig-Sondermarke der DDR-Post 1964 mit Arvid Harnack und seiner Frau Mildred

40+10 Pfennig-Sondermarke der DDR-Post 1964 mit Arvid Harnack und seiner Frau Mildred

Bildquelle: Von Hochgeladen von –Nightflyer (talk) 12:52, 19 July 2009 (UTC) – Eigener Scan, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7337392

 

Vom Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR erhielt Arvid Harnack am 06. Oktober 1969 postum den Rotbannerorden. Heute geht man davon aus, dass die Gruppe fälschlicherweise als kommunistisches Kundschafternetz, das für die Sowjetunion tätig war, interpretiert wurde. Dieser Irrtum basierte auf den Verleumdungen seitens der Faschisten. In der BRD war dies Grundlage zur umgekehrten Interpretation. Dort wurden die Widerstandskämpfer nicht geehrt, sondern wurden bis in die 1970er Jahre hinein als Landesverräter verfolgt.

Gedenkstein für Arvid und Mildred Harnack auf dem Friedhof Zehlendorf in Berlin

Gedenkstein für Arvid und Mildred Harnack auf dem Friedhof Zehlendorf in Berlin

Bildquelle: Von Mutter Erde – Eigenes Werk, Attribution, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1792179

 

Stolperstein, Genthiner Straße 14, in Berlin-Tiergarten

Stolperstein, Genthiner Straße 14, in Berlin-Tiergarten

Bildquelle: Von OTFW, Berlin – Selbst fotografiert, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=28579576

 

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

 

Der heimtückische Überfall auf die Sowjetunion

Der 22. Juni 1941

Im Morgengrauen des 22. Juni 1941 fielen 190 Divisionen Hitlerdeutschlands und seiner Verbündeten mit 3700 Panzern, 4900 Flugzeugen sowie 50 000 Geschützen ohne Kriegserklärung in die Sowjetunion ein. Mit dieser neuen Aggression wollte der deutsche Imperialismus einen entscheidenden Schritt auf dem Wege zu seinem Ziel, der Weltherrschaft, vorankommen. Dabei ging es ihm nicht nur um die Eroberung und Ausplünderung der weiten und reichen Gebiete der UdSSR, sondern vor allem auch um die Zerschlagung der sozialistischen Gesellschaftsordnung. (Ist erst 1989 gelungen.)

aus Ansprache Hitlers März 1941Quellenangabe aus Ansprache Hitlers März 1941

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Mit dem Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion im Jahre 1941 begann der Große Vaterländische Krieg der Sowjetunion

Die faschistische Armee konnte mit dem vertragsbrüchigen, heimtückischen Überfall die UdSSR überraschen und, ehe diese ihre Kräfte mobilisiert hatte, weit vordringen.

Überfall auf die Sowjetunion

Faschistische Truppen überfallen am 22. Juni 1941 die Sowjetunion

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die Bürger der UdSSR leisteten in diesen ersten Monaten des Krieges Gewaltiges. Sie schlossen sich eng um die Führung der KPDSU, die sowjetische Regierung und das staatliche Verteidigungskomitee, das der Generalsekretär der KPDSU, J.W. Stalin, leitete, zusammen.

An der Front vollbrachten sowjetische Soldaten große Heldentaten. Vier Wochen lang kämpften in der Festung Brest die Verteidiger. Die Piloten Butelin und Iwanow rammten unter Opferung ihres Lebens am ersten Kriegstage faschistische Flugzeuge, um sie zu vernichten.


 

Viele Soldaten, Frauen und Männer der besetzten Gebiete schlossen sich in Partisanenverbänden zum Kampf im Rücken der deutschen Front zusammen.

Sonja

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

50 000 Kommunisten folgten sofort freiwillig dem Aufruf der Partei und meldeten sich zur Sowjetarmee. Überall standen sie in der ersten Reihe

Große Leistungen vollbrachten auch die sowjetischen Menschen im Hinterland. Auf Beschluss des Staatlichen Verteidigungskomitees der UdSSR wurden bedeutende Industriewerke aus den bedrohten Gebieten nach dem Osten des Landes geschafft.

verlagertes Werk

Die Arbeit in einem verlagerten Werk beginnt bereits, bevor die Werkhallen stehen

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die Verteidigungsmaßnahmen, die die KPdSU und die sowjetische Regierung einleiteten, sowie der heldenhafte, zähe Kampf Hunderttausender sowjetischer Soldaten machten schon in den ersten Kriegswochen deutlich, dass dieses Mal die Blitzkriegsstrategie ohne Erfolg blieb.

Die sowjetischen Truppen leisteten einen so hartnäckigen Widerstand, dass der deutsche Zeitplan ins Wanken kam. Die faschistischen Generale hatten die Kriegsdauer gegen die UdSSR auf höchstens fünf Monate geschätzt, mussten jedoch bald ihren Fehler einsehen.

Scheitern Barbarossa-Plan

Das Scheitern des faschistischen Barbarossa-Plans

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

aus Kriegstagebuch Generalstabschef HalderQuellenangabe Kriegstagebuch Generalstabschef Halder

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Als die Sowjetarmee am 5./6. Dezember 1941 vor Moskau zum Gegenangriff antrat und die deutschen Armeen bis 250 Kilometer zurückweichen und dabei 1300 Panzer und 18 000 Kraftfahrzeuge zurücklassen mussten sowie 120 000 Mann ihrer besten Truppen verloren, da war klar, dass dieser Blitzkrieg gescheitert war. Der Umschwung im Verlauf des II. Weltkrieges begann sich abzuzeichnen. Die Schlacht vor Moskau machte die Legende von der „Unbesiegbarkeit“ der faschistischen Wehrmacht zunichte.

Den sowjetischen Menschen und allen freiheitliebenden Patrioten in den besetzten Ländern gab der erste große Sieg über die Faschisten neue Kraft für ihren gerechten Kampf.

 

Ausplünderung, Terror, Mord – Methoden des Faschismus

Nach dem heimtückischen Überfall auf die UdSSR errichteten die Faschisten in den eroberten Gebieten ein grausames Terrorregime, das die Bestialitäten der Faschisten in Westeuropa in vielem noch übertraf. Alle Mitglieder der Kommunistischen Partei, die Politischen Kommissare der Sowjetarmee, Mitarbeiter des sowjetischen Staatsapparates, alle Widerstandskämpfer und Partisanen waren mit dem Tode bedroht.

Richtlinien für Behandlung politischer KommissareQuellenangabe Richtlinien Behandlung politischer Kommissare

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Zehntausende sowjetische Kommunisten und Patrioten wurden von den Faschisten ermordet. Hundertausende wurden gewaltsam zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschickt. Die verbliebene Bevölkerung in den besetzten Gebieten musste unter unmenschlichen Bedingungen, bei Hunger und in ständiger Angst für Hitlerdeutschland arbeiten.

aus Protokoll Besprechung Ernährungsministerium November 1941Quellenangabe Besprechung Ernährungsministerium 1941

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Absichten SS-Führer HimmlerAbsichten SS-Führer Himmler 2Quellenangabe Absichten SS-Führer Himmler

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Aus den besetzten Gebieten der Sowjetunion raubten die Faschisten gewaltige Mengen an Nahrungsmitteln, Rohstoffen und Industriegütern und richteten gewaltige Zerstörungen an.

 

aus Bericht Untersuchungen Untaten faschistischer OkkupantenQuellenangabe aus Bericht Untersuchungen Untaten faschistischer Okkupanten

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für di 9. Klasse, Stand 1982

 

Der Große Vaterländische Krieg der Völker der Sowjetunion gegen den starken faschistischen Aggressor stellte die sozialistische Gesellschaftsordnung auf eine harte Probe. Dabei zeigte sich, dass das sowjetische Volk, die volkseigenen Betriebe, die Kollektivwirtschaften und die Sowjetarmee damals dieser Prüfung standhielten

Die bürgerlichen Staaten, darunter das ökonomisch und militärisch mächtige Frankreich, waren schnell unter den Schlägen der faschistischen Wehrmacht zerbrochen. Währenddessen erlitten die Aggressoren durch die Kraft der Völker der Sowjetunion, geführt von der Kommunistischen Partei, die ersten Niederlagen. Die sowjetischen Menschen kämpften selbst unter großen Opfern mit dem eisernen Willen, ihre Heimat zu verteidigen und die Faschisten aus dem Vaterland zu vertreiben. Moskau und Leningrad (heute: St. Petersburg) fielen nicht in die Hände der Faschisten. Die Sowjetunion kapitulierte nicht vor dem Aggressor.

Ein besonders schweres Los hatten die Kommunisten, Antifaschisten und aus rassischen Gründen Verfolgten, vor allem Juden, die von den Faschisten in den Konzentrationslagern gefangengehalten wurden.

Lagertor Auschwitz Birkenau

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Hundertausende sowjetischer Bürger kamen zu den Häftlingen aus allen Ländern Europas, aber auch Deutschland, hinzu. Über acht Millionen Menschen der verschiedenen Nationen und Klassen, in erster Linie Arbeiter, Kommunisten, Sowjetbürger, progressive Angehörige der Intelligenz und Juden, wurden in den Konzentrationslagern grausam ermordet.

aus Briefwechsel IG Farben und KZ Auschwitz

Aus dem Briefwechsel zwischen der IG Farben und dem Konzentrationslager Auschwitz

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

KZs in Europa während des II. Weltkrieges

Die faschistischen Konzentrationslager in Europa während des II. Weltkrieges

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

Der Kampf der deutschen Antifaschisten zur Unterstützung des gerechten Krieges der UdSSR und der anderen Völker gegen den Faschismus

Der Überfall auf die UdSSR war ein verhängnisvoller Schlag gegen die Lebensinteressen des deutschen Volkes. Er richtete sich gegen den Staat, der den historischen Fortschritt verkörperte, in dem die Werktätigen (Erwerbstätige, arbeitende Menschen) die Macht ausübten und der konsequent dafür eintrat, die Menschheit von der Gefahr imperialistischer Kriege zu befreien.

Deshalb bemühten sich das Zentralkomitee der KPD und alle Antifaschisten, dem deutschen Volk durch Flugblätter, Radiosendungen und mündliche Propaganda klarzumachen, dass der Sieg der Sowjetunion über Hitlerdeutschland auch die Befreiung des deutschen Volkes vom Faschismus bedeuten würde. Für dieses Ziel kämpfen, war die größte patriotische Aufgabe jedes guten Deutschen.

aus Aufruf der KPD vom 24. Juni 1941Quellenangabe aus Aufruf der KPD vom 24. Juni 1941

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die Verteidigung der Sowjetunion und die Befreiung des deutschen Volkes vom Faschismus war auch das Ziel der seit Jahren wirkenden weitverzweigten antifaschistischen Widerstandorganisation, die von Arvid Harnack und Harro Schulze-Boysen geleitet wurde.

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Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Zur Einbeziehung möglichst vieler Hitlergegner in diesem Kampf nahmen Mitglieder dieser Widerstandsorganisation zu Angehörigen der verschiedensten Bevölkerungsschichten sowie Kriegsgefangenen und ausländischen Zwangsarbeitern Beziehungen auf. Sie verwirklichten praktisch die Volksfrontpolitik der KPD. Als der Leitung dieser Organisation über geheime Verbindung die Vorbereitungen zum Überfall der Faschisten auf die Sowjetunion bekannt wurden, gab sie dem sowjetischen Nachrichtendienst davon Kenntnis. Damit erfüllten diese mutigen Kämpfer die hohen internationalistischen Verpflichtungen eines jeden klassenbewussten Arbeiters, Kommunisten und deutschen Patrioten.

Aktiv traten deutsche Antifaschisten auch gegen die antisowjetische Propaganda der Faschisten auf. Als in Berlin die Ausstellung „Das Sowjetparadies“ stattfand, in der in übelster Weise die politischen und sozialen Verhältnisse in der UdSSR verleumdet wurden, verteilte die Widerstandsorganisation um Schulze-Boysen und Harnack Zettel mit der Aufschrift „Ständige Ausstellung des Naziparadieses – Krieg, Hunger, Lüge, Gestapo – Wie lange noch?“ Die Hetzausstellung selbst wurde am 13. Mai 1942 von Mitgliedern der Widerstandsgruppe um den Jungkommunisten Herbert Baum unter Lebensgefahr angezündet und niedergebrannt

Im Spätsommer 1942 wurden etwa 200 Mitglieder der antifaschistischen WiderstandsorganisationSchulze-Boysen/Harnack verhaftet, darunter Harro Schulze-Boysen und dessen Frau Libertas, Arvid und Mildred Harnack, Hans und Hilde Coppi sowie Wilhelm Guddorf.

Abschiedsbrief von Hilde Coppi

Fotokopie des Abschiedsbriefes von Hilde Coppi vor ihrer Hinrichtung durch die Faschisten

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Aufrecht gingen die meisten von ihnen dem Tod unter dem faschistischen Henkerbeil entgegen. „Ich bereue nichts. Ich sterbe als ein überzeugter Kommunist“, waren die letzten Worte Arvid Harnacks.

Der Kampf der deutschen Antifaschisten und Kriegsgegner wurde in den Monaten und Jahren nach dem Überfall auf die Sowjetunion immer stärker ein Bestandteil des gerechten Befreiungskrieges der Völker gegen denFaschismus.

 

 

Geschichtsbuch DDR 9. Klasse Kopie

 

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Der heimtückische Überfall auf die Sowjetunion

 

 

Hinweis:

Siehe auch: Antifaschistische Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“

 

 

Antifaschistische Widerstandgruppe „Rote Kapelle“

Gastbeitrag von Wolfgang Mueller

 

Briefmarke DDR Gedenken Rote Kapelle

 

Am 22. Dezember 1942 wurden elf Mitglieder der antifaschistischen Widerstandsgruppe um Harro Schulze-Boysen und Arvid Harnack, die unter dem Namen „Rote Kapelle“ bekannt ist, in Berlin-Plötzensee im Minutentakt erhängt beziehungsweise enthauptet. Sie waren am 19. Dezember von einem faschistischen „Reichskriegsgericht“ wegen Hoch- und Landesverrats zum Tode verurteilt worden.

Hitler persönlich hatte auf eine rasche Aburteilung und Hinrichtung gedrängt und zum Prozessbeginn angeordnet, dass eine Eisenschiene mit Fleischerhaken im Hinrichtungsraum der Haftanstalt Berlin-Plötzensee angebracht wird. Bis dahin wurden Todesurteile von Militärgerichten durch Erschießung und die von Zivilgerichten durch Enthauptung mit dem Fallbeil vollstreckt. 1933 war durch das Gesetz über Verhängung und Vollzug der Todesstrafe das nichtöffentliche Hängen als besonders entehrende Hinrichtungsart zugelassen worden.

In der Berliner Harnack/Schulze-Boysen-Gruppe kamen rund 150 Männer und Frauen aus verschiedenen Generationen und mit unterschiedlichen sozialen, politischen und weltanschaulichen Hintergründen zusammen. Die ersten Gesprächszirkel, aus denen sich später die Widerstandsgruppe bildete, entstanden bereits in der Endphase der Weimarer Republik und dienten künstlerischen, politischen und weltanschaulichen Diskussionen. In Zusammenhang mit dem um 1940 einsetzenden Meinungsaustausch zwischen dem Oberregierungsrat im Reichswirtschaftsministerium, Dr. Arvid Harnack, und dem Oberleutnant der Luftwaffe, Harro Schulze-Boysen, wuchsen die unterschiedlichen Freundeskreise zusammen.

Mit dem Ziel der Beendigung des Krieges analysierten die Regimegegner die soziale, politische und wirtschaftliche Lage des NS-Staates, dokumentierten die Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch die Nationalsozialisten und wandten sich mit Flugblättern und illegalen Schriften an die Öffentlichkeit. Außerdem leistete die Gruppe humanitäre Hilfe für vom Regime Verfolgte und Unterdrückte, indem sie Lebensmittelkarten sammelte, Unterkunft gewährte oder Fluchthilfe organisierte. Ein Teil der Gruppe war zudem um einen Informationsaustausch per Funkgerät mit der sowjetischen Seite bemüht.

Die Geschichte der Roten Kapelle ist weitaus weniger bekannt als die der Widerstandsgruppe um Stauffenberg oder um die Geschwister Scholl. Zu ihr bekannten sich Publizisten und Künstler, Beamte und Militärs, Ärzte und Arbeiter, Studenten, Lehrlinge, Schüler unterschiedlicher Weltanschauungen. Etwa 40 Prozent von ihnen waren Frauen. Alle hatten nur eine politische Leitlinie: Weg mit Hitler!

Die deutsche Spionageabwehr und die Gestapo gaben der Gruppe ihren Namen, nachdem sie Funksprüche aus Moskau abgefangen hatten: Für Geheimdienstler ist ein Morsecodezeichen klopfender Funker ein Pianist; eine Gruppe von Pianisten ist eine Kapelle; weil die Zeichen aus Moskau kommen, Heimat des Kommunismus, ist die Kapelle rot. Die Namensgebung machte aus der weltanschaulich offenen Widerstandsgruppe eine den Sowjets dienende Spionageorganisation. Dieses Geschichtsbild änderte sich erst zu Beginn der 1990er-Jahre

Zwei Männer standen im Zentrum der Gruppe, die sich ab Mitte der 30er-Jahre bildete: der Publizist und Luftwaffenoffizier Harro Schulze-Boysen, der in der Nachrichtenabteilung des Reichsluftfahrtministeriums tätig war und der Jurist und Nationalökonom Arvid Harnack, der als Geheimmitglied der KPD zum Schein in die NSDAP eintrat und als Oberregierungsrat im Reichswirtschaftsministerium arbeitete.

Freunde und Bekannte der beiden und ihrer Ehefrauen knüpften in Berlin ein loses Netzwerk aus schließlich sieben Widerstandskreisen. Unabhängig davon gab es Gruppen in Paris und Brüssel.

Der Sozialdemokrat Adolf Grimme (später Kultusminister in Niedersachsen) und die Kommunisten Hans und Hilde Coppi gehörten zum Netzwerk, der Journalist Adam Kuckhoff und seine Frau Greta (später Präsidentin der Deutschen Notenbank der DDR), die Ärztin Elfriede Paul, der Romancier Günther Weisenborn und seine Frau Joy. Harro Schulze-Boysen ahnte schon 1937, worauf der NS-Wahn hinauslaufen wird: „Es wird der größte Krieg der Weltgeschichte, aber Hitler wird ihn nicht überleben.

Im Spätsommer 1942 wurde die Harnack/Schulze-Boysen-Gruppe von der militärischen Abwehr des Oberkommandos der Wehrmacht aufgedeckt. Von den 91 vor dem Reichskriegsgericht und dem Volksgerichtshof angeklagten NS-Gegnern wurden 48 Männer und Frauen hingerichtet

Gefesselt fristeten die zum Tode Verurteilten die letzten Stunden ihres Lebens im Erdgeschoss des großen Zellenbaus in Plötzensee (Haus III), von den Gefangenen „Totenhaus“ genannt. Zwei Tage vor Heiligabend wurden im Vierminutentakt gehängt: Rudolf von Scheliha, Harro Schulze-Boysen, Arvid Harnack, Kurt Schumacher, John Graudenz; und anschließend im Dreiminutentakt enthauptet: Horst Heilmann, Hans Coppi, Kurt Schulze, Ilse Stöbe, Libertas Schulze-Boysen, Elisabeth Schumacher

In den Folgemonaten werden 59 Mitglieder der Roten Kapelle hingerichtet: der Bildhauer Kurt Schumacher und die Tänzerin Oda Schottmüller, der Fräser Stanislaus Wesolek und der Elektriker Eugen Neutert, der Banklehrling Otto Gollnow und die Schülerin Liane Berkowitz, die in der Haft eine Tochter zur Welt brachte …

Versuche ehemaliger Widerstandskämpfer nach dem Krieg, Richter Manfred Roeder vor Gericht zu bringen, scheiterten. Roeder gelang es, die Rote Kapelle als „moralisch entartete“ kommunistische Verschwörung und ihre Mitglieder als „Landesverräter“ und „Spione“ darzustellen. So beeinflusste er für lange Zeit die historische Einordnung der Gruppe in der Bundesrepublik.

Er gehe dem Tod ruhig entgegen, schrieb Harro Schulze-Boysen am Tag seiner Hinrichtung seinen Eltern. „Alles was ich tat, tat ich aus meinem Kopf, meinem Herzen und meiner Überzeugung heraus.“

Während die Angehörigen der Widerstandsgruppe in der DDR als deutsche Patrioten und Widerstandskämpfer würdig geehrt wurden, konnte sich der Deutsche Bundestag erst vor zehn Jahren, am 8. September 2009, dazu durchringen, die Urteile gegen die Mitglieder der „Roten Kapelle“ aufzuheben und so die Toten zu rehabilitieren. Bis dahin galt hier offiziell die Rechtsauffassung der Nazi-Sondergerichte als verbindliches Geschichtsbild. Mehr muss man eigentlich über die BRD nicht wissen.

 


 

Siehe auch: „Der heimtückische Überfall auf die Sowjetunion“