Der Charakter der Weimarer Verfassung und der Weimarer Republik
Nach der Niederlage im ersten Weltkrieg und nach der Novemberrevolution hatte sich das internationale Kräfteverhältnis wesentlich zu Ungunsten des deutschen Imperialismus verändert. Die Ententeimperialisten hatten dem deutschen Rivalen mit dem Friedensdiktat von Versailles beträchtliche Hilfs- und Rohstoffquellen genommen. Auf dem Weltmarkt war der deutsche Imperialismus zurückgedrängt worden.
Innenpolitisch hatten die deutschen Monopolherren zwar mit Hilfe der rechten sozialdemokratischen Führer und der Siegermächte die ökonomische und politische Macht gerettet, aber die Macht des Finanzkapitals war in der nach den Wahlen zur Nationalversammlung beginnenden Weimarer Republik zunächst noch ungefestigt und schwankend. Unter dem Einfluss des Beispiels der Sowjetmacht in Russland und infolge der verheerenden Auswirkungen der Folgen des Weltkrieges auf die Lage der Werktätigen(arbeitende Menschen)entwickelte sich in Deutschland erneut ein stürmischer Aufschwung der revolutionären Bewegung. Der deutsche Imperialismus geriet in die revolutionäre Nachkriegskrise, die bis 1923 andauerte.
Im Frühjahr 1919 flammten in ganz Deutschland Massenkämpfe für die Verteidigung und Erweiterung der sozialen und demokratischen Errungenschaften der Novemberrevolution auf. Hunderttausende Arbeiter im Ruhrgebiet, im mitteldeutschen Industriegebiet, in Thüringen, in Berlin und in württembergischen Städten griffen zur Waffe des Generalstreiks, um die Verbesserung der Lebenslage, Erweiterung der demokratischen Rechte der Arbeiter in den Betrieben sowie Entwaffnung und Auflösung der konterrevolutionären Truppenverbände durchzusetzen. In Bremen und München entstanden im Verlaufe des Kampfes revolutionärer Volksmassen zeitweilig Räterepubliken.
Die Reichsregierung Scheidemann ging gegen die kämpfenden Arbeiter mit bewaffneter Gewalt vor. Auf Befehl des sozialdemokratischen Ministers Noske zerschlugen in vielen Städten konterrevolutionäre Truppen die Massenbewegungen. Die Arbeiterklasse erlitt Niederlagen, aber ihre Kampfkraft blieb ungebrochen.
Auf diese Situation reagierte die Monopolbourgeoisie mit scheindemokratischen Manövern und Teilzugeständnissen. In der am 31. Juli 1919 von der Nationalversammlung angenommenen Weimarer Verfassung wurde dem Volk ein für bürgerliche Verhältnisse fortschrittliches Wahlrecht zugesichert. In den Artikeln 73, 75, 76 erhielten die Werktätigen(arbeitenden Menschen)auch das Recht, ihren Willen in Volksentscheiden kundzutun. Artikel 165 gestattete den Arbeitern und Angestellten die Schaffung von Betriebsarbeiterräten. Darauf fußen die heutigen Betriebsräte, bzw. die Betriebsräte in der alten BRD. Dies ist eine fortschrittliche Einrichtung, die aber im heutigen Deutschland immer mehr ausgehöhlt wird. Artikel 114, 115, 117, 118, 123 und 124 der Weimarer Verfassung verkündeten die Freiheit der Person, Unverletzlichkeit der Wohnung, Postgeheimnis, Freiheit der Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit sowie das Recht der Bürger, sich zur Wahrung und Förderung ihrer Interessen zu Parteien und Vereinigungen zusammenzuschließen.
Jedoch andere Artikel, wie vor allem der Artikel 48, waren politisch und juristisch derart dehnbar formuliert, dass der Monopolbourgeoisie von vornherein die Möglichkeit eingeräumt wurde, die bürgerlich-parlamentarische Demokratie auszuhöhlen.
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982
Hauptaufgabe der Weimarer Verfassung war, die politische Macht der Monopolbourgeoisie und das kapitalistische Privateigentum an den Produktionsmitteln zu sichern. Die Weimarer Republik war ihrem Charakter nach ein bürgerlich-parlamentarischer Staat. In ihm behaupteten die Finanzkapitalisten ihre Macht; denn die Großbetriebe in Industrie, Bankwesen und Handel, die großen Zeitungs- und Buchverlage sowie die Staatsmacht waren in den Händen der Monopolbourgeoisie geblieben.
Die neuen Kampfbedingungen und die nächsten Aufgaben für die deutsche Arbeiterklasse
Die in der Weimarer Verfassung deklarierten Grundrechte boten der Arbeiterklasse und ihrer revolutionären Partei viele Ansatzpunkte, die Volksmassen zum Kampf gegen antidemokratische und revanchistische Politik des deutschen Imperialismus zu mobilisieren. In gemeinsamen antiimperialistischen Aktionen mit sozialdemokratischen, christlichen, parteilosen Arbeitern, werktätigen Bauern und anderen Teilen der Mittelschichten trat die revolutionäre Arbeiterpartei für die Verwirklichung der einzelnen verfassungsgemäßen bürgerlichen demokratischen Rechte und Freiheiten ein. Marxistische Zeitungen und Zeitschriften konnten, wenn auch behindert, die Ideen von Marx, Engels und Lenin in die Arbeiterklasse hineintragen, für die Erhaltung des Friedens, für Völkerverständigung und Freundschaft zur Sowjetunion und gegen die friedensgefährdenden Umtriebe der deutschen Imperialisten und Militaristen wirken. Auch die Parlamente der Gemeinden und Länder sowie der Reichstag ließen sich als Tribünen für die Propagierung einer echten demokratischen und fortschrittlichen Politik nutzen.
Damit war ein günstiger Kampfboden für die deutsche Arbeiterklasse entstanden, aber die Bedingungen, unter denen die Arbeiterklasse kämpfen musste, blieben insgesamt außerordentlich schwierig. Die Arbeiterklasse war gespalten. Es bestanden drei verschiedene Arbeiterparteien, die KPD, die USPD und die SPD. Die KPD war oft verboten, Nach wie vor stand die Mehrheit der Arbeiter unter dem opportunistischen Einfluss der rechten Führer der Sozialdemokratie. Die Opportunisten verfälschten die Wahrheit über den Charakter der Weimarer Republik. Sie nannten diese neue Republik einen Volksstaat, in dem die Arbeiterklasse an der Machtausübung teilnähme und in dem eine friedliche Entwicklung zum Sozialismus führe. Ähnliches behaupten die SPD und DIE LINKE auch heutzutage.
Viele Arbeiter waren durch die Niederlagen in den vorangegangen Kämpfen entmutigt. Die große Niederlage im Jahre 1989 hat nun dazu geführt, dass die Arbeiterklasse politisch keine Rolle mehr spielt. Zumindest in das in Deutschland und in den USA so.
Das deutsche Proletariat wurde und wird von einer außerordentlich erfahrenen Monopolbourgeoisie bekämpft, die sich durch eine elastische Politik mit Hilfe der sozialdemokratischen Führung beträchtlichen Einfluss auf große Teile der Arbeiterklasse sicherte, bzw. sichert. Heutzutage hat es die Monopolbourgeoisie geschafft, die Arbeiterklasse handlungsunfähig zu machen. Auch hierbei wird die Sozialdemokratie und nun auch große Teile der LINKEN zur Hilfe genommen, um die letzten Reste bewusster Arbeiter zu beeinflussen.
Unter diesen Umständen war es für die revolutionäre Arbeiterbewegung und für die KPD sehr schwer, die Mehrheit der Arbeiterklasse und der übrigen Volksmassen zu gewinnen und an den entscheidenden Massenkampf für den Sturz des deutschen Imperialismus und Militarismus heranzuführen. Doch damals war das noch eher möglich als heute, weil es die Massenmedien nicht gab, welche die Bevölkerung beeinflussen und zum Großteil verdummen.
Damals war die Hauptaufgabe, die die Arbeiterklasse und ihre revolutionäre Partei in den folgenden Jahren zu lösen hatte, die Volksmassen hinter sich zu bringen. Um in dieser Richtung voranzukommen, musste sich die KPD zu einer revolutionären Massenpartei entwickeln. Heutzutage ist schon der Gedanke daran illusorisch.
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982, bearbeitet und aktualisiert von Petra Reichel
Original-Text