Russland als absolutistischer Staat

Die Reform der Verwaltung

Um Russland in seiner Entwicklung rasch voranzubringen, begann Peter, auf den verschiedensten Gebieten der Staatsverwaltung, der  Wirtschaft und Armee längst notwendige Reformen durchzuführen. In zwei Etappen wurde die staatliche Verwaltung umgestaltet. An die Stelle der alten Bojarenduma, einer aus hohen Adligen bestehenden beratenden Körperschaft, trat als neue oberste Staatsbehörde der Regierende Senat. Während die Mitglieder des Regierenden Senats nur unter dem Gesichtspunkt, was sie leisten konnten, wie sie dem Staat diensten, vom Zaren berufen wurden, waren die Mitglieder der alten Bojarenduma nach ihrer Herkunft benannt worden. Dadurch festigte der Zar zwar seine absolute Macht außerordentlich. Die alten, von den Bojaren geleiteten schwerfälligen Verwaltungseinrichtungen ersetzte Peter I. durch neue zentrale Stellen. Deren Aufgaben waren klar voneinander abgegrenzt. Sie verwalteten solche Bereiche wie Industrie, Finanzen, Justiz, Handel, Außenpolitik, Armee und Flotte. Ihre Zuständigkeit erstreckte sich für einen dieser Arbeitsbereiche jeweils für das ganze Land. In vielem ähnelten diese sogenannten Kollegien dem, was wir heute unter einem Ministerium verstehen.

Zu den Reformen der Staatlichen Verwaltung gehörte auch eine gebietsmäßige Neugliederung Russlands in acht Gouvernements. Das Wort Gouvernement heißt übersetzt Verwaltungsbezirk. An der Spitze jedes dieser Gouvernements stand eine Gouverneur, der alle militärischen und politischen Vollmachten besaß und auch die Finanzen verwaltete. Später wurden an ihrer Stelle 50 Provinzen geschaffen.

Peter I. unterstellte die Kirche dem Staat. Er schaffte die bisherige oberste Leitung der Kirche, das sogenannte Patriachat, ab, und schuf dafür eine Leitung, deren Mitglieder er selbst ernannte. Auch diese Maßnahme diente ebenso wie eine teilweise Enteignung des sehr umfangreichen Kirchenbesitzes dazu, die Macht des Zaren zu stärken, den Absolutismus im Russland durchzusetzen. So schuf Peter I. Eine straff zentralisierte Staatsmacht, die die Interessen des Adels und der Kaufleute vertrat. Auf Außenpolitischem Gebiet gelang es Russland in dieser zeit, die Zugänge zum Asowschen Meer und zur Ostsee zu erkämpfen. Eine mächtige Kriegsflotte und ein schlagkräftiges Heer entstanden. Das Heer zählte allein 130 000 Soldaten der Feldarmee, darüber hinaus noch Kosaken und andere Verbände. Peter I. baute die Armee und die Kriegsflotte als Instrument des absolutistischen Staates nach damals modernen Gesichtspunkten auf. Er führte eine Dienstordnung ein, schuf besonders gut ausgebildete Graderegimenter, ließ zahlreiche militärische Lehranstalten einrichten und stellte vor allem an die Offiziere hohe Forderungen.

Das russische Reich zur Zeit Peters I.

Das russische Reich zur Zeit Peters I.

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

 

Wirtschaftliche und kulturelle Fortschritte

Besonders große Anstrengungen waren auf wirtschaftlichem Gebiet notwendig, um die Rückständigkeit des Landes zu überwinden. Dazu mussten zahlreiche neue Manufakturen entstehen.

Während der Regierungszeit Peters I. stieg die Zahl der Manufakturen in Russland von 21 auf rund 200. Er ließ auch auf Staatskosten Manufakturen errichten, die später mit besonderen Vorrechten in die Hände von Privatpersonen übergingen. Um den Manufakturen die benötigten Arbeitskräfte zu sichern, gestattete der Staat den Besitzern der Manufakturen, leibeigene Bauern für die Betriebe zu kaufen. Eine leistungsfähige Eisenindustrie, die mit Leibeigenen arbeitete, entstand im Ural. Damals übertraf sie sogar das englische Eisenhüttenwesen.

Zur Wirtschaftspolitik Peters gehörten auch Maßnahmen zum Schutze des Handels und zur Förderung des Exports. Der Staat belegte solche ausländischen Waren, die in Russland hergestellt werden konnten, mit hohen Zöllen.

Schiffswerft zur Zeit Peters I.

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Auch auf dem Gebiet der Kultur macht Russland unter der Regierung Peters I. große Fortschritte. Zahlreiche allgemeinbildende Schulen, technische und andere Lehranstalten entstanden. Peter bereitete die Gründung einer Akademie der Wissenschaften vor, die aber erst kurz nach seinem Tode 1725 in  St. Petersburg eröffnet werden konnte. Wissenschaft, Kunst und Technik erlebten in Russland einen beachtlichen Aufschwung.

Im Jahre 1703 gründete Peter I. an der Mündung der Newa die Stadt St. Petersburg. Das Geschichtsbuch der DDR lässt das „St.“ Weg und schreibt, dass die Stadt nach Peter I. den Namen Petersburg bekommen hat. Es gibt Quellen, u.a. Wikipedia, die besagen, dass St. Petersburg  nicht nach Peter I., sondern nach seinem Schutzheiligen, dem Apostel Simon Petrus, benannt wurde.

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde am 18. August 1914 der deutsche Name zu Petrograd – wörtlich „Peterstadt“ – russifiziert. Nach Lenins Tod 1924 wurde die Stadt am 26. Januar 1924 in Leningrad umbenannt. Dies geschah auf Antrag der damaligen Petrograder Parteiführung und nach deren Angaben auf Wunsch der Arbeiter, die Lenins Tod betrauerten.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion führte eine Volksabstimmung 1991 zu einer knappen Mehrheit zugunsten der Rückbenennung in Sankt Petersburg. Der Erlass vom 6. September 1991 vollzog diesen Wählerwillen. Gleichzeitig wurden viele Straßen, Brücken, Metro-Stationen und Parks wieder rückbenannt. Im Zusammenhang mit historischen Ereignissen wird nach wie vor der zum Ereignis „passende“ Name genutzt, zum Beispiel „Heldenstadt Leningrad“ beim Gedenken an den Deutsch-Sowjetischen Krieg von 1941 bis 1945, der in Russland „Großer Vaterländischer Krieg“ (Великая Отечественная война/Welikaja Otetschestwennaja woina) genannt wird.

Das umliegende Verwaltungsgebiet (föderative Einheit) Oblast Leningrad (russ. Leningradskaja Oblast) behielt nach einem Beschluss des dortigen Gebietssowjets den alten Namen.

Bald entwickelte sich diese Stadt zu einem bedeutenden Kulturzentrum Russlands. Im Jahre 1712 überführte Peter den Zarenhof aus Moskau nach St. Petersburg und machte diese neue Stadt damit zur Hauptstadt des russischen Reiches. St. Petersburg spielte nach dem Willen Peters die Rolle eines „Fensters nach Europa“. Zur Sicherheit der Stadt ließ der Zar auf der Insel Kotlin die Festung Kronstadt errichten. Handel und Industrie blühten auf, zahlreiche ausländische Schiffe kamen nach St. Petersburg, und öfter als früher fuhren russische Kaufleute über die Meere. Die Folge aller dieser Maßnahmen war, dass sich das Tempo der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung Russlands beschleunigte.

Roter Platz in Moskau

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

 

Veränderungen in der Gesellschaft

In der Zusammensetzung des russischen Volkes gingen tiefgreifende Veränderungen vor sich. Neben den Gutsbesitzern entwickelten sich als neue Ausbeuter die Manufakturbesitzer, reichen Kaufleute und Oberschichten von Handwerkern, außer den leibeigenen Bauern gab es auch schon Arbeitsleute, die in den Manufakturen beschäftigt waren. Die Wirtschafts- und Finanzpolitik des Russischen Reiches orientierte sich auf die Oberschichten des Adels und der Kaufleute, während sich die Ausbeutung und Unterdrückung der Volksmassen weiter verschärfte.

Der Zar führte immer neue Steuern ein, zum Beispiel Kopf-, Salz-, Mühlen-, Bade- und Tabaksteuern. Damit steigerte er seine Einnahmen. Diese benötigte er, um die weitgespannten wirtschaftlichen, militärischen und kulturellen Pläne zu verwirklichen.

Ausdruck dieser verschärften Ausbeutung der armen Schichten in den Städten und der Bauern waren Aufstände in Astrachan(1705-1711). Der absolutistische Staat Zar Peters I. antwortete darauf, indem er die arbeitenden Menschen noch schärfer in das Joch der Leibeigenschaft zwang, ihnen noch höhere Abgaben abforderte, Strafabteilungen gegen sie entsandte und sogar russische Dörfer zerstörte.

Dies zeigt, welche Klasseninteressen Peter I. vertrat.

 

Moskauer Bojaren

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Russischer Bauer in Winterkleidung

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

 

Die Bedeutung Peters I.

In den dreieinhalb Jahrzehnten seiner Regierungszeit gelang es Peter I. natürlich nicht, die seit Jahrhunderten währende Rückständigkeit zu überwinden. Seine Reformen bildeten jedoch einen wichtigen Wendepunkt in der russischen Geschichte.

Peter I. schuf, gestützt auf wohlhabende Kaufleute und Handwerker in den Städten und auf große Teile des Adels, ein absolutistisch regiertes Reich. Unter ihm wurde Russland zu einer europäischen Großmacht, die auch von den anderen Staaten anerkannt wurde und zunehmendes Ansehen in Europa genoss.

Leibnitz zu Peter I.

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

 

Geschichtsbuch DDR 7. Klasse Kopie

 

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Russland als absolutistischer Staat

 

 

 

Russland im 17. Jahrhundert

Die Entwicklung des Landes

In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts standen auch in Russland die ersten größeren Betriebe. Es waren Manufakturen, in denen Tuche, Seide und Leinen erzeugt, Eisen gewonnen oder Geschütze gegossen wurden. Daneben gab es das seit vielen Jahrhunderten stark entwickelte Handwerk, das sich immer mehr spezialisierte. Die Arbeitsteilung zwischen Stadt und Land sowie zwischen den verschiedenen Gebieten Russlands nahm zu. Die Folge davon war, dass an zahlreichen Orten regelmäßig Messen und Jahrmärkte stattfanden, auf denen man Leinen, Pelzwaren, Lederwaren, Flachs, Hanf, Salz, Eisenwaren und andere Güter handelte.

Die bedeutendsten Handelszentren waren Moskau und andere größere Städte, zum Beispiel Smolensk, Archangelsk im hohen Norden und Nishni Nowgorod, das heutige Gorki an der Wolga. So kam es, das sich im 17. Jahrhundert ein das ganze Land umfassender Markt, ein gesamtrussicher Markt, herausbildete.

Zur selben Zeit wurde aber auch die Ausbeutung armer Schichten der Stadtbevölkerung und ganz besonders der Bauern immer schärfer. Diese Menschen waren in ihrer überwiegenden Mehrheit den Feudalherren völlig ausgeliefert, sie waren Leibeigene. Ohne Genehmigung ihres Herren durften sie ihren Wohnort nicht verlassen, ja die durften nicht einmal heiraten. Ihr Herr konnte sie verkaufen oder sogar im Kartenspiel an einen anderen Feudalherren verlieren.

Die Bauern und Armen der Städte versuchten immer wieder, das auf ihnen lastende schwere Joch abzuschütteln. Es kam zu einer Reihe großer Bauernkriege, wie zum Beispiel im 17. Jahrhundert zu der von Stepan Rasin geführten Erhebung(1667-1671).

In wirtschaftlicher Hinsicht blieb Russland damals noch immer weit hinter den entwickelten Ländern West- und Mitteleuropas zurück. Dafür gab es eine Reihe von Ursachen: Im Laufe von Jahrhunderten hatte Russland viele Kriege führen müssen, um sich gegen Feinde im Osten, Süden und Westen zu wehren. Die Zugänge zum Schwarzen Meer wurden ihm durch die Türkei und die zur Ostsee durch Schweden versperrt.

 

Peter I.

Als Peter I. im Jahre 1682 Zar wurde, kämpften am Zarenhofe verschiedene Adelsgruppen um den bestimmenden Einfluss. Peter war damals erst zehn Jahre alt. Mit siebzehn Jahren, 1689, begann er, die Macht selbst auszuüben. Er erkannte, welche Aufgaben in Russland gelöst werden mussten, und ging entschlossen daran, dieses Werk zu vollbringen:

  1. die Bedrohung Russlands durch äußere Feinde abzuwehren, dem russischen Handel eisfreie Häfen zu sichern und die internationale Stellung seines Landes zu festigen;
  2. die wirtschaftliche Rückständigkeit Russlands durch grundlegende Maßnahmen zu überwinden.

Unter der Regierung Peters I.(1689-1725)machte Russland auf dem Wege zur feudalabsolutistischen Monarchie rasche Fortschritte. Peter scheute bei seinem Werk, das für Russland notwendig war, vor keinen Schwierigkeiten zurück.

 

Entwicklung des russischen Reiches bis zum Tode Peters I.

Die Entwicklung des russischen Reiches bis zum Tode Peters I.

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

 

Die „Große Gesandtschaft“

Im Jahre 1697 reiste auf Befehl des Zaren eine aus rund 250 Personen bestehende „Große Gesandtschaft“ ins Ausland. Sie bestand aus adligen Würdenträgern und Diplomaten, aber auch aus jungen Menschen, die sich im Ausland gründlich umsehen und mit Wissenschaft, Technik und Kultur vertraut machen sollten. Aufgabe dieser Gesandtschaft war es im besonderen, Verbündete für Russland zu gewinnen, Schiffbau, Schifffahrtskunde und Kriegswesen zu studierten sowie die verschiedensten Fachleute in russische Dienste zu nehmen. Zar Peter I. stellte an die Spitze der „Großen Gesandtschaft“ seinen aus der Schweiz stammenden Lehrer und Freund Franz Lefort. Unerkannt nahm er selbst im Gefolge als einfacher Unteroffizier Peter Michailow teil.

Die „Große Gesandtschaft“ reiste über Kurland und Brandenburg nach Holland. Peter bemühte sich, überall so viel wie möglich zu lernen. Sein Leitspruch war: „Im Stande eines Lernenden bin ich, und Lehrende suche ich mir.“  Er beherrschte über zehn verschiedene Handwerksberufe. Auf den Werften in Zaandam und Amsterdam in Holland arbeite Peter mehrere Monate als Zimmermann. Schon nach kurzer Zeit war in Holland bekannt, dass ich unter dem Namen des großen, kräftigen Zimmermannes Peter der Zar verbarg.

Mit einem Teil der Gesandtschaft reiste Peter I. für einige Monate nach England. Er besuchte dort das Parlament, besichtigte Eisenwerke, Werften, Geschützfabriken sowie berühmte Bauwerke und nahm als Gast an einem Flottenmanöver teil. Über Dresden und Prag fuhr Peter dann nach Wien, wo er mit dem deutschen Kaiser verhandelte. Von dort kehrte er schließlich wieder nach Russland zurück.

Den zu seiner Begrüßung erschienen adligen Würdenträgern schnitt Peter eigenhändig die langen Bärte ab, womit er allen deutlich zeigte, dass er entschlossen war, die Rückständigkeit zu bekämpfen. Er duldete auch nicht mehr, dass sie nach altem russischen Brauch vor ihm auf die Knie sanken. Peter I. verlangte von jedem Menschen, der in den Staatsdienst treten wollte, Kenntnisse in Mathematik, Kriegsbauwesen, Schiffsbautechnik, Nautik und anderen Wissenschaften.

 

Geschichtsbuch DDR 7. Klasse Kopie

 

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Russland im 17. Jahrhundert