Das imperialistische Staatensystem nach dem I. Weltkrieg

Aus dem Verlauf des I. Weltkrieges und der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution hatten sich für das System des Imperialismus schwerwiegende Veränderungen des bisherigen Kräfteverhältnisses ergeben.

Frankreich, Großbritannien und die USA hatten die europäischen imperialistischen Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn militärisch besiegt. Der Nationalitätenstaat Österreich-Ungarn zerfiel.

Angespornt durch das revolutionäre Beispiel der Sowjetvölker, gründete eine Reihe bisher unterdrückter osteuropäischer Völker neue Staaten. (Aufschwung revolutionärer u. freiheitlicher Bewegungen)

Auswirkungen Oktoberrevolution auf Welt

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Jedoch gelang es der Bourgeoisie  in Polen, Ungarn, Jugoslawien, in der Tschechoslowakei und in Österreich, nach erbitterten Klassenkämpfen die weitere Entwicklung in kapitalistischen Bahnen zu halten.

Zwischen den imperialistischen Mächten bildeten sich neue grundlegende Gegensätze heraus.

Lenin 3 grundlegende GegensätzeLenin 3 grundlegende Gegensätze 2Quelle Lenin 3 grundlegende Gegensätze

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

 

Einig waren sich die Siegermächte lediglich in ihrem Hass gegen den Sowjetstaat.

Dies zeigte sich auch auf der Pariser Friedenskonferenz, welche die Siegermächte des I. Weltkrieges im Januar 1919 einberufen hatten. Obwohl die Hauptaufgabe dieser Konferenz darin bestand, die Friedensverträge für die besiegten Länder auszuarbeiten, wandte sich die Aufmerksamkeit der teilnehmenden Staatsmänner(Staatsfrauen gab es damals nicht)besonders der russischen Frage zu. Das war kein Zufall. Die imperialistischen Politiker, die sich in Paris als Friedensstifter aufspielten, waren gleichzeitig die Hauptorganisatoren der bewaffneten Intervention in Sowjetrussland.

Die französischen Imperialisten bemühten sich, die Länder Ost- und Südosteuropas für eine Intervention gegen Sowjetrussland zu gewinnen, und unterstützten deshalb auch die polnischen und tschechoslowakischen Ansprüche auf Belorussische und ukrainische Gebiete sowie Rumäniens Forderungen auf Bessarabien.

Europa nach I. Weltkrieg

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Großbritannien wollte das besiegte imperialistische Deutschland verhältnismäßig stark erhalten wissen, um es als Degen gegen Sowjetrussland zu nutzen. Die USA strebten das Gleiche an, wollten aber Deutschland auch als Machtfaktor gegen Frankreich und Großbritannien ausspielen.

Antisowjetische Konzeption

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Die Leitung der Pariser Friedenskonferenz, der Rat der Zehn, nahm am 25. Februar 1919 den Vorschlag Marschall Fochs an, die Interventionsfront gegen Sowjetrussland durch Einbeziehung der osteuropäischen Länder zu erweitern. Das militärische Interventionsprogramm Fochs gipfelte im Plan einer großen Offensive aller konterrevolutionären Kräfte.

Aber so nahe sich die Interessen und Auffassungen der imperialistischen Siegermächte in die „russischen Frage“ kamen, so weit gingen sie in anderen Problemen der Nachkriegsgestaltung der Welt auseinander. Jede der Siegermächte wollte sich auf Kosten der anderen bereichern, jede meldete eigene territoriale, politische und finanzielle Ansprüche an, die den Interessen der Verbündeten zuwiderliefen. Deutlich trat dieses in der Frage der Festlegung der Grenzen Deutschlands zutage.

Deutschland nach Versailler Vertrag

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Frankreich wollte das linke Rheinufer annektieren. Großbritannien und die USA traten diesem Streben energisch entgegen, wie eine Verwirklichung der französischen Forderungen die Vorherrschaftsbestrebungen Frankreichs gefördert hätte. Es musste sich wegen des entschiedenen Widerstands der englischen und amerikanischen Imperialisten in der Frage der Westgrenzen Deutschlands zu einem Kompromiss bereitfinden.

Im Osten waren die USA, Großbritannien und Frankreich daran interessiert, die Grenzen Deutschlands so festzulegen, dass sie ein ständiger Spannungsherd blieben, um sowohl Deutschland als auch seine östlichen Nachbarn unter Druck setzen zu können.

Mit dem Versailler Friedensdiktat 1919 versuchten die Entente- Imperialisten, den deutschen Rivalen einerseits ökonomisch, politisch und militärisch niederzuhalten, ihn andererseits aber in seinen Grundlagen als Sturmbock gegen die Sowjetmacht zu erhalten und ihm damit zugleich ausreichende Mittel zur Niederhaltung der deutschen Arbeiterbewegung zu belassen.

Wichtigste Bestimmungen Versailler VertragWichtigste Bestimmungen Versailler Vertrag 2Reparation

entnommen aus dem Gesichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Das Versailler Friedensdiktat sah eine weitgehende Einmischung der Siegerstaaten in innerdeutsche Angelegenheiten vor, tastete aber nicht die ökonomische Grundlage der deutschen Imperialisten an. Es ließ ihnen freie Hand, die Reparationen durch verschärfte Ausbeutung der Werktätigen(arbeitenden Menschen)aufzubringen. Es verbot den herrschenden Kräften auch nicht die Bildung militaristischer Organisationen und die Verbreitung friedensfeindlicher Ideologien.

Der Versailler Vertrag war ein Gewalt- und Raubfrieden, der den Keim neuer imperialistischer Kriege in sich barg. Denn er unterdrückte einen ökonomisch starken imperialistischen Staat und vertiefte gleichzeitig die Gegensätze zwischen den Siegermächten.

Scharf trat der Gegensatz zwischen den USA und den französischen und englischen Imperialisten auch bei der Gründung des Völkerbundes 1919 zutage.

Gebäude des Völkerbundes in Genf

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Eine Plenartagung der Pariser Friedenskonferenz hatte im Februar 1919 einen Sonderausschuss für die Ausarbeitung der Satzung eines Völkerbundes geschaffen. Diese internationale Organisation sollte den imperialistischen Großmächten vor allem zur Festigung des imperialistischen Nachkriegssystems und zur Unterdrückung der revolutionären Bewegungen dienen.  Da aber jede der Siegermächte bestrebt war den Völkerbund für die Verwirklichung ihrer eigenen Expansionspläne nutzbar zu machen, entbrannten bereits bei der Ausarbeitung der Satzung des Völkerbundes heftige Auseinandersetzungen.

Die USA als finanziell und wirtschaftlich stärkste Macht versuchten durch eine geeignete Satzung andere Länder in ökonomische und politische Abhängigkeit zu zwingen. Um die Weltherrschaft zu erringen, wollten die amerikanischen Imperialisten außerdem den Völkerbund mit Rechten ausstatten, die es den USA erleichtert hätten, in das britische und französische Kolonialreich einzudringen. Großbritannien hingegen versuchte einen Völkerbund zu schaffen, in dem nur die imperialistischen Großmächte vertreten waren. Diese Art von Völkerbund sollte der Erhaltung des großen britischen Kolonialreiches dienen.

Die Satzung des Völkerbundes, die von der Pariser Friedenskonferenz angenommen wurde, war ein Kompromiss zwischen den amerikanischen und englischen Vorschlägen. Neben der Generalversammlung aller Mitglieder des Völkerbundes wurde ein Völkerbundsrat gesetzt, dem fasst die gleichen Vollmachten eingeräumt waren. Die imperialistischen Großmächte konnten dem Rat als ständige Mitglieder angehören. Ihnen wurden im Rat lediglich vier nichtständige Mitglieder beigegeben, die von der Generalversammlung auf bestimmte Zeit zu wählen waren.

45 Staaten unterzeichneten auf der Pariser Friedenskonferenz die Satzung des Völkerbundes. Den Mittelmächten wurde zunächst nicht gestattet, Mitglied zu werden. Weil es den USA nicht gelungen war, in der Satzung des Völkerbundes ihre imperialistischen Bestrebungen voll durchzusetzen, traten sie dem Völkerbund nicht bei. Ihn beherrschten deshalb in den ersten Jahren seines Bestehens die britischen und französischen Imperialisten. Sie missbrauchten den Völkerbund vor allem als Instrument im Kampf gegen die revolutionären Bewegungen.

 

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Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

Original-Text

Das imperialistische Staatensystem nach dem 1. Weltkrieg