Die I. Internationale

Die Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes der Arbeiter aller Länder

Die Entwicklung des Kapitalismus und die Weltwirtschaftskrise von 1857 bis 1859 lösten einen neuen Aufschwung der Arbeiterbewegung aus. In allen kapitalistischen Ländern verschärfte sich der Klassengegensatz zwischen Bourgeoisie und Proletariat. Die fortgeschrittenen Arbeiter suchten nach den richtigen Wegen und Mitteln ihres Kampfes. Die englischen Arbeiter zum Beispiel verfügten über Erfahrungen im ökonomischen Kampf und in der Organisation. Die französischen Arbeiter hatten in den Revolutionen von 1830 und 1848 wichtige politische Erfahrungen gesammelt. Diese verschiedenen Erfahrungen mussten nun für den Kampf aller Arbeiter fruchtbar gemacht werden.

Die Arbeiterklasse aller Länder befand sich in der gleichen Klassenlage: Sie war die sozial ausgebeutete und politisch unterdrückte Klasse. Sie hatte in allen Ländern den gleichen Feind: die Bourgeoisie und die kapitalistische Ausbeuterordnung. Die Arbeiter aller Länder verbanden deshalb die gleichen gemeinsamen Interessen: Der Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung, für die Befreiung der Arbeiterklasse.

Der Kapitalismus hatte sich inzwischen im Weltmaßstab durchgesetzt. Die Arbeiterklasse konnte ihn nur erfolgreich bekämpfen, wenn sich die Arbeiter aller Länder gegen ihn zusammenschlossen. Der Kampf der Arbeiterklasse wurde durch politische Krisen in den wirtschaftlich fortgeschrittensten Ländern verstärkt. So spitzten sich in Deutschland die gesellschaftlichen Widersprüche zu. Die Schaffung eines einheitlichen Nationalstaates wurde unumgänglich. 1863 erhob sich das polnische Volk gegen die zaristische Unterdrückung. Solidarisch unterstützten die Arbeiter vieler Länder den heldenhaften Kampf des polnischen Volkes. Sie verstanden, dass internationale Entscheidungen auf den Kampf der internationalen Arbeiterbewegung zurückwirken mussten.

Das elementare Streben der Arbeiter nach Einheit, internationaler Zusammenarbeit und Solidarität führte zur Gründung der I. Internationale.

Die Gründung der I. Internationale

Am 28. September 1864 versammelten sich in London etwa 2000 Arbeiter aus England, Frankreich, Deutschland, Italien, Polen und anderen Ländern. Einmütig beschlossen sie die Gründung der Internationalen Arbeiterassoziation (I. Internationale). Die Gründungsversammlung wählte ein Komitee, das ein Programm und ein Statut für die neugegründete Organisation ausarbeiten sollte. Dieses Komitee übernahm als Generalrat die Leitung der I. Internationale. Zu seinen Mitgliedern gehörten Karl Marx und später auch Friedrich Engels.

Friedrich Engels‘ Mitgliedskarte der I. Internationale für das Jahr 1865
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Durch seine selbstlose Hingabe für die Sache der Arbeiterklasse, sein riesiges Wissen und seine tiefe Einsicht in die Entwicklungsgesetze der menschlichen Gesellschaft wurde Karl Marx zum Organisator und Führer der I. Internationale.

Gründungsversammlung der I. Internationale in der Londoner St. Martin’s Hall am 28. September 1864. (Kohlezeichnung von Erst Schaumann, 1963)
Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Karl Marx arbeitete das Programm und das Statut aus. Dabei berücksichtigte er den unterschiedlichen Entwicklungsstand der Arbeiterbewegung in den einzelnen Ländern und die verschiedenartigen Einflüsse, denen die Arbeiterorganisationen ausgesetzt waren. Karl Marx betrachtete es unter diesen Bedingungen als Aufgabe der I. Internationale, die verschiedenen nationalen Abteilungen der internationalen Arbeiterbewegung fest zusammenzuschließen. Er wies der Arbeiterklasse den Weg zur allseitigen Entfaltung des Klassenkampfes, besonders zum politischen Kampf und zur Schaffung wirklich selbstständiger, das heißt von der Bourgeoisie unabhängiger revolutionärer Klassenorganisationen.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Die I. Internationale
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Einheit der internationalen Arbeiterklasse ist die entscheidende Voraussetzung für ihr erfolgreiches Ringen, sie verwirklicht sich im Kampf gegen die kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung.

Diese internationale Solidarität und den gemeinsamen Kampf der Arbeiter aller Länder gegen soziale Ausbeutung und politische Unterdrückung nennen wir proletarischen Internationalismus.

Die I. Internationale trieb die Lösung der Arbeiterbewegung sowohl vom politischen als auch vom ideologischen Einfluss der Bourgeoisie wesentlich voran.

Sie gab die organisatorische, politische und theoretische Grundlage für die Entfaltung der selbständigen Arbeiterbewegung in den kapitalistischen Ländern und förderte damit die Entstehung revolutionärer Arbeiterparteien.

Die Kampferfahrungen der Arbeiter und die Tätigkeit der I. Internationale drängten falsche, antimarxistisch Auffassungen über die Aufgabe, den Weg und das Ziel der Arbeiterbewegung zurück. Die I. Internationale begann, den wissenschaftlichen Sozialismus mit der Massenbewegung der Arbeiterklasse im internationalen Maßstab zu vereinigen.

Das Erscheinen des ersten Bandes des „Kapitals“

Karl Marx und Friedrich Engels lebten seit der Niederlage der Revolution von 1848/49 bis zu ihrem Tode in der Emigration.

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Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Aus Paris ausgewiesen, war Karl Marx 1849 nach London übergesiedelt. Auch Friedrich Engels war nach England gegangen. Er trat in eine Textilfabrik in Manchester ein, in der sein Vater Teilhaber war. So war er in der Lage, Karl Marx und dessen Familie finanziell zu unterstützen. Dennoch konnte er bittere Not nicht abwenden.

Karl Marx und seine Familie nahmen größte Opfer und Entbehrungen auf sich, um der Sache der Arbeiterklasse zu dienen. Unermüdlich studierte Karl Marx in der Bibliothek des Britischen Museums und dann zu Hause bis in die tiefe Nacht hinein. Über 1 500 Bücher las er in der jeweiligen Originalsprache und verarbeitete sie. So eignete er sich kritisch die Ergebnisse der Wissenschaft, besonders auf den Gebieten der Geschichte, der Wirtschaft, der Natur- und Rechtswissenschaften, an. Aufmerksam analysierte er alle wichtigen politischen Ereignisse in der Welt.

Als Ergebnis der vieljährigen unermüdlichen Arbeit von Karl Marx konnte 1867 der I. Band seines Hauptwerkes „Das Kapital“ erscheinen. Karl Marx arbeitete darin das Wesen und die Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus heraus. Er bewies durch umfangreiches Tatsachenmaterial den unvermeidlichen Untergang der kapitalistischen Ausbeuterordnung und die geschichtliche Aufgabe der Arbeiterklasse als Totengräber des Kapitalismus und Schöpfer der kommunistischen Gesellschaft. Nun hat der Kapitalismus, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, weltweit gesiegt. Die Arbeiterbewegung ist weitgehend zerschlagen worden. Klassenbewusstsein innerhalb der heutigen Arbeiterklasse sucht man in der Regel vergeblich.

„Das Kapital“ umfasst drei Bände. Marx konnte die Bände II. und III. allerdings nicht mehr selbst druckfertig machen. Das übernahm Friedrich Engels. Er gab nach dem Tode von Marx 1885 den II. und 1894 den III. Band des „Kapitals“ heraus.


Jenny Marx
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Englische Kultur vom 16. bis zum 18. Jahrhundert

Handel, Gewerbe, Kolonialpolitik und die Ausbeutung von Bauern und Arbeitern machten England zu einem der wohlhabendsten und mächtigsten Staaten Europas. Die wirtschaftliche und politische Stärke des englischen Bürgertums rief auch große Leistungen in Kunst und Wissenschaft hervor.

 

Die „Utopia“ des Thomas Morus

Thomas Morus

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Thomas Morus, der im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts wirkte, war der berühmteste englische Humanist. Er ist besonders durch sein Werk „Utopia“bekannt geworden. Ausgehend von einer scharfen Kritik der Zustände im England seiner Zeit entwarf er in diesem Buche das großartige Bild eines Staates, wie er nach seinen Vorstellungen sein sollte. In diesem Staate bestand Gemeineigentum am Boden. Morus verlegte ihn nach einer Insel „Utopia“(Land Nirgendwo), die dem Werk den Namen gegeben hat. Danach nannte man später alle Leute, die sich mit der Verbesserung der menschlichen Gesellschaft beschäftigten, ohne von den wirklichen Gegebenheiten auszugehen, Utopisten.

 

William Shakespeare

William Shakespeare

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Großen Ruhm erlangte England auch durch sein Theater. Als dessen bedeutendster Dichter gilt William Shakespeare, der rund ein halbes Jahrhundert nach Morus lebte. Shakespeare war ein Anhänger der Tudors, die eine dem Bürgertum genehme Politik betrieben. In seinen Bühnenstücken behandelte er vor allem die jüngste englische Geschichte, in der sich ein starkes Königtum durchsetzte. Daneben schrieb er aber auch weltbekannte Lustspiele, beispielsweise „Wie es euch gefällt“, und Trauerspiele wie „Hamlet“. Künstler aus ganz Europa nahmen sich das lebensbejahende Schaffen Shakespeares und die wirklichkeitsgetreue Gestaltung seiner Werke zum Vorbild.

 

Robinsons und Gullivers Väter

Im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts entstanden in England die Bücher „Robinson Crusoes Abenteuer“ und „Gullivers Reisen“.

Aus Gullivers Reisen

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Eigentlich waren das keine Bücher für Kinder, sondern für Erwachsene – die Hauptwerke der berühmten Schriftsteller Daniel Defoe und Jonathan Swift. Defoe gedachte mit der Lebensbeschreibung Robinsons, der mit allen vom englischen Bürgertum beanspruchten guten Eigenschaften ausgestattet war, die Entwicklungsgeschichte des Menschen überhaupt wiederzugeben. Swift, der aus Irland stammte, wollte mit bitteren Worten die Verhältnisse auf den britischen Inseln verspotten, Verhältnisse, die er seinen Helden Gulliver im Lande der Liliputaner und der Riesen verkleinert oder vergrößert wiederfinden ließ. Swift prangerte auch die europäische Kolonialpolitik an.

 

Hervorragende bürgerliche Denker

Im Zeitalter der bürgerlichen Revolution gab es verschiedene Engländer, die über die Natur und die menschliche Gesellschaft nachdachten. Das waren Francis Bacon, John Locke und Thomas Hobbes. Besonders Bacon wurde von Karl Marx und Friedrich Engels hochgeschätzt. Er stellte die wissenschaftliche, durch Erfahrung und Experiment gewonnene Erkenntnis dem religiösen Glauben gegenüber. Der Wissenschaft komme ein entscheidender Platz in der Gesellschaft zu; ihr „wahres und rechtmäßiges“ Ziel solle es sein, „das menschliche Leben mit neuen Erfindungen und Mitteln zu bereichern“.

Einer der bedeutendsten Naturwissenschaftler überhaupt war Isaac Newton, ein Professor an der englischen Universität Cambridge. Dieser beschäftigte sich vornehmlich mit Physik und Mathematik. Newton ist der Begründer der klassischen Mechanik. In seinem 1686 veröffentlichten Hauptwerk „Die mathematischen Grundlagen der Naturwissenschaft“ behandelte er die Begriffe „Masse“, „Kraft“ und „Gewicht“.

Seine wichtigste Entdeckung aber war die des Gravitationsgesetzes. Dadurch gelang es ihm, die Ursachen für die  Planetenbewegung, die vor ihm der deutsche Astronom Johannes Kepler nur beschreiben konnte, auch zu erklären.

Damit wurde erneut die Lehre des Polen Copernicus über die Bewegungen der Himmelskörper bestätigt.

 

Geschichtsbuch DDR 7. Klasse Kopie

 

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

Englische Kultur vom 16. bis 18. Jahrhundert

 

 

 

 

Das deutsche Bürgertum im 18. Jahrhundert

Fortschritte in der kapitalistischen Produktion

Der absolutistische Staat hatte zunächst die kapitalistischen Unternehmungen mannigfaltig unterstützt. Privilegien hoben für die Manufakturen den Zunftzwang auf. Die Staatskasse lieh den Unternehmen fehlende Geldmittel. Arbeitskräfte, an denen es anfangs mangelte, wurden den Werkstätten aus Zucht-, Arbeits-, Armen- oder Waisenhäusern zwangsweise zugeführt.

Der Missbrauch von in Heimen untergebrachten Kinder und Jugendlichen als billige Arbeitskräfte war in kapitalistischen Ländern noch bis in die 1970er Jahre Usus.. Erst jetzt geht man daran dies aufzuarbeiten. Dabei relativiert man wieder und schwingt die antikommunistische Keule, indem man behauptet, dass es in der DDR auch so gewesen sei.

Deshalb entwickelten sich die fürstlichen Städte, voran die Residenzstädte, in schnellerem Tempo als di auf sich gestellten Reichsstädte. Doch blieb die Förderung der Wirtschaft bescheiden, weil Deutschland durch die Landesfürstentümer wirtschaftlich und politisch zersplittert war. Die einzelnen Territorien regelten die wirtschaftlichen Fragen nur für sich allein. Immer neue Zollschranken entstanden. So arbeiteten viele der mit künstlichen Mitteln geschaffenen Manufakturen zu teuer, bedurften ständig neuer Zuschüsse und erlagen schließlich der übermächtigen ausländischen Konkurrenz.

Erst nach 1750 wandelte sich das Bild merklich. Nunmehr gab es schon viele Manufakturen, die privaten bürgerlichen Unternehmern gehörten. Vor allem im Rheinland und in Sachsen blühten die Metallverarbeitung und die Textilproduktion auf. Neue Werkzeuge steigerten die Arbeitsproduktivität. Der Zeugdruck ermöglichte die billige Herstellung bunt gemusterter Baumwoll- und leichter Wollstoffe. Mit der Strickmaschine konnten statt bisher 100 Maschen je Minute 1000 bis 1500 hergestellt werden.

Obwohl in den Städten die Elemente der Bourgeoisie(Verleger, Manufakturbesitzer, Großkaufleute)heranwuchsen, Blieben die Bürger insgesamt auf vielfache Weise von den absolutistischen Herrschern abhängig: Sie profitierten von deren Maßnahme und verdienten an der Versorgung der Fürstenhöfe und der Heere. Durch die wirtschaftliche Abhängigkeit bedingt, unter der strengen Aufsicht des feudalabsolutistischen Staatsapparates, wagte es das deutsche Bürgertum kaum, offen gegen die historisch überlebten Feudalverhältnisse zu kämpfen. Die meisten Vertreter des deutschen Bürgertums schreckten vor dem direkten Klassenkampf mit Adel und Fürsten zurück, weil sie seit langem zu kriecherischer Unterwürfigkeit und bedingungslosem Gehorsam erzogen worden waren.

 

Deutsche Wissenschaftler als Träger fortschrittlicher Gedanken

Der Humanismus bereitete die frühbürgerliche Revolution auf geistigem Gebiet vor.

Das deutsche Bürgertum beschränkte sich zunächst darauf, im Bereich der Wissenschaft und Kultur den Kampf gegen die feudalen Fesseln zu führen. In seinem Verlauf bildeten sich die Grundzüge der neuen, bürgerlichen Weltanschauung  weiter aus. Im 17. Und 18. Jahrhundert brachte Deutschland einige hervorragende Gelehrte hervor, die das Werk der Humanisten fortsetzten.

Gottfried Wilhelm Leibnitz war allseitig gebildet und gleichermaßen als Philosoph, Mathematiker, Naturwissenschaftler, Historiker und Staatsrechtler tätig.

Gottfried Wilhelm von Leibnitz

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Er schuf die Grundlagen der modernen höheren Mathematik und erfand zum Beispiel auch die erste Rechenmaschine. Die Gründung der Berliner Akademie der Wissenschaften(während der DDR-Zeit Akademie der Wissenschaften der DDR, nach der DDR-Zeit wurde die Akademie aufgelöst und in kleinere Institutionen, bzw. Akademien zersplittert.)im Jahre 1700 ist sein Verdienst.

Leibnitz zur Anwendung des Wissens

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

 

Christian Thomasius(1655-1728) wandte sich scharf gegen die grausamen Hexenverfolgungen und bekämpfte die unmenschliche Folter als Mittel, Geständnisse von einem Angeklagten zu erpressen. Er hielt seine Vorlesungen in deutscher Sprache und nicht, wie bisher üblich in Latein.

Diese und andere kluge und mutige Männer(Frauen gab es damals nicht in diesen Positionen)hatten aber zumeist besoldete Stellungen inne und waren somit vom Fürstenstaat abhängig. Vertraten sie Meinungen, die den Fürsten gefährlich erschienen, wurden sie rücksichtslos verfolgt. Berüchtigt ist die Behandlung des hallischen Professors Christian Wolff, dessen Lehren der preußische König als Rechtfertigung der Deserteure und damit als Angriff auf die Grundlagen des preußischen Militärstaates auffasste.

Befehl Friedrich Wilhelms von Preußen an Christian Wolff(1723)

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Die meisten Gelehrten beschränkten sich daher auf umfangreiche wissenschaftliche Darlegungen, in denen sie ihre Zuversicht in den unaufhaltsamen Fortschritt der Menschheit zum Ausdruck brachten.

 

Immanuel Kant(1724-1804)war einer der bedeutendsten Gelehrten der Weltgeschichte, der in seinen Arbeiten viele Wissensgebiete behandelte. Er stellte zum Beispiel die erste Bahnbrechende Lehre über die Entstehung des Sonnensystems auf. Kant verwarf die Leibeigenschaft als „widermenschlich“. In der Schrift „Über den ewigen Frieden“ trat er für die Schaffung eines Völkerbundes ein, der einen dauerhaften Friedenszustand herbeiführen sollte.  In einer Welt, die vollständig von der Ausbeutergesellschaft beherrscht war, konnte dieses hohe Ziel freilich nicht erreicht werden.

 

Dichter und Musiker als Gegner der feudal-absolutistischen Verhältnisse

Deutlicher noch als die Wissenschaftler nahmen hervorragende Dichter und Musiker zu den gesellschaftlichen Fragen ihrer Zeit Stellung.

Die Dichter wandten sich gegen den an den Fürstenhöfen überwiegend französischen Einfluss. Friedrich II. von Preußen beispielsweise schrieb fast nur französisch und ernannte einen Franzosen zum Präsidenten der Akademie. Verächtlich sah er auf die deutsche Dichterkunst seiner Zeit herab. Unter diesen Umständen war allein schon die Pflege der deutschen Sprache von großer Bedeutung für die Ausbildung eines Gefühls nationaler Zusammengehörigkeit über die Grenzen der deutschen Kleinstaaten hinweg.

Die Gedichte Klopstocks zeigten bereits, dass die deutsche Sprache gar nicht so steif und unbeweglich sei, wie viele bisher im Vergleich zum Französischen gemeint hatten.

Gotthold Ephraim Lessing schrieb in seinen gedankenreichen Fabeln sein meisterhaftes Deutsch.

Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Er forderte die Schaffung eines Nationaltheaters und trug so maßgeblich zur Entstehung deutscher Theater in Mannheim und Hamburg bei.  Vornehmlich Theaterstücke erreichten eine große Massenwirksamkeit und rüttelten zur Parteinahme auf, weil sie die brennenden Probleme der Zeit behandelten. Der erste große deutsche Theaterschriftsteller war Lessing. In seinem Trauerspiel „Emilia Galotti“ prangerte er das verwerfliche Treiben der Fürsten an, die glaubten, ihre Untertanen als Spielzeug ihrer Launen behandeln zu dürfen. Im Schauspiel „Nathan der Weise“ erklärte er, dass alle Religionen gleichwertig sind, und trat für Glaubensfreiheit und Menschlichkeit ein.

Um 1770 entstand eine Strömung in der Dichtkunst, die kühner als je zuvor die feudalen Zustände angriff. Dieser „Sturm und Drang“bestimmte auch die frühen, mit revolutionärem Geist erfüllten Werke Goethes(1749-1832)und Schillers(1759-1805). Sie gestalteten in ihnen zumeist Ereignisse aus der Geschichte ihrer Zeit und der jüngeren Vergangenheit, um die Willkür der Fürsten bloßzustellen und für die Befreiung des Bürgertums zu kämpfen. In Goethes „Götz von Berlichingen“ wird der Titelheld, ein Reichsritter, als freiheitsliebender Anführer der Bauern im Bauernkrieg geschildert. Das Trauerspiel „Egmont“ war dem gerechten revolutionären Aufstand der Niederlande gegen die spanische Fremdherrschaft gewidmet. Friedrich Schiller litt besonders unter der fürstlichen Herrschaft. Schon mit 13 Jahren musste er die Fürstenschule in Württemberg besuchen, in der ärgster Zwang herrschte. Sein erstes Schauspiel „Die Räuber“ schilderte den Anführer einer Räuberschar, wie sie im 18. Jahrhundert weit verbreitet war und auf ihre Art den antifeudalen Klassenkampf führte. Schiller stellte sein heimlich verfasstes Werk unter den Leitspruch „Gegen die Tyrannen“ und ließ es ohne herzogliche Genehmigung außerhalb Württembergs aufführen. Auch in den folgenden Werken blieb er dem kämpferischen Geist der „Räuber“ treu. „Kabale und Liebe“ brandmarkte den Soldatenverkauf als Menschenhandel und deckte das Intrigenspiel der Fürstenhöfe auf. Es gehörte viel Mut dazu, solche mitreißenden, politisch klar Partei ergreifenden Werke zu schreiben.

Goethe-Schiller-Denkmal in Weimar

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Viele der Gebildeten Deutschlands glaubten dennoch daran, dass ein aufgeklärter, einsichtsvoller Fürst die gesellschaftlichen Zustände bessern könnte. So folgte Goethe einem Rufe des Herzogs Karl August nach Weimar, in die Hauptstadt eines thüringischen Zwergstaates. Weimar wurde für die nächsten Jahrzehnte das Zentrum des deutschen Geisteslebens. Hier wirkte zum Beispiel auch Herder, die die Liebe zum Volkslied und zum Volksmärchen wieder weckte. Schiller, als Geschichtsprofessor an die Universität in Jena berufen, schuf eine ganze Reihe von Dramen, die am Weimarer Theater aufgeführt wurden, das jahrelang unter Goethes persönlicher Leitung stand. Mit Goethes zweiteiligem Hauptwerk „Faust“ erreichte die klassische Periode der deutschen bürgerlichen Literatur ihren Höhepunkt. An das Wirken Goethes und Schillers erinnern zahlreiche Gedenkstätten in Weimar und in ganz Thüringen. Sie wurden zur DDR-Zeit von Hundertausenden Menschen aus der DDR und von Besuchern aus aller Welt besichtigt. Natürlich sind die Orte, die an das Wirken von Goethe und Schiller erinnern nach wie vor ein Toruristenmagnet.

Wie die Werke der Dichter, so werden auch die der bedeutendsten Komponisten jener Zeit noch heute überall aufgeführt. Johann Sebastian Bach, der zuletzt als Organist an der Leipziger Thomaskirche tätig war, sprengte die starren Formen, wie sie bisher in der Barockmusik üblich waren, und drückte in seinen Kompositionen menschliches Erleben und Empfinden aus.

Georg Friedrich Händel(1685-1759), in Halle(Saale) geboren, konnte in der geistigen Enge der deutschen Kleinstaaterei seine schöpferischen Fähigkeiten nicht entfalten und ging daher in das bürgerliche England. Im Inhalt seiner Werke spiegeln sich Zustände und Ereignisse seiner Wahlheimat wieder. Anstelle von Opern, die nur einem kleinen Kreis zugänglich waren, komponierte Händel später nur noch Oratorien. (Das Wort Oratorium entstammt dem Lateinischen. Heute versteht man darunter ein großes Musikwerk für Chor, Solisten und Orchester, das konzertartig, ohne Bühnenbild und Kostüme, aufgeführt wird.)  Deren Handlung wurde vom Chor vorgetragen. In ihm wollte Händel die Volksmassen dargestellt wissen, an die er sich jetzt unmittelbar wandte.

Georg Friedrich Händel (1685-1759)

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Wolfgang Amadeus Mozart(1756-1791)war bereits als Knabe ein bewunderter Musiker. Später entwich er dem heimatlichen Salzburg, wo ihn der Landesherr ständig bevormundete. In Wien lebte er lange Zeit bis zu seinem frühen Tode. In seinen Opern „Figaros Hochzeit“ und „Don Giovanni“ stellte er kraftvolle Menschen aus dem Volke auf die Bühne, die letztlich über die Vertreter des Adels triumphierten. Mit seinem letzten großen Werk, der Oper „Die Zauberflöte“, bekannte sich Mozart eindeutig zu den Gedanken der Menschlichkeit, die damals vom Bürgertum der Missachtung des Menschen durch die Feudalgewalten entgegengesetzt wurden.

Wolfgang Amadeus Mozart(1756-1791)

Bild entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982

 

Dieses fortschrittliche Musikschaffen führte Ludwig van Beethoven weiter.  Neben seiner Oper „Fidelio“ schuf er vor allem neun Sinfonien. In diesen großartigen Orchesterwerken gelangte der Freiheitswille der aufsteigenden bürgerlichen Gesellschaft zu einem überzeugenden künstlerischen Ausdruck. Die letzten Werke entstanden, obwohl Beethoven bereits völlig taub war.

In der zweiten Hälfe des 18. Jahrhunderts entstanden endgültig die Grundlagen der deutschen Nationalkultur, die vom Bürgertum getragen wurde. Ihre Werke, die zu den größten Leistungen der Menschheit zählen, dienten in hervorragender Weise dem gesellschaftlichen Fortschritt. Sie halfen mit, in Deutschland den Boden zu bereiten für den längst notwendigen Sturz der Feudalordnung und die Schaffung eines einheitlichen Nationalstaates. Sie zeigen, wie sich das Klassenbewusstsein der werdenden Bourgeoisie bildete.

 

Geschichtsbuch DDR 7. Klasse Kopie

 

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 7. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

 

Das deutsche Bürgertum im 18. Jahrhundert