Der Volksmund sprach über das Gericht des zaristischen Russlands: „Wo ein Gericht -Da ein Unrecht“,„Es macht dem Reichen nichts aus, zum Gericht zu gehen, der Arme wird aber einen Kopf kürzer gemacht“, „Ein Richter ist wie ein Zimmermann, was er will, das haut er zusammen“. In diesen Sprichwörtern kam in treffender Weise der Klassencharakter des alten bürgerlich-gutsherrlichen Gerichtes zum Ausdruck: es stand im Dienst der Ausbeuterklassen, schützte ihre Reichtümer und ihre Macht und diente in ihren Händen als ein Werkzeug zur Unterdrückung der Werktätigen.
Die Richter entstammten den Kreisen der adligen Gutsherren und Kapitalisten und verurteilten oft sogar Unschuldige zu hohen Strafen.
Dieses alte ungerechte Gericht wurde durch die Große Sozialistische Oktoberrevolution zusammen mit der ganzen Staatsmaschinerie der Bourgeoisie abgeschafft. Die Sowjetmacht schuf ein neues, ein wirkliches Volksgericht.
Das Sowjetgericht stellte eines der Organe des sozialistischen Sowjetstaates der Arbeiter und Bauern dar. Dadurch unterscheidet sich das Sowjetgericht in grundlegender Weise von den Gerichten in den kapitalistischen Ländern, bzw. der heutigen Zeit, wo es als ein Organ der Diktatur der Bourgeoisie, als ein Werkzeug zur gerichtlichen Unterdrückung der Werktätigen dient.
Lenin und Stalin lehrten, dass der Sowjetstaat und das Sowjetvolk das Gericht brauchten, um erstens die Feinde der Sowjetmacht zu bekämpfen und zweitens den Kampf um die Festigung der damals neuen, sowjetischen Ordnung und Sicherung der neuen, sozialistischen Disziplin unter den Werktätigen zu führen.
J.W. Stalin forderte einen unentwegten Kampf gegen alle Verletzer der sowjetischen revolutionären Gesetzlichkeit, wer es auch war und welchen Posten er auch bekleiden mochte. (Nach Stalins Tod wurde das aufgeweicht. Wohin das geführt hat, sehen wir heute. Seit der „Geheimrede“ Chruschtschows wird Stalin bis heute Willkür und Alleinherrschaft vorgeworfen. P.R.)
Das Sowjetgericht war ferner notwendig, um Streitfragen zu lösen, welche die Rechte und Interessen der Sowjetbürger, Staatsämter und Betriebe, Kollektivwirtschaften und anderer gesellschaftlicher Organisationen berührten.
Der Oberste Sowjet der UdSSR nahm am 16. August 1938 da neue Gesetz über da Gerichtssystem an, das die Aufgaben des Sowjetgerichts auf der Grundlage der Stalinschen Verfassung festlegte.
Als Wichtigstes betrachtete dieses Gesetz den Schutz der Gesellschafts- und Staatsordnung, wie von der Verfassung der UdSSR und den Verfassungen der Unions- und autonomen Republiken festgelegt wurde, den Schutz des gesellschaftlichen, sozialistischen Eigentums und der sozialistischen Wirtschaft.
Das Sowjetgericht war ein Staatsorgan, das auf Grund der Gesetze des sozialistischen Sowjetstaates Recht sprach. Das Gericht der Sowjetunion war ein einheitliches und gleiches für alle Bürger, unabhängig von ihrer nationalen und rassischen Zugehörigkeit, sozialen Herkunft, Religion, Vermögenslage oder ihrer Dienststellung.
Die Rechtsprechung wurde im Sowjetland von verschiedenen Gerichtsorganen ausgeübt, aber die Gesetzgebung über das Gerichtssystem und über die Prozessordnung sowie die strafrechtliche und zivile Gesetzgebung in der Sowjetunion war für alle Gerichte einheitlich und verbindlich.
Der Grundbaustein des sowjetischen Gerichtswesens war das Volksgericht. Die Volksgerichte verhandelten sowohl Straf- als auch Zivilfälle. Den Volksgerichten oblag auch der Schutz der Wahlrechte der Sowjetbürger. Die höherstehenden Gerichtsorgane verhandelten besonders wichtige Gerichtsfälle.
Die Regions-, Gebiets- und Kreisgerichte, die Gerichte der autonomen Gebiete und nationalen Bezirke verhandelten Straffälle, die auf Grund der Gesetze zu ihrem Kompetenzbereich gehörten: die Fälle von Staatsverbrechen, Raub sozialistischen Eigentums und andere wichtige Verbrechen sowie Zivilangelegenheiten bei Streitigkeiten zwischen staatlichen oder gesellschaftlichen Organisationen. Außerdem prüften diese Gerichte Klagen und Berufungen gegen die Urteile und Beschlüsse der Volksgerichte.
Der Oberste Gerichtshof der autonomen Republik stellte ihr höchstes Gerichtsorgan dar. Ihm oblag die Aufsicht über die gerichtliche Tätigkeit aller Gerichte der Republik. Es verhandelte die Straf- und Zivilsachen, die auf Grund des Gesetzes zu seinem Kompetenzbereich gehörten, und prüfte die Beschwerden und Berufungen gegen die Urteile und Beschlüsse aller Gerichte der Republik.
Der Oberste Gerichtshof der Unionsrepublik war ihr höchstes gerichtliches Organ. Ihm oblag die Aufsicht über die gerichtliche Tätigkeit aller Gerichte der Unionsrepublik sowie der autonomen Republiken, Regionen, autonomen Gebiete und nationalen Bezirke, die dieser Republik angehörten. Er verhandelte Straf- und Zivilfälle, die vom Gesetz seinem Kompetenzbereich unterstellt waren, und prüfte die Beschwerden und Berufungen gegen die Urteile und Beschlüsse der Regions-, Gebiets- und anderen Gerichte der Republik.
Der Oberste Gerichtshof der UdSSR war das höchste gerichtliche Organ der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken. Dem Obersten Gerichtshof der UdSSR oblag die Aufsicht über die gerichtliche Tätigkeit aller Gerichtsorgane der UdSSR und der Unionsrepubliken. Der Oberste Gerichtshof der UdSSR bestand aus fünf Kollegien: für Strafsachen, Zivilsachen, für Militär, Eisenbahn und Binnenschifffahrt. Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofes hatte das Recht, jeden Fall eines beliebigen Gerichts der UdSSR oder der Unionsrepubliken anzufordern und in diesem Fall Berufung einzulegen. Der Oberste Gerichtshof der UdSSR gab den Gerichten seine Richtlinien in den Fragen der Gerichtspraxis. Der Oberste Gerichtshof der UdSSR verhandelte die wichtigsten Straf- und Zivilsachen, die vom Gesetz seinem Kompetenzbereich unterstellt waren, und prüfte ferner die Beschwerden und Berufungen gegen die Urteile der besonderen Gerichte der UdSSR und der Obersten Gerichtshöfe der Unionsrepubliken.
Richter konnte jeder Sowjetbürger werden, die die Wahlrechte besaß.
Die Volksrichter wurden nach der Stalinschen Verfassung unmittelbar durch die Bürger der einzelnen Bezirke auf Grund des allgemeinen, gleichen, direkten Wahlrechts in geheimer Abstimmung auf die Dauer von zwei Jahren gewählt. Die Wähler konnten zu jeder Zeit einen Richter abberufen, der seinen Pflichten nicht gewachsen war, und einen neuen an dessen Stelle wählen. Die Volksrichter waren über ihre Tätigkeit und die des Volksgerichtes vor den Wählern rechenschaftspflichtig.
Das Gericht bestand aus einem Richter und zwei Volksbeisitzern, die während der Gerichtssitzungen alle Rechte des Richters genossen. Volksbeisitzer konnten alle wahlberechtigten Bürger werden. Die Volksbeisitzer wurden nach dem gleichen Verfahren wie die Volksrichter gewählt und abgesetzt. Jeder von ihnen nahm nur zehn Tage Jährlich an den Gerichtssitzungen teil und erhielt während dieser Zeit seinen Durchschnittslohn bei seiner Arbeitsstelle. Danach wurde er durch einen anderen Volksbeisitzer ersetzt. Auf diese Weise war das Sowjetgericht eine Art Schule der Staatsverwaltung, zu der die breiten Massen der Werktätigen herangezogen wurden.
Die Regions-, Gebiets- und Kreisgerichte, die Gerichte der autonomen Gebiete und nationalen Bezirke wurden durch die entsprechenden Sowjets der Deputierten (Abgeordneten) der Werktätigen für die Dauer von fünf Jahren gewählt.
Die Obersten Gerichtshöfe der autonomen Republiken und der Unionsrepubliken wurden durch die entsprechenden Obersten Sowjets ebenfalls für die Dauer von fünf Jahren gewählt. Der Oberste Gerichtshof der UdSSR sowie die besonderen Gerichte der UdSSR wurden für die gleiche Dauer durch den Obersten Sowjet der UdSSR gewählt. Den höheren Gerichten gehörten genauso wie bei den Volksgerichten je zwei Volksbeisitzer an, die von den entsprechenden Sowjets der Deputierten (Abgeordneten) der Werktätigen oder von den Obersten Sowjets gewählt wurden.
Die Sowjetrichter waren unabhängig und nur dem Gesetz unterstellt. Kein Organ der Sowjetmacht- weder ein örtliches noch ein höheres- hatte das Recht, dem Gericht die Anweisung zu geben, einen Fall so und nicht anders zu entscheiden. Die Sowjetrichter waren verpflichtet, bei der Urteilsfindung sich nur von den Sowjetgesetzen leiten zu lassen, in denen der Volkswille zum Ausdruck kam.
Die Gerichtsverhandlung fand in allen Sowjetgerichten öffentlich unter Teilnahme der Parteien (des Angeklagten und des Staatsanwaltes, des Beklagten und des Klägers), unter Anwesenheit von Bürgern und Pressevertretern statt, wobei dem Angeklagten das Recht auf Verteidigung gewährleistet wurde.
Auf diese Weise verlief die Arbeit der Sowjetgerichte unter der Kontrolle der sowjetischen Öffentlichkeit. Jeder Bürger konnte zur Gerichtsverhandlung kommen und ihr von Anfang bis zum Ende beiwohnen. Die Gerichtssitzungen wurden öfters in den Betrieben, Fabriken und Kollektivwirtschaften durchgeführt, um einer möglichst großen Zahl von Bürgern, die an der Entscheidung des betreffenden Falles interessiert waren, Möglichkeit zu geben, ihnen beizuwohnen.
Ein solches Gerichtsverfahren verhalf den Massen zu Kenntnissen in den Fragen der Staatsverwaltung, der Volkswirtschaft, der Lebensweise und der Moral. Eine solche Gerichtsordnung erzog in den Massen das sozialistische Rechtsbewusstsein und regte sie zum Kampf gegen das Verbrechertum an.
Nur in Ausnahmefällen, die im Gesetz besonders erwähnt waren, wurden die Gerichtssitzungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit durch drei Richter ohne Teilnahme von Volksbeisitzern abgehalten.
Das Gerichtsverfahren wurde bei allen Gerichten in der Sprache der Unionsrepublik bzw. der autonomen Republik oder des autonomen Gebiets durchgeführt. Bürger, die dieser Sprache nicht mächtig waren, hatten das Recht, in die Akten mit Hilfe eines Dolmetschers Einsicht zu nehmen und sich vor Gericht der Muttersprache zu bedienen.
Durch alle dies Besonderheiten stellte das Sowjetgericht das einzige wahre Volksgericht der Welt dar. (Stand 1947)
Es kam vor, dass in sowjetische Ämter und Betriebe volksfeindliche Elemente eindrangen, die ihre Dienststellung dazu benutzten, um die Gesetze falsch oder überhaupt nicht anzuwenden und damit die Sowjetmacht schädigten. In der Tätigkeit und in den Beschlüssen der örtlichen Machtorgane kamen manchmal Abweichung von den Gesetzen, falsche Auslegung oder unrichtige Anwendung von Gesetzen vor. Es kamen auch direkte bewusste Verletzungen der Gesetze durch einzelne Amtspersonen vor.
Das alles machte ein besonderes staatliches Organ notwendig, dessen Aufgabe es war, Aufsicht über die richtige Anwendung und strikte Durchführung der Gesetze durch alle Ministerien und die ihnen unterstellten Institutionen sowie durch alle Amtspersonen und Bürger der UdSSR zu führen.
Ein solches Organ stellte die sowjetische Staatsanwaltschaft dar, die ursprünglich in der RSFSR im Jahre 1922 geschaffen wurde. Die Staatsanwaltschaft der UdSSR bestand seit dem 30. Juni 1933.
Die Arbeit der Staatsanwaltschaft war mit der des Gerichts auf das engste verbunden. Genau so wie das Sowjetgericht führte auch die sowjetische Staatsanwaltschaft den Kampf gegen das Verbrechen am Sowjetstaat, gegen die Feinde der Sowjetmacht, Spione, Diversanten, Schädlingen und andere Agenten der ausländischen Bourgeoisie. Genau so wie das Gericht schützte die Staatsanwaltschaft das gesellschaftliche, sozialistische Eigentum, bekämpfte Raub, Diebstahl, Misswirtschaft, Bürokratismus, Verletzungen der Arbeits- und Staatsdisziplin usw..
Die Staatsanwaltschaft und das Gericht hatten gemeinsame Aufgaben, aber verschiedene Arbeitsmethoden. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage und untersuchte Kriminalfälle, legte die Umstände der Verbrechen dar, sammelte Beweismaterial gegen die Verbrecher und ihre Komplizen, überwachte die Gesetzlichkeit der Handlungen anderer Untersuchungsorgane.
Das Gericht verhandelte die Fälle, die ihm durch die Staatsanwaltschaft übergeben wurden. Der Staatsanwalt sprach vor Gericht und erhob Anklage im Namen des Sowjetstaates. Das Gericht entschied die Sache und fällte das Urteil. Die Staatsanwaltschaft überwachte die richtige Entscheidung der Fälle durch die Gerichte, die Vollstreckung der Urteile und Beschlüsse des Gerichts und legte gegen unrichtige Urteile und Beschlüsse Berufung ein.
Die sowjetische Staatsanwaltschaft schützte ferner auch die persönlichen Rechte der Bürger. Sie schützte die Unverletzlichkeit der Person: niemand durfte ohne Genehmigung des Staatsanwalts oder einen Gerichtsbeschluss verhaftet werden.
Zum Unterschied vom Gericht wurden die Organe der Staatsanwaltschaft nicht gewählt, sondern ernannt.
An der Spitze der Staatsanwaltschaft stand der Generalstaatsanwalt der UdSSR, der vom Obersten Sowjet der UdSSR für die Dauer von sieben Jahren ernannt wurde. Ihm oblag die oberste Aufsicht über die richtige Anwendung und strikte Durchführung der Gesetze in der gesamten Sowjetunion. Der Generalstaatsanwalt der UdSSR ernannte Staatsanwälte der Unionsrepubliken, autonomen Republiken, Regionen, Gebiete und der autonomen Gebiete für die Dauer von fünf Jahren. Die Staatsanwälte der Kreise, der Rayons und der Städte wurden von den Staatsanwälten der Unionsrepubliken ebenfalls für die Dauer von fünf Jahren ernannt und vom Generalstaatsanwalt der UdSSR bestätigt.
Außerdem ernannte der Generalstaatsanwalt der UdSSR die Hauptstaatsanwälte, welche die besonderen Organe der Staatsanwaltschaft für das Militär, den Eisenbahnverkehr und die Binnenschifffahrt leiteten.
Wie erklärt es sich, dass die Staatsanwälte ernannt und nicht gewählt wurden?
Die Hauptaufgabe des Staatsanwaltes bestand darin, auf die richtige und einheitliche Anwendung der Gesetze im ganzen Land zu achten. Die sowjetische Gesetzlichkeit durfte nicht in Pensa oder Tscheljabinsk, in der Ukraine (😫 P.R.) oder Usbekistan, in Tatarien oder Jakutien verschieden sein. Die sowjetische Gesetzlichkeit musste für die ganze Sowjetunion einheitlich sein. Das lag im Interesse der Werktätigen, in welchem Gebiet sie auch lebten und welchem Volk sie angehörten.
Um eine solche Aufgabe erfolgreich zu erfüllen, mussten die Staatsanwälte ihre Arbeit unabhängig von irgendwelchen örtlichen Organen durchführen und nur dem Generalstaatsanwalt der UdSSR unterstellt sein. Deshalb wurden die Staatsanwälte nach der Verfassung der UdSSR ernannt und nicht gewählt.
Die zentralisierte Ernennung der Staatsanwälte behinderte in keiner Weise die Selbstständigkeit der örtlichen Machtorgane, weil der Staatsanwalt zum Unterschied von den vollziehenden und verfügenden Organen der Sowjets keine administrative Gewalt hatte. Der Staatsanwalt fällte keine Gerichtsurteile. Diese Urteile fällte das Gericht, das unmittelbar vom Volk und den Sowjets gewählt wurde.
Die Sowjetische Staatsanwaltschaft war genau wie das Gericht eng mit den Massen verbunden, die in ihr die Wahrerin ihrer Interessen und die Beschützerin der Sowjetmacht erblickten.
Entnommen aus „Das Sowjetland“ aus dem Jahre 1947, Band 3, Original-Autor W.A. Karpinskij, bearbeitet von Petra Reichel
Jeder Wahl ging eine längere Wahlkampagne voraus, in deren Verlauf in allen Städten und Dörfern des Landes stark besuchte Wählerkundgebungen stattfanden. Auf diesen Versammlungen wurden die Deputierten (Abgeordneten)-Kandidaten für die Sowjets vorgeschlagen und ihre Aufstellung erörtert.
Die ersten Wahlen für den obersten Sowjet der UdSSR, für die Obersten Sowjets der Unions- und autonomen Republiken sowie für die örtlichen Sowjets nach der Stalinschen Verfassung fanden in den Jahren 1937, 1938 und 1939 statt. Die Zahl der Wähler, das heißt der wahlberechtigten Bürger, erreichte 94 Millionen Menschen. An den Wahlen nahmen 97-99 v.H. der gesamten Wählerschaft teil. Die Kommunisten und die Parteilosen stellten gemeinsame Deputierten (Abgeordneten)-Kandidaten auf. Für diese Kandidaten gaben fast alle Wähler, die an den Wahlen teilnahmen, ihre Stimmen ab (98,6 bis 99,5 v.H. der Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen).
Über 1 400 000 Menschen wurden damals als Deputierte (Abgeordnete) für alle Sowjets gewählt. Das heißt, die Werktätigen (Erwerbstätigen) selbst hatten aus ihrer Mitte fast anderthalb Millionen ihrer besten Vertreter aufgestellt und ihnen die Verwaltung des Landes anvertraut.
MOSKAU/ Der Kreml mit dem Großen Kremlpalast, wo die Tagungen des Obersten Sowjets der UdSSR stattfanden
Bildquelle: „Das Sowjetland“, Band 3, aus dem Jahre 1947
Die zweiten Wahlen für den Obersten Sowjet der UdSSR sollten verfassungsgemäß vier Jahre nach den ersten erfolgen, wurden aber aus kriegsbedingten Gründen verschoben und fanden erst am 10. Februar 1946 statt.
Die Zahl der Wähler hatte zu diesem Zeitpunkt bereits 101 Millionen Menschen überstiegen. An den Wahlen nahmen fast alle Wähler teil. Von je tausend Wählern haben nur drei an den Wahlen nicht teilgenommen. Für die gemeinsamen Kandidaten der Kommunisten und der Parteilosen stimmten über 99. V. H. der Wähler, die an den Wahlen teilgenommen hatten.
Kein einziges demokratisches Land kannte jemals eine solche, fast hundertprozentige Beteiligung an den Wahlen für die Machtorgane und eine solche Einmütigkeit. (Heute wird behauptet, dass dies Scheinwahlen waren und die Menschen damals zur Beteiligung an den Wahlen gezwungen worden wären. P.R.)
Die Organe der Staatsgewalt in der UdSSR-die Sowjets-wurden durch freie Wahlen des gesamten Volkes gebildet. Die Stalinsche Verfassung, die sowjetischen Gesetze kannten keinerlei Beschränkungen der Wahlrechte der Bürger.
Im alten Russland genossen eigentlich nur die Gutsbesitzer, Kapitalisten, Beamte, Kaufleute und Kulaken das Recht, die Deputierten (Abgeordneten) für die zaristische Reichsduma zu wählen, während die Arbeiter und die werktätigen Bauern in ihren Rechten äußerst beschränkt waren. Die nichtrussischen Völker Mittelasiens und Sibiriens sowie Frauen besaßen überhaupt kein Wahlrecht. Die Wahlen erfolgten auf folgende Weise: zunächst wurden Wahlmänner gewählt, und darauf wählten die Wahlmänner von sich aus die Deputierten. Das war so organisiert, damit keine wirklichen Vertreter des Volkes in die Duma Eingang finden konnten.
In den faschistischen Ländern wurden die Wahlen für die Machtorgane überhaupt nicht zugelassen, oder es wurde eine gemeine Wahlfarce noch im Voraus von den Faschisten vorbereiteten Wahllisten aufgeführt, wobei jeder Wähler, der seine Stimme gegen die Faschisten abgab, seinen Kopf riskierte.
In den bürgerlich-demokratischen Ländern werden die Organe der Staatsgewalt gewählt. In diesen Ländern sind jedoch Beschränkungen der Wahlrechte für die werktätigen Massen, (in früheren Zeiten P.R.)auch für die Frauen, für die Bürger anderer Nationalität und Rasse als die Stammbevölkerung des Landes usw. festgesetzt. (Während Beschränkungen für Frauen und aus rassistischen Gründen heutzutage nicht mehr haltbar sind, so gibt es in den (heutigen) bürgerlichen Staaten noch genügend Hürden, damit die Vermögenden und nicht die breiten Massen der arbeitenden Menschen in den Parlamenten vertreten werden. Vertretungen für die Arbeitslosen und Arbeitern schaffen es nur in Ausnahmefällen in die Parlamente. Die Vermögenden bleiben in der Mehrheit und machen Politik für ihre Klientel. P.R.)
Das Ziel der Beschränkungen bestand und besteht darin, die Vorherrschaft der Vertreter vermögender Klassen in den Organen der Staatsgewalt zu gewährleisten.
Die Stalinsche Verfassung setzte für die Wahlen zu allen Organen der Staatsgewalt – vom Dorfsowjet bis zum Obersten Sowjet der UdSSR- das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht in geheimer Abstimmung fest.
Das allgemeine Wahlrecht bedeutet, dass alle Bürger, die das allgemeine (aktives Wahlrecht P.R.)Wahlrecht von 18 Jahren erreicht haben, Männer wie Frauen, unabhängig von ihrer rassischen, nationalen oder konfessionellen Zugehörigkeit, ohne Rücksicht auf Bildungsgrad, Ansässigkeit, soziale Herkunft, Vermögenslage und frühere Tätigkeit, das Recht hatten, an den Wahlen der Deputierten (Abgeordnete) für die Sowjets teilzunehmen. (Man bedenke, dass man zur damaligen Zeit in andren Staaten erst ab 21 volljährig war und erst dann wählen durfte. P.R.)
Als Deputierter (Abgeordneter) für den Obersten Sowjet der UdSSR konnte jeder Bürger der UdSSR, der das Alter von 23 Jahren erreicht hatte, als Deputierter für die Obersten Sowjets der Unionsrepubliken und jeder Bürger, der das 21. Lebensjahr erreicht hat, wählt werden. (Also für das passive Wahlrecht war das Mindestalter höher angesetzt. P.R.)
Jeder Bürger der Sowjetunion hatte, unabhängig davon, welcher Nationalität er angehörte, das Recht, für die Sowjets zu wählen und gewählt zu werden. Ganz gleich, zu welcher Religion sich ein Bürger bekannte oder ob er überhaupt keinem Religionsbekenntnis angehört- er besaß unabhängig davon das Recht, für die Sowjets zu wählen und gewählt zu werden.
Ganz gleich, ob ein Bürger Arbeiter, Kollektiv- oder Einzelbauer oder Intellektueller war oder auch den Ausbeuterklassen entstammte, die es damals in der UdSSR nicht mehr gab- er besaß unabhängig seiner sozialen Herkunft, seiner Vermögenslage und früheren Tätigkeit das Wahlrecht.
Ganz gleich, ob ein Bürger ständig an einem Ort ansässig war oder von Ort zu Ort zog- er hatte trotzdem das Recht, an den Wahlen teilzunehmen, und zwar an seinem Aufenthaltsort am Wahltag, auch wenn er sich auf einem Schiff oder ein einem Krankenhaus befand.(In der alten BRD und im heutigen Deutschland gibt es für diese Leute die Briefwahl, die aber rechtzeitig beantragt werden muss. P.R.)
Den Bürgern, die sich in den Reihen der Sowjetischen Armee oder der Kriegsmarine befanden oder auf irgendeiner Schule lernten, wurden ebenfalls Wahlrechte eingeräumt.
Die einzige und durchaus begreifliche Ausnahme stellten die Geisteskranken sowie Personen dar, die vom Gericht verurteilt wurden und das Wahlrecht für eine festgesetzte Frist aberkannt wurde. (Heute wird das in Deutschland anders und differenzierter gehandhabt. P.R.)
Gleiches Wahlrecht bedeutet, dass alle Bürger ohne Ausnahme an den Wahlen auf gleicher Grundlage teilnehmen.
Keiner der Bürger genoss bei den Wahlen irgendwelche besonderen Rechte und Vorteile. Die Bauern besaßen das gleiche Wahlrecht wie die Arbeiter, die Frauen genossen die gleichen Wahlrechte wie die Männer. Wie hoch auch die Stellung des Bürgers war, sein Wahlrecht blieb das gleiche, die das eines einfachen Arbeiters, Bauern oder Soldaten. Alle Bürger ohne jeden Unterschied hatten bei den Wahlen für die Sowjets je eine Stimme.
Direkte Wahlen bedeuten, dass die Deputierten (Abgeordneten) für alle Sowjets unmittelbar von den Wählern selbst gewählt wurden: für die Dorf- und Stadtsowjets, für die Obersten Sowjets der autonomen und Unionsrepubliken sowie für den Obersten Sowjet der UdSSR.
Geheime Abstimmung bedeutet, dass niemand wissen darf noch kann, für wen der Wähler seine Stimme abgibt. Der Wähler betritt einen besonderen Raum, in dem sich außer ihm niemand befinden darf, und füllt dort den Wahlzettel- eine Liste mit Namen der Deputierten (Abgeordneten)-Kandidaten- aus. Dadurch wird die völlige Geheimhaltung der Abstimmung gewährleistet. (Heutzutage ist die geheime Wahl auch in bürgerlichen Staaten selbstverständlich. P.R.)
Wer hatte das Recht, Kandidaten aufzustellen? Dieses Recht genossen alle gesellschaftlichen Organisationen und Vereinigungen der Werktätigen sowie die allgemeinen Versammlungen der Arbeiter und Angestellten in den Betrieben, die allgemeinen Versammlungen der Bauern in den Kollektivwirtschaften, Dörfern und Amtsbezirken und die allgemeinen Versammlungen der Armeeangehörigen in den Truppenteilen.
Die Deputierten (Abgeordneten)-Kandidaten wurden folglich von den Volksmassen selbst aufgestellt, die gleichzeitig dem zukünftigen Deputierten (Abgeordneten) für den Sowjet ihren Auftrag mitgaben.
Der Deputierte (Abgeordnete) des Sowjets war verpflichtet, den Auftrag des Volkes zu erfüllen und über die Arbeit des Sowjets vor den Wählern Rechenschaft abzulegen. Wenn der Deputierte (Abgeordnete) seine Pflichten nicht erfüllte, hatten die Wähler das Recht, ihn jederzeit abzuberufen und an seine Stelle einen anderen Deputierten (Abgeordneten) zu wählen.
J.W. Stalin lehrt: „Der Deputierte muss wissen, dass er Diener des Volkes ist.“Stalin empfiehlt den Wählern, die Tätigkeit der Deputierten (Abgeordneten) zu verfolgen, sie zu kontrollieren und von ihnen zu fordern, dass sie auf der Höhe ihrer Aufgaben bleiben und stets das unsterbliche Vorbild des großen Lenins vor Augen haben.
Die Auserwählten des Sowjetvolkes, so lehrt Stalin, müssen Politiker von ebensolcher Klarheit und Bestimmtheit sein, wie Lenin es war, sie müssen ebenso furchtlos im Kampfe und ebenso schonungslos gegenüber den Feinden sein, wie Lenin es war, ebenso frei von jeder Panik, wie Lenin davon frei war, sie müssen bei der Entscheidung komplizierter Fragen ebenso weise und bedachtsam sein wie Lenin, sie müssen ebenso aufrichtig und ehrlich sein wie Lenin. Sie müssen ihr Volk ebenso lieben, wie Lenin es geliebt hat.
2. Wem hatte das Sowjetvolk die höchste Gewalt im Lande anvertraut?
Bei den Wahlen für den Obersten Sowjet der UdSSR am 10. Februar 1946 wurden 1339 Deputierte (Abgeordnete) gewählt.
Als Deputierte (Abgeordnete) für den Obersten Sowjet der UdSSR wurde J.W. Stalin, sowie die bedeutendsten, dem ganzen Lande bekannten Leiter des Sowjetstaates und der kommunistischen Partei gewählt: W.M. Molotow, M.I. Kalinin, N.M. Schwernik, A.A. Shdanow, A.A. Andrejew, A.I. Mikojan, L.M. Kaganowitsch, K. J. Woroschilow, N.S. Chruschtschow, L.P. Berija, G.M. Malenkow, N.A. Wosnessenskij, N. A. Bulganin, A.N. Kossygin.
Als Deputierte (Abgeordnete) des Obersten Sowjets der UdSSR wurden hervorragende Menschen aus den Reihen der Arbeiter, Bauern und der Intellektuellen, Leiter der Industrie und der Kollektivwirtschaften, Vertreter der Wissenschaft und Kultur, Soldaten und Feldherren der Sowjetischen Armee gewählt.
Da ist zum Beispiel der Deputierte (Abgeordnete) des Obersten Sowjets der UdSSR S.A. Kowpak. Er stammt von den Saporoshjer Kosaken ab. In der alten Armee diente er als Gemeiner. In den Jahren des Bürgerkrieges kämpfte er in den Abteilungen von Tschapajew. Der Vaterländische Krieg fand Sidor Artemaowitsch Kowpak auf dem Posten des Vorsitzenden des Staatssowjets in seiner Heimatstadt Putiwl (Ukraine). Als die Deutschen einmarschiert waren, ging er in die Illegalität und organisierte eine Partisanenabteilung. Er war damals 54 Jahre alt. Bald verbreitete sich der Ruhm seiner Heldentaten in den Steppen der Ukraine und den Wäldern von Brjansk. Die faschistischen Eindringlinge fürchteten ihn wie das Feuer, das Volk erzählte Legenden über seine Taten. Die Stärke der Partisanenabteilung wuchs. Im August 1942 wurde Kowpak auf dem Flugweg nach Moskau beordert. Von seiner Reise zurückgekehrt, erzählte er, dass Stalin ihn zu sich gerufen und ihm eine wichtige Kampfaufgabe gestellt habe. „‚Übermitteln Sie‘, sagte Stalin,‚von mir einen herzlichen Gruß den Partisanen und Partisaninnen! Vor allem halten Sie noch fester Verbindung mit dem Volke aufrecht!‘ Und hat mir zum Abschied so fest die Hand gedrückt, dass ich beinahe aufgeschrien hätte. Der Genosse Stalin hat eine feste Hand, Kameraden!“
Eine ungewöhnliche Begeisterung erfasste die Partisanen. Kowpak bereitete sich auf das sorgfältigste vor, die Stalinaufgabe zu erfüllen: einen Partisanenstreifzug hinter der Front des Feindes durch die Ukraine, durch Bjelorussland bis zu den Karpaten zu unternehmen. Die Partisanen erhielten aus der „großen Erde“ alles Notwendige bis zu den Granatwerfern, Panzerbüchsen und Geschützen. Und nun brach die Abteilung auf. Zunächst nur nachts, leise und geräuschlos- später mit Blitz und Donner, so rasch als möglich, wie eine bergab stürzende Lawine. Durch seinen beispiellosen Streifzug von 10 000 Km Länge weit hinter der Front des Gegners säte S.A. Kowpak Verwirrung und Panik in die feindlichen Reihen, unterbrach Nachschubwege aus Deutschland über die Menschen und Material des Feindes zur Wolga und zum Kaukasus befördert wurden, erfreute die Herzen der Sowjetbürger, die in die deutsch-faschistische Sklaverei geraten waren, und riss sie zum Kampfe gegen die faschistischen Eindringlinge fort. Der ruhmreiche Führer der Partisanen, der zweifache Held der Sowjetunion Generalmajor S.A. Kowpak, wurde durch die ukrainischen Kollektivbauern im Wahlkreis Gluchow zum Deputierten (Abgeordneten) des Obersten Sowjets gewählt.
Der Deputierte (Abgeordnete) des Obersten Sowjets der UdSSR S.I. Wawilow ist einer der bedeutendsten Persönlichkeiten der Sowjetwissenschaft, ein mit dem Stalin-Preis ausgezeichneter Physiker, Präsident der Akademie der Wissenschaften der UdSSR. Sergej Iwanowisch Wawilow nahm in den Jahren des Vaterländischen Krieges an der Arbeit des Volkskommissariats für Bewaffnung großen Anteil. Unter seiner Leitung wurden komplizierte optische Geräte geschaffen, die den Verteidigern der Sowjetheimat zur See und auf dem Lande gute Dienste leisteten. S.I. Wawilow ist auch Verfasser zahlreicher populärer wissenschaftlicher Bücher bekannt. Als Deputierter (Abgeordneter) des Obersten Sowjets der RSFSR errang er sich Achtung und Liebe seiner Leningrader Wähler. Für seine Verdienste um das Heimatland ist S.I. Wawilow mit zwei Lenin-Orden sowie dem Orden des Roten Arbeitsbanners ausgezeichnet worden.
Die Wähler des Kirow-Wahlkreises von Leningrad entsandten den Leningrade Arbeiter K.J. Titow als Deputierten (Abgeordneten) in den Obersten Sowjet der UdSSR. Vor mehr als (damals) 30 Jahren brachte sein Vater, ein Putilow-Arbeiter, als 13jährigen Knaben in das Putilow-Werk in die Lehre. Hier ist er aufgewachsen, hier hörte er die Reden Lenins, die sich für das ganze Leben in die Seele des jungen Arbeiters einbrannten, hier trat er in die bolschewistische Partei ein, hier absolvierte er nebenberuflich, ohne Unterbrechung der Arbeit, die Fachschule für den Kessel- und Turbinenbau. Im Jahre 1932 wurde K.J. Titow Chef der mechanischen Abteilung des Werkes. Unter seiner Leitung nahm die Abteilung die Erzeugung der ersten schweren Panzer auf. Er organisierte bei sich in der Abteilung eine Schule der Stachanow-Methoden der Arbeit und brachte selbst über 70 Verbesserungsvorschläge ein. Nach Ausbruch des Krieges erfüllte Titow mit größter Hingabe die Aufträge der Regierung zur Verteidigung von Leningrad. Trotz ununterbrochener Luftangriffe setzte er die Erzeugung von Panzern für die Verteidiger von Leningrad fort; die Panzerschützen führten die Panzer direkt vom Fabrikhof in die vordersten Stellungen. Darauf verlagerte die Regierung einen Teil des Kirow-Werkes nach dem Ural, um dort eine Panzererzeugung zu organisieren. Kusjma Jemeljanowitsch Titow wurde einer der Organisatoren der Erzeugung zweier neuer Panzertypen – der berühmten schweren Panzer „KW“ und „JS“ – im Ural. Seine Brust schmücken fünf sowjetische Orden.
Im Dezember 1935 versammelten sich im Großen Saal des Kreml-Palastes die besten Leute des Kollektivwirtschaftsdorfes. Ein junges Mädchen besteigt die Tribüne. Sie bringt vor Erregung kein Wort heraus, und da ertönt die ermutigende Stimme Stalins: „Nur Mut, Pascha, nur Mut!“ Sie beginnt von der Traktorenbrigade zu erzählen, über ihre Arbeit, darüber, dass die Brigade das gegebene Wort gehalten habe. J.W. Stalin fragt: „Wieviel Menschen seid ihr in der Brigade?“ „Neun Mädchen im Alter von 16 bis 20 Jahren, sie sind alle hier.“ „Wieviel habt ihr pro Traktor geschafft?“ „Im Durchschnitt 1225,5 Hektar.“Der ganze Saal klatscht Beifall…Pascha sagt, dass sie noch mehr leisten würden. Sie fordert den Brigadeleiter der besten Männerbrigade zu einem Wettbewerb heraus und legt die Verpflichtung ab, die Leistung pro Traktor bis auf 1600 Hektar zu steigern und zehn neue Traktorenbrigaden zu organisieren. Im Saal ertönt erneut stürmischer Beifall.
Die Brigadeleiterin der Komsomolzinnen-Traktorenbrigade der Maschinen- und Traktorenstation von Staro-Beschewo im Gebiet Stalino, P.N. Angelina, arbeitet bereits 15 Jahre als Traktorenführerin. Im Laufe dieser Zeit hat sie 75 000 Hektar gepflügt und hundert Jugendliche zu vortrefflicher Arbeit angelernt. Nicht umsonst sagen die Kollektivbauern: „Wo die Pascha ist, da gibt es eine gute Ernte.“ Sie errang Rekordleistungen mit einem Radtraktor und wurde zur Initiatorin des Unions-Wettbewerbes der Traktorenführerinnen. Im Jahre 1937 wurde Praskowja Nikititschna Angelina zur Deputierten (Abgeordneten) des obersten Sowjets der UdSSR gewählt und 1946 wiedergewählt.
Die Kollektivbauern des Wahlkreises Bairam-Ali der Turkmenischen Sozialistischen Sowjetrepublik entsandten den ehemaligen Tagelöhner und Anführer der Armen im Bergdorf Er-Sary-jab, den seinerzeit (Stand 1947) angesehenen Baumwollzüchter, Organisator und Vorsitzenden des Artels „Bolschewik“, Aga Jussup Ali, als Deputierten (Abgeordneten) in den Obersten Sowjet der UdSSR. Im Jahre 1935 führ er zur zweiten Unionsberatung der Stoßarbeiter der Kollektivwirtschaften nach Moskau und gab hier J.W. Stalin das Wort, dass die Kollektivwirtschaft „Bolschewik“ stets führend sein wird. Nach Hause zurückgekehrt stellte Aga Jussup Ali einen Plan auf, um das Kollektivdorf umzubauen, wobei jede Familie ein Haus mit zwei bis drei Räumen, einer Küche und einer Veranda erhalten sollte. Im Dorf wurde eine Zehn-Klassen-Schule, ein Kinderheim und ein Klub erbaut, ein Kraftwerk und eine Rundfunkzentrale wurden errichtet, ein großer Garten wurde angelegt. Als der Krieg ausbrach, wiederholte Aga Jussup Ali unermüdlich jedem Kollektivbauern, dass Baumwolle Bekleidung für die Rote Armee und Rohstoffe für die Kriegsindustrie bedeute. Er ersetzte die amerikanischen Baumwollsorten durch die langfaserigen Sorten und steigerte die Baumwollernte von 37 bis 45 Doppelzentner pro Hektar. Unter seiner Leitung war der Betrieb der Kollektivwirtschaft in den Kriegsjahren stark angewachsen. Außer der Baumwolle lieferte die Kollektivwirtschaft über den Plan hinaus viel Fleisch, Milch, Käse und Butter sowie Tausende von wertvollen Karakulfellen an den Staat ab. Die Geldeinkünfte der Kollektivwirtschaft erhöhten sich auf 2 300 000 Rubel; an die Kollektivbauern wurden pro Tagwerk vier Kilogramm Getreide und über 20 Rubel in bar verteilt. Aga Jussup Ali hat es verstanden, eine große Gruppe hervorragender Mitarbeiter in der Kollektivwirtschaft heranzuziehen, welche die Nachbarkollektivwirtschaften mit Rat und Tat unterstützten. Er wurde mehr als einmal zum Mitglied des Bezirkssowjets gewählt und war seinerzeit Mitglied des Zentralen Vollzugskomitees der Sowjets von Turkmenien.
In Aserbaidschan konnte man anlässlich des 20. Jahrestages der Oktoberrevolution in den Straßen der Städte und Dörfer in den Festtagen Plakate mit dem Bild einer jungen Frau im weißen Kopftuch mit braungebranntem Gesicht und dunklen, sorgfältig gescheitelten Haaren erblicken. Man sieht sie auf der Baumwollplantage, und ihre Schürze ist mit weißen Baumwollflocken gefüllt. Und da ist die gleiche Frau im Kreml-Palast, als sie über den Tisch des Präsidiums hinweg J.W. Stalin die Hand entgegenstreckt. Es ist Basti Bagirowa, die Tochter eines aserbaidschanischen Tagelöhners, geboren im Jahre 1906. Im Alter von 5 Jahren übernahm sie das Hüten des Viehs bei einem Kulaken. Als unter der Sowjetmacht in ihrer Siedlung Abdulla-Bek eine Kollektivwirtschaft organisiert wurde, trat Basti Bagirowa als eine der ersten ihr bei und wurde bald darauf eine Stachanowarbeiterin der Baumwollzucht und eine angesehene Persönlichkeit im Lande. Sie genießt allgemeine Achtung und Liebe. Ihr Name ist in die volkstümlichen Redensarten und in die Volkslieder eingegangen. Der Dichter Assed sagt von Ihr:
„Wie die Nachtigall über der Rose vom Frühling singt, so singe ich, der Dichter, von dir, Basti, du Frühling des Volkes. Du schreitest in der ersten Reihe der besten Menschen, die von Stalin erzogen sind.“
Basti Bagirowa ist eine Kommunistin und Ordensträgerin. Sie wurde als Deputierte (Abgeordnete) für den Obersten Sowjet der UdSSR im Jahre 1937 gewählt und im Jahre 1946 wiedergewählt. Auf der Wählerversammlung sagte sie:
„Die sowjetische Frau hat das Recht erhalten, den Staat zu lenken. Die Sowjetmacht hat aus mir einen Menschen gemacht. Ich hatte nichts gehabt, aber jetzt lebe ich im Wohlstand, in hellen, gemütlichen Räumen. Es ist die bolschewistische Partei, die das ganze Volk zur Arbeit und zum Kampfe beflügelt!“
Einer der jüngsten Deputierten (Abgeordneten) des Obersten Sowjets der UdSSR ist G.F. Timuschew. ES ist 23 Jahre alt, Sohn eines Dorfarztgehilfen, seiner Nationalität nach Komi, aus dem Dorf Ustjnem im Bezirk Ustjkuloma der Autonomen Sozialistischen Republik der Komi. Er studierte im Pädagogischen Institut in Syktywkar und trat zu Beginn des Krieges in eine Militär-Ingenieur-Schule ein. Im Januar 1942 befehligte er bereits einen Pionierzug. Stalingrad, Nördlicher Donez, Charkow, Korsun-Schewtschenkowskij, Dnjepr, Pruth, Sereth – überall räumte der Zug von G.F. Timuschew deutsche Minen weg, sprengte feindliche Panzer, schlug Brücken und legte auf den Panzern weite Strecken zurück. In Ungarn wurde Timuschew schwer verwundet und kehrte aus dem Lazarett in die Heimat zurück. Hierher brachte der Rundfunk eine Nachricht, dass dem Leutnant Timuschew der Titel eines Helden der Sowjetunion zuerkannt wurde. Er nahm erneut sein Studium an der Moskauer Staatsuniversität auf und erhielt kurz vor den Prüfungen ein Telegramm aus der Heimat, dass die Kollektivbauern, Studenten, Lehrer und die Jugend von Ustjkuloma ihn als Deputierten (Abgeordneten)-Kanditaten für den Obersten Sowjet der UdSSR aufgestellt hätten. G.F. Timuschew schrieb an seine Landsleute:
„Ich kann nur das eine antworten: ich werde alle meine Kräfte hingeben, um ein würdiger Vertreter meines Volkes im Obersten Sowjet der UdSSR zu sein!“
Aus diesen Beispielen kann man ersehen, wen das sowjetische Volk mit der Verwaltung seines Landes betraut.
Unter den Deputierten (Abgeordneten) des Obersten Sowjets der UdSSR waren 38 v.H. Arbeiter, 26 v.H. Bauern, 36 v.H. Angestellte und Intellektuelle. Unter den Deputierten (Abgeordneten) waren 277 Frauen. 293 Deputierte (Abgeordnete) hatten das Alter von 35 Jahren noch nicht erreicht. Eine bedeutende Gruppe der Deputierten (Abgeordneten) waren Angehörige der Sowjetischen Armee, vom einfachen Soldaten angefangen bis zum Marschall der Sowjetunion. Über vier Fünftel der Deputierten (Abgeordneten) waren Kommunisten, die übrigen Parteilose.
Es ist hier angebracht, daran zu erinnern, dass in der zaristischen Reichsduma nur einige Dutzend Bauern (vorwiegend Kulaken) und elf Arbeiter vertreten waren, unter denen nur fünf Bolschewiki waren: G.I. Petrowskij, A.J. Badajew, M.K. Muranow, F.N. Samilow und N.G. Schagow; aber auch diese wurden von der zaristischen Regierung verhaftet und nach Sibirien verbannt.
Deputierte des Obersten Sowjets der UdSSR im Georgi-Saal des Großen Kreml-Palastes während einer Tagungspause
Bildquelle: „Das Sowjetland“, Band 3 aus dem Jahre 1947
Der Sowjetstaat wurde von den besten Menschen aus dem Volke, von Bolschewiki und Parteilosen, geleitet, die das Vertrauen der Volksmassen durch ihre staatliche und gesellschaftliche Tätigkeit, durch ihre aufopfernde Arbeit in den Fabriken, Werken, Gruben und auf den Feldern, durch ihre Leistungen auf dem Gebiet der Wissenschaft, Technik und Kultur, durch ihren heldenhaften Kampf gegen die Feinde des Sowjetlandes erworben haben. (Hochachtung vor den Lebensleistungen der hier vorgestellten Menschen. Hoffentlich mussten sie nicht mehr erleben, dass diese umsonst waren. P.R.)
Welche Rechte und Vollmachten besaß der Oberste Sowjet der UdSSR?
3. Der Oberste Sowjet der UdSSR
Gemäß der Verfassung war der Oberste Sowjet der UdSSR das höchste Organ der Staatsgewalt der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken. Im Sowjetlande gibt es kein anderes Organ der Staatsgewalt, das höher als der Oberste Sowjet der UdSSR gestanden oder die gleichen Vollmachten besessen hätte.
In der Verfassung (Artikel 14) waren die Rechte aufgezählt, die zur Kompetenz der Sowjetunion gehörten. Der Oberste Sowjet der UdSSR übte diese Rechte aus, soweit sie nicht durch die gleiche Verfassung der Kompetenz anderer Organe der Sowjetunion, die dem obersten Sowjet der UdSSR rechenschaftspflichtig waren, unterstellt wurden.
Das Recht Unionsgesetze zu erlassen, gehörte einzig und allein dem Obersten Sowjet der UdSSR. Keine anderen Staatsorgane hatten das Recht, Unionsgesetze zu erlassen. Als Beispiel könnte man das Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht, die Gesetze über die Aufnahme von drei neuen Unionsrepubliken – der Lettischen, Litauischen und Estnischen – in die damals brüderliche Familie der Sowjetvölker, das Gesetz, das den Vertrag mit Großbritannien über den gemeinsamen Kampf gegen das faschistische Deutschland und über die Zusammenarbeit nach dem Krieg bestätigte, die Gesetze über die Erweiterung der Rechte der Unionsrepubliken und andere anführen.
Ein Unionsgesetz war eine Willensäußerung aller Sowjetvölker, die in Form einer Bestimmung des Obersten Sowjets der UdSSR niedergeschrieben waren. Die Unionsgesetze hatten auf dem Gebiet aller Unionsrepubliken Rechtskraft. Sie mussten von allen Organen der Staatsgewalt, allen Ämtern, Organisationen, Amtspersonen und Bürgern beachtet werden. Sie wurden in den Sprachen aller Unionsrepubliken veröffentlicht.
Ausschließlich dem Obersten Sowjet der UdSSR stand das Recht zu, die Verfassung der UdSSR abzuändern sowie die Kontrolle über ihre Durchführung und die Übereinstimmung der Verfassungen der Unionsrepubliken mit der Verfassung der UdSSR auszuüben.
Der Oberste Sowjet der UdSSR hatte allein das Recht, neue Republiken in die Sowjetunion aufzunehmen, Änderungen der Grenzen zwischen den Unionsrepubliken sowie die Bildung neuer autonomer Republiken, neuer Regionen und Gebiete zu bestätigen.(Später ist das unterlaufen worden, denn Chruschtschow hatte die Krim an die Ukraine verschenkt. Sie gehört jetzt nach einer Volksabstimmung, wieder zu Russland. Die Ukraine möchte sie wiederhaben. Ein Zankapfel in den aktuellen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen der Ukraine und Russland. Eine böse Folge der Laune Chruschtschows. P.R.)
Der Oberste Sowjet der UdSSR hatte das Recht, in jeder Frage Untersuchungs- und Revisionskommissionen zu ernennen, deren Forderungen von allen Ämtern und Amtspersonen erfüllt werden mussten. (Vergleichbar mit den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen im heutigen Deutschland, bzw. auch der alten BRD. P.R.)
Der Oberste Sowjet der UdSSR bestätigte den einheitlichen Staatshaushalt der UdSSR, gewährte Anleihen und nahm welche auf, entschied über Krieg und Frieden und über die wichtigsten Fragen der Beziehungen zu fremden Staaten, er ratifizierte die Verträge mit anderen Staaten.
Der Oberste Sowjet der UdSSR bestand aus zwei Kammern. Die eine hieß Sowjet der Union, die andere – Sowjet der Nationalitäten.
Beide Kammern wurden auf der Grundlage des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts in geheimer Abstimmung gewählt. Die Wahlen der Deputierten (Abgeordneten) für den Sowjet der Union erfolgten in der ganzen UdSSR nach der Norm: ein Deputierter (Abgeordneter auf 300 000 Einwohner. Die Deputierten (Abgeordneten) für den Sowjet der Nationalitäten hingegen wurden von den Bürgern der UdSSR nach Unions- und autonomen Republiken, autonomen Gebieten und nationalen Bezirken gewählt, und zwar nach der Norm: je 25 Deputierte (Abgeordnete) von jeder Unionsrepublik; je 11 Deputierte (Abgeordnete) von jeder autonomen Republik, je 5 Deputierte (Abgeordnete) von jedem autonomen Gebiet und je 1 Deputierter (Abgeordnete) von jedem nationalen Bezirk.
Die beiden Kammern des Obersten Sowjets der UdSSR waren gleichberechtigt. Jeder von ihnen stand die Gesetzesinitiative in gleichem Maße zu, das heißt das Recht, die Frage der Ausgabe der Gesetze anzuregen und beliebige Gesetzesentwürfe dem Obersten Sowjet zur Prüfung zu unterbreiten. Das Gesetz galt als bestätigt, wenn es von beiden Kammern durch einfache Stimmenmehrheit in jeder von ihnen angenommen wurde. Nur für eine Änderung der Verfassung war eine Mehrheit von nicht weniger als zwei Drittel der Stimmen in jeder der Kammern erforderlich. Die Frist der Vollmachten beider Kammern betrug vier Jahre. Die Kammern wurden zur selben Zeit einberufen und arbeiteten gleichzeitig.
Es taucht die Frage auf: Warum bestand der Oberste Sowjet der UdSSR aus zwei Kammern und nicht aus einer Kammer?
Weil die UdSSR ein Vielvölkerstaat war. Alle Bürger der Sowjetunion, ohne Unterschied der Nationalitäten und Rassen, hatten die gleichen gemeinsamen Grundinteressen. Alle waren sie zutiefst daran interessiert, dass die Wirtschafts- und Wehrkraft der Sowjetunion gesteigert, dass ein fester und dauerhafter Frieden zwischen allen Ländern gewährleistet, dass das Leben aller Sowjetvölker mit jedem Tag wohlhabender und schöner wird, und dass die Werktätigen anderer Länder ein freies und glückliches Leben haben.
Diese gemeinsamen Interessen aller Sowjetbürger wurden im höchsten Organ der Staatsgewalt der UdSSR durch die Deputierten (Abgeordneten) des Sowjets der Union vertreten.
Aber die Bürger verschiedener Nationalitäten, die die Sowjetunion bevölkerten, hatten auch ihre besonderen Interessen, die mit den nationalen Besonderheiten eines jeden Volkes, mit den Besonderheiten seiner Sprache, seiner Lebensweise und seiner Kultur zusammenhängen. Diese besonderen Interessen der verschiedenen Nationen wurden in dem höchsten Organ der Staatsgewalt des Sowjetlandes durch die Deputierten (Abgeordneten) des Sowjets der Nationalitäten vertreten.
Ein solcher Aufbau des Obersten Sowjets der UdSSR gewährleistete die vollständigste und genaueste Wahrnehmung der Belange aller Völker des Sowjetlandes in dem höchsten Organ der Staatsgewalt. Ein solcher Aufbau des Obersten Sowjets der UdSSR trug zur Festigung der damaligen brüderlichen Zusammenarbeit und Freundschaft aller Sowjetvölker bei. Der Sowjet der Nationalitäten war dazu bestimmt, dass jedes der zahlreichen Sowjetvölker, die ihre national-staatlichen Organisationen geschaffen hatten, durch ihre besonderen Vertreter die Möglichkeit hatten, ihre besonderen nationalen Interessen im Obersten Sowjet der UdSSR unmittelbar zum Ausdruck zu bringen. J.W. Stalin sagte, dass es „ohne ein solches Organ unmöglich wäre, einen solchen Nationalitätenstaat wie die Sowjetunion zu verwalten“.
Zwei Deputiertenkammern gibt es auch in bis heute in den bürgerlichen Ländern. Sie heißen dort Ober- und Unterhaus. Repräsentantenhaus und Senat usw. Im zaristischen Russland gab es einen Staatsrat und eine Reichsduma. Aber zwischen den Kammern der UdSSR und zwischen den beiden Kammern in den bürgerlichen Ländern gibt es nichts Gemeinsames. Dort stellen beide Kammern natürlich vor allem Organe der bürgerlichen Gewalt dar, während die Kammern in der UdSSR Organe des sozialistischen Sowjetstaates waren. Außerdem werden in bürgerlichen Staaten die oberen Kammern durch ein besonderes Verfahren gebildet, und besitzen im Vergleich zu den unteren Kammern besondere Rechte und Vorteile. Im alten Russland wurde die obere Kammer (der Staatsrat) zur Hälfte durch den Zaren aus dem höchsten Adel ernannt, zur andren Hälfte wurde sie von den Adelsgesellschaften, den Grundbesitzern, Industriellen und Kaufleuten gewählt. Ungefähr sieht es in vielen bürgerlichen Staaten aus. Alle in den unteren Kammern angenommen Gesetze müssen die oberen Kammern passieren. Die Aufgabe der Kammern besteht darin, solche Gesetze, die durch die unteren Kammern angenommen wurden, aber den Spitzen der herrschenden Klassen nicht genehm sind, nicht durchzulassen. Die oberen Kammern sind Hemmschuhe für den Fortschritt.
Nichts Derartiges konnte es in der Sowjetunion geben. Die Kammern des Obersten Sowjets der UdSSR waren gleichberechtigt. Der Sowjet der Nationalitäten förderte den wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Aufschwung der nationalen Republiken, Gebiete und Bezirke. Er repräsentierte die besonderen Interessen der freien Sowjetvölker in dem einheitlichen höchsten Organ der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken.
Der Sowjet der Union und der Sowjet der Nationalitäten bildeten zusammen das einheitliche höchste Organ der Staatsgewalt des Landes – den Obersten Sowjet der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken -, das den Willen aller Sowjetvölker zum Ausdruck brachte.
Die Bürger einer jeden Unionsrepublik wählten ihren Obersten Sowjet, der das höchste Organ der Staatsgewalt der Republik darstellte. Der Oberste Sowjet der Unionsrepubliken gab Republikgesetze heraus und verfügte über andere Vollachten, die durch die Verfassung der Republik ausführlich festgelegt wurden.
Der Oberste Sowjet der Unionsrepublik bestand aus einer Kammer. In den Unionsrepubliken waren zwei Kammern nicht notwendig. Die autonomen Republiken und Gebiete sowie die nationalen Bezirke, die der Unionsrepublik angehörte, konnten ihre besonderen nationalen Interessen durch ihre Deputierten (Abgeordneten) im Sowjet der Nationalitäten unmittelbar im höchsten Organ der UdSSR zum Ausdruck bringen.
Die Bürger jeder autonomen Republik wählten ebenfalls ihren Obersten Sowjet, der das höchste Organ der Staatsgewalt der Republik darstellte. Der Oberste Sowjet einer autonomen Republik bestand aus einer Kammer. Seine Vollmachten – das Recht, Republikgesetze zu erlassen sowie andere Rechte – waren ausführlich in der Verfassung der Republik festgelegt.
4. Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR
Der Oberste Sowjet der UdSSR trat zweimal jährlich zu Tagungen zusammen. Es konnten auch außerordentliche Tagungen einberufen werden. Nach Beendigung ihrer Arbeit fuhren die Deputierten (Abgeordneten) heim und kehrten zu ihren Alltagspflichten zurück.
Es ist klar, dass für die ständige, laufende Arbeit zur Verwaltung des Staates andere höchste Staatsorgane der UdSSR notwendig waren. Was waren das für Organe?
Eines von ihnen war durch seine Erlasse bekannt. Es war das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR. Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR wurde in einer gemeinsamen Sitzung der beiden Kammern aus den Deputierten in folgender Zusammensetzung gewählt:
Vorsitzender des Präsidiums,
16 Stellvertreter des Vorsitzenden nach der Zahl der Unionsrepubliken,
1 Sekretär des Präsidiums und
15 Mitglieder.
Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR war dem Obersten Sowjet für seine ganze Tätigkeit rechenschaftspflichtig.
Die erste Tagung des Obersten Sowjets der UdSSR im Jahre 1937 wählte Michail Iwanowitsch Kalinin, den Deputierten (Abgeordneten) des Leningrader Stadtwahlkreises, zum Vorsitzenden des Präsidiums.
Seit 1919 bis 1946 stand er ununterbrochen an der Spitze des höchsten Organs des Sowjetstaates. Die erste Tagung des im Jahre 1946 gewählten Obersten Sowjets der UdSSR entsprach der Bitte Kalinins, ihn mit Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand von den Pflichten des Vorsitzenden des Präsidiums für die Zukunft zu befreien, wählte ihn aber zum Mitglied des Präsidiums.
Michail Iwanowitsch Kalinin
Bildquelle: „Das Sowjetland“, Band 3, aus dem Jahre 1947
Als Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR wurde einstimmig der Deputierte (Abgeordnete) des Wahlkreises Swerdlowsk Nikolaj Michajlowitsch Schwernik gewählt.
Nikolaj Michajlowitsch Schwernik
Bildquelle: „Das Sowjetland“, Band 3, aus dem Jahre 1947
Michail Iwanowitsch Kalinin verstarb am 3. Juni 1946. Er erfreute sich bei den Volksmassen der Sowjetunion einer gewaltigen Popularität und Liebe.
(Das ehemalige Königsberg im ehemaligen Ostpreußen, im Ergebnis des II. Weltkrieges nun russisches Gebiet, trägt seinen Namen -Kaliningrad- bis zum heutigen Tage.)
Die Vollmachten des Obersten Sowjets waren durch die Verfassung festgesetzt. Das Präsidium berief die Tagungen des Obersten Sowjets der UdSSR ein, setzte neue Wahlen für den Obersten Sowjet der UdSSR an und berief den neugewählten Obersten Sowjet der UdSSR ein.
Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR gab Erlasse heraus. Diese Erlasse hatten genauso wie die durch den Obersten Sowjet der UdSSR herausgegebenen Gesetze die gleiche Rechtskraft auf den Gebieten sämtlicher Sowjetrepubliken. Die Erlasse des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR wurden auf der Grundlage der Unionsgesetze und in deren Rahmen herausgegeben. Dadurch unterschied sich der Erlass vom Gesetz.
Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR legte die geltenden Gesetze der UdSSR au, erläuterte ihre Ziele, die durch sie auferlegten Verpflichtungen und die Methoden der richtigen Anwendung dieser Gesetze.
Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR nahm aus eigener Initiative oder auf Verlangen einer der Unionsrepubliken ein Referendum (eine Volksbefragung) vor, das heißt, stellte die Entwürfe dieser oder jener Gesetze zur Debatte und Abstimmung durch das ganze Volk. Auf diese Weise nahm das Volk selbst in einigen Fällen die Gesetzentwürfe in besonders wichtigen Fragen an oder lehnte sie ab.
Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR ernannte oder entließ das Oberkommando der Streitkräfte der UdSSR; erklärte die allgemeine und die teilweise Mobilmachung; erklärte im Interesse der Verteidigung der UdSSR oder der Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und staatlichen Sicherheit für einzelne Gegenden oder für die ganze UdSSR den Kriegszustand.
Das Präsidium des Obersten Sowjets Hob Verordnungen und Verfügungen des Ministerrates der UdSSR und der Ministerräte der Unionsrepubliken auf, falls diese nicht dem Gesetz entsprachen.
In der Zeit zwischen den Tagungen des Obersten Sowjets der UdSSR nahm das Präsidium Amtsenthebungen und Ernennungen einzelner Minister, unter nachträglicher Einholung der Bestätigung des Obersten Sowjets der UdSSR, vor. Im Falle eines militärischen Überfalls auf die Sowjetunion oder im Falle der Notwendigkeit der Erfüllung internationaler vertraglicher Verpflichtungen zu gegenseitiger Verteidigung gegen Aggression erklärte das Präsidium den Zustand des Krieges.
Es war bekannt, wie das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR seine Vollmachten zur Verteidigung des Sowjetlandes benutzte. Am Tage des räuberischen Überfalls des faschistischen Deutschlands auf die Sowjetunion gab das Präsidium vier Erlasse heraus: über die Mobilisierung von Militärdienstpflichtigen in einer Reihe von Wehrkreisen; über den Kriegszustand; über die Verhängung des Kriegszustandes in einigen Republiken, Gebieten und einzelnen Städten; über die Militärgerichtshöfe in den Gegenden, über die der Kriegszustand verhängt wurde, und im Operationsgebiet.
In anderen dringenden Fällen (gleichfalls in der Zeit zwischen den Tagungen) übte das Präsidium einige Rechte aus, die dem Obersten Sowjet der UdSSR zustanden, so zum Beispiel gab es Erlasse über die Bildung neuer Ministerien, neuer Regionen und Gebiete heraus.
Alle derartigen Erlasse wurden vom Präsidium dem Obersten Sowjet zur Bestätigung vorgelegt. In allen diesen Fällen war die Ausübung der Rechte des Obersten Sowjets der UdSSR durch sein Präsidium durch die Dringlichkeit, Unaufschiebbarkeit der zu lösenden Fragen bedingt.
Das Präsidium des Obersten Sowjet der UdSSR vertrat die Sowjetunion in seinen Beziehungen mit den Auslandsstaaten. Es ratifizierte internationale Verträge, ernannte die bevollmächtigten Vertreter der UdSSR in auswärtigen Staaten und berief sie ab, nahm die Beglaubigungs- und Abberufungsschreiben der bei ihm akkreditierten diplomatischen Vertreter auswärtiger Staaten entgegen.
Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR verlieh Orden und Ehrentitel der UdSSR; übte das Begnadigungsrecht an Bürgern aus, die durch Gerichtsorgane der UdSSR verurteilt wurden.
Auf diese Weise stellte das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR seinen Vollmachten nach das höchste ständig amtierende Organ der Staatsgewalt der Sowjetunion dar, das vom Obersten Sowjet der UdSSR gewählt wurde und ihm rechenschaftspflichtig war.
In anderen Ländern, bzw. heutzutage, gibt es keine Organe der Staatsgewalt, die dem Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR gleichen würden. Dort steht eine Person (Präsident, König usw.) an der Spitze des Staates.
In der UdSSR stand an der Spitze des Staates keine einzelne Persönlichkeit, sondern ein Kollektiv, ein Kollegium aus 33 Mitgliedern des Obersten Sowjets der UdSSR, nach dem Ausspruch J.W. Stalins: „Der kollegiale Präsident der UdSSR.“ An diesem Beispiel ist zu sehen, mit welcher Konsequenz die demokratischen, wahrhaft volksnahen Grundsätze bei dem Aufbau der höchsten Staatsorgane der Sowjetunion durchgeführt wurden. (Es wird allerdings heutzutage, bzw. in westlichen Staaten schon immer, behauptet, dass die Sowjetunion eine Diktatur gewesen wäre, insbesondere in der Stalin-Ära. P.R.)
Der Oberste Sowjet einer jeden Unionsrepublik wählte aus der Zahl der Deputierten sein Präsidium, das das höchste ständig amtierende Organ der Staatsgewalt der Republik darstellte und ihrem Obersten Sowjet rechenschaftspflichtig war. Die Vollmachten des Präsidiums des Obersten Sowjets der Unionsrepublik, die Zahl der stellvertretenden Vorsitzenden sowie die Zahl der Mitglieder des Präsidiums wurden durch die Verfassung der Republik festgelegt.
5. Der Ministerrat der UdSSR
Das andere ständig amtierende höchste staatliche Organ der Sowjetunion war der Ministerrat der Sowjetunion. So wurde die Regierung der Sowjetunion genannt.
Der Ministerrat der UdSSR wurde in einer gemeinsamen Sitzung beider Kammern des Obersten Sowjets der UdSSR gebildet. Auf der ersten Tagung des Obersten Sowjets im März 1946 wurde die Regierung der Sowjetunion wie folgt gebildet: Das Haupt der Regierung in ihrer früheren Zusammensetzung, J.W. Stalin, übereichte dem Vorsitzenden der gemeinsamen Sitzung der Kammern eine schriftliche Erklärung über die Niederlegung der Regierungsvollmachten vor dem Obersten Sowjet. Einer der Deputierten (Abgeordneten) bat ums Wort und erklärte unter allgemeiner Billigung, dass der Oberste Sowjet sich einig sei im vollen Vertrauen zur Regierung. Danach nahm der Oberste Sowjet die Regierungserklärung an und beauftragte unter stürmischen, nicht enden wollenden Beifall J.W. Stalin einstimmig, einen Vorschlag über die neue Zusammensetzung der Regierung vorzulegen. Auf der nächsten gemeinsamen Sitzung der Kammern verlas der Vorsitzführende den von J.W. Stalin eingebrachten Vorschlag über die Zusammensetzung der Regierung. Nach den Aussprachen der Deputierten (Abgeordneten) stellte der Vorsitzführende fest, dass gegen die als Regierungsmitglieder vorgeschlagenen Kandidaten kein Widerspruch erhoben werde und dass keiner der Deputierten (Abgeordneten) auf einer personellen Abstimmung bestehe. Die von J.W. Stalin vorgeschlagene Zusammensetzung des Ministerrates der UdSSR wurde als Ganzes zur Abstimmung gebracht und unter stürmischen Beifall und Ovationen für J.W. Stalin einstimmig bestätigt. Als Vorsitzender des Ministerrates der UdSSR wurde J.W. Stalin bestätigt.
Die Regierung der UdSSR ist dem Obersten Sowjet, der sie Gewählt hat, verantwortlich und rechenschaftspflichtig. In der Zeit zwischen den Tagungen ist die Regierung dem Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR verantwortlich und rechenschaftspflichtig.
Der Ministerrat der UdSSR erließ Verordnungen und Verfügungen auf Grund und in Ausführung der geltenden Gesetze der UdSSR und überwachte ihre Durchführung. Seine Verordnungen und Verfügungen waren für das ganze Gebiet der Sowjetunion rechtsverbindlich.
Dem Ministerrat der UdSSR waren solch wichtige Pflichten auferlegt wie:
die Sorge um die Sicherung der öffentlichen Ordnung;
Schutz der Staatsinteressen;
Wahrung der Rechte der Bürger;
Bestimmung der Jahreskontingente der zum aktiven Militärdienst einberufenen Bürger;
Leitung des gesamten Aufbaus der Streitkräfte der Sowjetunion;
Gesamtleitung der Beziehungen zu auswärtigen Staaten.
Auf dem Gebiet der Lenkung der Volkswirtschaft verfügte der Ministerrat der UdSSR über eine Reihe wichtiger Vollmachten. Er traf Maßnahmen zur Realisierung des Staatshaushaltes und des Volkswirtschaftsplans der UdSSR sowie zur Festigung des Kredit- und Währungssystems.
Der Ministerrat der UdSSR vereinigte und lenkte die gesamte Arbeit der Ministerien der UdSSR und der anderen ihm unterstellten Wirtschafts- und Kulturinstitutionen (Staatliche Planungskommission, Ausschuss für Kunstangelegenheiten, Ausschuss für Sport u.a.)
Die Ministerien waren Organe, welche die einzelnen Zweige der Staatsverwaltung und der Volkswirtschaft lenkten. Wir nennen zum Beispiel solche Ministerien der UdSSR wie
das Ministerium der Streitkräfte,
das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten,
für Außenhandel,
Finanzwesen,
Eisenbahnwesen,
Schwermaschinenbau,
Kohlenindustrie,
Eisenhüttenwesen,
Waffenindustrie,
Landwirtschaft.
Der Minister war der Leiter des ihm übertragenen Zweiges der Staatsverwaltung. Er erließ Anordnungen und Instruktionen innerhalb des Kompetenzbereiches der betreffenden Ministerien.
Der Ministerrat der UdSSR hatte das Recht, Anordnungen und Instruktionen der Minister der UdSSR aufzuheben sowie Verordnungen und Verfügungen der Ministerräte der Unionsrepubliken in jenen Zweigen der Verwaltung und Wirtschaft, die nach der Verfassung in den Kompetenzbereich der UdSSR gehörten, zu suspendieren.
Auf diese Weise verfügte die Regierung der Sowjetunion über recht große Vollmachten zur Verwaltung und Leitung sowohl des Staates als auch des gesamten Lebens des Landes. Ihre Verordnungen und Verfügungen waren für die gesamte Sowjetunion rechtsverbindlich. Ihre Autorität unter dem Volke war unbestritten.
Gleichzeitig waren die Vollmachten des Ministerrates der UdSSR durch die Verfassung genau festgesetzt. Alle seine Handlungen beruhten auf Unionsgesetzen und waren darauf gerichtet, sie zu verwirklichen. In seiner ganzen Tätigkeit war er dem Obersten Sowjet der UdSSR und seinem Präsidium verantwortlich und rechenschaftspflichtig.
Der Ministerrat der UdSSR erfüllte den Willen der Völker der Sowjetunion, der in den Unionsgesetzen zum Ausdruck kam.
Jede Unionsrepublik hatte ihren Ministerrat, der das höchste vollziehende und verfügende Organ der Staatsgewalt der Unionsrepublik darstellte. Der Ministerrat der Unionsrepublik wurde durch ihren Obersten Sowjet gebildet und war diesem verantwortlich und rechenschaftspflichtig. In der Zeit zwischen den Tagungen war er dem Präsidium des obersten Sowjets der Unionsrepublik verantwortlich und rechenschaftspflichtig. In den Unionsrepubliken gab es eigene Ministerien, zum Beispiel
für Bildungswesen,
Sozialfürsorge,
Handel,
Nahrungsmittelindustrie,
Leichtindustrie.
Die Vollmachten und die Zusammensetzung des Ministerrates der Unionsrepublik wurden durch ihre Verfassung festgelegt.
Jede autonome Republik hatte ebenfalls ihren Ministerrat – das höchste vollziehende und verfügende Organ der Staatsgewalt der Republik – und ihre Ministerien. Der Ministerrat der autonomen Republik wurde durch ihren Obersten Sowjet gebildet, seine Vollmachten und seine Zusammensetzung wurden durch die Verfassung der Republik festgelegt.
Entnommen aus „Das Sowjetland“ aus dem Jahre 1947, Band 3, Original-Autor W.A. Karpinskij, bearbeitet von Petra Reichel
Die Sowjets in Russland entstanden zum ersten Mal bereits während der Revolution des Jahres 1905 als Organe des Arbeiteraufstandes, als Keimzellen einer neuen, einer revolutionären Macht. Nach der Februarrevolution des Jahres 1917 verbreiteten sich die Sowjets rasch über das ganze Land. Nach der Eroberung der Macht durch die Arbeiterklasse im Oktober 1917, als Ergebnis der Vernichtung der Kapitalisten- und Gutsherrenherrschaft, haben sich die Sowjets zu einer entscheidenden kraft entwickelt und sind zur Staatsmacht im Lande geworden.
Die Sowjets stellten die die breitesten Massen erfassende Staatsorganisation dar, die die Werktätigen beider Geschlechter (An Diverse, 3. Geschlecht usw. dachte damals niemand. Diese Leute sind als verschwindende Minderheit, anders als heute, nicht beachtet worden. P.R)ohne Unterschied der Nation, Rasse, Beschäftigung, Parteizugehörigkeit, Bildung, der Religion usw. vereinigt. In den Sowjets erblickte man nebeneinander Russen und Aserbaidshaner, Ukrainer und Chakassen, Bjelorussen und Usbeken, Esten und Kirgisen, alte Bolschewiki und parteilose Kollektivbäuerinnen, Gelehrte von Weltruf und Arbeiter mit Grundschulbildung, Hüttenarbeiter und Hirten, Weberinnen und Melkerinnen, Eisenbahner und Flieger usw. Die Deputierten (Abgeordneten) für die Sowjets wurden vom ganzen Volk gewählt. Die Sowjets waren die dem Volke am nächsten stehende Macht.
Es gab Sowjets in jeder Stadt, in jedem Bezirk, Kreis, Gebiet, in jeder Region. In den entlegensten Siedlungen fand man einen Sowjet der Deputierten (Abgeordneten) der Werktätigen.
Die örtlichen Sowjets leiteten die wirtschaftliche und kulturell-politische Aufbauarbeit auf ihrem Territorium, stellten ihren Haushaltsplan auf, wählten ihre Vollzugskomitees, die den Sowjets über ihre gesamte Tätigkeit rechenschaftspflichtig waren. Sie gewährleisteten den Schutz der staatlichen Ordnung auf ihrem Territorium, die Wahrung der Gesetze und den Schutz der Bürgerrechte und trugen zur Stärkung der Verteidigungskraft des Landes bei. Sie bildeten ihre für die einzelnen Zweige der Staatsverwaltung zuständigen Abteilungen, wie zum Beispiel für Volksbildung, Gesundheitsschutz, örtliche Industrie, Handel und Sozialversicherung.
Die Sowjets der Deputierten (Abgeordneten) der Werktätigen wählten ständige Kommissionen, welche die Sowjets bei ihrer Arbeit praktisch unterstützten. Diese Kommissionen stellten zwischen den Sowjets und der Bevölkerung, den Wählern, eine enge Fühlungsnahme her und zogen die breiten Massen der Werktätigen zu der Staatsverwaltung heran. Lenin schrieb Anfang 1919, dass die Sowjets zur ständigen und einzigen Grundlage der gesamten Staatsmacht im Sowjetlande geworden sind (waren P.R.).
Die Sowjets der Deputierten (Abgeordneten) der Werktätigen stellten die politische Grundlage der sozialistischen Sowjetgesellschaft dar, genauso, wie die gesamte sozialistische Wirtschaft der UdSSR die wirtschaftliche Grundlage der sozialistischen Sowjetgesellschaft bildete.
Die örtlichen Sowjets unterschieden sich in grundlegender Weise von den Organen der sogenannten „örtlichen Selbstverwaltung“, wie sie im zaristischen Russland bestanden und auch heute in bürgerlichen Staaten bestehen.
Die örtlichen Sowjets der Deputierten (Abgeordneten) der Werktätigen, vom Gebietssowjet angefangen bis zum Dorfsowjet, stellten nach der stalinschen Verfassung die örtlichen Organe der Staatsmacht dar. Jeder der Sowjets stellte einen Bestandteil der einheitlichen sowjetischen Staatsmacht dar.
Betrachtet man eine beliebige Sowjetrepublik, so wird man feststellen, dass die örtlichen Sowjets in einer gemeinsamen Staatsorganisation, der Sowjetrepublik, zusammengefasst waren, in der jeder Sowjet der Deputierten (Abgeordneten) der Werktätigen seinen Platz, seine Rechte und seine Pflichten hatte.
So war zum Beispiel die Sowjetmacht in Turkmenien nichts andres als die Vereinigung der turkmenischen örtlichen Sowjets zu einer gemeinsamen nationalstaatlichen Organisation, zur Turkmenischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Die Sowjetmacht in Moldawien war die Vereinigung der moldauischen örtlichen Sowjets zu einer gemeinsamen nationalstaatlichen Organisation, zur Moldauischen Sozialistischen Sowjetrepublik usw.(Moldau, bzw. Moldawien ist heute ein eigenständiger Staat.P.R.)
Das große Sowjetland als Ganzes ist die Vereinigung nationaler sozialistischer Sowjetrepubliken zu einem gemeinsamen Sowjetischen Vielvölkerstaat – zur Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken.
Die Sowjets- das war die Macht der Werktätigen. Darüber heißt es deutlich in der Verfassung der damaligen Sowjetunion: „Alle Macht in der UdSSR gehört den Werktätigen in Stadt und Land in Gestalt der Sowjets der Deputierten der Werktätigen.“
Dasselbe wurde auch in den Verfassungen aller Sowjetrepubliken festgestellt. Wenn man zum Beispiel die Verfassung der Kirgisischen Sozialistischen Sowjetrepublik aufschlägt, so liest man: „Alle Macht in der Kirgisischen Sowjetrepublik gehört den Werktätigen in Stadt und Land in Gestalt der Sowjets der Deputierten der Werktätigen.“ (Kirgisien, bzw. Kirgisistan ist heute auch ein selbständiger Staat. P.R.)
Auf diese Weise übten die von den Werktätigen in Stadt und Land gewählten Sowjets die gesamteStaatsgewalt in die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und die gesamte Staatsgewalt in jeder sozialistischen Sowjetrepublik aus. Mit vollem Recht und Stolz sagten die Sowjetbürger von ihrem Staat: „Unser Staat – das sind wir selbst!“(„Der Staat sind wir“, lernt man auch in bürgerlichen Demokratien. Natürlich ist das kein Vergleich zur damaligen Sowjetunion. P.R.)
2. Das Bündnis der Arbeiter und Bauern
In den Sowjets, bei der gemeinsamen staatlichen Arbeit der Deputierten (Abgeordneten), die den zwei Klassen der Sowjetgesellschaft angehörten, war das Bündnis der Arbeiter und Bauern verwirklicht. Sie ihrer Entstehung kämpfte die bolschewistische Partei um die Vereinigung der Arbeiter und Bauern im engen Bündnis. Und erst nachdem die Werktätigen des Sowjetlandes das Bündnis der Arbeiter und Bauern geschaffen und gefestigt hatten, konnten sie alle ihre Erfolge erringen. Und in der Tat: hätte man den ohne das Bündnis der Arbeiter und Bauern die sozialistische Gesellschaft aufbauen und einen solch mächtigen Staat wie die Sowjetunion schaffen können? Natürlich nicht.
Hätte denn die Sowjetunion in dem schwierigen und schweren Krieg gegen das faschistische Deutschland und seine Komplizen siegen können, wenn sie sich nicht auf das feste Bündnis der Arbeiter und Bauern gestützt hätte? Sie hätte es zweifellos nicht gekonnt.
Den Arbeitern war dieses Bündnis notwendig, weil sie ohne Unterstützung der Bauernmassen nicht vermocht hätten, die Kapitalisten zu besiegen und durch die Kollektivwirtschaften eine grundlegende Verbesserung ihres Lebens zu erreichen.
Die Arbeiter und Bauern brauchen ein enges Bündnis, um gemeinsam die sozialistische Ordnung weiter zu entwickeln, ihr Leben fortwährend zu verbessern und ihr sowjetisches Heimatland gegen äußere Feinde zu verteidigen.
Auf dem ganzen überaus schweren geschichtlichen Weg vom alten Leben zum neuen, vom Zarenregime und Kapitalismus zum Sozialismus, wurden die Bauernmassen von der Arbeiterklasse geführt. Die Arbeiterklasse war stets die führende Kraft im Bündnis der Arbeiter und Bauern. Worauf war das zurückzuführen? (Nun ja, heute ist der Kapitalismus wieder zurück und das alte Leben wieder da. Seit 1989/90 läuft die Geschichte rückwärts. P.R.)
Die Arbeiter waren in den Städten und Industriezentren in großen Massen konzentriert. In den Großbetrieben arbeiteten Tausende und sogar Zehntausende von Arbeitern zusammen. Das trug von alters her zur Vereinigung, zur Organisation der Arbeiter für den Kampf gegen die Kapitalisten und ihre Gewalt um die Sache der Arbeiter, um die Befreiung der Werktätigen bei. (Die Kapitalisten haben gelernt und durch heutige Arbeitsformen, wie Leiharbeit, Verlagerung ins Ausland usw. die Vereinigung der Arbeiter erschwert bis unmöglich gemacht. Klassenbewusstsein ist bei den Arbeitern ohnehin nicht mehr vorhanden. P.R.)
Die Arbeiter besitzen keine Produktionswerkzeuge und -mittel als Privateigentum. Damals waren sie direkt und unmittelbar daran interessiert, den Kapitalisten die Fabriken und Werke wegzunehmen und sie dem sozialistischen Staat zu übereignen, wie das von den Arbeitern in der UdSSR auch getan wurde.
Auf diese Weise haben die Lebens- und Arbeitsbedingungen dazu beigetragen, dass die Arbeiter zu der führenden Gesellschaftsklasse, zu der revolutionärsten, organisiertesten, bewusstesten und im Kampfe gegen jede Unterdrückung und Ausbeutung, im Kampfe um den Sozialismus gestähltesten Gesellschaftsklasse wurden.
Die Lage der Bauern in der Gesellschaft war ganz anders. Die Bauern lebten über das ganze Land verstreut. Unter der alten Ordnung führten die Bauern eine Privatbesitzerwirtschaft, jeder auf seinem Stück Land, und klammerten sich an diese Wirtschaft, so klein sie auch sein mochte. Auch in den ersten Jahren der Sowjetmacht blieben die Bauern in der erdrückenden Mehrheit weiterhin Privatbesitzer. Die Arbeits- und Lebensbedingungen selbst führten die Bauern nicht zusammen, sondern trennten sie, erleichterten für sie nicht die Möglichkeit, sich für einen gemeinsamen Kampf gegen ihre nächsten Feinde, die Gutsherren zu organisieren, sondern erschwerten sie; vom Kampf gegen die Zaren-Gutsherrengewalt und vom Kampf um die Umgestaltung des gesamten Lebens auf neuer sozialistischer Grundlage gar nicht zu reden.
Natürlich konnte der Sozialismus allein die Interessen der Bauern als Werktätige voll und ganz befriedigen. Man musste jedoch den Bauern erst erklären, was Sozialismus ist, musste beweisen, dass die sozialistische Ordnung für die Bauern vorteilhaft ist, musste ihnen in der Praxis zeigen, wie man diese Ordnung im Dorfe einführen soll. Man musste ferner die Erzeugung von Traktoren und andren für kollektive Großwirtschaften notwendigen landwirtschaftlichen Maschinen organisieren.
Das sind die Ursachen, warum die Arbeiterklasse zur leitenden Kraft, zum Führer der Bauernmassen wurde im Kampfe für den Sturz der zaristisch-gutsherrlichen Macht, im Kampfe gegen die Gutsbesitzer und Kapitalisten für die Sowjetmacht, im Kampfe gegen das Kulakentum für die Vernichtung der Ausbeutung im Dorfe und für den Aufbau einer kollektiven, sozialistischen Wirtschaft.
Die sozialistische Gesellschaft in der UdSSR war bereits aufgebaut. Aber heißt das, dass die Führung durch die Arbeiterklasse nicht mehr notwendig sei? Nein, und zwar aus folgendem Grund:
Die Völker der UdSSR mussten die sozialistische Sowjetgesellschaft festigen und weiterentwickeln. Die zerstörte Wirtschaft in den Gebieten, die vorübergehend von den Deutschen besetzt waren, musste wiederhergestellt werden. Tausende von neuen Industrie- und landwirtschaftlichen Betrieben mussten erbaut, die Arbeitsproduktivität weiter gesteigert, das ganze Leben noch besser und schöner gestaltet werden. Es mussten bewusste, aktive Mitglieder der sozialistischen Gesellschaft erzogen werden, kenntnisreiche und geschickte Arbeiter der sozialistischen Wirtschaft- sie mussten nicht nur in den Schulen, aus den Reihen der Jugend, sondern auch aus denen der erwachsenen Bevölkerung herangezogen werden. Man fand unter den Sowjetmenschen noch viele, die es bis niemals verstanden haben, die schwere Last alter Ansichten, Gewohnheiten und Vorurteile abzuwerfen.
Es war klar, dass bei der Lösung dieser schwierigen Aufgaben die Führung durch die fortschrittliche Gesellschaftsklasse -die Arbeiterklasse– notwendig war.
In der Sowjetgesellschaft gab es keine Ausbeuterklassen und -schichten. Dies bedeutet, dass es im Sowjetland keine volksfeindliche Kraft gab, die der sowjetischen Gesellschafts- und Staatsordnung entgegentreten könnte (es waren nur vereinzelte Feinde der Sowjetmacht übriggeblieben) (In der damaligen Zeit. P.R.). Aber die Sowjetunion, der sozialistische Staat der Arbeiter und Bauern, war von einer kapitalistischen Umwelt umgeben. Es war bekannt, dass das Sowjetland mehr als einmal Angriffen von Seiten der kapitalistischen Mächte ausgesetzt war und dadurch ein eine äußerst schwere Lage geriet. Die Gefahr derartiger Angriffe war auch für die Zukunft nicht ausgeschlossen. (Wie es sich auch gezeigt hat und 1989/90 mit Erfolg gekrönt war. P.R.) Es war klar, dass die Sowjetgesellschaft unter diesen Umständen die Leitung durch die führende Klasse– die Arbeiterklasse – brauchte. (Es konnten sich Verräter in die Reihen der Repräsentanten der Arbeiterklasse einschleichen. So zuletzt Gorbatschow. P.R.)
Es ist bekannt, welche große Bedeutung für die sozialistische Sowjetgesellschaft, für den sozialistischen Sowjetstaat das durch die Arbeiterklasse geleitete Bündnis der Arbeiter und Bauern hatte und bis am Ende noch immer hatte. Von diesem Bündnis sagte J.W. Stalin: „Es ist die erste und tragende Grundlage der Republik der Sowjets.“
In den Sowjets ist war Bündnis der Arbeiterklasse und der Bauernschaft als ein Staatsbündnis zweier Klassen der Sowjetgesellschaft verankert worden. Das war gleich im ersten Artikel der Verfassung der Sowjetunion niedergeschrieben: „Die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken ist ein sozialistischer Staat der Arbeiter und Bauern.“
Auch die Verfassung einer jeden Sowjetrepublik begann mit einem Artikel, das das Bündnis der Arbeiter und Bauern als das Staatsbündnis dieser Klassen verankerte.
3. Die staatliche Führung der Sowjetgesellschaft
Unter den Deputierten (Abgeordneten) der Werktätigen in den Sowjets waren Vertreter sowohl der Arbeiterklasse als auch der Bauernschaft und der Intelligenz. Durch die Sowjets eint, erzog und führte die Arbeiterklasse die gesamte Masse der Werktätigen. Durch die Sowjets verwirklichte die Arbeiterklasse die staatliche Führung der gesamten Sowjetgesellschaft.
Der grundlegende Unterschied zwischen der sozialistischen und der kapitalistischen Gesellschaftsordnung besteht darin, dass die staatliche Führung der Gesellschaft in der Sowjetunion der Arbeiterklasse gehörte, in den kapitalistischen Ländern dagegen der Bourgeoisie gehört. In der UdSSR wurde die staatliche Führung der Gesellschaft im Interesse aller Werktätigen, in den kapitalistischen Ländern dagegen wird sie im Interesse der Bourgeoisie ausgeübt.
Vom ersten Tage der Sowjetmacht an hatte der Sowjetstaat immer neue, äußerst wichtige und komplizierte Aufgaben zu lösen.
Gegen den jungen Sowjetstaat zogen sofort sowohl die innere Konterrevolution als auch die äußeren Feinde der Sowjetmacht zu Felde, die mit allen Mitteln bemüht waren, die Republik der Sowjets zu ersticken. In dieser ersten Entwicklungsperiode des Sowjetstaates bestand seine Hauptaufgabe darin, die konterrevolutionären Ausfälle der gestürzten Klassen mit Waffengewalt zu unterdrücken und die Verteidigung des Landes gegen die ausländischen Eindringlinge zu organisieren. Dementsprechend bestand auch die Tätigkeit der Organe des Sowjetstaates in dieser Periode vor allem in der Unterdrückung des Widerstandes der gestürzten Klassen innerhalb des Landes und in der Organisation der Verteidigung gegen den Angriff von außen her.
Dabei war die Aufmerksamkeit des Staates vor allem auf die Festigung solcher Organe der Sowjetmacht konzentriert, die der Hauptaufgabe jener Zeit am meisten entsprachen. Diese Organe waren: das Volkskommissariat für Kriegs- und Marinewesen, das die Organisation und die Kampfhandlungen der Roten Armee leitete; die Allrussische Außerordentliche Kommission zur Bekämpfung der Konterrevolution und Sabotage – die „Wetscheka“( besser bekannt unter der Bezeichnung „Tscheka“ P.R.), der Schrecken der Bourgeoisie, die viele konterrevolutionäre Verschwörungen und Aufstände aufgedeckt und zerschlagen hatte; das Volkskommissariat für die Ernährung mit seinen örtlichen Organen (darunter auch die Arbeiterabteilungen für die Ernährung(, das einen erbitterten Kampf ums Brot gegen das Kulakentum führte und die revolutionären Zentren des Landes sowie die Rote Armee mit Lebensmitteln versorgte.
In dieser Periode wurde die Klasse der Grundbesitzer restlos, die Klassen der Kapitalisten in der Stadt und der Kapitalisten im Dorfe (Kulaken) fast völlig liquidiert.
Der Sowjetstaat hatte in der ersten Periode noch eine weitere, die wirtschaftlich-organisatorische und kulturell-erzieherische Aufgabe. Jedoch konnte die Tätigkeit des Sowjetstaates damals in dieser Richtung nur in geringem Maße entfaltet werden. Die Staatsführung musste die Kräfte und Mittel auf die Lösung der Hauptaufgabe jener Zeit, auf die Zerschlagung der Ausländischen Eindringlinge und der inneren Konterrevolution konzentrieren.
In der zweiten Entwicklungsperiode des Sowjetstaates bestand die Hauptaufgabe darin, die sozialistische Wirtschaft im ganzen Lande zu organisieren, die letzten Überreste der Ausbeuterelemente in Stadt und Land zu vernichten, die kulturell-erzieherische Tätigkeit der sowjetischen Organe breit zu entfalten sowie eine mächtige, mit modernstem Kriegsmaterial ausgestattete Armee zu schaffen, die imstande wäre, jedem Angreifer von außen her eine vernichtende Abfuhr zu erteilen.
Dementsprechend veränderte sich auch die Tätigkeit des Sowjetstaates. Nach der Vernichtung der letzten Überreste der Ausbeuterklassen wurde eine militärische Unterdrückung innerhalb des Landes unnötig (es war niemand mehr niederzuhalten). Diese Seite der Tätigkeit des Sowjetstaates wurde hinfällig, überlebte sich. Aber die Notwendigkeit des militärischen Schutzes des Landes gegen einen Angriff von außen her ist geblieben, und folglich sind auch solche Organe des Sowjetstaates, die die Rote Armee und die Kriegsmarine, erhalten geblieben und verstärkt worden. Es blieben auch die Straforgane und der Abwehrdienst erhalten, die notwendig waren, um die von den kapitalistischen Mächten in das Sowjetland entsandten Spione, Schädlinge und Mörder zu bestrafen. Erhalten blieb und voll entfaltet wurde die wirtschaftlich-organisatorische und kulturell-erzieherische Tätigkeit des Sowjetstaates, bestehend in der Errichtung neuer Industriebetriebe, insbesondere großer, mit neuester Technik ausgestatteter Hütten- und Maschinenbauwerke; in der Errichtung großer, mit den besten Maschinen versehener Sowjetgüter; in der Unterstützung der Bauern bei der Organisierung und Festigung der Kollektivwirtschaften; in der Erhöhung der Arbeitsproduktivität; in der Erweiterung und Verbesserung der Verkehrsmittel sowie des Post- und Fernmeldewesens; in der Verstärkung und Verbesserung der Versorgung des Landes mit Industriewaren; in der Ausbreitung des Netzes der Anstalten für Volksbildung, Gesundheitswesen, Wissenschaft, Kunst, Presse usw. (Auch wenn es bis heute Zeitgeist ist Stalin zu verdammen, so gibt es keine andere Erkenntnis, als dass es während der Lebzeiten Stalins wirtschaftlich in der UdSSR aufwärts ging. Nach Stalins Tod ging es abwärts. P.R.)
In dieser Periode entstand für den Sowjetstaat eine neue Art von Tätigkeit: Schutz des gesellschaftlichen, sozialistischen Eigentums, das zur Grundlage der gesamten Sowjetordnung, der Verteidigungskraft des Landes und des Wohlstandes der Volksmassen der Sowjetunion wurde.
Die Sowjetunion wurde zu einer mächtigen industriellen und kollektivwirtschaftlichen Großmacht und zu einem der bedeutendsten Kulturländer der Welt.
Die friedliche Entwicklung der Sowjetunion wurde durch den überraschenden Überfall des faschistischen Deutschlands und seiner Komplizen unterbrochen. In diesen schweren und verantwortungsvollen Moment zeigte die Staatsführung des Sowjetlandes mit J.W. Stalin an der Spitze größte Energie und Standhaftigkeit, Weisheit und Voraussicht. Sie hat es verstanden, die Arbeit sämtlicher Sowjetorgane und Wirtschaftsbetreibe rasch auf die Bedürfnisse des Krieges umzustellen. Sie hat es verstanden, das gesamte Volk zu begeistern und zusammenzuschließen, sämtliche Kräfte und Mittel des Volkes zu konzentrieren, um die deutsch-faschistischen Eindringlinge zu zerschlagen. Sie hat es verstanden, eine reibungslose Versorgung der Roten Armee mit erstklassigem Kriegsmaterial und eine ununterbrochene Auffüllung ihrer Reihen mit gut ausgebildetem Ersatz zu organisieren. Sie hat es verstanden, die Kriegsoperationen in glänzender Weise zu lenken. Das war es, was der UdSSR den Sieg über den übermütigen und starken Feind sicherte.
Die Geschichte der UdSSR und die Lehren des Großen Vaterländischen Krieges (II. Weltkrieg) sprechen überzeugend davon, dass der Sowjetstatt in Friedenszeiten der beste Organisator des wirtschaftlichen und kulturellen Aufbaues war. (zu Lebzeiten Stalins P.R.)
In Kriegsjahren dagegen erwies sich der Sowjetstaat als der beste Organisator sämtlicher Kräfte des Volkes für eine vernichtende Abwehr des Feindes. (ebenfalls zu Lebzeiten Stalins)
Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 3 aus dem Jahre 1947, Original-Autor W.A. Karpinskij, bearbeitet von Petra Reichel
Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 3, aus dem Jahre 1947
Am 1. Mai 1919 sprach W.I. Lenin auf dem Roten Platz in Moskau zum Volk:
„Unsere Enkel werden die Dokumente und Denkmäler der Epoche der kapitalistischen Ordnung wie Wunderdinge bestaunen. Sie werden sich schwer vorstellen können, wie der Handel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs sich in Privathänden befinden, die Fabriken und Werke einzelnen Personen gehören, ein Mensch den anderen ausbeuten und wie Menschen existieren konnten, die nicht arbeiteten.“ (Bekanntlich ist es anders gekommen. Der Kapitalismus hat gesiegt und die Enkel bestaunen die sozialistische Ordnung als Wunderdinge, soweit sie von ihren Großeltern, alten Büchern und Dokumenten die Wahrheit erfahren.P.R.)
Josef Wissarionowitsch Stalin (Nach einem Gemälde von A. Gerassimow
Entnommen aus „Das Sowjetland“, Band 3 Original-Autor W.A. Karpinskij
Der sowjetischen Jugend, die in der Zeit der Sowjetmacht geboren wurde und aufgewachsen ist,fiel es in der Tat sehr schwer, sich die Gesellschaftsordnung des zaristischen Russlands vorzustellen, da die Fabriken und Werke, Produktionswerkzeuge und -mittel, Felder, Wiesen und Berge, Waldungen und Gewässer Privateigentum reicher Nichtstuer waren, während Millionen von Arbeitern und armen Bauern ein Hungerleiderdasein fristeten, indem sie ihre Arbeitskraft den Kapitalisten, Gutsbesitzern und Kulaken verkauften. Die alten Arbeiter und Bauern haben die ganzen Schrecken der auf Privateigentum beruhenden bürgerlich-gutsherrlichen Ordnung am eigenen Leibe erfahren. Die Sowjetjugend dagegen hat einen Kapitalisten oder Gutsherren nie gesehen. Sie ist von klein auf an eine andere, auf dem sozialistischen Eigentum beruhende Ordnung gewöhnt. (Nun ja, ihre Enkel haben wieder die kapitalistische Ordnung kennengelernt und sich daran gewöhnt.)
Nach der stalinschen Verfassung ist der Boden, seine Schätze, die Gewässer, die Waldungen, die Gruben, die Bergwerke, die Fabriken, die Werke, die Sowjetwirtschaften, die Maschinen- und Traktorenstationen, die Banken, das Eisenbahn-, Wasser- und Luftverkehrswesen, das Post- und Fernmeldewesen, die Kommunalbetriebe und der Grundbestand an Wohnhäusern in den Städten – all das ist sozialistisches Staatseigentum, d.h. Gemeingut des Volkes.
Die Wirtschaftsgebäude und Betriebe der Kollektivwirtschaften und der genossenschaftlichen Organisationen, ihre Werkzeuge und Maschinen, ihr Arbeitsvieh und ihre Viehzuchtfarmen, bilden das genossenschaftlich-kollektivwirtschaftliche sozialistische Eigentum, d. h. das Eigentum der Kollektivwirtschaften und der genossenschaftlichen Vereinigungen.
Welch wichtige Bedeutung das genossenschaftlich-kollektivwirtschaftliche sozialistische Eigentum besitzt, ist aus der Tatsache ersichtlich, dass die erdrückende Mehrheit der Bauernhöfe des Sowjetlandes in Kollektivwirtschaften vereinigt ist. Im Jahre 1940 gehörten den Kollektivwirtschaften fast 97 v.H. der Gesamtzahl der Bauernhöfe an.
Die kleine Privatwirtschaft der Einzelbauern und der Kleingewerbetreibenden ist durch das Sowjetgesetz zugelassen unter der Bedingung, dass sie auf persönlicher Arbeit beruht und eine Ausbeutung fremder Arbeit ausschließt.
Das sowjetische Gesetz schützte ebenfalls das persönliche Eigentumsrecht aller Bürger (Natürlich sind Frauen stets auch gemeint. Das Gendern würde aber den Text holprig machen. Darum ist es nicht in die Bearbeitung eingeflossen. P.R.) an ihren Arbeitseinkünften und Ersparnissen, am Wohnhaus und der häuslichen Nebenwirtschaft, an den Hauswirtschafts- und Haushaltungsgegenständen sowie Gegenständen des persönlichen Bedarfs und Komforts. Das sowjetische Gesetz schützte ferner das Erbrecht an persönlichem Eigentum.
Jeder der Sowjetbürger war sich bewusst, von welch großer Bedeutung das sozialistische Eigentum für die Werktätigen, für das Sowjetland und für den Sowjetstaat ist.
Weshalb konnte in der Sowjetunion keiner den anderen zwingen, für sich zu arbeiten? Eben deshalb, weil im Sowjetland der Boden sowie die Produktionswerkzeuge und -mittelsozialistisches und kein privates Eigentum darstellten.
Weshalb gab es in der UdSSR keine Arbeitslosigkeit und keine Armut? Weshalb wurde das Leben der gesamten Masse der Werktätigen mit jedem Jahr wohlhabender und kultivierter und wird es auch weiterhin werden?(Nach Stalins Tod ging es allerdings abwärts. P.R.)
Weil im Sowjetland der Boden, die Fabriken, Werke, Gruben, Banken, das Verkehrswesen, das Post- und Fernmeldewesen, die Druckereien, Schulen, Bibliotheken, Theater, Lichtspielhäuser, Krankenhäuser, Sanatorien (Kur-, bzw. Rehakliniken) usw. sozialistischen Eigentum waren. Das alles diente dem Nutzen und dem Wohle des werktätigen Volkes und stellte kein Mittel zur Bereicherung von Privatbesitzern dar, wie das in den kapitalistischen Ländern, bzw. der heutigen Welt (von Ausnahmen abgesehen) der Fall ist.
Weshalb hatte sich das einst rückständige Sowjetland in beispielloser kurzer Frist in einen der mächtigsten Staaten der Welt verwandelt, der es vermochte, seine Freiheit und Unabhängigkeit im Kampf gegen das faschistische Deutschland und seine Komplizen zu behaupten?
Weil das sozialistische Eigentum die Grundlage war, auf der das sowjetische Volk eine machtvolle Industrie, die größte hochproduktive Landwirtschaft der Welt geschaffen und eine vortreffliche Bewaffnung und gute Versorgung der Roten Armee gewährleistet hatte.
Das sozialistische Eigentum bildete die Grundlage der gesamten sowjetischen Gesellschaftsordnung, und darin lag ihre Stärke, darin lag ihr grundlegender Unterschied von der kapitalistischen Ordnung, der das Privateigentum an die Produktionswerkzeuge und -mittel zugrunde lag.
2. Die sozialistischen Betriebe
Die Stalinsche Verfassung spricht von zwei Formen des sozialistischen Eigentums: vom Staatseigentum und vom genossenschaftlich-kollektivwirtschaftlichen Eigentum. Warum gab es in der UdSSR nicht eine Form, sondern zwei Formen des sozialistischen Eigentums?
Die alten Industriebetriebe und die landwirtschaftlichen Großbetriebe wurden den Kapitalisten und Gutsherren weggenommen und zum Eigentum des Sowjetstaates gemacht. In der Zeit der Stalinschen Planjahrfünfte wurden sehr viele neue Werke, Fabriken, Kohlengruben, Bergwerke, Bohrtürme, Großkraftwerke gebaut und in der Landwirtschaft viele Sowjetgüter und Maschinen-Traktoren-Stationen geschaffen. Alle diese Betriebe waren mit Kräften und aus dem Mitteln des Sowjetstaates geschaffen worden. Und auch der Boden, auf dem sie gelegen waren, gehörten dem Sowjetstaat. Es ist begreiflich, dass diese Betriebe und die gesamte in ihnen erzeugte Produktion Staatseigentum, das heißt Gemeingut des Volkes waren.
Aber nehmen wir eine Kollektivwirtschaft mit ihren Feldern und Farmen, mit ihren Produktionsmitteln und Wirtschaftsbauten. Wie waren sie entstanden? Die Kollektivwirtschaft wurde mit Kräften und aus den Mitteln der Bauern selbst, mit Hilfe und unter Anleitung des Staates aufgebaut, und zwar durch freiwillige Vereinigung der Hauptproduktionsmittel, der Arbeitskräfte und der Bodenanteile der Bauernfamilien. Es ist begreiflich, dass der gesamte wirtschaftliche Besitz der Kollektivwirtschaft und die gesamte von ihr erzeugte Produktion das gesellschaftliche Eigentum des Bauernkollektivs war, welches die Kollektivwirtschaft organisiert hatte. Nur der Boden, die die Kollektivwirtschaft innehatte, stellte Staatseigentum dar, das ihr zu unentgeltlicher und unbefristete Nutzung urkundlich zuerkannt war.
Folglich war das Vorhandensein von zwei Formen des sozialistischen Eigentums in der UdSSR mit der verschiedenen Entstehungsweise der sozialistischen Betriebe – der staatlichen und der genossenschaftlich-kollektivwirtschaftlichen – eng verbunden.
Es gab auch andre Unterschiede zwischen den staatlichen und genossenschaftlich-kollektivwirtschaftlichen Betrieben. Wer war der Besitzer des staatlichen Betriebes? Der Sowjetstaat. Die sowjetischen Organe ernennen einen Direktor zur Leitung des Betriebes. Die Arbeiter und Angestellten dieses Betriebes erhalten vom Staat für ihre Arbeit einen der Menge und Qualität ihrer Arbeit entsprechenden Lohn ausgezahlt.
Und wer war der Besitzer der Kollektivwirtschaft? Das Bauernkollektiv, das sich zu der Kollektivwirtschaft zusammengeschlossen hat. Die Angelegenheiten der Kollektivwirtschaft wurden durch die Generalversammlung ihrer Mitglieder und in der Zeit zwischen den Versammlungen – durch die von der Generalversammlung gewählte Verwaltung der Kollektivwirtschaft geregelt. Dem Staat gegenüber hatte die Kollektivwirtschaft gewisse Pflichten zu erfüllen: Geldsteuern zu entrichten und einen gesetzlich festgelegten Teil ihrer Produktion an den Staat abzuliefern (zu festen Preisen zu verkaufen). Die Kollektivwirtschaft entlohnte die staatliche Maschinen- und Traktorenstation für die vertragsgemäß ausgeführten Arbeiten mit Geld und Naturalien. Für die Erfüllung aller Verpflichtungen wurde ein Teil der Einkünfte der Kollektivwirtschaft verbraucht. Über alle übrigen Einkünfte verfügte das zu der Kollektivwirtschaft zusammengeschlossene Bauernkollektiv nach eigenem Ermessen, gemäß dem Statut des landwirtschaftlichen Artels.
Die Kollektivbauern erhielten keinen Lohn vom Staat wie die Arbeiter eines Werkes oder eines Sowjetgutes (eines staatlichen landwirtschaftlichen Betriebes). Die Arbeit der Kollektivbauern wurde aus den Einkünften ihrer Kollektivwirtschaft vergütet. Die Vergütung erfolgte sowohl in Geld als auch in Naturalien (Produkten) nach Tagewerken, entsprechend der Menge und Qualität der von jedem Kollektivbauer für die Kollektiverzeugung aufgewandten Arbeit.
Außer den Einkünften aus der gemeinsamen kollektiven Wirtschaft haben die Kollektivbauern Einkünfte aus ihrer persönlichen kleinen Nebenwirtschaft auf dem Hofland (eigenes Vieh, Gemüsegarten, Obstgarten usw.). Die Kollektivwirtschaften aus die Kollektivbauern konnten die Überschüsse ihrer Produktion auf dem kollektivwirtschaftlichen Markt frei verkaufen.
Das waren die Unterschiede zwischen den staatlichen und genossenschaftlich-kollektivwirtschaftlichen Betrieben. Diese Unterschiede waren recht wesentlich. Jedoch bestand kein grundsätzlicher Unterschied zwischen diesen beiden Formen der Betriebe: sowohl die einen als auch die andren waren auf gleichen Hauptgrundlagen aufgebaut. Was waren das für Grundlagen?
Die Produktionsmittel sowohl der einen als auch der anderen Betriebe stellten gesellschaftliches (und kein privates) Eigentum dar. In den staatlichen Betrieben gehörten sie dem ganzen Volk, d.h. der ganzen Gesellschaft; in den genossenschaftlich-kollektivwirtschaftlichen Betrieben gehörten sie einzelnen gesellschaftliche Organisationen. Aber in beiden Fällen stellten sie gesellschaftliches, sozialistisches Eigentum dar.
Die Werktätigen sowohl der staatlichen als auch der genossenschaftlich-kollektivwirtschaftlichen Betriebe arbeiteten gemeinsam in einer gesellschaftlichen (und keiner privaten) Wirtschaft. Unabhängig davon, ob der Betrieb dem ganzen Volke, d.h. der ganzen Gesellschaft oder einzelnen gesellschaftlichen Organisationen gehörte, wurde die Arbeit der Werktätigen nach einer allgemeinen Stalinschen Verfassung niedergeschriebenen sozialistischen Regel entlohnt:„Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung.“
Sowohl die einen als auch die anderen Betriebe wurden nach einem einheitlichen volkswirtschaftlichen Plan im Interesse der Werktätigen, der sowjetischen Gesellschaft und des Sowjetstaates geführt.
Auf diese Weise waren die staatlichen und die genossenschaftlich-kollektivwirtschaftlichen Betriebe, wenn auch in ihrer Form verschieden, aber in ihrem sozialistischen Wesenskern gleich. Die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen war weder den einen noch den andren Betrieben möglich.
Dass es in der sozialistischen Gesellschaft kein Privateigentum an Produktionsmitteln und keine Ausbeutung des Menschen durch den Menschen gibt, unterscheidet sie grundsätzlich von der kapitalistischen, die gerade auf Ausbeutung der gewaltigen werktätigen Mehrheit durch die geringe nicht werktätige Minderheit beruht.
Die vom Sowjetvolk erbauten Werke, Fabriken, Sowjetgüter, Kollektivwirtschaften waren gleichsam einzelne Bausteine, aus denen die damals unerschütterliche Grundlage des riesigen und herrlichen Baus der sowjetischen sozialistischen Gesellschaft gelegt wurde. (1989/90 wurde dieser Bau, um bei diesem Beispiel zu bleiben, erschüttert und ist dann letztendlich eingestürzt. Die Konterrevolution hat gesiegt. P.R.)
Alle staatlichen und genossenschaftlich-kollektivwirtschaftlichen Betriebe zusammengenommen, die gesamte sozialistische Wirtschaft als Ganzes stellten die einheitliche wirtschaftliche Grundlage der sowjetischen sozialistischen Gesellschaft dar.
3. Die sozialistische Planwirtschaft
Wir wollen die Arbeit der sowjetischen Wirtschaftsbetriebe einer näheren Betrachtung unterziehen. Da sind zum Beispiel die Baumwoll-Kollektivwirtschaften der mittelasiatischen Sowjetrepubliken. Sie lieferten ganze Berge schneeweißer Baumwolle. Die Baumwolle ging in die staatlichen Baumwollfabriken. In den Fabriken wurden daraus Millionen und aber Millionen von Metern Gewebe erzeugt. Das Gewebe ging an die Konfektionsfabriken, für die Werktätigen der gesamten Sowjetunion.
Die Getreide erzeugenden Kollektivwirtschaften versorgten das Land mit Brot. Mit ihrem Brot ernährten sich die Arbeiter der Werke und Fabriken, die Sowjetische Armee und auch die Kollektivbauern, die Baumwolle, Flachs oder Tabak anbauten.
Von den Werken und Fabriken aber wurden an die Werktätigen der Landwirtschaft Maschinen, Brennstoff, chemische Düngemittel, Petroleum, Salz, Zucker, Gewebe, Kleidung, Schuhwaren, Haushaltsgegenstände, Bücher, Zeitungen, Fahrräder, Rundfunkempfänger usw. geliefert.
Wie wir sehen, waren die einzelnen Zweige der Volkswirtschaft der UdSSR eng miteinander verbunden und stellten zusammengenommen eine einheitliche sozialistische Volkswirtschaft dar. Jeder einzelne Betrieb war nur ein winziger Teil einer einheitlichen riesigen Volkswirtschaft.
Es ist begreiflich, dass kein Betrieb der UdSSR so arbeiten konnte, wie es ihm gefiel. Jeder Betrieb musste seinen Anteil an der für das ganze Land notwendigen gemeinsamen Arbeit erfüllen. Mit anderen Worten: jeder Betrieb musste nach einem im voraus aufgestellten Plan arbeiten, wobei dieser Plan ein Teil des einheitlichen volkswirtschaftlichen Planes sein musste. Die volkswirtschaftlichen Pläne wurden von der Staatlichen Planungskommission (GOSPLAN) der UdSSR ausgearbeitet. In allen sowjetischen Republiken, Regionen und Gebieten, Kreisen und Bezirken bestanden Planungskommissionen, um GOSPLAN zu unterstützen.
Für jedes Jahr und für ganze Jahrfünfte im Voraus wurden in der UdSSR Pläne der Entwicklung der Volkswirtschaft ausgearbeitet. Für ein Jahr und für ein Jahrfünft im Voraus wurde berechnet, wieviel und welche Erzeugnisse jeder Zweig der Volkswirtschaft zu produzieren hatte, wieviel und welche Rohstoffen man dazu brauchte, wieviel und welche Maschinen und Ausrüstung für diesen Zweck bereitzustellen waren, wie man Arbeitsproduktivität steigern konnte und die Selbstkosten herabsetzen konnte und musste, welche neuen Betriebe gebaut wurden, wieviel Arbeitskräfte und in welchen Fächern auszubilden waren usw.. Aufgrund dieser Pläne wurde jedem Betrieb ein besonderer Plan zugestellt.
Aber nun hatte jeder Betrieb den Plan in den Händen. Hatte nun, sagen wir, eine Kollektivwirtschaft sich mit der einfachen Erfüllung der durch den Plan gestellten Aufgabe begnügt? Nein, die sKollektivwirtschaft hatte ihre materiellen Mittel und Arbeitskräfte noch einmal überschlagen und dachte darüber nach, ob man den Plan nicht übererfüllen, ob man die Fristen nicht kürzen, die Kosten herabsetzen konnte usw.. Und der Plan wurde oft übererfüllt.
„Der Produktionsplan“, sagte J.W. Stalin, „ist in Wirklichkeit die lebendige und praktische Tätigkeit von Millionen Menschen…das sind lebendige Menschen, das sind wir alle miteinander, das ist unser Arbeitswille…“
Auf diese Weise wurde die gesamte Volkswirtschaft der UdSSR nach einem einheitlichen volkswirtschaftlichen Plan, unter einheitlicher Leitung geführt im Interesse der Steigerung des gesellschaftlichen Reichtums, der stetigen Erhöhung des materiellen und kulturellen Wohlstandes der Werktätigen, der Sicherung der Unabhängigkeit der UdSSR und der Stärkung ihrer Verteidigungsfähigkeit. (Später, nach Stalins Tod, klappte das Ineinandergreifen der Rädchen der Planwirtschaft nicht mehr. Hinzu kam später der Eingriff durch die „Entspannungspolitik“ seitens des Westens. Es kam zur Abhängigkeit von ausländischer Währung und vieles wurde exportiert, was der einheimischen Bevölkerung fehlte. Mangelwirtschaft machte sich breit. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung wuchs und die Konterrevolution konnte schließlich 1989/90 marschieren. P.R.)
Darin bestand einer der grundlegenden Unterschiede zwischen der sozialistischen und der kapitalistischen Gesellschaft, wo es keine Planung der Volkswirtschaft gibt, wo jeder Besitzer seinen Betrieb einzig und allein in seinem eigenen Interesse, mit dem Ziel, Profit zu machen führt.
Die sozialistische Planwirtschaft bot dem Sowjetstaat sowohl bei der Entwicklung der wirtschaftlichen Kräfte des Landes als auch bei dessen Verteidigung gegen äußere Feinde gewaltige Vorteile. Die Sowjetunion hatte gegen eine äußerst starke Militärmacht -das faschistische Deutschland- und deren Verbündete zu kämpfen, wobei Deutschland sich auf das Wirtschaftspotential und die Menschenreserven fas des ganzen von ihm eroberten Westeuropas stützen konnte. Und trotzdem ging die Sowjetunion aus diesem schweren Krieg als Sieger hervor. Wie ist das zu erklären?
J.W. Stalin sagte: „Die wirtschaftliche Grundlage des Sowjetstaates hat sich unvergleichlich lebensfähiger gezeigt als die Wirtschaft der feindlichen Staaten. Die von der Oktoberrevolution hervorgebrachte sozialistische Gesellschaftsordnung hat unserem Volk und unserer Armee eine große und unüberwindliche Kraft verliehen.“
Die sozialistische Planwirtschaft, die auf Grundlage des gesellschaftlichen, sozialistischen Eigentums aufgebaut war und von einem einheitlichen Zentrum aus gelenkt wurde, stellte eine der Hauptquellen der Stärke und Macht der Sowjetunion dar.
4. Der Sozialismus im Alltagsleben des Volkes
Einst war der Sozialismus nur eine Theorie, eine Lehre, über die man sich stritt, ob sie in die Tat umgesetzt werden könne oder nicht. In einem der größten Staaten der Erde war der Sozialismus Wirklichkeit geworden und war fest ins Alltagsleben der Völker der Sowjetunion eingegangen. (Allerdings war dies nur auf Zeit, so dass wieder darum gestritten wird, ob der Sozialismus nur eine Lehre ist oder in die Tat umgesetzt werden kann. Nun gilt der Sozialismus in Europa als gescheitert. P.R.)
Der Sozialismus im Leben bedeutete die Abschaffung der Ausbeutung und Unterdrückung des Menschen durch den Menschen, die Abschaffung der Arbeitslosigkeit und der Armut, ständiges Wachstum des Wohlstandes und der Kultur der Volksmassen. Der Sozialismus im Leben – das waren die neuen Verhältnisse zwischen den Menschen, wie sie in der sozialistischen Gesellschaft sich gestaltet hatten. Der Sozialismus im Leben war das stolze Bewusstsein, dass du für dich selbst und die Gesellschaft der Werktätigen, die aus ebensolchen Schaffenden wie du bestand, arbeitest, dass du ein vollwertiges Mitglied dieser Gesellschaft, der vollberechtigte Herr des eigenen Landes und seiner Reichtümer warst. Der Sozialismus im Leben war die feste Gewissheit, dass dir alle Wege und Möglichkeiten offenstanden, um deine schöpferischen Kräfte und Fähigkeiten zu entfalten.
Dieses Bewusstsein, diese Gewissheit beruhte auf der grundlegenden Tatsache des sowjetischen Lebens, über die Stalin gesagt hat: „In unseren Fabriken und Werken wird ohne Kapitalisten gearbeitet. Die Arbeit wird von Menschen aus dem Volke geleitet. Das wird bei uns Sozialismus der Tat genannt. Auf unseren Feldern arbeiten die Werktätigen des Dorfes ohne Gutsherrn und Kulaken. Die Arbeit wird von Menschen aus dem Volke geleitet. Das wird bei uns Sozialismus im Leben, das wird bei uns freies, sozialistisches Leben genannt.“
Stalins Worte ließen sich durch Tatsachen aus dem Leben unschwer bestätigen. Da waren zum Beispiel die in der Sowjetunion angesehene Familie Korobow. Der Vater -I.G. Korobow – war ein alter Hüttenarbeiter (geboren im Jahre 1882). Als Knabe besuchte er zwei Winter lang die Grundschule. Dann trat er als Hilfsarbeiter in ein Hüttenwerk ein. Einmal wäre er durch das aus dem Hochofen ausfließende Gusseisen fast verbrannt worden. Ein anderes Mal wäre er im glühenden Hochofen, in den er bei einer Reparatur am Strick hinabgelassen wurde, fast erstickt. Durch seine Findigkeit und seine Beharrlichkeit hatte es bis zum Meister gebracht -ein für die damalige Zeit seltener Fall. Seit 1918 war I.G. Korobow Obermeister der Hochofenabteilung des Kirow-Werks in Makejewka. Er hatte über ein halbes Hundert Verbesserungsvorschläge eingebracht, und seine Erfindungen hatten den Hüttenproduktionsprozess grundlegen umgestaltet.
Im Jahre 1937 hatte das Volk I.G. Korobow zum Deputierten (Abgeordneten) des Obersten Sowjets der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik(ausgerechnet die Ukranie. P.R.) und im Jahre 1946 zum Deputierten des Obersten Sowjets der UdSSR gewählt.
Nach der Befreiung des Donezbeckens von den hitlerischen Okkupanten kehrte der Obermeister unverzüglich nach Makejewka zurück und nahm an der Wiederherstellung des Werkes teil. (Na ja, seine Nachfahren haben nun einen schweren Stand. P.R.)
Die drei Söhne von Korobow hatten in den Jahren der Sowjetmacht Hochschulen absolviert und bekleideten ( Stand 1947) verantwortungsvolle Posten. Nikolaj Korobow war Chefingenieur der Hauptverwaltung der Hüttenindustrie des Urals und des Ostens. Pawel Korobow war stellvertretender Minister für Eisenhüttenwesen. Im Jahre 1937 wurde er zum Deputierten (Abgeordneten) des Obersten Sowjets der UdSSR gewählt und im Jahre 1946 wiedergewählt. Ilja Korobow war Direktor des großen Petrowskij-Hüttenwerks in der Ukraine. (Ausgerechnet die Ukraine. Die armen Nachfahren. P.R.)
Die Leiter der sowjetischen Industrie waren zum größten Teil aus den Reihen der Arbeiter und Bauern sowie der Intelligenz hervorgegangen. Nach einer Beratung der Hüttenfachleute in Moskau brachte Stalin beim Empfang im Kreml einen Trinkspruch auf die alten und neuen Kämpfer an den Hochöfen und auf die Familie Korobow aus. Dann sagte er freundschaftlich zu I.G. Korobow: „Du bist ein Prachtkerl! Vielen Dank dafür, dass du eine solche Familie großgezogen hast!“„Prachtkerl meinetwegen!“ antwortete dieser, „wenn es aber keine Sowjetmacht gegeben hätte, wäre aus mir kein Prachtkerl geworden!“(Wie mag es den Nachfahren dieser Familie heute gehen? Auch noch ausgerechnet in der Ukraine? P.R .)
Ähnliches war auch in der Landwirtschaft zu beobachten. Nehmen wir als Beispiel eine sowjetische Kollektivwirtschaft – die Timirjasew-Kollektivwirtschaft im Gordodezer Rayon des Gebietes Gorki. Das war ein ganzes Städtchen mit einem Kraftwerk und einer Wasserleitung, mit Klub, Schule, Krankenhaus, Entbindungsheim, Kindergarten und -krippe sowie verschiedenen anderen kulturellen Einrichtungen. Der Kollektivwirtschaft war durch eine Staatsurkunde 3189 Hektar Boden zu unentgeltlicher und unbefristeter Nutzung, d.h. für ewig zuerkannt worden. Davon entfielen 1632 Hektar auf Ackerboden, 72 Hektar auf den Gemüse- und 15 Hektar auf den Obstgarten der Kollektivwirtschaft. Die Kollektivwirtschaft besaß fünf Farmen: eine Meierei mit 100 Kühen, eine Schweinemästerei, eine Schäferei, eine Geflügelfarm und ein Pferdegestüt, im dem Vollbluttraber gezüchtet wurden. Die Kollektivwirtschaft hatte eine Reihe von Nebenbetrieben: Wind- und Dampfmühle, Butterfabrik, Ziegelei, Dachziegelfabrik, Töpferei, Filzschuhwerkstatt, Tischlerei und Imkerei. Diese reiche und vielseitige gesellschaftliche Wirtschaft wurde von dem einheimischen Bauer I.A. Jemeljanow geleitet, der im Dorfe Medwedkowo im Jahre 1901 geboren wurde. Er war der Organisator der im Jahre 1930 entstandenen Kollektivwirtschaft und war seitdem ihr stets wiedergewählter Vorsitzender. (Diese und andere damalige Kollektivwirtschaften samt Sozialeinrichtungen stehen heute vermutlich leer und sind dem Verfall preisgegeben. P.R.)
Man könnte beliebig viele solcher Beispiele anführen. Sie bestätigen alle, dass in der Sowjetunion die Werktätigen selbst ohne Kapitalisten und Gutsherren ihre sozialistische Wirtschaft führten, dass in der Sowjetunion unter der Führung der bolschewistischen Partei tatsächlich jene gerechte, sozialistische Gesellschaftsordnung Wirklichkeit geworden war, für die Tausende fortschrittlicher Menschen des Sowjetlandes ihr Leben hingegeben hatten. (Ihr Tod war umsonst.P.R.)
5. Die moralisch-politische Einheit der Sowjetgesellschaft
Am 17. Januar 1939 wurde im ganzen Lande eine allgemeine Volkszählung durchgeführt. Es ergab sich, dass in der Sowjetunion etwa 170 Millionen Menschen lebten. (Mit dem Eintritt der neuen sozialistischen Sowjetrepubliken und Gebiete in die Sowjetunion in den Jahren 1939(40 hatte sich die Bevölkerung der UdSSR um mehr als 23 Millionen Menschen vergrößert.) Davon bildeten Arbeiter und Angestellte (mit Familien) die Hälfte, die Kollektivbauern und die in Genossenschaften zusammengeschlossenen Kleingewerbetreibenden etwas weniger als die Hälfte. Es blieb noch eine geringe Anzahl von Einzelbauern und einzelnen Kleingewerbetreibenden, die in ihrem Privatbetrieb arbeiteten, ohne fremde Arbeit auszubeuten. Mit ihren Familien stellten sie 2,5 v.H. der Bevölkerung dar.
Auf diese Weise bestand die Sowjetgesellschaft nur aus Werktätigen -aus Arbeitern, Bauern und der Intelligenz, die ebenfalls aus den Reihen der Arbeiter und Bauern aufgefüllt wurde. Dabei arbeitete die erdrückende Mehrheit der Werktätigen in der sozialistischen Wirtschaft- in den staatlichen Betrieben und Ämtern oder in den genossenschaftlich-kollektivwirtschaftlichen Betrieben. In der Sowjetgesellschaft gab es keine Ausbeuterklassen oder -schichten, keine Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Das bedeutet eben, dass die sowjetische Gesellschaft eine sozialistische war.
Dennoch gab es in der Sowjetgesellschaft zwei Klassen- die Arbeiterklasse und die Bauernschaft. Die erhalten gebliebene Einteilung in Arbeiter und Bauern (in erdrückender Mehrheit Kollektivbauern) erklärt sich dadurch, dass es im Sowjetlande zwei Formen des sozialistischen Eigentums, zwei Formen der sozialistischen Betriebe gab.
Die Arbeiter und Bauern stellten obwohl verschiedene, doch befreundete Klassen dar. Die Arbeiterklasse war die führende und leitende Klasse in der sowjetischen Gesellschaft. Die Arbeiterklasse und die werktätige Bauernschaft kämpften gemeinsam um ihre Befreiung, besiegten gemeinsam ihre Feinde und bauten gemeinsam eine neue, die sozialistische Gesellschaft auf. Ihre Interessen in allen Grundfragen waren völlig übereinstimmend. Und auch ihre Ziele waren die gleichen: Festigung des Sowjetstaates, Sicherung eines dauerhaften Friedens unter den Völkern, Weiterentwicklung der sozialistischen Sowjetgesellschaft und einträchtige Arbeit, um das Leben reicher und kultivierter zu gestalten.
Lasst in Gedanken Euren Blick über das gesamte damalige Sowjetland von der einen Grenze bis zur anderen schweifen und Ihr werdet sehen, welch unvergleichliches Bild freundschaftlicher Zusammenarbeit von Arbeitern, Bauern und Intelligenz die sozialistische Sowjetgesellschaft bot. Ihr werdet sehen, wie einmütig das sowjetische Volk war, und wie Millionen und aber Millionen von Sowjetmenschen sich gegenseitig in brüderlicher Weise unterstützten und an einem gemeinsamen großen Werk arbeiteten.
Diese tiefgehende Einheit der grundlegenden Interessen, Ansichten und Ziele der Sowjetmenschen, ihr Zusammenschluss um die Sowjetregierung und die kommunistische Partei stellten die moralisch-politische Einheit des Sowjetvolkes dar. Wie war sie entstanden?
Diese Einheit entstand keinesfalls sofort. Eine solche tiefgehende Einheit des gesamten Sowjetvolkes gab es nicht zu der Zeit, als im Sowjetdorfe die kleinen privaten Einzelwirtschaften vorherrschten. Sie entwickelte sich nach und nach, in dem Maße, wie die Bauern immer mehr zu der sozialistischen Aufbauarbeit herangezogen und vom Bewusstsein durchdrungen wurden, dass ihre Interessen des gesamten Volkes und Staates übereinstimmen.
Die moralisch-politische Einheit des Sowjetvolkes wurzelte also darin, dass die wirtschaftliche Grundlage der sozialistischen Gesellschaft eine einheitliche war und dass alle Sowjetmenschen Werktätige einer einheitlichen sozialistischen Wirtschaft waren.
Auf diesem Boden war die moralisch-politische Einheit der sozialistischen Sowjetgesellschaft erwachsen. Diese Einheit festigte sich noch mehr auf der Grundlage der freundschaftlichen Zusammenarbeit der Arbeiter, Bauern und Intelligenz sowohl in den Jahren der friedlichen sozialistischen Aufbauarbeit als auch in den Jahren des Vaterländischen Krieges (II. Weltkrieg P.R.)gegen den deutschen Faschismus.
Die moralisch-politische Einheit der Sowjetgesellschaft kam ferner in der Einigkeit und Freundschaft der gesamten Sowjetvölker zum Ausdruck und war eine unerschöpfliche Quelle des sowjetischen Patriotismus, der sich im Vaterländischen Krieg (II. Weltkrieg) mit besonderer Kraft offenbarte.
Eine solche moralisch-politische Einheit wie in der UdSSR gibt es in der kapitalistischen Gesellschaft nicht und kann es auch nicht geben, weil dort ein unversöhnlicher Kampf zwischen Arbeitern und Kapitalisten, zwischen Bauern und Gutsherren, zwischen Ausgebeuteten und Ausbeutern vor sich geht.
Die freundschaftliche Zusammenarbeit der Arbeiter, Bauern und Intelligenz, die moralisch-politische Einheit der Sowjetgesellschaft, stellt eine der Hauptquellen der (man glaubte damals, aber irrte P.R.)unzerstörbaren Festigkeit und Macht der Sowjetunion dar.
Die moralisch-politische Einheit des Sowjetvolkes offenbarte sich mit besonderer Anschaulichkeit und Stärke in der Liebe des gesamten Volkes zu dem Leiter des Sowjetlandes, J.W. Stalin. (Seit dem Tode Stalins wird dies verschwiegen und Stalin wird bis heute verdammt. Was hier als moralisch-politische Einheit bezeichnet wird, bröckelte seit dem Tode Stalins. So kam es dann zum bitteren Ende. P.R.)
Nun haben wir die wichtigsten Besonderheiten der sozialistischen Sowjetgesellschaft, wie ihre wirtschaftliche Grundlage, die Entlohnung nach der Menge und Qualität der geleisteten Arbeit sowie die Klassenzusammensetzung und die moralisch-politische Einheit der Gesellschaft dargelegt. Die sozialistische Sowjetgesellschaft hatte noch eine wichtige Besonderheit: ihre politische Grundlage, ihre staatliche Organisation. Diese werden wir in einem anderen Beitrag kennenlernen.
Entnommen aus „Das Sowjetland“, Band 3 aus dem Jahre 1947, Original-Autor W.A. Karpinskij, bearbeitet von Petra Reichel
Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 3
Wladimir Iljitsch Lenin war bei der Eröffnung des Kongresses nicht anwesend. Die ganze Nacht zum 25. Oktober und den ganzen Tag brachte er im Smolnyj-Institut zu, wo er gemeinsam mit J.W. Stalin den bewaffneten Aufstand leitete. Erst spät in der Nacht, als der Winterpalast bereits genommen und die Provisorische Regierung verhaftet worden war, begab sich Lenin in die in der Nähe des Smolnyj gelegene Wohnung eines Bolschewiken, um dort für einige Stunden auszuruhen. Er konnte nicht einschlafen. Leise, um niemanden zu stören, setzte sich Wladimir Iljitsch Lenin an den Tisch und begann zu schreiben. In diesen tiefen Nachtstunden verfasste Lenin das Dekret über den Grund und Boden.
Wladimir Iljitsch wusste, dass der Sieg allein nicht genügt, dass man den errungenen Sieg auch sichern muss. Und am 26. Oktober war er den ganzen Tag damit beschäftigt.
W.I. Lenin unter den Delegierten des II. Allrussichen Sowjetkongresses (Nach einem Gemälde von S. Gerassimow)
Bild entnommen aus „Das Sowjetland“, Band 2 von 1947
Lenin ergriff Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung der Hauptstadt. Er leitete die Sitzung des Zentralkomitees der Partei, das die Zusammensetzung der Sowjetregierung erörterte. Auf dem Kongress erschien Lenin am Abend des 26. Oktober (08.November). Die Delegierten des Kongresses begrüßten mit Jubel den großen Führer und Lehrer der Werktätigen, den Organisator des errungenen Sieges über die vereinigten Kräfte der alten Welt. Infolge der freudigen Begrüßungsstürme, die den Saal durchbrausten, konnte Lenin lange Zeit seine Rede nicht beginnen.
Nun aber wurde es still, und Lenin begann zu sprechen. Er verlas das in Form eines „Aufrufes an die Völker und Regierungen sämtlicher kriegführenden Länder“von ihm verfasste Dekret über den Frieden. „Die Arbeiter- und Bauernregierung“, so lautet das Dekret, „die durch die Revolution vom 24.-25. Oktober geschaffen wurde und sich auf die Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten stützt, schlägt allen kriegführenden Völkern und ihren Regierungen vor, sofort Verhandlungen über einen gerechten demokratischen Frieden zu beginnen.“ Der Aufruf forderte die Arbeiter auf, mitzuhelfen, „die Sache des Friedens und zugleich die Sache der Befreiung der Werktätigen und ausgebeuteten Volksmassen von jeder Sklaverei und jeder Ausbeutung erfolgreich zu Ende zu führen“.Das Dekret über den Frieden wurde von dem Kongress mit unbeschreiblichem Enthusiasmus und Hurrarufen angenommen.
Mit der Annahme des Dekrets über den Frieden verrichtete das (damals P.R.) siegreiche Volk ein welthistorisches Werk. Die wirtschaftlichen und nationalen Interessen Russlands erforderten die Beendigung des sich über mehr als drei Jahre hinziehenden ungerechten, von den Imperialisten angezettelten Krieges. Nur die Arbeiterklasse, von der Partei der Bolschewiki geführt, erwies sich als mächtig genug, Russland aus dem Krieg herauszureißen, durch den die reichen und mächtigen Verbündeten das Land immer mehr und mehr unterjochten.
Die allgemeine Stimmung des Kongresses brachte einer der Delegierten zum Ausdruck, als er auf die Rednertribüne stieg und unter allgemeinem Beifallsdonner vorschlug, Lenin als den„Verfasser des Aufrufes und standhaften Kämpfer und Führer der siegreichen Arbeiter- und Bauernrevolution“ zu begrüßen.
Es war das eingetreten, was das Volk so leidenschaftlich gewünscht hatte. Russland, das sich aus den Fesseln der kapitalistischen Unterdrückung befreit hatte, gab eine Erklärung über die Beendigung des imperialistischen Krieges ab. Russland erhob als erstes Land das Banner eines wirklich demokratischen Friedens.
Wladimir Iljitsch Lenin erhält von neuem das Wort. Wieder stürmische, begeistere Ovationen. Lenin verliest das Dekret über den Grund und Boden: über die unverzügliche Aufhebung des Eigentums der Gutsbesitzer an Grund und Boden ohne jede Entschädigung. Dieses historische Dekret verkündete die Aufhebung des Privateigentums an Grund und Boden für immer und seine Ersetzung durch das staatliche Eigentum, durch das Eigentum des ganzen Volkes. Die Ländereien der Gutsbesitzer sowie die Ländereien der Krone (des Zaren), der Klöster und Kirchen wurden den Werktätigen zur entschädigungslosen Nutznießung übergeben.
Das Dekret über den Grund und Boden war eine der größten politischen Handlungen, das die Millionenmassen der Bauern sowohl im Hinterland wie auch in den Schützengäben zur Unterstützung der im bewaffneten Aufstand geborenen Sowjetmacht sich erheben ließ. Die Bauernschaft erhielt mehr als 150 Millionen Desjatinen Land, das sich früher in den Händen der Gutsbesitzer, der Bourgeoisie, der Zarenfamilie, der Kirchen und Klöster befand, unentgeltlich. Außerdem wurde die Bauernschaft von den jährlichen Pachtzahlungen in Höhe von ungefähr 500 Millionen Goldrubeln befreit. Die grundlegende Bedeutung des vorgeschlagenen Dekrets über den Grund und Boden drückte Lenin folgendermaßen aus: „Das Wesentliche ist, dass die Bauernschaft die feste Überzeugung gewinnt, dass es auf dem Lande keine Gutsbesitzer mehr gibt, dass es den Bauern selbst überlassen wird, alle Fragen zu entscheiden, selbst ihr Leben zu gestalten.“Die Delegierten des Kongresses nahmen die Worte Lenins auf wie eine frohe Botschaft über den siegreichen Ausgang des jahrhundertelangen Kampfes der Bauernschaft um Grund und Boden, wie die Verwirklichung der geheimsten Wünsche des Volkes. Keine andere Klasse, außer der Arbeiterklasse, keine andere Partei, außer der bolschewistischen Partei, konnte der Bauernschaft Russlands einen solchen unvergleichlichen Sieg sichern. Die Sozialistische Oktoberrevolution verwirklichte das, wovon die Bauernschaft Russlands im Verlaufe von Jahrhunderten ihres armseligen Lebens geträumt hatte.
Der Kongress der Sowjets nahm schließlich die Bestimmung über die Bildung er ersten wirklichen Volksregierung der Welt, der Arbeiter- und Bauern-Sowjetregierung, an – des Rates der Volkskommissare mit Lenin an der Spitze. Zum Volkskommissar(Der Amtstitel Minister wurde infolge der Revolution abgeschafft und durch den Titel Volkskommissar ersetzt.Später wurde sich international angeglichen und der Amtstitel Minister wieder eingeführt. P.R. siehe auch Wikipedia) für Angelegenheiten der Nationalitäten wurde J.W. Stalin ernannt.
Am frühen Morgen des 27. Oktober (09.November) beendete der II. Kongress der Sowjets unter freudigen Rufen„Es lebe die Revolution!“, „Es lebe der Sozialismus!“ und unter dem begeisterten Absingen revolutionärer Lieder seine Arbeit.
Bild entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 2 von 1947
Gleich nach Petrograd erhob sich auch Moskau. Während Petrograd bereits völlig sowjetisch war, dauerten in Moskau noch einige Tage heftige und erbitterte Kämpfe an. Aber die Arbeiter und Soldaten Moskaus, von den Bolschewiki geführt, brachen den Widerstand der Bourgeoisie. Auch hier ging die Macht in die Hände der Aufständischen, an die Sowjets über.
Die Arbeiterjugend hatte aufopferungswillig und selbstlos Seite an Seite mit den Erwachsenen auf den Oktoberbarrikaden gekämpft. Die Jünglinge und Mädchen waren in großer Menge in die Abteilungen der Roten Garde eingetreten. In Petrograd nahmen ungefähr 5000 jugendliche Arbeiter an dem bewaffneten Aufstand teil. Fast die Hälfte der Moskauer Rotgardisten setzte sich aus der Arbeiterjugend zusammen.
Einer der Teilnehmer der Oktoberkämpfe in Moskau erzählt: „Die Maschinengewehre knatterten. Eine dunkle, undurchdringliche Nacht. Man braucht Leute im Zentrum zum Aufrechterhalten der Verbindung…Wer wird den gefährlichen Auftrag am besten ausführen? Von Bezirk zu Bezirk, vom Bezirk zum Zentrum, überall erfüllten die Mitglieder des Verbandes der Arbeiterjugend unter dem Kugelregen die gefährlichsten und verantwortungsvollsten Aufträge des Stabes des Aufstandes. Unter Einsatz ihres Lebens gingen sie furchtlos auf Patrouille, leisteten Sanitätsdienste, versorgten die Kämpfer mit Patronen und Granaten und nahmen an allen Kampfhandlungen teil. Sieg oder Tod, das war es, woran jeder einzelne Kämpfer dachte.“
Die Kunde vom Sieg der sozialistischen Revolution, von der Geburt der Sowjetmacht, verbreitete sich über das ganze Russland. Den Hauptstädten folgte das ganze Land. Überall ging die staatliche Macht in die Hände der Werktätigen, in die Hände der Sowjets über, in solch schnellen Tempo, unter solchem Enthusiasmus des Volkes, dass Lenin diese Periode den„Triumphzug der Sowjetmacht“ nannte.
Der bewaffnete Aufstand der russischen Arbeiter, Soldaten und Bauern unter der Leitung der bolschewistischen Partei wurde von den werktätigen Massen sämtlicher Völker Russlands unterstützt. Die Völker hatten begriffen, dass nur die Bolschewiki die völlige Freiheit den unterdrückten Nationen sichern können, dass nur in einer brüderlichen Freundschaft der Sowjetvölker das sichere Unterpfand ihrer nationalen Unabhängigkeit, ihrer wirtschaftlichen Erfolge und ihrer kulturellen Entwicklung liegt. Daher erhoben sich nach Petrograd, Moskau und anderen russischen Gebieten des Landes auch die nationalen Grenzgebiete Russlands.„Die Revolutionswelle aus dem Norden“, sagte J.W. Stalin, „ergoss sich von den ersten Tagen des Umsturzes an über ganz Russland und ergriff ein Grenzgebiet nach dem anderen.“
Die Sozialistische Oktoberrevolution, die den Kapitalisten und Gutsbesitzern die Fabriken und Werke, den Grund und Boden, die Eisenbahnen, die Banken abgenommen hatte, verwandelte diese in gesellschaftliches Eigentum der Werktätigen. Die Arbeiterklasse im Bündnis mit der armen Bauernschaft machte sich, nachdem sie die Macht in ihre Hände genommen hatte, an den Aufbau des Sowjetstaates. Die gesamte alte bürgerliche Staatsmaschine wurde zertrümmert. Das aufständische Volk zerstörte schonungslos die zaristischen Ministerien, die Stadtverwaltungen der Kaufleute, die Selbstverwaltungsorgane der Gutsbesitzer und schuf an ihrer Stelle seine eigenen, die Sowjetorgane.
Die Sowjetregierung erließ ein Dekret über die Arbeiterkontrolle. Nach diesem Dekret wurde die gesamte Tätigkeit der Fabrikanten und Werksbesitzer der Kontrolle der Vertreter der Arbeiter unterstellt. Die Arbeiter kontrollierten die gesamte gesellschaftliche Produktion und den Handel. Dies half ihnen, die Produktion zu beherrschen. Die Arbeiterkontrolle schuf die Bedingungen für die Nationalisierung der Industrie, d.h. für ihre Verwandlung in Gemeingut des Volkes, in Staatseigentum.
Alle Banken wurden nationalisiert. Die Nationalisierung der Eisenbahnen und der Großindustrie wurde in Angriff genommen.
Durch ein Dekret der Sowjetmacht wurden die Standesbezeichnungen abgeschafft. Alle Standeseinteilungen und -bezeichnungen (Kleinbürger, Bauer, Adliger, Kaufmann), die Standesprivilegien und Standesbeschränkungen wurden aufgehoben. Sämtliche Titel (Fürst, Graf, Baron) wurden abgeschafft. Für die gesamte Bevölkerung Russlands wurde eine allgemeine Bezeichnung: Bürger der Russischen Republik, eingeführt.
Die „Deklaration der Rechte der Völker Russlands“, von J.W. Stalin verfasst, von Lenin und Stalin unterschrieben, wurde veröffentlicht. Die Lenin–Stalinsche Deklaration verkündete die unverzügliche Befreiung der Völker Russlands und ihr freiwilliges und ehrliches Bündnis. Die Deklaration hob hervor, dass nur durch ein solches Bündnis die Arbeiter und Bauern der Völker Russlands zu einer revolutionären Kraft zusammengeschweißt werden können, die fähig ist, einem jeden Anschlag seitens der imperialistischenBourgeoisie Widerstand zu leisten. Die Deklaration vertrat eine offene und ehrliche Politik die zu einem völligen gegenseitigen Vertrauen unter den Völkern Russlands führen sollte.
Lenin und Stalin proklamierten in dieser Deklaration „das ehrliche und dauernde Bündnis der Völker Russlands“auf folgenden Grundlagen: Gleichheit und Souveränität der Völker Russlands; das Recht der Völker Russlands auf freie Selbstbestimmung bis zur Lostrennung und Schaffung eines selbstständigen Staates; Abschaffung aller jedweder nationalen und nationalreligiösen Vorrechte und Beschränkungen; freie Entwicklung aller Nationalitäten, darunter auch der kleinsten, die das Territorium Russlands bevölkern.
Auf dem III. Allrussischen Kongress der Sowjets im Januar 1918 wurde die „Deklaration der Rechte des werktätigen und ausgebeuteten Volkes“angenommen.
Jakow Michajlowitsch Swerdlow, erster Vorsitzender des Allrussischen Zentralen Exekutivkomitees (1885 bis 1919)
Bild entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 2 von 1947
Darin wurde gesagt, dass „die Sowjetrepublik Russland auf Grund eines freien Bundes freier Nationen, als Föderation nationaler Sowjetrepubliken errichtet wird“. Die „Deklaration der Rechte des werktätigen und ausgebeuteten Volkes“erklärte, dass die gesamte zentrale und lokale Staatsmacht den Sowjets gehöre, dass in den Sowjets für Ausbeuter kein Platz sei. Als grundlegende Aufgabe der Sowjetmacht erklärte diese Deklaration die Abschaffung jeder Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, die völlige Aufhebung der Teilung der Gesellschaft in Klassen, den Kampf für den Sieg des Sozialismus.
Die Oktoberrevolution, die das Joch der kapitalistischen und nationalen Unterdrückung abgeworfen hatte, erhob die zahlreichen Völker und Völkerschaften Russlands zu einem neuen, hellen, freien Leben. Die Dekrete der neuen sowjetischen Regierung, die historischen Verfügungen Lenins und Stalins und ihre Anweisungen über die Liquidierung der Macht der Gutsbesitzer und Kapitalisten, über den Aufbau der Sowjetmacht, legten die Grundlage zu der neuen, sowjetischen sozialistischen Staatsordnung.
Nach vielen Jahrtausenden hatten die Werktätigen zum ersten Male einen entscheidenden Sieg über die Ausbeuter und Bedrücker errungen. Die Oktoberrevolution war der große historische Sieg der unsterblichen Lehre von Marx-Engels–Lenin–Stalin. (Stalin ist später verdammt worden und wird es bis heute noch. Seine hervorragenden Leistungen werden bis heute totgeschwiegen und nicht anerkannt. Das ist fatal und eine der vielen Ursachen für die gelungene Konterrevolution im Jahre 1989/90 und den Sieg des Kapitalismus. P.R.)
Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 2 von 1947, Original-Autor B.M. Wolin, bearbeitet von Petra Reichel
Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 2 aus dem Jahre 1947
Der Sieg der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution eröffnete in der Geschichte Russlands und in der Geschichte der gesamten Menschheit ein neues Zeitalter. Auf einem Sechstel der Erdkugel schien zum ersten Male eine neue, wirkliche Volksmacht. Ein neuer Staat entstand, der sich die große Aufgabe gestellt hatte, im Land eine sozialistische Gesellschaft zu schaffen.
Der bewaffnete Aufstand in Russland im Oktober des Jahres 1917 ist ohne Beispiel in der Geschichte. Er zeigt, wie unüberwindlich die Massen sind, wenn sie von einer solch kampferfahrenen revolutionären Arbeiterpartei, die die Partei der Bolschewiki, geführt werden. Niemals in der Geschichte der revolutionären Bewegung hat es solche umfassende Vorbereitung der Massen gegeben wie zur Zeit der Sozialistischen Oktoberrevolution. Alles dies war das Werk der Partei der Bolschewiki unter der Leitung der großen Volksführer Lenin und Stalin.
Welche sind die Hauptursachen, die den verhältnismäßig leichten Sieg der sozialistischen Revolution in Russland bestimmten?
Der Oktoberrevolution stand ein verhältnismäßig schwacher, so schlecht organisierter, politisch wenig erfahrener Feind gegenüber, wie es die russische Bourgeoisie war. Das Volk sah keinen wesentlichen Unterschied zwischen der Politik des Zaren und der Politik der Bourgeoisie, die nach der Februarrevolution an die Macht gelangt war. Das war auch die Ursache, weshalb das Volk seinen ganzen Hass gegen den Zaren mit vollem Grund auch auf die Provisorische Regierung der Bourgeoisie übertrug.
Die Menschewiki und Sozialrevolutionäre, die sich nach der Februarrevolution völlig als Verteidiger der imperialistischenBourgeoisie entlarvt hatten, verloren ihren Einfluss im Volke, und deshalb konnte sich die Bourgeoisie nicht mehr auf sie stützen. Die russische Bourgeoisie war endgültig isoliert. Dank der Tätigkeit der Bolschewiki hatte das Volk klar begriffen, dass die Bourgeoisie sein unversöhnlicher Feind ist.
Die Oktoberrevolution siegte deshalb, weil an ihrer Spitze eine revolutionäre Klasse, die die Arbeiterklasse Russlands, die in den Kämpfen zweier Revolutionen (im Jahre 1905 und im Februar 1917) gestählt worden war, stand. Die Arbeiterklasse Russlands verdiente dank ihrem revolutionären Willen und ihrer Opferbereitschaft das Vertrauen des Volkes, sie wurde der anerkannte, der verlässliche Führer des Volkes im Kampf für Frieden und Boden, für Freiheit und Sozialismus.
In diesem Kampf hatten die revolutionären russischen Arbeiter einen so ernst zu nehmenden Bundesgenossen, die die arme Bauernschaft. In ihrem langen gemeinsamen Kampf wurde ein wirkliches Bündnis mit der Arbeiterklasse und der armen Bauernschaft geschaffen. Es ist klar, dass die Oktoberrevolution ohne dieses Bündnis zwischen der Arbeiterklasse und der armen Bauernschaft nicht hätte siegen können. Die führende Kraft in diesem Bündnis stellte die Arbeiterklasse dar.
Die Oktoberrevolution hatte deshalb gesiegt, weil an der Spitze der revolutionären Bewegung der Arbeiter, Soldaten und Bauern Russlands die erfahrene, kühne und energische Partei Lenins und Stalins, die kämpferische Partei der Bolschewiki stand.
Die Lage in Russland vor der Oktoberrevolution war kompliziert. Wie Frühlingshochwasser brodelten die verschiedenen Volksströmungen, die danach strebten, sich einen Weg zu bahnen. Eine allgemeine Volksbewegung strebte beharrlich danach, aus dem ungerechten Krieg herauszukommen und einen demokratischen Frieden zu verwirklichen. Eine andere mächtige Bewegung – die demokratische Bauernbewegung – war auf die Besitzergreifung des Gutsbesitzerlandes gerichtet. Eine dritte Bewegung nationale Befreiungsbewegung der unterdrückten Völker für ihre nationale Gleichberechtigung. Und schließlich war die wichtigste, führende mächtigste Volksbewegung die sozialistische Bewegung des russischen Proletariats für die Eroberung der Staatsmacht im Lande zum Zwecke der Errichtung der sozialistischen Gesellschaft.
Die Partei der Bolschewiki verstand es, alle diese revolutionären Strömungen in einem einheitlichen, mächtigen revolutionären Strom zu vereinigen. Gerade die Bolschewiki verstanden es, den bewaffneten Aufstand allseitig vorzubereiten und ihm eine unerhörte Organisiertheit zu verleihen. Diese allseitige Vorbereitung, die überaus große Organisation und Diszipliniertheit wurden dank der genialen Führung von Lenin und Stalin erreicht.
Der Sieg der Oktoberrevolution wurde dadurch erleichtert, dass die bürgerlichen Staaten, die durch Weltkrieg in zwei feindliche Lager gespalten waren, gegen die sozialistische Revolution in Russland nicht mit gemeinsamen Kräften aktiv vorgehen konnten.
Die Oktoberrevolution, die der Bourgeoisie und den Gutsbesitzern die Produktionsmittel weggenommen und die Fabriken, die Werke, den Grund und Boden, die Eisenbahnen, die Banken in Gemeingut des Volkes verwandelt hatte, erlöste Millionen von Proletariern von der Ausbeutung, den Schrecken der Arbeitslosigkeit und des Aussterbens, und Millionen von Dorfarmen von dem Joch der Gutsbesitzer, von einem jammervollen, hungrigen, armseligen und hoffnungslosen Leben.
Die Große Sozialistische Oktoberrevolution rettete Russland vor dem völligen Zerfall, vor der Gefahr, seine staatliche Selbstständigkeit zu verlieren. Russland drohte die Gefahr, eine Beute der imperialistischen Räuber zu werden und sich in ein abhängiges Kolonialland zu verwandeln. Die Partei der Bolschewiki rettete Russland vor dem Untergang.
Die Oktoberrevolution, die den Staatsapparat der ausbeuterischen Gesellschaft bis auf seine Grundfesten zerstört hatte, schuf einen Staat von neuem Typus: den Sozialistischen Sowjetstaat.
Mit dem Sieg der Sowjetmacht verwirklichten sich die sehnlichsten Träume der Werktätigen Russlands: sie erlangten Frieden und Freiheit, warfen das Joch der kapitalistischen Bedrückung ab, sie wurden die Herren ihres Lebens, ihres gesamten unermesslichen Landes.
Vor dem Volk des Sowjetlandes – vor der Arbeiterklasse, der Bauernschaft, der Intelligenz- öffnete sich der Weg zum Sozialismus.
Entnommen aus „Das Sowjetland“, Band 2 aus dem Jahre 1947, Original-Autor B.M. Wolin, bearbeitet von Petra Reichel
Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 2 aus dem Jahre 1947
Der Einfluss der bolschewistischen Partei bei den werktätigen Massen stieg unaufhaltsam. Zu dieser Zeit begannen die Neuwahlen von Deputierten in die Sowjets. Die Arbeiter der Fabriken und Werke, die Soldaten der Truppenteile geben ihre Stimmen den Bolschewiki. Die Zusammensetzung der Sowjets veränderte sich auf diese Weise einschneidend. Ende August ging der Petrograder Sowjet auf die Seite der Bolschewiki über, einige Tage später auch der Moskauer Sowjet. Auf diese Weise konnten die Bolschewiki die Frage der Ergreifung der Macht bereits aufwerfen.
Der Zunahme der politischen Aktivität der Arbeiter in en Städten folgte auch die Zunahme der revolutionären Aktivität der Bauern auf dem Lande. Die breiten Massen der Bauern und später auch die Armee wandten sich jäh den Bolschewiki zu.
Die Bedingungen, die für einen erfolgreichen Aufstand notwendig waren, reiften bereits heran.
Lenin hatte stets die bolschewistische Partei gelehrt, dass die Kunst der bolschewistischen Politik, die auf den Sturz der Bourgeoisie ausgerichtet ist, darin besteht, die Bedingungen und den Augenblick zu berechnen, wenn die Avantgarde des Proletariats – die Partei – erfolgreich die Macht ergreifen kann, wenn die breiten Massen der Arbeiter und Bauern bereit sind, der Partei genügend Unterstützung zu erweisen. Dieser Moment war gekommen. Und Lenin beschleunigte die Vorbereitungen des bewaffneten Aufstandes.
Am 15. (28.) September erörterte da Zentralkomitee der Partei die an diesem Tage von Lenin erhaltenen Briefe, in denen davon gesprochen wurde, dass die Bolschewiki an die Spitze des Aufstandes der Volksmassen treten und die staatliche Macht übernehmen können und müssen. J.W. Stalin schlug vor, diese Briefe den örtlichen Parteiorganisationen als Direktive und Anweisung des Zentralkomitees der Partei für die Vorbereitung zum Aufstand weiterzuleiten. Unter den Mitgliedern des Zentralkomitees befand sich auch Kamenew. Indem er gegen Lenin und Stalin auftrat, bestand er darauf, dass Lenins Briefe verbrannt werden sollten. Aber das Zentralkomitee beschloss, so zu handeln, wie Stalin vorgeschlagen hatte. Die Briefe Lenins über die Vorbereitung zum Aufstand wurden an die größten Parteiorganisationen geschickt.
J.W. Stalin entwickelte tagaus, tagein in der Presse die Leninschen Anweisungen. Ende September 1917 stellte er in einem Artikel die Frage folgendermaßen auf: „Wir haben zwei Herrschaften vor uns: die Herrschaft Kerenskijs und seiner Regierung und die Herrschaft der Sowjets und Komitees… Entweder die Herrschaft der Regierung Kerenskijs – und damit die Herrschaft der Gutsbesitzer und Kapitalisten, Krieg und Ruin. Oder die Herrschaft der Sowjets – und damit die Herrschaft der Arbeiter und Bauern, Frieden und Liquidierung des Ruins. So und nur so stallt das Leben selbst die Frage.“
Unter der Leitung Stalins bereitete die Partei das Volk nach Leninschen Anweisungen für den bewaffneten Aufstand vor. Mit jedem Tage schlossen sich die Werktätigen immer enger um die bolschewistische Partei, um Lenin und Stalin zuzustimmen. Die Fristen des Aufstandes rückten näher. Ende September erklärte Lenin dem Zentralkomitee, dass man den Aufstand nicht länger aufschieben könne. Es ist nötig, schrieb Lenin, von drei Seiten: von Petersburg selbst, von Moskau und der Baltischen Flotte aus loszuschlagen. Tausende von bewaffneten Arbeitern und Soldaten der Hauptstadtsollen mit einem plötzlichen Schlage den Winterpalast nehmen und sich des Generalstabes, des Telefonamtes und aller größeren Druckereinen bemächtigen. Dies waren Lenins Vorschläge.
Als Ergebnis des Aufstandes, schrieb Lenin, wird eine Regierung gebildet, die dem Volke den Frieden sichern, den Bauern das Gutsbesitzerland übergeben und von den Massen Unterstützung finden wird. Dies wird die sowjetische Regierung sein; sie wird unüberwindbar sein. (Leider irrte sich Lenin. P.R.)
In dieser Zeit spitzte sich die militärische und innere Lage Russlands immer mehr zu. Die Auflösung der Armee schritt fort, da die Arbeiter und Bauern ihr Blut nicht für die Interessen der imperialistischen Räuber vergießen wollten. Dem Land drohte Hungersnot. Das Eisenbahntransportwesen war ganz und gar zerrüttet. Die Fabriken und Werke, die weder Rohstoffe noch Heizmaterial erhielten, kamen zum Erliegen. Eine Massenarbeitslosigkeit setzte ein. Die Kapitalisten untergruben absichtlich die Produktion, sie planten, auf diese Weise den Zusammenbruch der Republik, den Untergang der Sowjets hervorzurufen. Überall wurde das schwarze Netz der konterrevolutionären Verschwörungen gesponnen. Die Bourgeoisie schickte sich an, mit Deutschland Frieden zu schließen, um mit Hilfe der Deutschen die Revolution zu ersticken. Im Namen der Wiederherstellung des zaristischen Regimes und der Rettung der Reichtümer waren die Feinde des Volkes bereit, den ausländischen Räubern das gesamte Russland zur Versklavung auszuliefern.
Russland drohte ein völliger Zerfall, ihm drohte der Verlust der staatlichen Unabhängigkeit. Nur der Übergang der Macht in die Hände der Bolschewiki konnte das Land vor der hereinbrechenden Katastrophe retten.
In diesen spannungsvollen, entscheidenden Tagen war die Anwesenheit Lenins in Petrograd, mitten im Zentrum der sich entwickelnden revolutionären Ereignisse, besonders notwendig.
Und als Wladimir Iljitsch, der Helsingfors verlassen hatte, siedelte, um Petrograd näher zu sein, nach Wiborg über. Drei Wochen hielt sich Lenin hier auf. Unermüdlich fuhr er fort, die Lage zu erläutern, seine Kampfgenossen zu instruieren, das Volk zur entscheidenden revolutionären Tat vorzubereiten und die Verräter: Kamenew, Sinowjew, Trotzkij, die gegen den bewaffneten Aufstand waren, zu entlarven.
Am 07.(20.) Oktober verließ Lenin auch seine Wiborger Zufluchtsstätte. In der Nacht erreichte er die Vorortstation Udjelnaja und kam von dort aus zu Fuß in Petrograd auf der Wiborger Seite an. Wladimir Iljitsch der sich in der Wohnung der BolschewistinM. Fofanowa vor den Spionen verborgen hielt, bat vor allem, eine Zusammenkunft mit J.W. Stalin zu arrangieren. Am 08.(21.) Oktober fand diese Zusammenkunft statt.
Die Unterhaltung Lenins und Stalins dauerte einige Stunden. Wladimir Iljitsch schaffte Klärung über alle Einzelheiten der Lage in den Fabriken und bei den Truppenteilen. J.W. Stalin legte einen konkreten Plan des bewaffneten Aufstandes vor, der von ihm auf der Leninschen Anweisungen ausgearbeitet worden war. Wladimir Iljitsch vereinbarte mit Stalin, in den nächsten Tagen eine Sitzung des Zentralkomitees der Partei einzuberufen, auf der er einen Bericht über den bewaffneten Aufstand geben wollte.
Nach dieser Unterhaltung schrieb Lenin einen Brief an das Zentralkomitee. In diesem Brief entwickelte er einen konkreten Plan für den Aufstand. Zur Verwirklichung dieses Plans schlug Wladimir Iljitsch vor, die entschlossensten Elemente aus den Reihen der Arbeiter, besonders unter der Arbeiterjugend, unter den Matrosen und Soldaten auszuwählen. Lenin schrieb, dass für den Erfolg des Aufstandes Geschicklichkeit und dreifache Kühnheit notwendig sei, dass der Erfolg der Revolution von zwei bis drei Tagen hartnäckigen Kampfes abhängig sei.
Das Zentralkomitee der Partei der Bolschewiki, dass diese Anweisungen verfolgte, führte tatkräftig die praktische Vorbereitung zum Aufstand durch. Immer neue Abteilungen der Roten Garde wurden aufgestellt. Die Rotgardisten, die sich vor fremden Augen verborgen hielten, lernten auf unbebautem Gelände außerhalb der Stadt das Kriegshandwerk.
Die historische Sitzung des Zentralkomitees der bolschewistischen Partei fand am 10. (23.) Oktober 1917 statt. Wladimir Iljitsch Lenin erstattete über die augenblickliche Lage Bericht. Er wies auf die Notwendigkeit und Unvermeidlichkeit des Aufstandes hin. Politisch sagte Lenin, ist die Situation völlig reif für den Übergang der Macht in die Hände des Proletariats und der ärmsten Schichten der Bauernschaft. Er schlug vor, di Frage über die technische Seite des Aufstandes zu erörtern. Die Ausführungen Lenins wurden in einer von ihm verfassten Resolution dargelegt. Sie lautete:
„Das Zentralkomitee stellt fest, dass sowohl die internationale Lage der russischen Revolution (der Aufstand in der deutschen Flotte als höchster Ausdruck des Heranreifens der sozialistischen Weltrevolution in ganz Europa (bekanntlich ist es anders gekommen. P.R.), ferner die Drohung der Welt der Imperialisten, die Revolution in Russland zu erdrosseln) als auch die militärische Lage (der nicht zu bezweifelnde Entschluss der russischen Bourgeoisie und Kerenskijs und Konsorten, Petrograd den Deutschen auszuliefern) und die Eroberung der Mehrheit der Sowjets durch die proletarische Partei – , dass alles dies im Zusammenhang mit dem Bauernaufstand und mit der Tatsache, dass sich das Vertrauen des Volkes unsrer Partei zugewandt hat (Wahlen in Moskau), und endlich die offenkundige Vorbereitung eines zweiten Kornilowputsches (Abtransport von Truppen aus Petrograd, Zusammenziehung von Kosaken usw.) -; dass all dies den bewaffneten Aufstand auf die Tagesordnung setzt.“
Gleichzeitig wurde zur politischen Leitung des Aufstandes für die nächste Zeit ein Politisches Büro aus den Mitgliedern des Zentralkomitees, mit Lenin und Stalin an der Spitze, geschaffen.
In diesem historischen Augenblick, der das Schicksal der Arbeiterklasse, des ganzen Volkes, das Schicksal Russlands entschied, stimmten Sinowjew und Kamenew, die von einer bürgerlichen Republik träumten, gegen den Beschluss über den Aufstand. Trotzkij, der erst kurze Zeit vorher in die Reihen der bolschewistischen Partei getreten war, war auch dagegen. Er beantragte, den Aufstand bis zur Einberufung des II. Sowjetkongresses zu vertagen, was bedeutet hätte, den Beginn des Aufstandes hinauszuschieben, ihn vorher auszuplaudern und auf diese Weise die Provisorische Regierung zu informieren. Aber alle Bemühungen der Verräter blieben vergebens. Die Partei folgte Lenin und Stalin.
Die Resolution Lenins über die Notwendigkeit des bewaffneten Aufstandes wurde das Aktionsprogramm für sämtliche Bolschewiki. Das Zentralkomitee der Partei entsandte seine Bevollmächtigten nach dem Donezgebiet, nach dem Ural, nach dem Kaukasus, nach Helsingfors, nach Kronstadt und an die Fronten zur Organisierung des Aufstandes an Ort und Stelle. Die einen dieser Gebiete sollten Petrograd durch die Entsendung von Kampfkräften, die anderen, z.B. Ufa, durch schnelle Lieferung von Getreide nach dem Zentrum unterstützen. Der Ural sollte die Getreidelieferung aus Sibirien organisieren und Kampfabteilungen stellen. Die Parteiorganisationen bereiteten sich tatkräftig auf den Aufstand vor.
Nach einigen Tagen (am 16. Oktober) wurde die Frage des Aufstandes auf der erweiterten Sitzung des Zentralkomitees gemeinsam mit den Petrograder Bolschewiki, den Vertretern Moskaus und den Vertretern anderer Organisationen erörtert. Hier wurde die Resolution Lenins von neuem bestätigt, und wiederum traten Kamenew und Sinowjew dagegen auf und suchten eine Vertagung des Aufstandes, wenn auch nur um fünf Tage, zu erreichen. Die fünftägige Vertagung war diesen Verrätern notwendig, damit die Bourgeoisie die konterrevolutionären Kräfte mobilisieren konnte. J.W. Stalin setzte sich heftig für die Leninschen Vorschläge ein. „Wie lange soll man denn warten?..?“ fragte er. „Das, was Kamenew und Sinowjew vorschlagen, bietet objektiv der Konterrevolution die Möglichkeit, sich zu organisieren. Wir werden ohne Ende zurückweichen und die gesamte Revolution verspielen.“
Auf Vorschlag Lenins wurde ein Parteizentrum zur Leitung des Aufstandes mit Stalin an der Spitze gewählt. Dieses Zentrum gehört zum Bestand des von dem Petrograder Sowjet gewählten Revolutionären Militärkomitees und leitete den gesamten Gang des bewaffneten Aufstandes.
„Die Sitzung endete gegen Morgen“, so heißt es in der „Geschichte des Bürgerkrieges in der UdSSR“. „Einzeln, wie man gekommen war, ging, man auch wieder auseinander. Lenin kam als Letzter heraus. Ein kräftiger Wind wehte. Er riss Lenin Hut und Perücke ab. Wladimir Iljitsch hob sie von der Erde auf und setzte sie wieder auf den Kopf. Er merkte gar nicht, dass der Hut durchweicht war, so sehr waren die Gedanken des großen Führers mit dem Schicksal der Revolution beschäftigt. Die Hände in die Taschen seines Paletots vergraben, schritt Lenin dem Wind schnell entgegen und überdachte angestrengt die letzten Fragen des bewaffneten Aufstandes.“ Lenin„sah mit seinem scharfsinnigen Blicke, dass der Aufstand unvermeidlich sei, dass er siegen werde“, sagte später J.W. Stalin von diesen historischen Tagen.
Entnommen aus „Das Sowjetland“, Band 2 von 1947, Original-Autor B.M. Wolin, bearbeitet von Petra Reichel
Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 2, aus dem Jahre 1947
Die Provisorische Regierung mit Kerenskij an der Spitze wollte sich Lenins bemächtigen und ihn töten. Aber die Bolschewiki hielten Wladimir Iljitsch verborgen.
Damit Lenin unbemerkt aus Petrograd entweichen konnte, entschloss man sich, sein Äußeres zu verändern. Lenin verbarg sich vor der konterrevolutionären Provisorischen Regierung außerhalb von Petrograd. Einige Tage musste er in dem Schuppen eines Arbeiters in der Umgebung von Sestrorezk zubringen. Dann wohnte er in einer Laubhütte, einige Kilometer von der Station Rasliw entfernt. Ende Juli ging Lenin über die finnländische Grenze als Heizer auf einer Lokomotive und ließ sich illegal in Helsingfors nieder.
Ungeachtet der tödlichen Gefahr und der sehr schweren Lebensbedingungen verfolgte Wladimir Iljitsch unablässig den Gang der Ereignisse in Russland.
Bei der neuen Lage nach den Julitagen war es schon nicht mehr möglich, auf friedliche Weise die Macht zu ergreifen, da sie Konterrevolution sich auf die von ihr formierten bewaffneten Kräfte stützte. Lenin und Stalin begannen, die Partei und das Volk zum bewaffneten Aufstand gegen die konterrevolutionäre Regierung vorzubereiten.
Lenin war fest davon überzeugt, dass das Volk siegen, dass es den Bolschewiki gelingen würde, die Massen zum Sturz der bürgerlichen Regierung zu organisieren. Er unterhielt enge Verbindung mit J.W. Stalin, der während Lenins Abwesenheit die bolschewistische Partei und alle Vorbereitungen für den Aufstand leitete.
Die entscheidende Rolle in der Vorbereitung zum Aufstand spielte der 6. Parteitag der Bolschewiki, der am 26. Juli 1917 zusammentrat. Der Parteitag tagte illegal. Lenin, der sich vor den Spürhunden der Provisorischen Regierung verbarg, konnte am Parteitag nicht teilnehmen. Er leitete ihn aber aus der Illegalität durch seine Kampfgenossen: Stalin, Swerdlow, Molotow, Ordshonikidse.
(Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow war ein führender Politiker der UdSSR und einer der engsten Vertrauten Josef Stalins. Molotow war von 1930 bis 1941 sowjetischer Regierungschef und von 1939 bis 1949 sowie 1953 bis 1956 sowjetischer Außenminister.)
Auf diesem Parteitag zeigte J.W. Stalin, dass die Revolution ihrem Charakter nach zu einer sozialistischen Revolution werde, dass die Periode der Explosionen und der revolutionären Zusammenstöße mit der Bourgeoisie angebrochen sei. Alle Beschlüsse des Parteitages waren auf die Vorbereitung für den bewaffneten Aufstand, auf die sozialistische Revolution gerichtet.
Zu jener Zeit, als Lenin sich zeitweilig außerhalb der Hauptstadt verborgen halten musste, und die von der bürgerlichen Regierung verfolgte bolschewistische Partei genötigt war, in tiefer Illegalität zu arbeiten, bereitete sich die Bourgeoisie auf die völlige Zerschlagung der entkräfteten Sowjets und die Schaffung einer unverhüllten konterrevolutionären militärischen Diktatur vor.
Zu diesem Zweck schickten sich die Kapitalisten und Gutsbesitzer an, Russland der Macht des zaristischen Generals Kornilow zu unterstellen. Er war ein grausamer Henker. Mit Eisen und Blut beabsichtigte er, sämtliche Eroberungen der Revolution zu vernichten, den Drang des Volkes nach Befreiung zu unterdrücken und die frühere unbeschränkte Macht der Gutsbesitzer und Kapitalisten und die zaristische Ordnung wiederherzustellen.
Um ihren Sieg zu sichern, traten die Konterrevolutionäre in Verhandlung mit den Deutschen ein, die zu jener Zeit tief in russisches Gebiet eingedrungen waren. Die Kornilow-Anhänger hatten die Front in einer Reihe von Abschnitten entblößt. Sie hatten den Deutschen Riga überlassen und waren bereit, die Hauptstadt Russlands, Petrograd, zu übergeben, wenn die Deutschen ihnen bei der Abrechnung mit dem Volke, mit den revolutionären russischen Arbeitern, mit den Bolschewiki, behilflich wären.
Ende August 1917 machte General Kornilow, der die ihm am meisten ergebenen konterrevolutionären Truppen zusammengezogen hatte, einen Putsch und begann den Angriff gegen Petrograd. Das Oberhaupt der Regierung, Kerenskij, hatte von dem bevorstehenden Angriff Kornilows Kenntnis.
Die Bolschewiki riefen unverzüglich die Arbeiter und Soldaten zum aktiven bewaffneten Widerstand gegen die Konterrevolution auf. Die einzige Macht im Lande, die fähig war, die Vernichtung der Heerhaufen Kornilows zu organisieren, war die bolschewistische Partei. Sie führte die werktätigen Massen zum Kampf gegen die Verschwörer. Tausende von Arbeitern Petrograds reihten sich in die Rote Garde ein. Zu ihrer militärischen Ausbildung zogen die Bolschewiki Hunderte von Instrukteuren hinzu.
Die in den Fabriken zurückgebliebenen Proletarier, die volle 24 Stunden arbeiteten, fertigten für die Rotgardisten Kanonen und andere Waffen an. Eine gewaltige Hilfe leisteten die Eisenbahner. Sie rissen die Gleise auf und leiteten die Züge mit Kornilowtruppen auf tote Gleise. Den Bolschewiki gelang es, unter den Truppen Kornilows Aufklärungsarbeit zu leisten, viele seiner Soldaten gingen auf die Seite der Arbeiter über. Der Kornilowputsch scheiterte.
Die Zerschlagung des Kornilowputsches ist ein großes Verdienst der bolschewistischen Partei vor dem Vaterland und dem Volk. Ohne die Bolschewiki wäre Russland wieder in die Klauen der zaristischen Henker, in die Fesseln einer grausamen Tyrannei geraten.
Die Zerschmetterung der Kornilowschen Verschwörung wandte die Gefahr, die über Petrograd schwebte, ab. Die Hauptstadt Russlands wurde den Deutschen nicht übergeben.
In Petrograd, dem revolutionären Zentrum des Landes, bereiteten die Bolschewiki unter der Führung Lenins und Stalins den bewaffneten Aufstand vor. Während seines Aufenthaltes außerhalb Petrograds (von Juli bis Anfang Oktober 1917) schrieb er viele Artikel, Broschüren und Briefe, in denen er den Bolschewiki und dem ganzen Volk den Sinn und das Wesen der sich abspielenden Ereignisse erläuterte, ihnen Richtlinien gab und ihnen die Wege des weiteren Kampfes für die sozialistische Revolution wies.
Entnommen aus „Das Sowjetland“, Band 2 von 1947, Original-Autor B.M. Wolin, bearbeitet von Petra Reichel
Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 2 aus dem Jahre 1947
Bald nach der Februarrevolution kehrte J.W. Stalin aus der sibirischen Verbannung nach Petrograd zurück. Lenin befand sich noch im Ausland in der Schweiz. Die Bolschewiki erwarteten mit Ungeduld seine Rückkehr nach Russland. Die englischen Imperialisten machten zusammen mit der Provisorischen Regierung alle Anstrengungen, um di Rückkehr Lenins in das revolutionäre Russland zu verhindern. Nach langen Strapazen gelang es Wladimir Iljitsch, in das Heimatland zurückzukehren. In der Nacht des 03.(16.) April traf er in Petrograd ein.
Das Volk begrüßte seinen geliebten Lenin mit Begeisterung. Auf dem Platz vor dem Finnländischen Bahnhof hatten sich viele Tausende von Arbeitern, Arbeiterinnen, Soldaten, Matrosen und Rotgardisten versammelt. Ein donnerndes Hurra ertönte. Lenin wurde auf Händen in das Bahnhofsgebäude getragen.
Die Rückkehr W.I. Lenins nach Russland am 03. April 1917
Bild entnommen aus „Das Sowjetland“, Band 2, von 1947
Auf dem Platz vor dem Bahnhof hielt Lenin von einem Panzerauto aus eine flammende Rede, in der er das revolutionäre Russland zum Kampf für die Sozialistische Revolution aufrief. „Es lebe die sozialistische Revolution!“ verkündete Wladimir Iljitsch. Das war Lenins erste Rede vor dem Volk in Petrograd nach langen Jahren des Exils.
Ein Teilnehmer an der Begrüßung Lenins, W.M. Molotow, erzählt: „Von der Zeit an, da Lenin in seiner ersten Rede, die er im revolutionären Russland hielt, die Losung der Sozialistischen Revolution verkündet hatte, war diese Losung gleichsam für unsere Partei zur Erde herabgestiegen.“
Die von dem Panzerauto aus wiederholten kurzen Reden von Wladimir Iljitsch mit den Aufrufen zur Sozialistischen Revolution warfen ein blendend helles Licht auf die Grundaufgaben der bolschewistischen Partei.„Insbesondere“, schrieb W.M. Molotow, „haben wir, die Augenzeugen dieser ungewöhnlichen, gleichsam prophetischen Begegnung mit Iljitsch zu Beginn der Revolution, diesen Moment im Gedächtnis bewahrt. Wir waren sofort gleichsam beflügelt, fühlten einen ungewöhnlichen Ausbruch von revolutionärer Energie und revolutionärem Glauben. Die Kampfaufrufe Lenins wurden von den grenzenlos revolutionären Petrograder Arbeitern mit einer ebenso großen stürmischen Freude begrüßt!“
Das Panzerauto mit Iljitsch bewegte sich über die von Scheinwerfern beleuchteten Straßen Petrograds, umgeben von einer begeisterten, viele Tausende zählenden Volksmenge. An jeder Kreuzung hielt das Panzerauto, und Lenin wandte sich mit Begrüßungsworten und Aufrufen zum revolutionären Kampf für Frieden, Brot, Freiheit, Sozialismus an die revolutionären Massen.
Am Tage seiner Ankunft hielt Lenin in einer Versammlung der Bolschewiki ein Referat über Krieg und Revolution. Die Grundgedanken seines Referates hat er in einem Dokument niedergelegt, dass in der Geschichte der bolschewistischen Partei unter der Bezeichnung „Die Aprilthesen“ bekannt ist.
„Die Eigenart der gegenwärtigen Lage in Russland“, hieß es in den Thesen, „besteht im Übergang von der ersten Etappe der Revolution, die infolge ungenügenden Klassenbewusstseins und der ungenügenden Organisiertheit des Proletariats der Bourgeoisie die Macht gab, zur zweiten Etappe der Revolution, die die Macht in die Hände es Proletariats und der ärmsten Schichten der Bauernschaft legen muss.“
Die „Aprilthesen“ Lenins waren der geniale Kampfplan für den Übergang von der ersten Etappe der Revolution zu ihrer zweiten Etappe, von der bürgerlich-demokratischen zur sozialistischen Revolution.
Worin bestand dieser Plan? Er bestand darin, durch unermüdliche Aufklärungsarbeit die Mehrzahl der Arbeiter und Soldaten auf die Seite der Bolschewiki zu ziehen, die Mehrheit in den Sowjets zu gewinnen, die Politik der Sowjets zu ändern, durch die Sowjets aber die Zusammensetzung und die Politik der Regierung zu ändern. Somit hatte Lenin sich im April 1917 auf eine friedliche Entwicklung der Revolution eingestellt. Er hatte das Ziel aufgestellt, die Alleinherrschaft der Sowjets zu erreichen und eine neue Form der staatlichen Macht- die Republik der Sowjets- zu schaffen. Die Aufgabe bestand darin, die Bedingungen für den Sieg des Sozialismus im Lande zu schaffen.
In Durchführung der Anweisungen Lenins entfalteten die Bolschewiki eine gewaltige Arbeit zur Eroberung der Massen, zu ihrer politischen Erziehung und ihrer Organisation.
Inzwischen entlarvte sich die Provisorische Regierung durch ihre Taten immer mehr vor den breiten Massen als eine volksfeindlich bürgerliche Regierung. Am 18. April versprach die Provisorische Regierung in einer Spezialnote den Verbündeten, die Verträge, die von dem Zaren unterschrieben worden waren, streng einzuhalten. Dies bedeutete, dass der gegen die Interessen des Volkes gerichtete, ungerechte Krieg, der seit dem August 1914 wütete, gegen den Willen des Volkes auch künftig fortgesetzt werden sollte. Zehntausende von Arbeitern und Soldaten gingen auf die Straßen Petrograds und protestierten energisch gegen die imperialistische Politik der Provisorischen Regierung.
Unter dem Druck der Massen wurden aus der Provisorischen Regierung am 02. Mai die eifrigsten Verfechter dieser imperialistischen Politik, der Minister des Äußeren Miljukow und der Kriegsminister Gutschkow, ausgeschieden. In die Regierung traten die Vertreter der Menschewiki und der Sozialrevolutionäre ein; es wurde eine Koalitionsregierung gebildet. Aber die Politik auch dieser Regierung war selbstverständlich die gleiche wie früher: der Krieg wurde fortgesetzt, die Fabriken und Werke bleiben in den Händen der Gutsbesitzer.
Mit jedem Tag überzeugten sich die breiten Volksmassen immer mehr davon, dass die Bolschewiki recht hatten. Der bolschewistische Einfluss stieg stetig. Ein alter Arbeiter des Pulitow-Werkes, der sich an eine der Reden Lenins in jenen Tagen erinnerte, schrieb:„Das, was Iljitsch sagte, packte und feuerte an. Die Furcht verging, die Müdigkeit schwand, und es schien, als ob nicht Iljitsch allein, sondern als ob sämtliche 40 000 Arbeiter ihre innersten Gedanken zum Ausdruck brächten. Es schien, als ob alles das, was im Arbeiter lag, durch Iljitschs Stimme ausgesprochen würde.“Darin lag aber auch die Kraft der Bolschewiki, dass sie die Interessen der Werktätigen richtig verstanden und, von Lenin und Stalin geführt, beharrlich, opferwillig für die Volkssache, für die Übergabe der Macht in die Hände der Sowjets kämpften.
Am 03. Juni versammelte sich der I. Allrussische Sowjetkongress. Die Bolschewiki waren in ihm noch in der Minderheit. Aber beträchtliche Volksmassen, besonders in der Hauptstadt, gingen bereits zur bolschewistischen Partei über. Am 18. Juni fand in Petrograd eine Demonstration statt, die unter den bolschewistischen Losungen: „Nieder mit dem Krieg!“, „Nieder mit den zehn kapitalistischen Ministern!“, „Alle Macht den Sowjets!“ durchgeführt wurde. Jedoch rechnete die Provisorische Regierung, die die Unterstützung der Paktierermehrheit des I. Sowjetkongresses erhalten hatte, nicht mit der Stimmung der Massen. Gerade am Tag der Demonstration trieb die Regierung, die den Willen der englisch-französischen Imperialisten erfüllte, die Soldaten an der Front zum Angriff. Dieser Angriff war von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil die Soldaten erschöpft waren, die Ziele des Angriffs nicht kannten, ihn ablehnten und auch kein Zutrauen zu den Offizieren hatten. Dazu litt die Armee noch an einem ernsthaften Mangel an Bewaffnung. Der schlecht vorbereitete Angriff scheiterte. Die Empörung der Arbeiter kannte keine Grenzen.
Am 03. Juli fanden in Petrograd neue Demonstrationen statt. Die Arbeiter und Soldaten gingen mit der Waffe in der Hand auf die Straßen der Hauptstadt und verlangten die Übergabe der gesamten Macht an die Sowjets. Die bolschewistische Partei, die die allgemeine Lage richtig einschätzte, hielt das bewaffnete Vorgehen gegen die Regierung für verfrüht. Als aber klar wurde, dass die Massen von der Demonstration nicht zurückzuhalten waren, entschlossen sich die Bolschewiki, gemeinsam mit dem revolutionären Volke an der Demonstration teilzunehmen, um ihr einen friedlichen und organisierten Charakter zu verleihen und die revolutionären Kräfte vor einer Zerschlagung zu bewahren.
Jedoch ließ die Provisorische Regierung die Gelegenheit, sich mit dem Volke auseinanderzusetzen, nicht vorrübergehen. Sie warf den Demonstranten konterrevolutionär gesinnte Truppenteile von Offizieren und Offiziersschülern entgegen. Die Demonstration wurde zersprengt. Die Straßen Petrograds röteten sich von dem Blut der Arbeiter und Soldaten. Diese blutige Abrechnung erfolgte mit stillschweigendem Einverständnis der Menschewiki und der Sozialrevolutionäre im Bunde mit der Bourgeoisie und den weißgradistischen Generälen auf die bolschewistische Partei.
Die bürgerlichen und monarchistischen Militärs zerstörten die bolschewistischen Organisationen und verhafteten die bolschewistischen Funktionäre. Zu gleicher Zeit wurden auch die Redaktionsräume der bolschewistischen Zeitung „Prawda“ demoliert. Man begann di revolutionären Soldaten und Abteilungen der Roten Garde zu entwaffnen.
Die Provisorische Regierung gab den Befehl, Lenin zu verhaften.
Verhaftungen und Pogrome fanden nicht nur in Petrograd statt; in Moskau und in anderen Städten, an der Front und im Hinterland wütete die Konterrevolution. Die Menschewiki und Sozialrevolutionäre machten mit der Konterrevolution gemeinsame Sache.
Mit Hilfe der Paktiererparteien begann die Provisorische Regierung, alle demokratischen Rechte, die vom Volke in den ersten Monaten der Revolution errungen worden waren, zu liquidieren. Es erfolgte eine grausame Abrechnung mit den Arbeitern. An der Front wüteten die Militärfeldgerichte und verhängten Todesstrafen. Auf dem Land waren, wie unter dem Zarismus, Strafabteilungen am Werk, die gegen die Bauern geschickt wurden, welche die Gutsbesitzer aus ihren Adelsnestern ausräucherten.
Die Sowjets aber, an deren Spitze immer noch die Sozialrevolutionäre und Menschewiki standen, verwandelten sich in ein Anhängsel der Provisorischen Regierung, die alle Macht an sich gerissen hatte.
Die Doppelherrschaft war zu Ende. Und sie endete zugunsten der Bourgeoisie. Der Feind hatte die Maske abgeworfen. Der Kampf nahm einen verbissenen und entscheidenden Charakter an. Die friedliche Periode der Revolution war zu Ende. Die Partei der Bolschewiki war genötigt, zur Illegalität überzugehen.
Entnommen aus „Das Sowjetland“, Band 2 aus dem Jahre 1947, bearbeitet von Petra Reichel, Original-Autor B.M. Wolin
Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 2 (1947)
Der I. Weltkrieg und die Rolle des zaristischen Russlands in ihm
Im Juli 1914 begann der I. Weltkrieg. An ihm nahmen zwei Gruppen imperialistischer Staaten teil: die eine, mit Deutschland an der Spitze, bildete den Viererbund (Deutschland, Österreich-Ungarn, Bulgarien und die Türkei); die andere, mit England und Frankreich an der Spitze, bildete den Dreibund oder die Entente (England, Frankreich und Russland). Der Entente traten später Japan und Italien bei, und im Jahre 1917 auch die Vereinigten Staaten von Amerika. Im Ganzen nahmen am Weltkrieg 33 Länder teil. Zum Heeresdienst waren insgesamt 74 Millionen Menschen einberufen.
Dieser Krieg war schon seit langem vorbereitet worden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es auf dem ganzen Erdball kaum noch ein Land, dessen sich die kapitalistischen Staaten nicht bemächtigt hätten. Die europäischen und amerikanischen Imperialisten hatten gewaltige Kolonien in Besitz genommen. Die Kolonien Englands waren nach ihren Ausmaßen 110mal so große, wie das Gebiet von England selbst. Die Kolonien Frankreichs übertrafen das Mutterland nach ihren Ausmaßen um das 20fache. Selbst kleine Staaten wie Belgien und Holland hatten in Asien und in Afrika gewaltige Landflächen mit vielen Millionen von Einwohnern an sich gebracht. Die Inder, Afrikaner, Malaien, Mongolen und viele andere wurden um die Profite der Imperialisten willen zu Sklavenarbeit gezwungen. Die deutschen Imperialisten, in deren Kolonien die Bevölkerung ungefähr zwölf Millionen zählte, schauten mit Neid zu, wie England Hunderte von Millionen Kolonialsklaven ausbeutete. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Deutschland ein mächtiger Staat. Seine Fabriken und Werke produzierten mehr Waren als die englischen. Deutschland hatte viele Kriegsschiffe gebaut. Es wollte England zurückdrängen und eine beherrschende Stellung in der Welt einnehmen. Im Verlauf von einigen Dutzend Jahren hatte sich Deutschland als das am meisten aggressive Land (d.h. als ein Land, das nach gewaltsamen Eroberungen strebte) in verstärktem Maße auf den Krieg vorbereitet.
Von Jahr zu Jahr vergrößerte es seine Armee, versah sie mit neuer Ausrüstung, entwickelte seine Kriegsindustrie und gab gewaltige Summen für Kriegsvorbereitungen aus. Obgleich die Imperialisten sämtlicher Länder am I. Weltkrieg schuld waren, erwies sich das imperialistische Deutschland auf diese Weise als sein Anstifter. Der Chef des deutschen Generalstabes, General Schlieffen, arbeitete Pläne aus, um die Gegner einzeln zu zerschlagen. Schlieffen gedachte den Hauptschlag zu allererst gegen Frankreich zuführen, um nach dessen Zerschlagung in einem Blitzkrieg ebenso rasch bedeutende Kräfte gegen Frankreichs Bundesgenossen Russland zu werfen und nachdem er in einigen Wochen die russische Armee zerschlagen, die Hände für den Krieg mit England freizubekommen.
Die diplomatischen, wie auch die militärischen Pläne Deutschlands erlitten jedoch Schiffbruch. Deutschland gelang es, weder den für es gefährlichen Zweifrontenkrieg zu vermeiden, noch seine Gegner in einem Blitzkrieg zu zerschmettern. Die Ost- (russische) Front erwies sich im I. Weltkrieg, infolge der unübertroffenen Tapferkeit und Standhaftigkeit der russischen Soldaten, von solcher Kraft, wie sie die Deutschen bei der Schmiedung ihrer Kriegspläne nicht vorausgesehen hatten.
Als äußerer Anlass zum I. Weltkrieg diente die Ermordung des österreichischen Thronfolgers in der Stadt Sarajewo durch den serbischen Studenten Gabriel Princip. Dieser Student handelte im Auftrag der serbischen Organisationen, die gegen die Abhängigkeit von Österreich kämpften. Das von Deutschland beeinflusste Österreich-Ungarn stellte Serbien ein Ultimatum und erklärte, ohne eine Antwort abzuwarten seitens der serbischen Regierung entgegenzunehmen, Serbien den Krieg. Russland erklärte seine Bereitwilligkeit, seinen Bundesgenossen Serbien zu unterstützen, und begann die Mobilmachung. Darauf erklärte Deutschland Russland und dessen anderem Bundesgenossen, Frankreich, den Krieg. Am 19. Juli (1. August neuen Stils) des Jahres 1914 verletzten die deutschen Truppen die Neutralität Belgiens und überschritten die belgische Grenze. Die englische Regierung forderte Deutschland auf, das belgische Gebiet zu räumen. Am 4. August 1914 erklärte England den Krieg an Deutschland. So begann der I. Weltkrieg.
Die deutschen Truppen rückten rasch nach Paris vor, mit der Absicht, Frankreich früher zu zerschlagen, als dessen Bundesgenossen ihre Kräfte mobilisieren konnten. Um Frankreichs Lage zu erleichtern, unternahm die russische Armee einen Angriff gegen Ostpreußen. Zu einem Krieg mit so einem starken Gegner wie Deutschland war sie nicht vorbereitet und erlitt in den ersten Kämpfen eine Niederlage. Ihr Angriff zog jedoch deutsche Truppen vom Westen nach dem Osten ab. Paris war gerettet, und Frankreich konnte den Krieg fortsetzten.
Dank dem hartnäckigen Widerstand und der Standhaftigkeit der russischen Truppen gelang es Deutschland nicht, den Feldzug mit einem kurzen Schlage zu beenden. Der Krieg zog sich in die Länge; um aber einen Langwierigen Krieg zu gewinnen, hatte Deutschland viel weniger Aussichten als seine Gegner, die über gewaltige Menschen- und Materialreserven verfügten. Das deutsche Oberkommando entschloss sich im Jahre 1915, seine Hauptanstrengungen auf die Ostfront zu richten, um die russischen Armeen zu zerschlagen und Russland zum Frieden zu zwingen. Deutschland wollte sich auf diese Weise der zweiten Front entledigen und dann den Kampf im Westen fortsetzen. Aber auch die Lösung dieser Aufgabe gelang den Deutschen nicht.
Obgleich die russischen Armeen unter dem Druck der überlegenen Kräfte des Gegners den Rückzug antraten und das Gebiet Polens, Litauens, eines bedeutenden Teiles des Baltikums und Wolhyniens aufgaben, war die russische Armee trotzdem nicht vernichtet und die Ostfront nicht liquidiert. Ende September 1915 kam es an der Ostfront zum Stellungskrieg: die Gegner verschanzten sich in den Schützengräben, schossen aufeinander, ohne große Angriffshandlungen zu eröffnen. Beide Seiten bereiteten sich zu den neuen entscheidenden Schlägen vor.
In dem Bestreben, die militärische Initiative in seine Hand zu bekommen, begann in Deutschland im Jahre 1916 eine neue Offensive, wobei es den Hauptschlag gegen Frankreich richtete. Diesen Schlag gedachte es gegen Verdun und Paris zu führen, um den nördlichen Flügel der englisch-französischen Armeen in eine kritische Lage zu bringen. Das österreichisch-deutsche Oberkommando bereitete zu dieser Zeit einen starken Schlag auch gegen Italien vor. Die Bundesgenossen verlangten von Russland neue aktive Handlungen. Nach Verhandlungen wurde beschlossen, einen Angriff gleichzeitig im Osten und im Westen zu beginnen. Im zaristischen Hauptquartier in Mogilew war ein Kriegsrat einberufen worden, um über die Möglichkeit eines Angriffs der russischen Truppen zu erörtern. Der Oberbefehlshaber der Nordfront, General Kuropatkin, und der Oberbefehlshaber der Westfront, General Ewert, erklärten, dass die russischen Truppen für Angriffshandlungen nicht bereit seien. Sie traten für Verteidigung ein. Nur der General Brussilow, der zum Oberbefehlshaber der Südwestfront ernannt worden war, forderte beharrlich Angriffshandlungen. „Wir haben sämtliche Chancen auf einen Erfolg, von dem ich persönlich überzeugt bin“, entgegnete er lebhaft den schwankenden Generalen und dem Zaren Nikolaj II., der die Befugnisse des Obersten Befehlshabers übernommen hatte. „Unser Fehler“, sagte Brussilow, „besteht darin, dass wir uns nicht auf allen Fronten zu gleicher Zeit auf den Feind stürzen.“
Brussilow, ein gebildeter entschlossener und energischer General, überragte an Feldherrentalent die übrigen zaristischen Generale. Er war einer der besten russischen Generale, die die Tradition der Suworowschen Schule bewahrt hatten. Brussilow konnte den russischen Soldaten gut und liebte ihn. Er verlangte Kühnheit, Schlagfertigkeit und bewusste Disziplin.„Man muss sich an das Reglement nicht wie der Blinde an eine Mauer halten“, schrieb Brussilow. Er war der Meinung, dass man nur durch einen Angriff den Sieg erlangen könne, dass der Krieg durch Defensive keinesfalls zu gewinnen sei. Deshalb trat er für gut vorbereitete, aktive Operationen ein. Auf der Kampferfahrung an der russischen und an der Westfront fußend, kam Brussilow zu nachstehender Forderung: Um vor dem Gegner Zeit und Ort des Hauptschlages zu verbergen und sich zum Durchbruch gut vorzubereiten, muss die Vorbereitung zum Angriff auf der gesamten Front beginnen, und die Schläge müssen gleichzeitig auf mehreren Abschnitten erfolgen.
Den Hauptschlag gedachte Brussilow im Abschnitt Luzk zu führen. Der von Brussilow geplante Durchbruch bei Luzk begann in der Frühe des 22. Mai (4. Juni) 1916. Die russische Artillerie eröffnete ein Trommelfeuer auf die Stellungen des Feindes. Die schweren Geschütze schossen alle zwei Minuten, die leichten jede Minute. Genau um zwölf Uhr begann die russische Infanterie den Angriff. Die Artillerie verlegte das Feuer auf die zweite Schützengrabenstellung. Nach achtstündigem Feuer waren die befestigten Stellungen des Gegners zerschlagen. Die betäubten und in Verwirrung geratenen Österreicher, Deutschen und Ungarn gaben sich in Massen gefangen. Der erfolgreiche Brussilow-Durchbruch verschaffte die Möglichkeit, den Angriff in breiter Front in einer Ausdehnung von 300 km zu entfalten. Die Truppen des Generals Brussilow rückten, den Widerstand des Gegners brechend, über die Felder Galiziens und der Bukowina vor. Der Brussilow-Durchbruch veränderte einschneidend den gesamten Verlauf des Krieges.
Die österreichisch-ungarische Armee konnte sich von dem vernichtenden Schlage nicht wieder erholen. Die slawischen Soldaten, die sich in der österreichischen Armee befanden, wünschten sich mehr gegen ihre russischen Brüder zu kämpfen und gaben sich zu Tausenden gefangen. Die Angriffe der Deutschen auf Verdun wurden schwächer. Das deutsche Oberkommando warf zwecks Liquidierung des Brussilowschen Durchbruches eilig 45 Divisionen, die von der französischen und italienischen Front abgezogen wurden, nach dem Osten.
Jedoch weder die russische noch die verbündete Heeresleitung verstand die Erfolge des Brussilowschen Angriffs auszunutzen. Das Zögern des russischen Hauptquartiers, dessen Pläne der dem Gegner durch deutsche Spione bekannt wurden, verschaffte den Deutschen und Österreichern die Möglichkeit, ihre Kräfte umzugruppieren. Nach schweren Kämpfen in dem sumpfigen Gelände am Fluss Stochod, die gewaltige Menschenopfer kosteten, wurde der Angriff Brussilows, der von den anderen Armeen nicht unterstützt wurde, zum Stehen gebracht.
Ungeachtet der Teilerfolge war die Niederlage der zaristischen Armee im I. Weltkrieg schon sichtbar. General Brussilow schrieb in seinen Erinnerungen über den Krieg 1914 bis 1918 mit Bitterkeit: „Die Überlegenheit des Gegners über uns bestand darin, dass seine Artillerie im Verhältnis zu unserer zahlreicher war, besonders die schwere, außerdem hatte er unvergleichlich mehr Maschinengewehre als wir.“ Brussilow erinnert sich ferner daran, dass in der russischen Armee sogar nicht genügend…Gewehre vorhanden waren. „Ersatzmannschaften gab es genug“, schreibt er, „aber für ihre Ausrüstung war nichts vorhanden.“ Nur der außerordentlichen Standhaftigkeit und Tapferkeit der russischen Soldaten gelang es, trotzdem mit Erfolg im Verlaufe einiger Jahre gegen die Deutschen zu kämpfen.
Die grundlegende Ursache der Niederlage des Zarismus war die technisch-wirtschaftliche Rückständigkeit Russlands, das in seiner Struktur Überbleibsel der Leibeigenschaft bewahrt hatte. Die Kriegsindustrie war schwach entwickelt und nicht imstande, die Armee mit Munition zu versorgen. Infolge des desorganisierten Transportwesens konnten dringende Lieferungen nicht fristgemäß erfolgen. Der Verfall des Transportwesens verschärfte die Nahrungsmittelkrise. Die Armee erhielt nur die Hälfte ihrer Verpflegungsnorm. Die Spekulation mit Brotgetreide nahm im Lande zu. An den Bäckerläden drängte sich die hungrige Bevölkerung in langen Reihen.
Der Krieg und der wirtschaftliche Verfall riefen eine heftige Unzufriedenheit unter den werktätigen Massen hervor, auf deren Schultern die ganze Last des Krieges ruhte. Die Arbeiter hatten es ganz besonders schwer. Hungrig arbeiteten sie für einen geringfügigen Arbeitslohn 15 bis 16 Stunden am Tag. Bis zu 40 % der Arbeiter waren eingezogen und an die Front geschickt. In den Betrieben arbeiteten in der Mehrzahl Frauen und Halbwüchsige, die in der ersten Zeit sich fürchteten, den Ausbeutern Widerstand zu leisten.
Jedoch bereits vom Frühjahr 1915 an begann die Streikbewegung große Ausmaße anzunehmen. Im Oktober 1916 erreichten die Streiks ihren höchsten Stand. Sie waren von Demonstrationen begleitet, die unter den revolutionären Losungen: „Nieder mit dem Krieg!“,„Nieder mit der Selbstherrschaft!“durchgeführt wurden.
Die revolutionären Massenstreiks waren ein Zeugnis dafür, dass „in Russland sich die größte Volksrevolution erhob, an deren Spitze das revolutionärste Proletariat der Welt stand, das zu seiner Verfügung einen so ernst zu nehmenden Bundesgenossen, wie die revolutionäre Bauernschaft Russlands, hatte“. (Stalin)
Die Bolschewiki leisteten unter den Werktätigen eine große Arbeit. In den Betrieben wurden Parteizellen organisiert. Bei den Truppenteilen wurden geheime bolschewistische Organisationen geschaffen. Die Bolschewiki machten dem Volke klar, dass die Fortsetzung des Krieges durch die zaristische Regierung das Land unvermeidlich zur Niederlage führen und es in eine Kolonie des westlichen Imperialismus verwandeln werde.
Lenin und die Bolschewiki lehrten, dass es zwei Arten von Kriegen gibt: gerechte und ungerechte. Ein gerechter Krieg hat das Ziel, das Volk gegen einen äußeren Überfall, gegen Unterjochungsversuche zu verteidigen. Ein ungerechter, ein Eroberungskrieg, hat das Ziel, fremde Länder zu erobern, fremde Völker zu versklaven. Lenin hielt den Weltkrieg des Jahres 1914 für einen ungerechten Krieg, für einen Eroberungskrieg, sowohl von Seiten der deutschen Imperialisten als auch von Seiten des Zarismus. Deshalb rief er dazu auf, gegen ihn einen entschlossenen Kampf zu führen. Lenin stellte die Losung der Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg auf und rief die Arbeiter aller Länder zum revolutionären Kampf für den Sturz ihrer Regierungen auf. Der Kampf der Bolschewiki zur Verwirklichung dieser Losungen war ein Kampf für die Rettung Russlands, für die Bewahrung der Unabhängigkeit gegenüber den ausländischen Imperialisten.
2. Der Sturz des Zarismus in Russland
Die zaristische Regierung war sich darüber im Klaren, dass im Lande eine neue Volksrevolution heranreifte. Die Niederlage an den Fronten und die revolutionäre Lage im Lande verursachten innerhalb der Regierungskreise eine Panik.
Zu dieser Zeit gelangte der Gauner Grigorij Rasputin zu außerordentlichem Einfluss am Hofe. Der Herkunft nach war er ein sibirischer Bauer, der in seiner Jugend Pferdedieb gewesen war. Indem er sich für einen „Wahrsager“ ausgab, erwarb er sich unter den unwissenden religiösen Leuten große Beliebtheit. Die Gerüchte über die „Wunder“ und die Prophezeiungen Rasputins gelangen bis zum Zarenhofe. Zar Nikolaj II. und die Zarin Alexandra waren abergläubische Menschen. Die Zarin hoffte, dass Rasputin ihren unheilbar kranken Sohn, den Thronfolger Alexej, heilen könne. Der geschickte und freche Rasputin, der zum Hofe gerufen wurde, gewann bald auf die Zarin, und durch sie auch auf den Zaren, einen gewaltigen Einfluss. Von ihm geschriebene, von grammatischen Fehlern strotzende Zettel genügten den Zaren, um daraufhin Minister zu berufen und zu entlassen. Unter Rasputins Mitwirkung erhielten dunkle Geschäftemacher, Spekulanten, ausländische Spione verantwortliche Staatsstellungen und einträgliche Aufträge für Heereslieferungen. Die rasputinische Misswirtschaft war ein Zeichen für die moralische Fäulnis, für den geistigen Schwachsinn und die Zersetzung des zaristischen Regimes. Sogar Spitzen der Aristokratie, die den völligen Zusammenbruch des Zarismus kommen spürten, forderten die Entfernung Rasputins, den sie für die Hauptursache allen Unglücks im Lande hielten. Im Dezember 1916 wurde Rasputin von Verschwörern getötet und sein Leichnam in ein Eisloch der Newa geworfene. Rasputins Beseitigung veränderte jedoch die Lage im Lande nicht.
Die zaristische Regierung, die die Revolution fürchtete, entschloss sich, die Reichsduma aufzulösen, die Arbeiterorganisationen zu zerschlagen und mit Deutschland einen Separatfrieden zu schließen. In der Hauptstadt wurden Truppen und Artillerie zusammengezogen. Die Polizei wurde in Kriegszustand versetzt und mit Maschinengewehren ausgerüstet.
Die Verschwörung des Zarismus gegen die Revolution fiel mit der Verschwörung zusammen, die in den Kreisen der Bourgeoisie und der Generalität herangereift war. Die bürgerlichen Verschwörer waren zu dem Schluss gekommen, dass das beste Mittel zur Vorbeugung der Revolution eine Palastrevolution sei. Die beabsichtigten, den Sonderzug des Zaren auf der Strecke vom Hauptquartier zur Hauptstadt anzuhalten und den Zaren zu zwingen, zugunsten seines Sohnes Alexej auf den Thron zu verzichten. An der Vorbereitung der Palastrevolution nahmen auch Vertreter Englands und Frankreichs teil, die einen Separatfrieden Russlands mit Deutschland befürchteten.
Jedoch wurde weder die Verschwörung des Zarismus noch die Verschwörung der Bourgeoisie zu Ende geführt. Die Arbeiterklasse und die Bauern im Waffenrock vernichteten durch ihre revolutionären Aktionen die Pläne des Zaren und der Bourgeoisie.
Am Jahrestag des „Blutigen Sonntags“, am 09. Januar 1917, fand in Petrograd eine große Demonstration gegen den Krieg statt. In einer Reihe von Städten waren Streiks ausgebrochen. Die revolutionäre Bewegung wuchs besonders schnell in Petrograd an. Am Morgen des 23. Februars gingen die streikenden Arbeiter der Putilow-Werke auf die Straße. Die Arbeiter anderer Fabriken schlossen sich an. Am 23. Februar (8. März), am internationalen Frauentag, gingen Arbeiterinnen mit roten Fahnen auf die Straße und vereinigten sich mit den demonstrierenden Arbeitern. Überall fanden Meetings statt, auf denen Arbeiter den Sturz der Selbstherrschaft und die Beendigung des Krieges forderten. Der Zar gab dem Befehlshaber der Truppen des Petrograder Militärkreises den Befehl, mit den Unruhen in der Hauptstadt unverzüglich Schluss zu machen. Die Polizei fing an, die Demonstranten aus Maschinengewehren, die auf den Dächern der Häuser aufgestellt waren, zu beschießen.
Jedoch hatte der Zarismus nicht mehr die Kraft, die Revolution aufzuhalten. Am 25. Februar 1917 rief das Petrograder Komitee der Bolschewiki in seinem Flugblatt direkt zum Aufstand auf. „Vor uns der Kampf, aber uns erwartet der sichere Sieg. Alle unter die roten Fahnen der Revolution! Nieder mit der der zaristischen Monarchie“
Am 26. Februar erließ das Büro des Zentralkomitees der bolschewistischen Partei mit W.M. Molotow an der Spitze ein Manifest mit dem Aufruf, den bewaffneten Kampf gegen den Zarismus fortzusetzen und eine revolutionäre Regierung zu schaffen. Der Stadtbezirk Wyborgskaja Storona ging in die Hände der aufständischen Arbeiter über. Unter Führung des Komitees der Bolschewiki des Wyborger Stadtbezirkes bemächtigten sich die Arbeiter der Waffenmagazine und bewaffneten sich, um die Polizei abzuwehren. Zur gleichen Zeit drangen die Bolschewiki in die Kasernen ein und riefen die Soldaten auf, sich mit den Arbeitern zu vereinigen. Am 27. Februar begannen die Truppen in Petersburg auf die Seite der Aufständischen überzugehen. Zur „Unterdrückung“ der aufständischen Hauptstadt zog der Zar Truppen von der Front ab. Der Truppentransport gelangte aber Kaum bis nach Zarskoje Sjelo. Hier lehnten die Soldaten, die sich mit den revolutionären Arbeitern verbrüdert hatten, es ab, gegen die Hauptstadt zu marschieren. Der Sonderzug des Zaren wurde auf dem Weg vom Hauptquartier auf einer Station von den revolutionären Eisenbahnern angehalten.
Die bewaffneten Arbeiter und Soldaten befreiten die politischen Gefangenen aus den Gefängnissen. Auf den Aufruf der bolschewistischen Partei hin begannen die Arbeiter und Soldaten, ihre Vertreter in die Sowjets zu wählen. Am Abend des 27. Februar fand die erste Sitzung des Petrograder Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten statt. Die Bourgeoisie versuchte noch einmal mit dem zaristischen Hauptquartier in Verhandlungen zu treten und bewarb sich um die Zustimmung Nikolajs II. zur Bildung eines der Duma verantwortlichen Ministeriums. Die Bourgeoisie hegte die Hoffnung, dass eine Veränderung der Zusammensetzung der Regierung die Möglichkeit gewähren würde, den Zarismus zu erhalten und den Krieg bis zum Ende zu führen, Sie wollte eine kleine Revolution für einen großen Krieg, schrieb J.W. Stalin. Doch die Bourgeoisie konnte die Entwicklung der Revolution nicht aufhalten.
Die Partei der Bolschewiki, die das Volk zum Sieg über den Zarismus geführt hatte, stellte sich an die Spitze des weiteren revolutionären Kampfes des Proletariats und der armen Bauernschaft zum Sturz der Bourgeoisie und zur Übergabe der gesamten Macht an die Sowjets.