Fiete Schulze

Fritz Karl Franz (Fiete) Schulze wurde am 21 Oktober in Schiffbek geboren und wurde am 06. Juni 1935 von den Faschisten ermordet.

Antifaschisten, die von Nazis ermordet wurden Kopie

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 9. Klasse, Stand 1982

 

Fiete Schulze arbeitete auf verschiedenen Hamburger Werften und trat 1913 der SPD bei. 1914, nach Beginn des Ersten Weltkrieges, heiratete er Johanna Schröder. Von seinen drei Kindern überlebte nur seine 1915 geborene Tochter Wilma, die beiden vier und zwei Jahre jüngeren Söhne erlagen Ende 1919 und Anfang 1920 einer Diphtherie. 1915 wurde Schulze zum Dienst in der Infanterie eingezogen. Er verbrachte einen Großteil seiner Armeezeit nicht an der Front, sondern auf einer Kieler Werft, als Verwundeter im Lazarett oder in einer Fliegerausbildung. Nach demErsten Weltkrieg und der Novemberrevolution schloss er sich der USPD an, deren Mehrheit sich 1920 mit der KPD vereinigte. Als Kampfgefährte Ernst Thälmanns leitete Schulze im Oktober 1923 die Schiffbeker Aktivitäten im Hamburger Aufstand, der über 100 Tote kostete. Nach dem Scheitern des Aufstandes flüchtete er aus Deutschland. 1926 ging er in die Sowjetunion

Nach dem Altonaer Blutsonntag (17. Juli 1932) kehrte Schulze nach Hamburg zurück, um Widerstand zu leisten. Am 16. April 1933 wurde er festgenommen und nach langer Einzelhaft und Folter im März 1935 dreimal zum Tode und zu 280 Jahren Zuchthaus verurteilt. Das Todesurteil rief internationalen Protest hervor. Es kam zu Demonstrationen in Paris, Amsterdam, Moskau und anderen europäischen Städten. Es protestierten Albert Einstein, Maxim GorkiHeinrich Mann und andere internationale Persönlichkeiten. Trotzdem wurde er am 6. Juni 1935 im Hof des Hamburger Untersuchungsgefängnisses mit dem Handbeil enthauptet.


 

Am 20. Juli 1969 würdigte der damalige Bundespräsident Gustav Heinemann (SPD) den Hamburger Arbeiterführer als einen der Widerstandskämpfer, die von 1933 bis 1945 „das Opfer des Lebens für Recht und Menschenwürde brachten“

Erst 46 Jahre später, im Jahre 1981, wurde das Todesurteil gegen Fiete Schulze auf Initiative der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) durch die Staatsanwaltschaft beim Hanseatischen Oberlandesgericht aufgehoben. Nun ist der VVN die Gemeinnützigkeit entzogen worden.

Bereits 1970 hatte Schulze auf dem Hamburger Friedhof Ohlsdorf im Ehrenhain Hamburgischer Widerstandskämpfer seine letzte Ruhestätte gefunden (dritte Reihe von links, elfter Stein).

Ehrenhain Ohlsdorf

Ehrenhain Ohlsdorf

Bildquelle: Von Foto: NordNordWest, Lizenz: Creative Commons by-sa-3.0 de, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=59390355

 

Seit August 2006 erinnert ein Stolperstein in Hamburg an Fiete Schulze vor dessen letzter Wohnadresse Schiffbeker Weg 9 in Hamburg-Billstedt.
Das Haus, welches bis 1993 den Sitz des Bezirksvorstandes der Hamburger DKP am Zeughausmarkt im Stadtteil Neustadt beherbergte, trug den Namen „Fiete-Schulze-Zentrum“.

 

Stolperstein Billstedt

Stolperstein in Billstedt

Bildquelle: Von Fuisligo – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=54044111

 

In der Hansestadt Rostock steht ein Gedenkstein für Fiete Schulze auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne des Stabes der Grenzbrigade Küste, heute Campus der Universität Rostock.

Gedenkstein in Rostock

Gedenkstein in Rostock

Bildquelle: Von Schiwago – Eigenes Werk, CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6231322

 

In der DDR waren viele Straßen (heute noch: Halle/Saale und Fürstenwalde), mehrere Schulen (POS in Berlin/Prenzlauer Berg, Fürstenwalde und Leipzig), ein Motorschiff, die 6. Grenzbrigade Küste der Grenztruppen sowie das Schifferkinderheim in Eisenhüttenstadt nach Fiete Schulze benannt.

 

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

 

Freiherr vom Stein: Berufungen und Ehrungen

Aus den unterschiedlichsten politischen Richtungen beruft man sich auf Freiherrn vom Stein.

Ernst Moritz Arndt begründete 1858 eine Tradition der kritiklosen Stein-Verehrung. Eine erste sechsbändige Stein-Biographie verfasste Georg Heinrich Pertz nach 1849. Hinter einer quellengesättigten Darstellung verbarg sich dabei der Versuch, das Bild eines sowohl antirevolutionären wie antirestaurativen national gesinnten Liberalen zu zeichnen.

In den 1870er Jahren versuchten sowohl Liberale wie auch Konservative, sich auf Stein zu berufen. Aber auch der Staat und die Monarchie begannen, Stein für sich zu reklamieren.

Neben Liberalen berufen sich auch Sozialdemokraten auf Stein. Der Marxist Franz Mehring lobte Steins Patriotismus und seine Durchsetzungsfähigkeit gegenüber einem zaudernden König. Vor diesem Hintergrund wurde der hundertste Todestag Steins als Vorläufer der Republik gefeiert. Zahlreiche Schulen wurden zu dieser Zeit nach Stein benannt.

Daneben erschien mit Gerhard Ritters Stein-Biographie eine bedeutende neue Interpretation. Dieser betonte die altständischen Wurzeln Steins in der Tradition des Heiligen Römischen Reiches. Er stilisierte ihn zwar zu einem Nationalhelden, sah aber innenpolitisch Bismarck als wichtigere Person an.

Auch für die Faschisten war Stein ein Vorbild. Die Gemeindeordnung in der Zeit des Faschismus berief sich ausdrücklich auf Stein. Erich Botzenhart, Herausgeber der ersten Gesamtausgabe der Schriften Steins, sah in ihm gar einen Vorläufer des  Faschismus.

Nach dem zweiten Weltkrieg ist Stein in beiden deutschen Staaten als Vorbild gesehen worden.

Gedenkmünze der DDR zum 150. Todestag 1981

Gedenkmünze der DDR zum 150. Todestag 1981

Bildquelle: Von Jobel – Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=41347535

 

Weitere Einzelheiten Sonderbriefmarke der Deutschen Bundespost 1957 zum 200. Geburtstag Freiherr vom und zum Stein

Sonderbriefmarke der Deutschen Bundespost 1957 zum 200. Geburtstag Freiherr vom und zum Stein

Bildquelle: Von scanned by NobbiP – scanned by NobbiP, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4303497

 

Im Alt-Bundesland Rheinland-Pfalz wird alle drei Jahre die Freiherr-vom-Stein-Plakette für langjährige kommunalpolitische Tätigkeit verliehen.

Im Jahr 1952 wurde in der BRD die Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft gegründet mit dem Ziel, Ideen und Gedanken Steins wissenschaftlich zu betrachten und der Öffentlichkeit zugänglich zu erhalten. Die Gesellschaft gab verschiedene Schriften zu Einzelaspekten aus dem Leben und dem Wirken Steins heraus. Wissenschaftlich bedeutsam war die Neuausgabe der Schriften Steins durch Walther Hubatsch. Dieser war 1957 an der Ausrichtung des zweihundertsten Geburtstages Steins führend beteiligt.

In der DDR sah man Steins Wirken als fortschrittlich an. Dies geschah in Bezug auf die Preußischen Reformen, die in der DDR als Fortschritt gesehen wurden. Dass Freiherr vom Stein letztendlich gar nicht so fortschrittlich gesonnen war, blendete die Geschichtsschreibung der DDR aus.

Der US-amerikanische Historiker und Schriftsteller schottischer Herkunft Gordon A. Graig wies auf die Tatsache hin, dass Freiherr vom Stein längere Zeit in der historischen Forschung sowohl in der BRD und der DDR ähnlich positiv beurteilt wurde.

Eine frühere Ausgabe des Handbuchs der deutschen Geschichte bezeichnete ihn als den „besten Staatsmann, über den Deutschland damals verfügte“. Das Pendant aus der DDR, die Deutsche Geschichte in drei Bänden, bezeichnete ihn als den „bedeutendsten deutschen Staatsmann der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts“.

Später, insbesondere in den späten 1960er Jahren, wurde das Wirken Steins in Teilen der historischen Forschung der BRD kritisch gesehen.

 

Liste der Ehrungen und Denkmäler siehe Wikipedia

 

Freiherr vom Stein Denkmäler

Freiherr vom Stein - Ehrungen

 

entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

Scharnhorst-Orden

Der Scharnhorst-Orden war ein Orden der DDR, der für Leistungen zur militärischen oder sonstigen Stärkung der DDR verliehen werden konnte. Er wurde am 17. Februar 1966 vom Ministerrat der DDR gestiftet und bis zum Ende der DDR 1990 verliehen.

 

Scharnhorst-Orden Beschreibung

Bildquelle: Wikipedia

 

 

Der Entwurf des Scharnhorst-Orden stammt ursprünglich von Klaus Bernsdorf. Die plastische Darstellung des Ordens selber wurde sodann vom Berliner Bildhauer Fritz Schulz ausgeführt.

Der Scharnhorst-Orden war ein einklassiger Orden und war benannt nach dem preußischen General Gerhard von Scharnhorst. Scharnhorst galt in der DDR als fortschrittlicher Militärtheoretiker, der sich für Reformen im preußischen Militärwesen einsetzte und die Grundlagen eines Volksheeres schuf. Die NVA sah sich direkt in der Tradition der deutschen Freiheitskriege von 1813 bis 1815 sowie in der Erfüllung der NVA als Volksheer.

Die NVA bezog sich in ihrer Tradition auf die deutschen Freiheitskriege von 1813-1815. Als Volksarmee bezog sie sich darauf, dass Scharnhorst das Söldnerheer in ein stehendes Volksheer umwandelte.

Scharnhorst-Orden

Scharnhorst-Orden

Bildquelle: Von 西部方面奇行師団長 – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=21393649

 

Der Orden wurde verliehen für hervorragende:

  • militärische Verdienste
  • Verdienste um dem Schutz der DDR sowie
  • Stärkung der Landesverteidigung der DDR

an Angehörige, Truppenteile, Verbände und sonstiger Einrichtungen (auch Zivileinrichtungen):

 

Zusätzlich war eine Verleihung des Ordens auch an Angehörige anderer bewaffneter Organe der DDR vorgesehen, die jedoch nicht zwingend in einer bewaffneten Organisation eingebunden sein mussten. Verleihungen waren auch an ausländische Militärangehörige vorgesehen und sind praktiziert worden. So zum Beispiel an den Marschall Wiktor Georgijewitsch Kulikow.

Der Orden wurde am Tag seiner Verleihung stets mit einer aufwendig gefertigten Urkunde überreicht. Dazu gab es eine einmalige Dotation von 5000 Mark.

Obwohl der Scharnhorst-Orden die höchste militärische Auszeichnung der DDR darstellte, erreichte er in der Reihenfolge aller Auszeichnungen der DDR nur den 7. Platz. Daraus ergab sich auch die Platzierung des Ordens an der Ordensschnalle bei höherwertigen Auszeichnungen.

Der Scharnhorst-Orden wurde auf der linken Brustseite an einer pentagonalen Bandspange (nach russischem Vorbild) getragen. Bei mehrfacher Verleihung wurde der Orden entsprechend seiner Verleihungsanzahl getragen.

Scharnhorst-Orden Beschreibung

 

Das Ordenszeichen war seit Beginn seiner Einführung im Jahr 1966 bis 1989 mehrfachen Änderungen unterworfen, wobei das Grundaussehen des Ordens nur unwesentlich geändert wurde. Der Scharnhorst-Orden bestand zeit seines Bestehens aus einem mit goldenen Strahlen unterlegten fünfarmigen Stern. Im Mittenmedaillon des Sterns befand sich in blauem Feld mit weißer Umrahmung ein goldenes Porträt von Scharnhorst, unter dem zwei gekreuzte goldene Dolche platziert waren.

 

  • 1. Ausführung 1966–1972: Produktion des Ordens aus vergoldetem 900er Silber, Rückseitig waren 5 Niete aufgesetzt.
  • 2. Ausführung 1973–1980: Produktion des Ordens aus vergoldetem Buntmetall, Rückseite glatt mit einem zentral gelegenen Niet gehalten.
  • 3. Ausführung 1980–1989: Einführung einer gemusterten (gesprengelten) glatten Rückseite ohne Niete, Medaillon nur noch aufgeleimt. 

Das Ordensband des Scharnhorst-Ordens war blau gehalten mit goldener Perkussion (gleichfarbigen beiderseitigen Streifen). Gleiches Farbspiel spiegelt sich auf der Bandspange wider, auf dessen Mitte eine Miniatur des Medaillons Scharnhorsts aufgesetzt war.

Genaue Maßangaben sind aufgrund unterschiedlicher Anfertigungen hinsichtlich Materialverwendungen nur bedingt möglich. Die Größenangaben basieren deshalb auf Mittelwerten. Diese waren:

  • Höhe einschließlich Öse: 45,45 mm bis 46,37 mm
  • Breite: ca. 42,5 mm
  • Gesamtbreite der Dolche: ca. 30,2 mm
  • Gewicht: 44 g bis 44,5 g

Der Scharnhorst-Orden wurde, wie viele andere Orden der DDR (z.B. Karl-Marx-Orden) an ganze Truppenteile, Verbände oder auch Betriebe in Form eines Fahnenbandes verliehen.

 

Bekannte Träger des Scharnhorst-Ordens:

 

 

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

 

 

Gerhard von Scharnhorst

Gerhard Johann David von Scharnhorst, geboren am 12. November 1755 in Bordenau, heute Teil von Neustadt am Rübenberge; verstorben am 28. Juni 1813 in Prag, war ein preußischer Generalleutnant. Neben August Graf Neidherdt von Gneisenau war er – als Vorsitzender der Militärreorganisations-Kommission seit Juli 1807- der entscheidende Organisator der Preußischen Heeresreform.

Scharnhorst Gemälde von Friedrich Bury

Scharnhorst Gemälde von Friedrich Bury

 

Bildquelle: Von Friedrich Bury – Web Gallery of Art:   Image  Info about artwork, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11105001

 

 

Scharnhorst besuchte seit 1773 die vom Grafen Schaumburg-Lippe errichtete Militärschule auf dem Wilhelmstein und trat 1778 als Fähnrich in das kurhannoversche Reuterregiment „Estorff“ des Generals von Estorff ein. In dieser Zeit war er in Northeim (damals Nordheim) bei Göttingen stationiert. 1779 wurde Scharnhorst ein Mitglied im Bund der Freimaurer. Seine Loge „Zum goldenen Zirkel“ war in Göttingen ansässig.

1782 wurde von Scharnhorst Leutnant in der Artillerie und auf eigenen Wunsch an die Kriegsschule in Hannover berufen, wo er in der im selben Jahr gegründeten Artillerieschule einer ihrer ersten Lehrer und leitender Bibliothekar wurde.1783 unternahm er eine militärische Studienreise durch Bayern, Sachsen, Baden, Österreich und Preußen. Anschließend verfasste er Berichte über das Bayrische Militär, das in seinen Schriften nicht sehr gut abschnitt, bald darauf wurde er Lehrer an der Kriegsschule und 1792 Stabskapitän.

In den Jahren 1793–1795 machte er an der Spitze einer reitenden Batterie die Feldzüge in Flandern und Holland in der alliierten Armee mit und spielte besonders bei dem Rückzug aus Hondschoote und der Verteidigung Menens eine wichtige Rolle, weshalb er auf Betreiben von General Rudolf von Hammerstein zum Major befördert wurde.

Nach dem Krieg 1796 zum Oberstleutnant befördert, beschäftigte er sich mit literarisch-militärischen Arbeiten (wie für die allseits in Europa anerkannte Zeitschrift „Neues Militärisches Journal“), in denen er seine Erfahrungen aus den Feldzügen von 1793 bis 1795 verarbeitete. Zudem legte er seinen Vorgesetzten mehrere Denkschriften über Reformen, die seiner Meinung nach in der kurhannoverschen Armee nötig seien, vor. Weil seine Reformvorschläge in Hannover unbeachtet blieben, trat er 1801 als Oberstleutnant der Artillerie in den preußischen Dienst und wurde zum Direktor der Lehranstalt für junge Infanterie- und Kavallerieoffiziere ernannt, auf die sein Unterricht großen Einfluss ausübte. Einige Schüler wurden später seine Freunde und Mitarbeiter bei der Heeresreform, so wie Carl von Clausewitz, Hermann von Boyen, Karl von Grolman und Karl von Müffling.

1802 stiftete er die Militärische Gesellschaft in Berlin, der General Ernst von Rüchel als Präses vorstand. Die Gesellschaft gilt als Keimzelle der Heeresreform.

Scharnhorst zeitgenössicher Stich

Scharnhorst – zeitgenössischer Stich

 

Bildquelle: Von F.G. Brücke – Das Wissen des 20. Jahrhunderts, Verlag für Wissenschaft und Bildung, 1961, Rheda, Bd.1 S. 434, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2947248

 

1804 in den Adelsstand erhoben und zum Obersten befördert, wurde er 1806 als Chef des Stabes zunächst dem General von Rüchel, später dem Herzog Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig zugeteilt. Ununterbrochen schrieb er auch in diesen Jahren Denkschriften über Reformen wie z. B. die Einführung einer Nationalmiliz und die Mobilmachung.

In der Schlacht bei Auerstedt führte er die ihm zugeteilten Truppen vortrefflich, wurde jedoch in der linken Seite verwundet und machte den Rückzug Blüchers nach Lübeck mit.

Mit Blücher gefangen, aber mit demselben bald wieder ausgetauscht, wohnte er als Generalquartiermeister in L’Estocqs Korps der Schlacht bei Preußisch Eylau bei. Wegen seines tapferen und klugen Einsatzes in der Schlacht wurde er mit dem Pour le Mérite ausgezeichnet. Nach dem Frieden von Tilsit wurde er am 25. Juli 1807 zum Chef des Kriegsdepartements (Kriegsministerium), zum Chef des Generalstabes und zum Vorsitzenden der Militär-Reorganisationskommission ernannt, zu deren wichtigsten Mitgliedern Gneisenau, Grolman, Boyen und Clausewitz gehörten. In dieser Stellung reorganisierte er das Heer von Grund auf, indem er Qualifikationsvoraussetzungen für den Offizierstand einführte, das Werbesystem beseitigte und durch möglichst rasche Ausbildung der Rekruten (dem Krümpersystem) eine starke Reserve schuf sowie dem Soldatenstand zu besserem Ansehen verhalf: durch die Abschaffung der entwürdigenden Prügelstrafe und Verbesserung der Bildung, insbesondere für Offiziere. Er wandelte das Söldnerheer in ein stehendes Volksheer um und bereitete so die Organisation der Landwehr und die Befreiung Deutschlands vor.

Im Juni 1810 musste er aufgrund französischen Drucks „der Form nach“ vom Amt des preußischen Kriegsministers zurücktreten, blieb jedoch Chef des Generalstabes und nutzte die gewonnene Zeit als neuer Chef des Ingenieurkorps zu dessen Aufbau.

Als die Russen Anfang 1813 an der Grenze Schlesiens erschienen, betrieb Scharnhorst mit Eifer die Erhebung Preußens und den Abschluss des Traktats von Kalisch mit Russland(28. Februar). Mit Sicherheit hat Scharnhorst das Militärbündnis von Kalisch und die Stiftung des Eisernen Kreuzes dringend befürwortet; ihn jedoch als Initiator zu sehen, stellt eine Überschätzung dar. Entscheidender für den Abschluss des Vertrages von Kalisch war der Kanzler Hardenberg. Scharnhorst bewog den König zur Stiftung des Eisernen Kreuzes und wurde dann beim Ausbruch des Kampfes als Chef des Generalstabs der schlesischen Armee des preußischen Oberbefehlshabers Blücher zugeteilt, mit dem gemeinsam er – vergeblich – eine energischere Kriegführung forderte.

In der Schlacht bei Großgörschen (2. Mai 1813) erlitt er eine Schussverletzung am linken Knie, am selben Tage wurde ihm das Eiserne Kreuz verliehen. Wenige Wochen später, am 28. Juni 1813, starb er in Prag infolge unzureichender Behandlung der Knieverletzung, als er auf dem Weg nach Wien war, um Österreich zum Anschluss an die Koalition zu bewegen. Er wurde auf dem Invalidenfriedhof in Berlin im Feld C, G1 beigesetzt, wo sein Grab ein von Karl Friedrich Schinkel gestaltetes Monument mit einem Relief von Friedrich Tieck schmückt. Die Grabstätte ist ein Ehrengrab der Stadt Berlin. 1822 ließ König Friedrich Wilhelm III. dem Verstorbenen durch Rauchs Meisterhand vor der Hauptwache in Berlin eine Bildsäule errichten. In seinem Geburtsort Bordenau steht ein Denkmal vor seinem Geburtshaus. Eine von Rauch gefertigte Büste befindet sich in der Walhalla in Regensburg.

 

Ehrungen:

Scharnhorst-Denkmal in Berlin-Mitte

Scharnhorst-Denkmal von Christian Daniel Rauch, (Unter den Linden, Berlin-Mitte)

Bildquelle: Von I, DorisAntony, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2323310

 

Geburtshaus von Scharnhorst in Bordenau

Geburtshaus von Scharnhorst in Bordenau

 

Bildquelle: Von Axel Hindemith – Übertragen aus de.wikipedia nach Commons., Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2118776

 

 

Scharnhorst-Denkmal im Geburtsort Bordenau

Scharnhorst-Denkmal im Geburtsort Bordenau

Bildquelle: Von Die Autorenschaft wurde nicht in einer maschinell lesbaren Form angegeben. Es wird Mutter Erde als Autor angenommen (basierend auf den Rechteinhaber-Angaben). – Die Autorenschaft wurde nicht in einer maschinell lesbaren Form angegeben. Es wird angenommen, dass es sich um ein eigenes Werk handelt (basierend auf den Rechteinhaber-Angaben)., Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2237893

 

Grabstätte von Scharnhorst auf dem Invalidenfriedhof in Berlin

Grabstätte von Scharnhorst auf dem Invalidenfriedhof in Berlin

Bildquelle: Von Matthias Alfa – de.wikipedia.org: 20:44, 7. Apr 2006 . . MatthiasAlfa (Diskussion) . . 480 x 640 (87.754 Byte), CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=766762

 

Nach Gerhard von Scharnhorst wurden u. a. der Große Kreuzer „Scharnhorst“, das Vorpostenboot „Scharnhorst“ und das Schlachtschiff „Scharnhorst“ benannt.

Seinen Namen tragen die ehemalige Zeche Scharnhorst und – davon abgeleitet – die Stadtteile Alt-Scharnhorst und Scharnhorst-Ost sowie der Stadtbezirk Scharnhorst in Dortmund.

Nach ihm wurde der Scharnhorst-Orden der DDR benannt. 1980 gab die DDR zum 225. Geburtstag Scharnhorsts eine 10-Mark Gedenkmünze heraus.

An Scharnhorst erinnert der Preis für die Jahrgangsbesten der Offiziersanwärterjahrgänge des Deutschen Heeres, das Scharnhorsthaus an der Panzertruppenschule in Munster sowie der Scharnhorstsaal, das Audimax der Offizierschule des Heeres in Dresden. Zudem trägt das Scharnhorstgymnasium in Hildesheim seinen Namen, und in Wunstorf die Scharnhorstschule. In Wunstorf befindet sich am Stadtgraben an der Auebrücke ein Scharnhorst-Gedenkstein.

Die Gründung der Bundeswehr wurde 1955 bewusst auf den 12. November gelegt, den 200. Geburtstag von Scharnhorsts. Aus Anlass seines 250. Geburtstages fand am 12. November 2005 an seinem Geburtsort in Bordenau ein Feierliches Gelöbnis statt. Dieses bildete den Abschluss der Veranstaltungsreihe „50 Jahre Bundeswehr“.

Die Bundeswehr hat einige Kasernen nach Scharnhorst benannt, z. B. die Scharnhorst-Kaserne in Lingen (Ems), Northeim, Bremen oder Lüneburg, welche Mitte der 1990er Jahre in einem umfangreichen Konversionsprojekt zu einem Campus der Universität Lüneburg umgestaltet wurde. Die Scharnhorst-Kaserne, eine Sanitätskaserne in Hamburg-Harburg wurde 1993 aufgegeben und das Gelände im Stadtteil Heimfeld mit einer Wohnsiedlung „Scharnhorst Höhe“ bebaut.

Ihm zu Ehren wurde eine Büste in der Walhalla aufgestellt. Außerdem tragen zahlreiche Straßen in deutschen Städten seinen Namen.

Anlässlich des 250. Geburtstags des Namensgebers des Stadtbezirks Dortmund-Scharnhorst wurde ihm zu Ehren ein Triptychon geschaffen, welches am 12. November 2005 im Rahmen eines Festakts im Trauzimmer des Stadtbezirks enthüllt wurde und dort seinen Platz hat.

Weitere Einzelheiten Triptychon zu Ehren des Generals Gerhard Johann David von Scharnhorst

Triptychon zu Ehren des Generals Gerhard Johann David von Scharnhorst

Bildquelle: Von Bruni Braun – http://www.brunibraun.de/, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=39383808

Entnommen aus Wikipedia, bearbeitet und gekürzt von Petra Reichel

 

 

 

 

Bauernkriegspanorama

Panoramamuseum in Bad Frankenhausen

Panoramamuseum bei Bad Frankenhausen

Bildquelle: Von Martin Zeise – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Bild ist entsprechend verlinkt

 

Das Bauernkriegspanorama ist ein monumentales Panoramabild über den Bauernkrieg mit dem Titel „Frühbürgerliche Revolution in Deutschland“ des Leipziger Malers und Kunstprofessors Werner Tübke. Es befindet sich im Panorama Museum, einem eigens dafür errichteten Gebäudekomplex, auf dem Schlachtberg bei der thüringischen Kleinstadt Bad Frankenhausen am Fuße des Kyffhäusergebirges. Das Werk entstand in den Jahren 1976 bis 1987, ursprünglich zum Gedenken an den Deutschen Bauernkrieg und den Bauernführer Thomas Müntzer. Mit einer Fläche von 1722 m² zählt es zu den größten Tafelbildern der Welt.

Schlachtberg vor Panoramamuseum

Schlachtberg vor Panorammuseum

Bildquelle: Von H.Stolze – H.Stolze, CC BY-SA 3.0, Bild ist entsprechend verlinkt

 

Daten und Fakten

Der zylindrische Rundbau aus Betonfertigteilen, der das Gemälde umfasst, ist ca. 18 m hoch und hat einen Außendurchmesser von knapp 44 m. Als Architekt wurde Herbert Müller beauftragt, die Grundsteinlegung erfolgte am 8. Mai 1974. Die Stützmauer setzt sich aus 54 vorgefertigten, halbröhrenförmigen Spannbeton-Schalen zusammen und das Dach besteht aus freitragenden, vorgespannten Dreiecks-Betonschalen. Bereits 1975 waren Rundbau und Eingangsgebäude fertiggestellt.                                                              Die Leinwand (und damit das Bild selbst) ist 123 m lang und 14 m hoch. Sie wog unbemalt ungefähr 1,1 t und ist zwischen einem oberen und einem unteren Stahlring mit je knapp 40 m Durchmesser gespannt. Gewebt wurde sie in einem Stück im Textilkombinat Sursk in der Sowjetunion. Der damalige Kulturminister der DDR, Hans-Joachim Hoffmann, der sich sehr für das Projekt einsetzte, hatte die Leinwand persönlich in der Sowjetunion bestellt.                                                                                       Der ortsansässige Autosattler Günter Hohlstamm nähte die beiden Enden passgenau zusammen und präparierte die Längsseiten für die Ringe. Nach der Aufspannung versah ein sowjetisches Spezialistenteam die Leinwand mit einer Grundierung nach einer alten russischen Geheimrezeptur.                                                                                                     Tübke verteilte auf die 1722 m² große Fläche mehr als 3000 einzelne Figuren, wovon die größten über 3 Meter messen.                                                                                                       Der Maler selbst musste die Arbeiten zeitweilig unterbrechen und seinem Kollegen Eberhard Lenk die Ausführung überlassen, weil die Überanstrengung einen Muskelriss im Daumen hervorgerufen hatte.                                                                                                  Das Bild ist durch einen umlaufenden Graben und Geländer vom Besuchersaal getrennt, um Berührungen und Beschädigungen zu verhindern. Es wird bei den Führungen von einer größeren Zahl von gedämpft leuchtenden Scheinwerfern angestrahlt, während der Saal selbst im Halbdunkel bleibt. Somit kann sich die plastische Wirkung des Rundbildes optimal entfalten.

Offizieller Auftraggeber war das Kulturministerium der DDR, das damit einen Beschluss des SED-Politbüros vom 09. Oktober 1973 umsetzte. Anfang der 1970er Jahre fand mit dem Ende der Regierungszeit von Walter Ulbricht auch ein Wandel in der Kulturpolitik der SED statt.

Mehr Vielfalt und Akzeptanz auch nicht ausschließlich die Kunstrichtung sozialistischer Realismus, sollte einerseits das internationale Ansehen heben, andererseits fortschrittliche historische Gestalten und Ereignisse näherbringen, denen die DDR sich als historischer Erbe verpflichtet war ihr Vermächtnis zu erfüllen. Bei Thomas Müntzer wurde u.a. dadurch ausgedrückt, dass er ab 1975 auf der 5-Mark-Banknote der DDR zu sehen war.

DDR-Banknote 5 Mark mit Müntzer in der Ausgabe von 1975 bis 1990

DDR-Banknote 5 Mark mit Thomas Müntzer in der Ausgabe von 1975 bis 1990

Bildquelle: Gemeinfrei, Bild ist entsprechend verlinkt

 

Im heutigen neuen Bundesland Thüringen gibt es viele Thomas-Müntzer-Denkmäler. Sie sind das Erbe aus der DDR-Zeit.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Bildquellen siehe in den einzelnen Beiträgen

 

 

Der Geburtsort Stolberg sowie der Sterbeort Mühlhausen erhielten in der DDR den offiziellen Namenszusatz „Thomas-Müntzer-Stadt“. (Mühlhausen 1975 anlässlich des 450. Todestages) Nach der Annexion der DDR wurden die Beinamen aberkannt und getilgt. Im Gegensatz dazu sind die Beinamen der „Lutherstädte“ Eisleben und Wittenberg bestehen geblieben. Dieses Geschichtsverständnis der vergrößerten heutigen BRD sagt doch einiges aus.

Die SED plante im Hinblick auf den 450. Jahrestag des Deutschen Bauernkrieges für 1975 ein Gedenkjahr.

Auf einem Plenum der SED 1972 wurde erstmals der offizielle Antrag eingebracht, auf dem Schlachtberg bei Bad Frankenhausen eine Panorama-Gedenkstätte zum Andenken an die dort geschlagene Bauernschlacht und ihren Anführer Müntzer zu errichten. Der SED-Führung schwebte ein monumentales, heroisierendes Schlachtengemälde vor.

Nach mehrjährigen Diskussionen, fachlichen Expertisen durch Historiker und Kunstsachverständige, Änderungsvorschlägen, erneuten Debatten usw. entschied der beauftragte Kulturminister, den Streit zu beenden. Entgegen den Vertretern des sozialistischen Realismus gab er nun doch ein von diesen abgelehntes Panoramabild in Auftrag – der zugehörige Bau war bereits in Arbeit.

Für ein solches Vorhaben kamen nur die besten Künstler in Betracht. Konkret wurde der international angesehene Werner Tübke als geeignet erachtet. Tübke nahm den Auftrag nach einiger Bedenkzeit an, stellte aber unmissverständliche Bedingungen: Er bliebe der einzige Auftragnehmer und er würde kein dokumentarisch korrektes Bilddokument einer Schlacht schaffen, sondern ein künstlerisches Monumentalwerk mit umfassender Verallgemeinerung. Vor allem aber habe ihm niemand ins künstlerische Konzept und seine Ausführung hineinzureden. Ohne die Akzeptanz seiner künstlerischen Autonomie würde er nicht malen.

Die Zeit drängte, es war 1975. Tübkes „Ultimatum“, wurde weitgehend akzeptiert. So entstand das Gemälde nicht im „offiziellen“ Stil des sozialistischen Realismus, sondern in dem von Tübke gepflegten magischen Realismus.

Im Jahre 1976 ließ sich der Maler als Rektor der Leipziger Kunsthochschule beurlauben und begann, parallel zum intensiven Quellenstudium der Renaissancezeit, erste Skizzen und kleinere Bilder als Entwürfe anzufertigen. Bereits 1978 wurde die Leinwand angeliefert.

1979 folgte, wie konzipiert und im Vertrag auch fixiert, die Arbeit an der 1:10-Modellfassung, der eigentlichen Originalversion. Das auf fünf Holztafeln von je 2,46 m Länge und 1,39 m Höhe gemalte Werk wurde im Dezember 1988 von der Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin erworben und befindet sich heute noch in Berlin. 1982 spannten und präparierten 54 Arbeiter die Leinwand auf. Danach zeichneten insgesamt fünfzehn Künstler die Konturen aus der Modellfassung auf 900 Quadrate aus Klarsichtfolie, die anschließend fotografiert wurden. Die Fotos wurden mit beweglichen Tageslichtprojektoren im Maßstab von 10:1 auf die Leinwand projiziert und die vergrößerten Konturenzeichnungen mit einer blassen Temperafarbe festgehalten. Diese Arbeit beanspruchte drei Monate. Die fünfzehn Künstler absolvierten im folgenden Jahr eine Art Training, bei dem sie Tübkes Stil exakt kopieren lernen und sich zudem durch Übertragung von Vorstudien auf immer größere Flächen die Technik für die Großleinwand aneignen sollten. Fünf Maler wurden schließlich vom Meister ausgewählt. 1983 stießen sie nach und nach zu Tübke, der inzwischen schon eine kleinere Fläche als Referenz allein bemalt hatte. Auf fünf Stockwerke hohen fahrbaren Gerüsten arbeiteten die sechs Maler über vier Jahre lang in Schichten und auch am Wochenende. Durch die ständige Überbeanspruchung seines rechten Armes kam es bei Tübke während der Arbeiten zu einem Muskelriss im Daumen, wodurch er zu längeren Pausen gezwungen wurde. Am 7. August 1987 vollendete Werner Tübke schließlich seinen Teil des Gemäldes, am 11. September beendete Lenk als letzter Mitarbeiter seine Arbeit, und am 16. Oktober setzte Werner Tübke schließlich seine Signatur auf das fertige Werk. Einer der ersten, die das Werk kurz vor seiner Fertigstellung sehen konnten, war im Herbst 1987 der Historiker Golo Mann. Er schilderte seine Eindrücke wie folgt:

„Der Schreiber dieser Zeilen hatte das Glück, den Rundbau auf dem Hügel bei Frankenhausen im Oktober des Jahres 1987 zu besuchen, einige Wochen bevor Werner Tübke, nach zwölfjähriger Arbeit, sein Werk als vollendet bezeichnete, anderthalb Jahre bevor es der Öffentlichkeit gelegentlich einer Feier zugänglich gemacht werden wird. Wir waren zu dritt, mit zwei freundlichen Erklärern. Danach durften wir noch das Ehepaar Tübke begrüßen. Der Meister war tief erschöpft, soviel spürte man, sehr erholungsbedürftig, aber glücklich wohl auch. Was konnte ich ihm sagen? Kaum mehr, als was ich in das Gästebuch schrieb: „Voll Bewunderung und Staunen.“ Betritt man das riesige Gewölbe, sieht man steil nach oben, so wird man zunächst von etwas wie Schwindel erfasst. Dann versucht man sich zu orientieren; wozu eine Stunde niemals ausreichen kann. Es ist eine Welt, die sich da auftut; Menschenwelt im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts. Hatte der Meister Vorbilder, so waren es Maler eben jener Zeit; keineswegs die Historien-Maler des neunzehnten, die gar so schlecht auch nicht waren, mit denen sich aber jeder Vergleich verbietet. Überhaupt versagt hier das bloße Wort. Realismus? Ja, doch, der auch. Man sieht die Qual eines aufs Rad Geflochtenen. Man sieht Henker und Gehängte. Man sieht das üppige Leben, Lust und Wollust neuen, reich gewordenen Bürgertums. Stimmig ist auch hier eine Druckerwerkstatt mit von der Partie: Wirklichkeit und Symbol der neuen Großmacht. […]                                                                                                                               Aber wer unter jener Kuppel auf dem Frankenberg steht, dem Gemälde ohne Anfang, ohne Mitte und ohne Ende, der Schau, in welcher Symbole wie der berstende Turm von Babylon oder ein Regenbogen hoch über dem Schlachtengewimmel sich mit historischen Figuren versöhnen, dem wird die Zaubermacht der Kunst für einen Moment alle Theorie als grau in grau erscheinen lassen.“      

—    Golo Mann: In: Bauernkriegs-Panorama. Erster Besuch. Eröffnung

 

Tübke präsentiert die 1-10-Version des Bauernkriegspanoramas Mitgliedern des Politbüros 1982 im Albertinum

Tübke präsentiert die 1:10-Version des Bauernkriegspanoramas Mitgliedern des Politbüros 1982 im Albertinum

Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-1982-1002-014 / Franke, Klaus / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Bild ist entsprechend verlinkt

 

Eröffnung

Das Jahr 1989 war anlässlich des 500. Geburtstages Thomas Müntzers von der Regierung der DDR zum Thomas-Müntzer-Jahr erklärt worden. Aus diesem Anlass wurde die Gedenkstätte „Frühbürgerliche Revolution in Deutschland“ mit dem monumentalen Panoramabild am 14. September des Jahres offiziell eröffnet. Zuvor waren Ausschnitte des Gemäldes bereits auf einem fünfteiligen Briefmarkensatz erschienen, den die Deutsche Post der DDR am 22. August herausgegeben hatte.

Kulturminister Hoffmann, einer der wichtigsten Förderer des Projekts, der SED-Kulturverantwortliche Kurt Hager und die Volksbildungsministerin Margot Honecker, die zugleich ihren erkrankten Mann Erich Honecker vertrat, nahmen an der Eröffnung teil.

In der Bevölkerung kam dieses Kunstwerk nicht an. Man muss bedenken, dass bereits die Konterrevolution voranschritt und die Unzufriedenheit groß war. So wurde die Geldausgabe für dieses Projekt kritisiert, während andere Projekte in der Region, wie z.B. eine Turnhalle in Sangershausen, gestrichen wurden. Hinzu kam der verschärfende Mangel in allen Bereichen.

Das Kunstwerk wurde als Propagandamittel gesehen. Vom in der Schule gelehrten Stolz auf diese Epoche der Geschichte ist nichts geblieben. Verächtlich wurde das Museum „Elefantenklo“, „Gasometer“ und „Silo“ genannt.

Dieser Unmut schloss auch den so titulierten „Staatskünstler“ Werner Tübke ein. Tübke betrachtete sich nach eigener Aussage nicht als Künstler der DDR und schon gar nicht als Staatskünstler, sondern als außerhalb der DDR-Kunst stehend. Außerdem entsprach die Ausführung des Kunstwerks von Werner Tübke nicht den Vorstellungen der damaligen Politiker.

An dieser Stelle muss noch gesagt werden, dass zu allen Zeiten in allen Gesellschaftsordnungen Künstler von Aufträgen und Mäzenen (heute würde man sagen Sponsoren) abhängig waren und sind. Die Künstler müssen schließlich von irgendwas leben und ihre Arbeiten finanzieren.

Befürworter des Projekts verwiesen auf Deviseneinnahmen, die der Verkauf von Bildern von Werner Tübke ins Ausland eingebracht hatte. Hätte die DDR länger bestanden, hätten durch Touristen und Kunststudenten, Kunstkenner und –sammler aus dem Ausland Devisen eingenommen werden können.

 

Heutige Bedeutung

Nach der Annexion der DDR durch die BRD war die Zukunft des Panorama Museums ungewiss, da es kurz vor Ende der DDR bei der Bevölkerung nicht gut ankam. Es wurde sogar über eine Schließung des Museums diskutiert, die jedoch der Sachverständige im Thüringischen Kunstministerium abwenden konnte.

Seit 1992 wurde das Konzept des Panorama Museums über die Präsentation des Monumentalgemäldes hinaus um ähnliche Kunstwerke einerseits und das Gesamtwerk Werner Tübkes andererseits erweitert. Hauptträger des Museums war nach der Konterrevolution der Freistaat Thüringen. Anfang 2008 wurde das Museum privatisiert und vom Verein Panorama Museum e. V. übernommen. Dem Trägerverein gehören das Land Thüringen, der Kyffhäuserkreis und die Städte Bad Frankenhausen und Sondershausen an. Das Museum wird vom Freistaat bis mindestens 2012 weiter mit jährlich knapp 1,3 Millionen Euro finanziert. Wie der derzeitige Stand ist, ist aus dem Wikipedia-Artikel nicht zu entnehmen. Was die Bevölkerung zu der Finanzierung des Kunstwerkes durch das heutige neue Bundesland Thüringen sagt, interessiert heute niemanden mehr. Zu etwa 30 Prozent kann sich das Museum aus eigenen Einnahmen finanzieren. Mit jährlich etwa zwischen 75.000 bis 90.000 Besuchern zieht es ein so großes Publikum an wie nur noch wenige andere Gemälde in Deutschland. Ob gewürdigt wird, dass dieses Kunstwerk ein Erbe der DDR ist? Das heutige neue Bundesland Thüringen hätte das wohl kaum in Auftrag gegeben. Die DDR hatte einen großen Kulturetat. Das ist heute anders. Außerdem sind für Kunst und Kultur in der BRD die einzelnen Bundesländer zuständig.

Neben Ankäufen bilden Schenkungen einen weiteren wichtigen Teil der Sammlung. Zwei bedeutende Schenkungen sind die Sammlung Albert-Leo Troost und Fabius von Gugel. Der Kaufmann und Grafiksammler Albert Leo Troost (1930-2001), in Düsseldorf aufgewachsen, verkehrte in Künstlerkreisen in Düsseldorf und Prag. Er schenkte 2001 dem Panoramamuseum 140 teils großformatige Grafiken bedeutender tschechischer und slowakischer Künstler. 2004 bildeten diese Arbeiten den Kern der Museumsausstellung „Das innere Gesicht… Meisterwerke tschechischer und slowakischer Grafik“. Der Schenkung Fabius von Gugel ging eine Sonderausstellung des Künstlers im Panorama Museum 1998 voraus. Nach der Exposition entschloss sich der Künstler, dem Panorama Museum einen Großteil seines malerischen und grafischen Werkes zu übereignen.

Das Panorama Museum wurde als einer von 20 sogenannten kulturellen Gedächtnisorten in den neuen Bundesländern in das Blaubuch der Bundesregierung aufgenommen. Na, da hoffen wir doch, dass nicht in Vergessenheit gerät, warum die DDR dieses große Kunstwerk in Auftrag gab.

 

Entnommen aus Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

 

Friedhof der Märzgefallenen

Der Friedhof der Märzgefallenen ist ein Friedhof im Volkspark Friedrichshain im Berliner Ortsteil Friedrichshain. Er wurde für die Opfer der Märzrevolution vom 18. März 1848, die Märzgefallenen, angelegt. 1925 gestaltete der Berliner Architekt Ludwig Hoffmann die Anlage um und brachte sie in die bestehende dreiseitig gefasste Form. Weitere Umgestaltungen fanden 1948 und 1957 statt.

Nach der Novemberrevolution 1918 wurden hier auch die ersten Berliner Gefallenen dieses Aufstands beerdigt, an die die 1960 aufgestellte Bronzefigur „Roter Matrose“ von Hans Kies erinnern soll.

1948 wurde zum 100-jährigen Bestehen des Friedhofs ein Gedenkstein mit den Namen der Märzgefallenen aufgestellt. Heute existieren noch 18 Grabplatten, drei eiserne Grabkreuze, eine Stele und zwei Grabdenkmäler aus Gusseisen. Der Friedhof der Märzgefallenen ist heute eine Gedenkstätte und ein Gartendenkmal.

friedhof-der-marzgefallenengraber

Friedhof der Märzgefallenen( Gräber)

Bildquelle:
Von © Achim Raschka / Wikimedia Commons / CC-BY-SA-3.0, CC BY-SA 3.0, Bild ist entsprechend verlinkt
grabstein

Grabstein

Bildquelle:
CC BY-SA 3.0, Bild ist entsprechend verlinkt

 

grabstele

Grabstele

Bildquelle:
CC BY-SA 3.0, Bild ist entsprechend verlinkt

 

Die ersten Beigesetzten auf dem Friedhof der Märzgefallenen waren 183 zivile Opfer der Barrikadenkämpfe der Märzrevolution vom 18. März 1848. Sie wurden am 22. März 1848 auf dem Lindenberg, der damals höchsten Erhebung des noch im Aufbau befindlichen Volksparks, der im Volksmund auch Kanonenberg genannt wurde, bestattet.

grab-fur-einen-unbekannten

Grab für einen Unbekannten

Bildquelle:
CC BY-SA 3.0, Bild ist entsprechend verlinkt

 

begrabnis-und-einsegnung-der-gefallenen

Begräbnis und Einsegnung der am 18. und 19. März 1848 Gefallenen, Lithografie von Wilhelm Loeillot de  Mars, 1848

Bildquelle:
Von Unbekannt – unknown, CC0,  Bild ist entsprechend verlinkt

 

Die Berliner Stadtverordnetenversammlung fällte aufgrund eines Antrags von Stadtrat Daniel Alexander Benda die Entscheidung für die Errichtung des neuen Friedhofs auf einer 2,3 Hektar großen Fläche erst am Vortag der Beerdigung. Sie sah vor, dass neben den zivilen Opfern auch die gefallenen Soldaten hier beerdigt werden sollten. Die Entscheidung zu einer gemeinsamen Beerdigung war bereits vorher in der Bevölkerung breit diskutiert und meist abgelehnt worden, letztlich entschied aber das Militär, indem es die Leichen der toten Soldaten nicht zur Verfügung stellte. Die zu dem Zeitpunkt auf dem Lindenberg befindlichen beiden Windmühlen sollten für die Anlage der Begräbnisstätte abgerissen werden. Außerdem sollte ein Denkmal auf dem damals noch nicht zum Berliner Stadtgebiet gehörenden Friedhof und ein weiteres in der Stadt aufgestellt werden. Trotz dieses Beschlusses wurde nur eine Mühle abgerissen und die Fläche war dadurch erheblich kleiner. Die zweite Mühle brannte 1860 nieder. Auch die Beerdigung der Soldaten fand nicht hier statt, sondern erst am 24. März auf dem Invalidenfriedhof in Berlin-Mitte. Die geplanten Monumente wurden ebenfalls nicht errichtet. Der Friedhof war ursprünglich quadratisch angelegt mit Diagonalwegen, die auf einen umlaufenden Weg führten, an dem die Gräber lagen. Das Zentrum der Anlage bildete ein Rondell mit einer Sommerlinde.

friedhof-der-marzgefallenen-1848

Friedhof der Märzgefallenen 1848

Bildquelle:
Von Lley aus der deutschsprachigen Wikipedia, CC BY-SA 3.0,  Bild ist entsprechend verlinkt

 

Nach einer Möglichkeit zur privaten Abschiednahme am 21. März, fand das Begräbnis am 22. März statt. An diesem Tag wurde ein Festzug vorbereitet und ganz Berlin einschließlich des Berliner Stadtschlosses und des Scharnhorst- und Blücher-Denkmals in der Innenstadt wurden in Schwarz-Rot-Gold und schwarz geschmückt. Helfer dekorierten die Särge der Gefallenen mit Blumen aus dem königlichen Garten. Auf dem Gendarmenmarkt kam es zur Aufbahrung der Märzgefallenen. Die Zahlen der Versammelten variieren. Es waren 100 000 bis 300 000 Menschen versammelt. In der Neuen Kirche, der Kirche am Deutschen Dom auf dem Gendarmenmarkt, versammelten sich die Angehörigen der Toten zu einem evangelischen Gottesdienst.

Der Festzug von der Neuen Kirche zum Friedhof bestand aus 20.000 Teilnehmern und 3.000 Ordnern, war etwa 7,5 Kilometer lang und dauerte vier Stunden. Die „Vossische Zeitung“, deren gesamte Redaktion am Begräbnis teilnahm, bemerkte, in den mitgeführten Symbolen „schien sich die ganze Geschichte unseres Vaterlandes zu verkörpern“. Die Teilnehmer führten Fahnen aus anderen Städten ebenso mit sich wie die von einzelnen Gewerben in der Stadt. Orden und Uniformen waren dagegen kaum vorhanden.

In den folgenden Wochen wurden weitere Opfer der Kämpfe, die ihren Verletzungen erlagen, auf diesem Gelände beigesetzt. Die endgültige Zahl der Gräber stieg auf 254.

Der Friedhof der Märzgefallenen wurde nach 1848 zu einem Symbol der deutschen Demokratiebewegung. Die Anlage stellte dabei regelmäßig einen wichtigen Gedenk- und Demonstrationsplatz dar.

Im Juni 1848 kam es an den Gräbern zu einer ersten Demonstration Berliner Studenten an diesem Ort. Sie wollten der Toten gedenken und zugleich die Regierenden ermahnen, die bei der Revolution erworbenen Veränderungen nicht vorschnell wieder rückgängig zu machen.

Bereits am 25. März 1848 wurde in verschiedenen Berliner Zeitungen in einer öffentlichen Bekanntmachung um Spenden sowie Entwürfe für ein Denkmal auf dem Friedhof gebeten, zu welchem am Jahrestag der Revolution der Grundstein gelegt werden sollte. Dieser Aufruf wandte sich bewusst an das gesamte deutsche Volk mit dem Hinweis, dass die Märzrevolution nationaler Natur sei und somit nicht die Berliner allein in der Pflicht seien. Das eingegangene Geld für das Komitee zur Errichtung des Denkmals verwaltete der Kaufmann und Schuhfabrikant F. H. Bathow verwaltet. Da dieses Komitee offiziell allerdings nicht existierte, wurde Bathow polizeilich gezwungen, das Geld herauszugeben. Der Verbleib und die Summe des gesammelten Geldes blieben ungeklärt, nach widersprüchlichen Meldungen wurde es entweder 1854 beim Stadtgericht deponiert oder ging in die Pensionskasse der Schutzleute über. Die Einziehung des Geldes führte dazu, dass es kein Denkmal zum Jahrestag der Revolution gab; zu diesem Datum waren noch nicht einmal alle Gräber mit einfachen Holzkreuzen bestückt und die Stadtregierung wollte diese nicht finanzieren. So brachten die Berliner die fehlenden rund 60 Kreuze durch eine spontane Sammlung zwischen dem 18. und 22. März 1849 auf.

Aufgrund der politischen Entwicklung bis zum ersten Jahrestag der Revolution rechneten sowohl Magistrat als auch Stadtverordnetenversammlung mit erneuten Aufständen in Berlin. Aus diesem Grunde wurde die Besatzungsstärke des Militärs und der Polizei massiv aufgestockt.

Trotz dieser Präsenz von Militär und Polizei zogen am 18. März Tausende zu den Gräbern der Märzgefallenen. Dabei handelte es sich vor allem um Arbeiter. Bereits in der vorhergehenden Nacht waren die Gräber mit Blumen geschmückt worden und Mitarbeiter der Borsigwerke stellten an den vier Ecken des Friedhofs je eine stählerne Säule auf, die mit zwei Fackeln bestückt wurde. Am Nachmittag des Tages kam es tatsächlich zu den befürchteten Zusammenstößen zwischen Demonstranten und den Schutzleuten, die jedoch verhältnismäßig glimpflich ausgingen.

 

In den folgenden Jahren

 

1850 bis 1900:

Um in den folgenden Jahren Ausschreitungen zu vermeiden, verbot das Preußische Staatsministerium das Betreten des Friedhofs am 18. März 1850 und zu den Jahrestagen der folgenden Jahre. Bereits am 17. März 1850 wurden alle Zugänge von Polizeikräften abgesperrt. Am gleichen und am folgenden Tag trafen Arbeiter am Park ein und versuchten, auf die Friedhofsanlage zu gelangen, um dort Blumen und Kränze niederzulegen. Die Gedenkveranstaltungen fanden daraufhin in den umliegenden Gartenlokalen statt, und es kam auch in diesem Jahr zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Demonstranten.

Am 20. März 1850 verkündete die Königlich-Privilegierte Zeitung, dass der Friedhof der Märzgefallenen planiert und die Begrabenen umgelagert werden sollten. Der Platz sollte einem Bahnhofsbau weichen. Diese Ankündigung wurde jedoch nie realisiert, und so kamen auch am 18. März 1851 viele Arbeiter zum Friedhof. Dieser Tag endete wieder in Ausschreitungen, die diesmal nicht ohne Verletzte endeten. Bis zum 18. März 1852 wurden alle Wege zum Friedhof mit Ausnahme des Hauptweges vom Landsberger Tor mit Blumen bepflanzt und damit unbegehbar gemacht. Im Vorfeld des Kölner Kommunistenprozesses kamen jedoch in diesem Jahr 10.000 Demonstranten in den Park, und wiederum endete der Tag in Gewalt. Ab 1853 war der gesamte Park mit einem hohen Bretterzaun, später einem Stangenzaun, abgeriegelt. Auf diese Weise verhinderten die Ämter in dem Jahr eine Versammlung am Friedhof.

Über den geplanten Bahnhofsbau wurde erst im Februar 1854 erneut berichtet, nachdem 1853 der Bau eines Waisenhauses am Rand des Parks mit der Begründung abgelehnt wurde, dass der Anblick des Friedhofes die Jugend täglich an die Märzrevolution 1848 erinnern und so erneut zur Rebellion verleiten könne. Auch hierauf kam es nicht zu einer Verlegung, und bis zum Jahr 1856 versammelten sich jedes Jahr etliche Menschen zum Gedenken an die Revolution und an die Gefallenen am Friedhof. In einem Schreiben vom 22. Oktober 1856 forderte der Polizeipräsident von Berlin den Magistrat der Stadt auf, durch die Pflanzung einer dornigen Hecke den Zugang zu dem Friedhof unmöglich zu machen in „der Absicht, jenen Platz möglichst der Vergessenheit anheimfallen zu lassen.“ Der Magistrat lehnte diese Pläne ab und schlug erneut eine Umlagerung der Toten vor, der der Polizeipräsident zustimmte unter der Voraussetzung, dass dies möglichst ohne großes Aufsehen geschehen sollte.

Im Oktober 1857 bekam die Presse und damit die Öffentlichkeit Kenntnis von den Plänen des Magistrats durch Angehörige der Toten. Von diesen wollte der Magistrat eine Einwilligung zur Verlegung der Toten gegen die Zahlung von Geldern bekommen. Im September 1858 legte der Magistrat der Stadtverordnetenversammlung einen Plan zur möglichst baldigen Verlegung vor. Diese wurde auch bald beschlossen. Daraufhin wurde eine unbekannte Anzahl von Särgen auch ausgegraben, eine Komplettverlegung fand jedoch nicht statt. Am 15. Mai 1861 verkündete die Königlich-Privilegierte Zeitung, dass der Zutritt zum Friedhof wieder uneingeschränkt erlaubt sei.

In den Jahren von 1868 bis 1874 erfolgte der Bau des städtischen Krankenhauses Friedrichshain an der Landsberger Allee in direkter Nachbarschaft des Friedhofs. Der Friedhof selbst liegt seitdem direkt an der Krankenhausmauer, durch die Zufahrtsstraße zum Haupteingang des Krankenhauses vom restlichen Volkspark abgetrennt. Der nächste wichtige Termin für den Friedhof war der 18. März 1873, der 25. Jahrestag der Revolution. Zugleich wurde dieser Tag ein Gedenktag für die Pariser Kommune von 1871. Am und auf dem Friedhof der Märzgefallenen strömte eine große Menschenmenge zusammen. Das Jubiläum führte erneut zu starken Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Diese ließ den Park am späten Nachmittag gewaltsam räumen. Auch in den folgenden Jahren wurde der Friedhof alljährlich von Tausenden von Besuchern aufgesucht, vor allem von kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeitern. Auch Lokalpolitiker sowie die sozialdemokratische Reichstagsfraktion ehrten die Toten wiederholt durch Niederlegung von Kränzen.

plan-vom-volkspark-nach-dem-bau-des-krankenhauses

Plan vom Volkspark nach dem Bau des Krankenhauses, 1875

Bildquelle:
Von Der ursprünglich hochladende Benutzer war Necrophorus in der Wikipedia auf Deutsch – Übertragen aus de.wikipedia nach Commons durch Ireas mithilfe des CommonsHelper., Gemeinfrei, Bild ist entsprechend verlinkt

 

Zum 50. Jahrestag 1898 kam es zu einem Streit zwischen den städtischen Behörden und dem Polizeipräsidium Berlins um die Neugestaltung des Friedhofs. Der Berliner Magistrat wollte einen Umbau des Geländes durchführen, bei dem der Friedhof den anderen Berliner Friedhöfen angepasst werden sollte. Teil des Planes war ein Eingangsportal mit eisernem Tor sowie eine erneuerte Umzäunung. Ein Gedenkstein, den die Stadtverordnetenversammlung errichten wollte, wurde vom Magistrat abgelehnt, da er durch eine Unterstreichung der Denkwürdigkeit der Revolution gegen die Obrigkeit weitere Aufstände befürchtete. Ludwig Hoffmann legte 1898 einen Entwurf für das Eingangsportal vor, aufgrund einer Entscheidungsverzögerung wurde er bis zum 50. Jahrestag jedoch nicht umgesetzt. Im Jahr 1899 kochte der Streit erneut auf, als statt eines Denkmals die Platzierung einer Gedenktafel am Eingangsportal angeregt wurde. Das Polizeipräsidium verweigerte nunmehr die Bauerlaubnis mit der Begründung, dass „… das Bauwerk eine Ehrung der dort begrabenen Märzgefallenen bezwecke, mithin eine politische Demonstration zur Verherrlichung der Revolution, die aus allgemeinen ordnungsgemäßen Gründen nicht gestattet werden kann.“

Trotz einer Klage des Magistrats und besonders der Stadtverordnetenversammlung wurde eine Ehrung der Märzgefallenen weiterhin abgelehnt, und der Friedhof wurde in einen „ordnungsgemäßen“ Zustand versetzt, ohne Bezug auf die historische Besonderheit zu nehmen. Bezug nehmend auf diese Streitigkeiten um das Denkmal lautete die Beschriftung des Kranzes der sozialdemokratischen Fraktion der Stadtverordneten: „Euer Denkmal habt ihr euch selbst gesetzt.“

Der marxistische Historiker Franz Mehring fasste 1897/98 in seiner „Geschichte der Sozialdemokratie“ die Geschichte des Friedhofs zusammen:

„[Die Bourgeoisie] hat [das Werk des 18. März] verraten, und ihr böses Gewissen ließ den Friedhof verwildern, wo die gefallenen Volkskämpfer zur Ruhe gebettet worden waren. Der Rost nagte an den Buchstaben und Ziffern der Kreuze, und über den versunkenen Grabhügeln wehte das Gras zusammen. Dann aber kam der Tag, an dem das erwachte Klassenbewusstsein des Proletariats die historische Bedeutung der Märzrevolution begriff und die Gräberstätte des Friedrichshains von neuem weihte.“

 

1900 bis 1945:

Im Jahr 1908 und somit zum 60-jährigen Bestehen des Friedhofs fiel das Jubiläum in die Zeit des politischen Streits um das Wahlrecht in Deutschland. Die Sozialdemokraten verabschiedeten im März an den Gräbern der Märzgefallenen ihre Resolution zu diesem Thema als Märzresolution, in der sie das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht in Deutschland forderten. Auf dem Friedhof wurden Kränze niedergelegt und mehrere Tausend Menschen hatten sich hier versammelt. Besonders die Schleifen an den Kränzen wiesen auf die Forderungen der Menschen und ganz besonders auf die Wahlrechtsforderungen hin. So war auf einem der Kränze, die von der Redaktion der Zeitung „Vorwärts“ abgelegt wurden, die Widmung Den ersten Wahlrechtskämpfern“ lesen. Etwa 60 Schleifen entfernte die Polizei aufgrund der Aufschriften, Ausschreitungen der Besucher gegen die Polizeikräfte waren die Folge.

Am 18. März 1917 wurde der traditionelle jährliche Gang der Arbeiter an die Gräber mit einer Solidaritätsbekundung zur Februarrevolution in Russland verbunden.

Im November des nachfolgenden Jahres 1918 kam es auch in Deutschland zur Revolution, die als Novemberrevolution bekannt wurde. Am 20. November wurden acht Tote dieser Aufstände auf dem Friedhof der Märzgefallenen in einem separaten Gräberbereich begraben, um die Verbindung beider Revolutionen zu verdeutlichen und zu untermauern. Die Trauerfeier, bei der einige Redner die Parallelen zwischen den beiden Revolutionen betonten, fand auf dem Tempelhofer Feld statt, an ihr sowie an dem folgenden Trauerzug nahmen etliche Tausend Menschen teil. Eine Ehrenkompanie des Alexander-Regiments führte den Zug an, gefolgt von einer großen Menge von Kranzträgern, Vertretern der Reichs-, Länder- und Stadtbehörden, der Sozialdemokratischen Partei sowie der Gewerkschaften. Erst danach kamen die Wagen mit den Särgen und den Angehörigen der Gefallenen sowie eine Sonderkompanie von Matrosen. Die Arbeiterschaft folgte mit roten und schwarzen Fahnen.

Vom 6. bis zum 11. Dezember 1918 kam es zu Konflikten mit konterrevolutionären Truppenteilen in Berlin. Bei einer gewalttätigen Auseinandersetzung am 6. Dezember im Bereich der Invalidenstraße kamen 14 Revolutionäre ums Leben, darunter auch Mitglieder des Soldatenbundes. Willi Budich, führendes Mitglied des Spartakusbundes und einer der beiden Vorsitzenden des Soldatenbundes wurde verwundet. Die Opfer dieses Angriffs wurden am 21. Dezember ebenfalls auf dem Friedhof beerdigt. Am 24. Dezember kam es zum Angriff von Regierungstruppen auf die Volksmarinedivision, die im Berliner Stadtschloss stationiert war und als spartakistisch galt. Bei den erfolgreichen Abwehrkämpfen der Matrosen kamen elf Menschen ums Leben, die am 29. Dezember in einer dritten Grube auf dem Friedhof der Märzgefallenen beigesetzt wurden.

Im Januar 1919 beantragten KPD und USPD die Beerdigung von 31 Toten des Spartakusaufstandes auf dem Friedhof der Märzgefallenen, unter ihnen Karl Liebknecht. Da der Magistrat diese Ehrung verweigerte, wurden diese Opfer der Revolution auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde beigesetzt.

In der Weimarer Republik besuchten Arbeiter, aber auch von Vertreter der SPD, der KPD, der Gewerkschaften und vom Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold wieder alljährlich den Friedhof als Gedenkstätte.

gedenkplatten-fur-die-opfer-der-novemberrevolution

Grabplatten für die Opfer der Novemberrevolution

Bildquelle:
Von © Achim Raschka / Wikimedia Commons / CC-BY-SA-3.0, CC BY-SA 3.0, bild ist entsprechend verlinkt

 

Zu Beginn der 1920er Jahre beschloss die Friedrichshainer Bezirksverordnetenversammlung mit der Stimmenmehrheit von SPD und KPD, dem Friedhof ein „würdiges Aussehen zu verleihen“. Dies bezog sich vor allem auf die Neugestaltung des Eingangstors nach der Vorlage von Ludwig Hoffmann. Am 11. Oktober 1925 wurde das neue Tor von Hoffmann als dessen letztes Bauprojekt und mit einer Kundgebung zu Ehren der „Kämpfer für die deutsche Freiheit“ (Ansprache durch Bezirksbürgermeister Mielitz) festlich eingeweiht. Nach Angaben der Zeitung „Vorwärts“ fand dies unter Teilnahme einer „großen Menschenmasse“ statt, vor der Enthüllung des neuen Portals zogen 10.000 Männer der Berliner Kameradschaft des Reichsbanners mit gesenkten Fahnen und unter Trommelwirbel an diesem vorbei. Hoffmann war zu diesem Zeitpunkt bereits seit einem Jahr nicht mehr im Amt als Stadtbaurat der Stadt Berlin. Das Tor war aus Eisen geschmiedet und an beiden Seiten von Säulen gehalten, auf denen sich jeweils kniend und nackt die Gestalt des griechischen Todesgottes Thanatos auf eine gesenkte Fackel stützte.

Außerdem wurden die noch verbliebenen Grabsteine und -kreuze in der bis heute zu sehenden Weise an drei Seiten des Friedhofs angeordnet.

Während der Zeit des Faschismus wurde der Friedhof kaum beachtet und geriet in weiten Teilen der Bevölkerung in Vergessenheit. Eine öffentliche Ehrung der Gefallenen der Revolutionen konnte zu politischer Verfolgung führen.

 

Nach 1945:

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges rückte auch der Friedhof wieder mehr ins öffentliche Bewusstsein. Bereits 1947 erarbeitete der Berliner Magistrat einen Entwurf zur Gestaltung des 100. Jahrestages der Revolution und vor allem zur Umgestaltung des Friedhofs. Das Bezirksamt Friedrichshain schlug vor, die engen Wege des Friedhofes zugunsten eines zentralen Versammlungsplatzes zu beseitigen und im Zentrum einen Gedenkstein aufzustellen. Das geschmückte Tor nach Hoffmanns Vorlage existierte zu diesem Zeitpunkt noch und sollte bei dieser Umgestaltung durch eine schlichtere Variante ausgetauscht werden, stattdessen wurden jedoch erst nur die zierenden Figuren entfernt: „Lediglich das Eingangstor bedarf unter Fortfall seines wenig schönen figürlichen Schmuckes einer geringen Umgestaltung“.

Am 18. März 1948 wurde dann tatsächlich zu Beginn der Feierlichkeiten an zentraler Stelle der neue Gedenkstein enthüllt. Die Fläche war mit Rasen bepflanzt worden, und ein schmaler Weg führte zum Gedenkstein. Die Rückseite des Steines von Peter Steinhoff ist beschriftet mit den Namen von 249 Märzgefallenen von 1848.

Eine erneute Umgestaltung bekam der Friedhof in den Jahren 1956/57 in Vorbereitung auf den 40. Jahrestag der Novemberrevolution. Unter Leitung von Franz Kurth wurde der westliche Teil mit drei Grabplatten als Gedenksteine für die Opfer von 1918 ausgestattet. Auch das Tor wurde jetzt durch ein neues, vier Meter breites Eingangstor ersetzt, welches zur damaligen Leninallee wies. Im Jahr 1960 wurde direkt vor dem Eingang die von dem Berliner Bildhauer Hans Kies aus Bronze gefertigte Figur „Roter Matrose“ aufgestellt. Überlebensgroß stellt sie einen bewaffneten Matrosen der Novemberrevolution dar.

In der DDR fanden auf dem Friedhof alljährlich Gedenkfeiern und Kranzniederlegungen statt.

 

Seit 1990:

Seit 1992 gibt es vom zuständigen Bezirksamt und der Initiative gemeinsam organisierte Gedenkfeiern, zu denen der Präsident oder die Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin traditionell einen Kranz niederlegt.

Der Friedhof der Märzgefallenen liegt im südlichen Teil des Volksparks Friedrichshain. Er ist vom Rest des Parks durch die Zufahrtsstraße zum Krankenhaus, den Ernst-Zinna-Weg, abgetrennt. Diese wurde am 18. März 2000 nach dem Schlossergesellen Ernst Zinna benannt, der am 19. März 1848 infolge der Kämpfe starb. Der Friedhof ist rechteckig, hat eine Größe von etwa 30 × 40 Metern und ist von einem niedrigen Steinmäuerchen umgeben. Vom ursprünglichen Bestand sind 18 steinerne Grabplatten, drei Grabkreuze aus Eisen, eine Stele und zwei Grabdenkmäler erhalten, die in den dreiseitig umlaufenden Beeten, die mit Büschen und Bäumen bepflanzt sind, angeordnet sind. Im Zentrum der Anlage steht der 1948 enthüllte Gedenkstein, dessen Rückseite 249 Namen von Märzgefallenen trägt, ergänzt durch den Zusatz „ein Unbekannter“. Einige der Namen auf den erhalten gebliebenen Grabsteinen weichen von denen auf dem Gedenkstein ab. Die drei Grabplatten für die Opfer der Novemberrevolution liegen im westlichen Teil der Anlage. Während der linke mit einem Spruch von Karl Liebknecht und der rechte mit einem Spruch von Walter Ulbricht versehen ist, trägt der mittlere 33 Namen von Opfern der Novemberrevolution, deren bekanntester Erich Habersaath ist, der als erstes Berliner Opfer der Novemberrevolution am 9. November 1918 erschossen wurde. Auf der südwestlichen Ecke des den Friedhof umgebenden Mäuerchens steht die Bronzeplastik des Roten Matrosen.

roter-matrose

Roter Matrose

Bildquelle:
CC BY-SA 3.0, Bild ist entsprechend verlinkt

 

inschrift-auf-dem-gedenksteinvorderseite

Inschrift auf dem Gedenkstein(Vorderseite)

Bildquelle:
Von Frisia Orientalis – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,  Bild ist entsprechend verlinkt

 

Entnommen aus Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel