Der Volksmund sprach über das Gericht des zaristischen Russlands: „Wo ein Gericht -Da ein Unrecht“,„Es macht dem Reichen nichts aus, zum Gericht zu gehen, der Arme wird aber einen Kopf kürzer gemacht“, „Ein Richter ist wie ein Zimmermann, was er will, das haut er zusammen“. In diesen Sprichwörtern kam in treffender Weise der Klassencharakter des alten bürgerlich-gutsherrlichen Gerichtes zum Ausdruck: es stand im Dienst der Ausbeuterklassen, schützte ihre Reichtümer und ihre Macht und diente in ihren Händen als ein Werkzeug zur Unterdrückung der Werktätigen.
Die Richter entstammten den Kreisen der adligen Gutsherren und Kapitalisten und verurteilten oft sogar Unschuldige zu hohen Strafen.
Dieses alte ungerechte Gericht wurde durch die Große Sozialistische Oktoberrevolution zusammen mit der ganzen Staatsmaschinerie der Bourgeoisie abgeschafft. Die Sowjetmacht schuf ein neues, ein wirkliches Volksgericht.
Das Sowjetgericht stellte eines der Organe des sozialistischen Sowjetstaates der Arbeiter und Bauern dar. Dadurch unterscheidet sich das Sowjetgericht in grundlegender Weise von den Gerichten in den kapitalistischen Ländern, bzw. der heutigen Zeit, wo es als ein Organ der Diktatur der Bourgeoisie, als ein Werkzeug zur gerichtlichen Unterdrückung der Werktätigen dient.
Lenin und Stalin lehrten, dass der Sowjetstaat und das Sowjetvolk das Gericht brauchten, um erstens die Feinde der Sowjetmacht zu bekämpfen und zweitens den Kampf um die Festigung der damals neuen, sowjetischen Ordnung und Sicherung der neuen, sozialistischen Disziplin unter den Werktätigen zu führen.
J.W. Stalin forderte einen unentwegten Kampf gegen alle Verletzer der sowjetischen revolutionären Gesetzlichkeit, wer es auch war und welchen Posten er auch bekleiden mochte. (Nach Stalins Tod wurde das aufgeweicht. Wohin das geführt hat, sehen wir heute. Seit der „Geheimrede“ Chruschtschows wird Stalin bis heute Willkür und Alleinherrschaft vorgeworfen. P.R.)
Das Sowjetgericht war ferner notwendig, um Streitfragen zu lösen, welche die Rechte und Interessen der Sowjetbürger, Staatsämter und Betriebe, Kollektivwirtschaften und anderer gesellschaftlicher Organisationen berührten.
Der Oberste Sowjet der UdSSR nahm am 16. August 1938 da neue Gesetz über da Gerichtssystem an, das die Aufgaben des Sowjetgerichts auf der Grundlage der Stalinschen Verfassung festlegte.
Als Wichtigstes betrachtete dieses Gesetz den Schutz der Gesellschafts- und Staatsordnung, wie von der Verfassung der UdSSR und den Verfassungen der Unions- und autonomen Republiken festgelegt wurde, den Schutz des gesellschaftlichen, sozialistischen Eigentums und der sozialistischen Wirtschaft.
Das Sowjetgericht war ein Staatsorgan, das auf Grund der Gesetze des sozialistischen Sowjetstaates Recht sprach. Das Gericht der Sowjetunion war ein einheitliches und gleiches für alle Bürger, unabhängig von ihrer nationalen und rassischen Zugehörigkeit, sozialen Herkunft, Religion, Vermögenslage oder ihrer Dienststellung.
Die Rechtsprechung wurde im Sowjetland von verschiedenen Gerichtsorganen ausgeübt, aber die Gesetzgebung über das Gerichtssystem und über die Prozessordnung sowie die strafrechtliche und zivile Gesetzgebung in der Sowjetunion war für alle Gerichte einheitlich und verbindlich.
Der Grundbaustein des sowjetischen Gerichtswesens war das Volksgericht. Die Volksgerichte verhandelten sowohl Straf- als auch Zivilfälle. Den Volksgerichten oblag auch der Schutz der Wahlrechte der Sowjetbürger. Die höherstehenden Gerichtsorgane verhandelten besonders wichtige Gerichtsfälle.
Die Regions-, Gebiets- und Kreisgerichte, die Gerichte der autonomen Gebiete und nationalen Bezirke verhandelten Straffälle, die auf Grund der Gesetze zu ihrem Kompetenzbereich gehörten: die Fälle von Staatsverbrechen, Raub sozialistischen Eigentums und andere wichtige Verbrechen sowie Zivilangelegenheiten bei Streitigkeiten zwischen staatlichen oder gesellschaftlichen Organisationen. Außerdem prüften diese Gerichte Klagen und Berufungen gegen die Urteile und Beschlüsse der Volksgerichte.
Der Oberste Gerichtshof der autonomen Republik stellte ihr höchstes Gerichtsorgan dar. Ihm oblag die Aufsicht über die gerichtliche Tätigkeit aller Gerichte der Republik. Es verhandelte die Straf- und Zivilsachen, die auf Grund des Gesetzes zu seinem Kompetenzbereich gehörten, und prüfte die Beschwerden und Berufungen gegen die Urteile und Beschlüsse aller Gerichte der Republik.
Der Oberste Gerichtshof der Unionsrepublik war ihr höchstes gerichtliches Organ. Ihm oblag die Aufsicht über die gerichtliche Tätigkeit aller Gerichte der Unionsrepublik sowie der autonomen Republiken, Regionen, autonomen Gebiete und nationalen Bezirke, die dieser Republik angehörten. Er verhandelte Straf- und Zivilfälle, die vom Gesetz seinem Kompetenzbereich unterstellt waren, und prüfte die Beschwerden und Berufungen gegen die Urteile und Beschlüsse der Regions-, Gebiets- und anderen Gerichte der Republik.
Der Oberste Gerichtshof der UdSSR war das höchste gerichtliche Organ der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken. Dem Obersten Gerichtshof der UdSSR oblag die Aufsicht über die gerichtliche Tätigkeit aller Gerichtsorgane der UdSSR und der Unionsrepubliken. Der Oberste Gerichtshof der UdSSR bestand aus fünf Kollegien: für Strafsachen, Zivilsachen, für Militär, Eisenbahn und Binnenschifffahrt. Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofes hatte das Recht, jeden Fall eines beliebigen Gerichts der UdSSR oder der Unionsrepubliken anzufordern und in diesem Fall Berufung einzulegen. Der Oberste Gerichtshof der UdSSR gab den Gerichten seine Richtlinien in den Fragen der Gerichtspraxis. Der Oberste Gerichtshof der UdSSR verhandelte die wichtigsten Straf- und Zivilsachen, die vom Gesetz seinem Kompetenzbereich unterstellt waren, und prüfte ferner die Beschwerden und Berufungen gegen die Urteile der besonderen Gerichte der UdSSR und der Obersten Gerichtshöfe der Unionsrepubliken.
Richter konnte jeder Sowjetbürger werden, die die Wahlrechte besaß.
Die Volksrichter wurden nach der Stalinschen Verfassung unmittelbar durch die Bürger der einzelnen Bezirke auf Grund des allgemeinen, gleichen, direkten Wahlrechts in geheimer Abstimmung auf die Dauer von zwei Jahren gewählt. Die Wähler konnten zu jeder Zeit einen Richter abberufen, der seinen Pflichten nicht gewachsen war, und einen neuen an dessen Stelle wählen. Die Volksrichter waren über ihre Tätigkeit und die des Volksgerichtes vor den Wählern rechenschaftspflichtig.
Das Gericht bestand aus einem Richter und zwei Volksbeisitzern, die während der Gerichtssitzungen alle Rechte des Richters genossen. Volksbeisitzer konnten alle wahlberechtigten Bürger werden. Die Volksbeisitzer wurden nach dem gleichen Verfahren wie die Volksrichter gewählt und abgesetzt. Jeder von ihnen nahm nur zehn Tage Jährlich an den Gerichtssitzungen teil und erhielt während dieser Zeit seinen Durchschnittslohn bei seiner Arbeitsstelle. Danach wurde er durch einen anderen Volksbeisitzer ersetzt. Auf diese Weise war das Sowjetgericht eine Art Schule der Staatsverwaltung, zu der die breiten Massen der Werktätigen herangezogen wurden.
Die Regions-, Gebiets- und Kreisgerichte, die Gerichte der autonomen Gebiete und nationalen Bezirke wurden durch die entsprechenden Sowjets der Deputierten (Abgeordneten) der Werktätigen für die Dauer von fünf Jahren gewählt.
Die Obersten Gerichtshöfe der autonomen Republiken und der Unionsrepubliken wurden durch die entsprechenden Obersten Sowjets ebenfalls für die Dauer von fünf Jahren gewählt. Der Oberste Gerichtshof der UdSSR sowie die besonderen Gerichte der UdSSR wurden für die gleiche Dauer durch den Obersten Sowjet der UdSSR gewählt. Den höheren Gerichten gehörten genauso wie bei den Volksgerichten je zwei Volksbeisitzer an, die von den entsprechenden Sowjets der Deputierten (Abgeordneten) der Werktätigen oder von den Obersten Sowjets gewählt wurden.
Die Sowjetrichter waren unabhängig und nur dem Gesetz unterstellt. Kein Organ der Sowjetmacht- weder ein örtliches noch ein höheres- hatte das Recht, dem Gericht die Anweisung zu geben, einen Fall so und nicht anders zu entscheiden. Die Sowjetrichter waren verpflichtet, bei der Urteilsfindung sich nur von den Sowjetgesetzen leiten zu lassen, in denen der Volkswille zum Ausdruck kam.
Die Gerichtsverhandlung fand in allen Sowjetgerichten öffentlich unter Teilnahme der Parteien (des Angeklagten und des Staatsanwaltes, des Beklagten und des Klägers), unter Anwesenheit von Bürgern und Pressevertretern statt, wobei dem Angeklagten das Recht auf Verteidigung gewährleistet wurde.
Auf diese Weise verlief die Arbeit der Sowjetgerichte unter der Kontrolle der sowjetischen Öffentlichkeit. Jeder Bürger konnte zur Gerichtsverhandlung kommen und ihr von Anfang bis zum Ende beiwohnen. Die Gerichtssitzungen wurden öfters in den Betrieben, Fabriken und Kollektivwirtschaften durchgeführt, um einer möglichst großen Zahl von Bürgern, die an der Entscheidung des betreffenden Falles interessiert waren, Möglichkeit zu geben, ihnen beizuwohnen.
Ein solches Gerichtsverfahren verhalf den Massen zu Kenntnissen in den Fragen der Staatsverwaltung, der Volkswirtschaft, der Lebensweise und der Moral. Eine solche Gerichtsordnung erzog in den Massen das sozialistische Rechtsbewusstsein und regte sie zum Kampf gegen das Verbrechertum an.
Nur in Ausnahmefällen, die im Gesetz besonders erwähnt waren, wurden die Gerichtssitzungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit durch drei Richter ohne Teilnahme von Volksbeisitzern abgehalten.
Das Gerichtsverfahren wurde bei allen Gerichten in der Sprache der Unionsrepublik bzw. der autonomen Republik oder des autonomen Gebiets durchgeführt. Bürger, die dieser Sprache nicht mächtig waren, hatten das Recht, in die Akten mit Hilfe eines Dolmetschers Einsicht zu nehmen und sich vor Gericht der Muttersprache zu bedienen.
Durch alle dies Besonderheiten stellte das Sowjetgericht das einzige wahre Volksgericht der Welt dar. (Stand 1947)
Es kam vor, dass in sowjetische Ämter und Betriebe volksfeindliche Elemente eindrangen, die ihre Dienststellung dazu benutzten, um die Gesetze falsch oder überhaupt nicht anzuwenden und damit die Sowjetmacht schädigten. In der Tätigkeit und in den Beschlüssen der örtlichen Machtorgane kamen manchmal Abweichung von den Gesetzen, falsche Auslegung oder unrichtige Anwendung von Gesetzen vor. Es kamen auch direkte bewusste Verletzungen der Gesetze durch einzelne Amtspersonen vor.
Das alles machte ein besonderes staatliches Organ notwendig, dessen Aufgabe es war, Aufsicht über die richtige Anwendung und strikte Durchführung der Gesetze durch alle Ministerien und die ihnen unterstellten Institutionen sowie durch alle Amtspersonen und Bürger der UdSSR zu führen.
Ein solches Organ stellte die sowjetische Staatsanwaltschaft dar, die ursprünglich in der RSFSR im Jahre 1922 geschaffen wurde. Die Staatsanwaltschaft der UdSSR bestand seit dem 30. Juni 1933.
Die Arbeit der Staatsanwaltschaft war mit der des Gerichts auf das engste verbunden. Genau so wie das Sowjetgericht führte auch die sowjetische Staatsanwaltschaft den Kampf gegen das Verbrechen am Sowjetstaat, gegen die Feinde der Sowjetmacht, Spione, Diversanten, Schädlingen und andere Agenten der ausländischen Bourgeoisie. Genau so wie das Gericht schützte die Staatsanwaltschaft das gesellschaftliche, sozialistische Eigentum, bekämpfte Raub, Diebstahl, Misswirtschaft, Bürokratismus, Verletzungen der Arbeits- und Staatsdisziplin usw..
Die Staatsanwaltschaft und das Gericht hatten gemeinsame Aufgaben, aber verschiedene Arbeitsmethoden. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage und untersuchte Kriminalfälle, legte die Umstände der Verbrechen dar, sammelte Beweismaterial gegen die Verbrecher und ihre Komplizen, überwachte die Gesetzlichkeit der Handlungen anderer Untersuchungsorgane.
Das Gericht verhandelte die Fälle, die ihm durch die Staatsanwaltschaft übergeben wurden. Der Staatsanwalt sprach vor Gericht und erhob Anklage im Namen des Sowjetstaates. Das Gericht entschied die Sache und fällte das Urteil. Die Staatsanwaltschaft überwachte die richtige Entscheidung der Fälle durch die Gerichte, die Vollstreckung der Urteile und Beschlüsse des Gerichts und legte gegen unrichtige Urteile und Beschlüsse Berufung ein.
Die sowjetische Staatsanwaltschaft schützte ferner auch die persönlichen Rechte der Bürger. Sie schützte die Unverletzlichkeit der Person: niemand durfte ohne Genehmigung des Staatsanwalts oder einen Gerichtsbeschluss verhaftet werden.
Zum Unterschied vom Gericht wurden die Organe der Staatsanwaltschaft nicht gewählt, sondern ernannt.
An der Spitze der Staatsanwaltschaft stand der Generalstaatsanwalt der UdSSR, der vom Obersten Sowjet der UdSSR für die Dauer von sieben Jahren ernannt wurde. Ihm oblag die oberste Aufsicht über die richtige Anwendung und strikte Durchführung der Gesetze in der gesamten Sowjetunion. Der Generalstaatsanwalt der UdSSR ernannte Staatsanwälte der Unionsrepubliken, autonomen Republiken, Regionen, Gebiete und der autonomen Gebiete für die Dauer von fünf Jahren. Die Staatsanwälte der Kreise, der Rayons und der Städte wurden von den Staatsanwälten der Unionsrepubliken ebenfalls für die Dauer von fünf Jahren ernannt und vom Generalstaatsanwalt der UdSSR bestätigt.
Außerdem ernannte der Generalstaatsanwalt der UdSSR die Hauptstaatsanwälte, welche die besonderen Organe der Staatsanwaltschaft für das Militär, den Eisenbahnverkehr und die Binnenschifffahrt leiteten.
Wie erklärt es sich, dass die Staatsanwälte ernannt und nicht gewählt wurden?
Die Hauptaufgabe des Staatsanwaltes bestand darin, auf die richtige und einheitliche Anwendung der Gesetze im ganzen Land zu achten. Die sowjetische Gesetzlichkeit durfte nicht in Pensa oder Tscheljabinsk, in der Ukraine (😫 P.R.) oder Usbekistan, in Tatarien oder Jakutien verschieden sein. Die sowjetische Gesetzlichkeit musste für die ganze Sowjetunion einheitlich sein. Das lag im Interesse der Werktätigen, in welchem Gebiet sie auch lebten und welchem Volk sie angehörten.
Um eine solche Aufgabe erfolgreich zu erfüllen, mussten die Staatsanwälte ihre Arbeit unabhängig von irgendwelchen örtlichen Organen durchführen und nur dem Generalstaatsanwalt der UdSSR unterstellt sein. Deshalb wurden die Staatsanwälte nach der Verfassung der UdSSR ernannt und nicht gewählt.
Die zentralisierte Ernennung der Staatsanwälte behinderte in keiner Weise die Selbstständigkeit der örtlichen Machtorgane, weil der Staatsanwalt zum Unterschied von den vollziehenden und verfügenden Organen der Sowjets keine administrative Gewalt hatte. Der Staatsanwalt fällte keine Gerichtsurteile. Diese Urteile fällte das Gericht, das unmittelbar vom Volk und den Sowjets gewählt wurde.
Die Sowjetische Staatsanwaltschaft war genau wie das Gericht eng mit den Massen verbunden, die in ihr die Wahrerin ihrer Interessen und die Beschützerin der Sowjetmacht erblickten.
Entnommen aus „Das Sowjetland“ aus dem Jahre 1947, Band 3, Original-Autor W.A. Karpinskij, bearbeitet von Petra Reichel
Jeder Wahl ging eine längere Wahlkampagne voraus, in deren Verlauf in allen Städten und Dörfern des Landes stark besuchte Wählerkundgebungen stattfanden. Auf diesen Versammlungen wurden die Deputierten (Abgeordneten)-Kandidaten für die Sowjets vorgeschlagen und ihre Aufstellung erörtert.
Die ersten Wahlen für den obersten Sowjet der UdSSR, für die Obersten Sowjets der Unions- und autonomen Republiken sowie für die örtlichen Sowjets nach der Stalinschen Verfassung fanden in den Jahren 1937, 1938 und 1939 statt. Die Zahl der Wähler, das heißt der wahlberechtigten Bürger, erreichte 94 Millionen Menschen. An den Wahlen nahmen 97-99 v.H. der gesamten Wählerschaft teil. Die Kommunisten und die Parteilosen stellten gemeinsame Deputierten (Abgeordneten)-Kandidaten auf. Für diese Kandidaten gaben fast alle Wähler, die an den Wahlen teilnahmen, ihre Stimmen ab (98,6 bis 99,5 v.H. der Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen).
Über 1 400 000 Menschen wurden damals als Deputierte (Abgeordnete) für alle Sowjets gewählt. Das heißt, die Werktätigen (Erwerbstätigen) selbst hatten aus ihrer Mitte fast anderthalb Millionen ihrer besten Vertreter aufgestellt und ihnen die Verwaltung des Landes anvertraut.
MOSKAU/ Der Kreml mit dem Großen Kremlpalast, wo die Tagungen des Obersten Sowjets der UdSSR stattfanden
Bildquelle: „Das Sowjetland“, Band 3, aus dem Jahre 1947
Die zweiten Wahlen für den Obersten Sowjet der UdSSR sollten verfassungsgemäß vier Jahre nach den ersten erfolgen, wurden aber aus kriegsbedingten Gründen verschoben und fanden erst am 10. Februar 1946 statt.
Die Zahl der Wähler hatte zu diesem Zeitpunkt bereits 101 Millionen Menschen überstiegen. An den Wahlen nahmen fast alle Wähler teil. Von je tausend Wählern haben nur drei an den Wahlen nicht teilgenommen. Für die gemeinsamen Kandidaten der Kommunisten und der Parteilosen stimmten über 99. V. H. der Wähler, die an den Wahlen teilgenommen hatten.
Kein einziges demokratisches Land kannte jemals eine solche, fast hundertprozentige Beteiligung an den Wahlen für die Machtorgane und eine solche Einmütigkeit. (Heute wird behauptet, dass dies Scheinwahlen waren und die Menschen damals zur Beteiligung an den Wahlen gezwungen worden wären. P.R.)
Die Organe der Staatsgewalt in der UdSSR-die Sowjets-wurden durch freie Wahlen des gesamten Volkes gebildet. Die Stalinsche Verfassung, die sowjetischen Gesetze kannten keinerlei Beschränkungen der Wahlrechte der Bürger.
Im alten Russland genossen eigentlich nur die Gutsbesitzer, Kapitalisten, Beamte, Kaufleute und Kulaken das Recht, die Deputierten (Abgeordneten) für die zaristische Reichsduma zu wählen, während die Arbeiter und die werktätigen Bauern in ihren Rechten äußerst beschränkt waren. Die nichtrussischen Völker Mittelasiens und Sibiriens sowie Frauen besaßen überhaupt kein Wahlrecht. Die Wahlen erfolgten auf folgende Weise: zunächst wurden Wahlmänner gewählt, und darauf wählten die Wahlmänner von sich aus die Deputierten. Das war so organisiert, damit keine wirklichen Vertreter des Volkes in die Duma Eingang finden konnten.
In den faschistischen Ländern wurden die Wahlen für die Machtorgane überhaupt nicht zugelassen, oder es wurde eine gemeine Wahlfarce noch im Voraus von den Faschisten vorbereiteten Wahllisten aufgeführt, wobei jeder Wähler, der seine Stimme gegen die Faschisten abgab, seinen Kopf riskierte.
In den bürgerlich-demokratischen Ländern werden die Organe der Staatsgewalt gewählt. In diesen Ländern sind jedoch Beschränkungen der Wahlrechte für die werktätigen Massen, (in früheren Zeiten P.R.)auch für die Frauen, für die Bürger anderer Nationalität und Rasse als die Stammbevölkerung des Landes usw. festgesetzt. (Während Beschränkungen für Frauen und aus rassistischen Gründen heutzutage nicht mehr haltbar sind, so gibt es in den (heutigen) bürgerlichen Staaten noch genügend Hürden, damit die Vermögenden und nicht die breiten Massen der arbeitenden Menschen in den Parlamenten vertreten werden. Vertretungen für die Arbeitslosen und Arbeitern schaffen es nur in Ausnahmefällen in die Parlamente. Die Vermögenden bleiben in der Mehrheit und machen Politik für ihre Klientel. P.R.)
Das Ziel der Beschränkungen bestand und besteht darin, die Vorherrschaft der Vertreter vermögender Klassen in den Organen der Staatsgewalt zu gewährleisten.
Die Stalinsche Verfassung setzte für die Wahlen zu allen Organen der Staatsgewalt – vom Dorfsowjet bis zum Obersten Sowjet der UdSSR- das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht in geheimer Abstimmung fest.
Das allgemeine Wahlrecht bedeutet, dass alle Bürger, die das allgemeine (aktives Wahlrecht P.R.)Wahlrecht von 18 Jahren erreicht haben, Männer wie Frauen, unabhängig von ihrer rassischen, nationalen oder konfessionellen Zugehörigkeit, ohne Rücksicht auf Bildungsgrad, Ansässigkeit, soziale Herkunft, Vermögenslage und frühere Tätigkeit, das Recht hatten, an den Wahlen der Deputierten (Abgeordnete) für die Sowjets teilzunehmen. (Man bedenke, dass man zur damaligen Zeit in andren Staaten erst ab 21 volljährig war und erst dann wählen durfte. P.R.)
Als Deputierter (Abgeordneter) für den Obersten Sowjet der UdSSR konnte jeder Bürger der UdSSR, der das Alter von 23 Jahren erreicht hatte, als Deputierter für die Obersten Sowjets der Unionsrepubliken und jeder Bürger, der das 21. Lebensjahr erreicht hat, wählt werden. (Also für das passive Wahlrecht war das Mindestalter höher angesetzt. P.R.)
Jeder Bürger der Sowjetunion hatte, unabhängig davon, welcher Nationalität er angehörte, das Recht, für die Sowjets zu wählen und gewählt zu werden. Ganz gleich, zu welcher Religion sich ein Bürger bekannte oder ob er überhaupt keinem Religionsbekenntnis angehört- er besaß unabhängig davon das Recht, für die Sowjets zu wählen und gewählt zu werden.
Ganz gleich, ob ein Bürger Arbeiter, Kollektiv- oder Einzelbauer oder Intellektueller war oder auch den Ausbeuterklassen entstammte, die es damals in der UdSSR nicht mehr gab- er besaß unabhängig seiner sozialen Herkunft, seiner Vermögenslage und früheren Tätigkeit das Wahlrecht.
Ganz gleich, ob ein Bürger ständig an einem Ort ansässig war oder von Ort zu Ort zog- er hatte trotzdem das Recht, an den Wahlen teilzunehmen, und zwar an seinem Aufenthaltsort am Wahltag, auch wenn er sich auf einem Schiff oder ein einem Krankenhaus befand.(In der alten BRD und im heutigen Deutschland gibt es für diese Leute die Briefwahl, die aber rechtzeitig beantragt werden muss. P.R.)
Den Bürgern, die sich in den Reihen der Sowjetischen Armee oder der Kriegsmarine befanden oder auf irgendeiner Schule lernten, wurden ebenfalls Wahlrechte eingeräumt.
Die einzige und durchaus begreifliche Ausnahme stellten die Geisteskranken sowie Personen dar, die vom Gericht verurteilt wurden und das Wahlrecht für eine festgesetzte Frist aberkannt wurde. (Heute wird das in Deutschland anders und differenzierter gehandhabt. P.R.)
Gleiches Wahlrecht bedeutet, dass alle Bürger ohne Ausnahme an den Wahlen auf gleicher Grundlage teilnehmen.
Keiner der Bürger genoss bei den Wahlen irgendwelche besonderen Rechte und Vorteile. Die Bauern besaßen das gleiche Wahlrecht wie die Arbeiter, die Frauen genossen die gleichen Wahlrechte wie die Männer. Wie hoch auch die Stellung des Bürgers war, sein Wahlrecht blieb das gleiche, die das eines einfachen Arbeiters, Bauern oder Soldaten. Alle Bürger ohne jeden Unterschied hatten bei den Wahlen für die Sowjets je eine Stimme.
Direkte Wahlen bedeuten, dass die Deputierten (Abgeordneten) für alle Sowjets unmittelbar von den Wählern selbst gewählt wurden: für die Dorf- und Stadtsowjets, für die Obersten Sowjets der autonomen und Unionsrepubliken sowie für den Obersten Sowjet der UdSSR.
Geheime Abstimmung bedeutet, dass niemand wissen darf noch kann, für wen der Wähler seine Stimme abgibt. Der Wähler betritt einen besonderen Raum, in dem sich außer ihm niemand befinden darf, und füllt dort den Wahlzettel- eine Liste mit Namen der Deputierten (Abgeordneten)-Kandidaten- aus. Dadurch wird die völlige Geheimhaltung der Abstimmung gewährleistet. (Heutzutage ist die geheime Wahl auch in bürgerlichen Staaten selbstverständlich. P.R.)
Wer hatte das Recht, Kandidaten aufzustellen? Dieses Recht genossen alle gesellschaftlichen Organisationen und Vereinigungen der Werktätigen sowie die allgemeinen Versammlungen der Arbeiter und Angestellten in den Betrieben, die allgemeinen Versammlungen der Bauern in den Kollektivwirtschaften, Dörfern und Amtsbezirken und die allgemeinen Versammlungen der Armeeangehörigen in den Truppenteilen.
Die Deputierten (Abgeordneten)-Kandidaten wurden folglich von den Volksmassen selbst aufgestellt, die gleichzeitig dem zukünftigen Deputierten (Abgeordneten) für den Sowjet ihren Auftrag mitgaben.
Der Deputierte (Abgeordnete) des Sowjets war verpflichtet, den Auftrag des Volkes zu erfüllen und über die Arbeit des Sowjets vor den Wählern Rechenschaft abzulegen. Wenn der Deputierte (Abgeordnete) seine Pflichten nicht erfüllte, hatten die Wähler das Recht, ihn jederzeit abzuberufen und an seine Stelle einen anderen Deputierten (Abgeordneten) zu wählen.
J.W. Stalin lehrt: „Der Deputierte muss wissen, dass er Diener des Volkes ist.“Stalin empfiehlt den Wählern, die Tätigkeit der Deputierten (Abgeordneten) zu verfolgen, sie zu kontrollieren und von ihnen zu fordern, dass sie auf der Höhe ihrer Aufgaben bleiben und stets das unsterbliche Vorbild des großen Lenins vor Augen haben.
Die Auserwählten des Sowjetvolkes, so lehrt Stalin, müssen Politiker von ebensolcher Klarheit und Bestimmtheit sein, wie Lenin es war, sie müssen ebenso furchtlos im Kampfe und ebenso schonungslos gegenüber den Feinden sein, wie Lenin es war, ebenso frei von jeder Panik, wie Lenin davon frei war, sie müssen bei der Entscheidung komplizierter Fragen ebenso weise und bedachtsam sein wie Lenin, sie müssen ebenso aufrichtig und ehrlich sein wie Lenin. Sie müssen ihr Volk ebenso lieben, wie Lenin es geliebt hat.
2. Wem hatte das Sowjetvolk die höchste Gewalt im Lande anvertraut?
Bei den Wahlen für den Obersten Sowjet der UdSSR am 10. Februar 1946 wurden 1339 Deputierte (Abgeordnete) gewählt.
Als Deputierte (Abgeordnete) für den Obersten Sowjet der UdSSR wurde J.W. Stalin, sowie die bedeutendsten, dem ganzen Lande bekannten Leiter des Sowjetstaates und der kommunistischen Partei gewählt: W.M. Molotow, M.I. Kalinin, N.M. Schwernik, A.A. Shdanow, A.A. Andrejew, A.I. Mikojan, L.M. Kaganowitsch, K. J. Woroschilow, N.S. Chruschtschow, L.P. Berija, G.M. Malenkow, N.A. Wosnessenskij, N. A. Bulganin, A.N. Kossygin.
Als Deputierte (Abgeordnete) des Obersten Sowjets der UdSSR wurden hervorragende Menschen aus den Reihen der Arbeiter, Bauern und der Intellektuellen, Leiter der Industrie und der Kollektivwirtschaften, Vertreter der Wissenschaft und Kultur, Soldaten und Feldherren der Sowjetischen Armee gewählt.
Da ist zum Beispiel der Deputierte (Abgeordnete) des Obersten Sowjets der UdSSR S.A. Kowpak. Er stammt von den Saporoshjer Kosaken ab. In der alten Armee diente er als Gemeiner. In den Jahren des Bürgerkrieges kämpfte er in den Abteilungen von Tschapajew. Der Vaterländische Krieg fand Sidor Artemaowitsch Kowpak auf dem Posten des Vorsitzenden des Staatssowjets in seiner Heimatstadt Putiwl (Ukraine). Als die Deutschen einmarschiert waren, ging er in die Illegalität und organisierte eine Partisanenabteilung. Er war damals 54 Jahre alt. Bald verbreitete sich der Ruhm seiner Heldentaten in den Steppen der Ukraine und den Wäldern von Brjansk. Die faschistischen Eindringlinge fürchteten ihn wie das Feuer, das Volk erzählte Legenden über seine Taten. Die Stärke der Partisanenabteilung wuchs. Im August 1942 wurde Kowpak auf dem Flugweg nach Moskau beordert. Von seiner Reise zurückgekehrt, erzählte er, dass Stalin ihn zu sich gerufen und ihm eine wichtige Kampfaufgabe gestellt habe. „‚Übermitteln Sie‘, sagte Stalin,‚von mir einen herzlichen Gruß den Partisanen und Partisaninnen! Vor allem halten Sie noch fester Verbindung mit dem Volke aufrecht!‘ Und hat mir zum Abschied so fest die Hand gedrückt, dass ich beinahe aufgeschrien hätte. Der Genosse Stalin hat eine feste Hand, Kameraden!“
Eine ungewöhnliche Begeisterung erfasste die Partisanen. Kowpak bereitete sich auf das sorgfältigste vor, die Stalinaufgabe zu erfüllen: einen Partisanenstreifzug hinter der Front des Feindes durch die Ukraine, durch Bjelorussland bis zu den Karpaten zu unternehmen. Die Partisanen erhielten aus der „großen Erde“ alles Notwendige bis zu den Granatwerfern, Panzerbüchsen und Geschützen. Und nun brach die Abteilung auf. Zunächst nur nachts, leise und geräuschlos- später mit Blitz und Donner, so rasch als möglich, wie eine bergab stürzende Lawine. Durch seinen beispiellosen Streifzug von 10 000 Km Länge weit hinter der Front des Gegners säte S.A. Kowpak Verwirrung und Panik in die feindlichen Reihen, unterbrach Nachschubwege aus Deutschland über die Menschen und Material des Feindes zur Wolga und zum Kaukasus befördert wurden, erfreute die Herzen der Sowjetbürger, die in die deutsch-faschistische Sklaverei geraten waren, und riss sie zum Kampfe gegen die faschistischen Eindringlinge fort. Der ruhmreiche Führer der Partisanen, der zweifache Held der Sowjetunion Generalmajor S.A. Kowpak, wurde durch die ukrainischen Kollektivbauern im Wahlkreis Gluchow zum Deputierten (Abgeordneten) des Obersten Sowjets gewählt.
Der Deputierte (Abgeordnete) des Obersten Sowjets der UdSSR S.I. Wawilow ist einer der bedeutendsten Persönlichkeiten der Sowjetwissenschaft, ein mit dem Stalin-Preis ausgezeichneter Physiker, Präsident der Akademie der Wissenschaften der UdSSR. Sergej Iwanowisch Wawilow nahm in den Jahren des Vaterländischen Krieges an der Arbeit des Volkskommissariats für Bewaffnung großen Anteil. Unter seiner Leitung wurden komplizierte optische Geräte geschaffen, die den Verteidigern der Sowjetheimat zur See und auf dem Lande gute Dienste leisteten. S.I. Wawilow ist auch Verfasser zahlreicher populärer wissenschaftlicher Bücher bekannt. Als Deputierter (Abgeordneter) des Obersten Sowjets der RSFSR errang er sich Achtung und Liebe seiner Leningrader Wähler. Für seine Verdienste um das Heimatland ist S.I. Wawilow mit zwei Lenin-Orden sowie dem Orden des Roten Arbeitsbanners ausgezeichnet worden.
Die Wähler des Kirow-Wahlkreises von Leningrad entsandten den Leningrade Arbeiter K.J. Titow als Deputierten (Abgeordneten) in den Obersten Sowjet der UdSSR. Vor mehr als (damals) 30 Jahren brachte sein Vater, ein Putilow-Arbeiter, als 13jährigen Knaben in das Putilow-Werk in die Lehre. Hier ist er aufgewachsen, hier hörte er die Reden Lenins, die sich für das ganze Leben in die Seele des jungen Arbeiters einbrannten, hier trat er in die bolschewistische Partei ein, hier absolvierte er nebenberuflich, ohne Unterbrechung der Arbeit, die Fachschule für den Kessel- und Turbinenbau. Im Jahre 1932 wurde K.J. Titow Chef der mechanischen Abteilung des Werkes. Unter seiner Leitung nahm die Abteilung die Erzeugung der ersten schweren Panzer auf. Er organisierte bei sich in der Abteilung eine Schule der Stachanow-Methoden der Arbeit und brachte selbst über 70 Verbesserungsvorschläge ein. Nach Ausbruch des Krieges erfüllte Titow mit größter Hingabe die Aufträge der Regierung zur Verteidigung von Leningrad. Trotz ununterbrochener Luftangriffe setzte er die Erzeugung von Panzern für die Verteidiger von Leningrad fort; die Panzerschützen führten die Panzer direkt vom Fabrikhof in die vordersten Stellungen. Darauf verlagerte die Regierung einen Teil des Kirow-Werkes nach dem Ural, um dort eine Panzererzeugung zu organisieren. Kusjma Jemeljanowitsch Titow wurde einer der Organisatoren der Erzeugung zweier neuer Panzertypen – der berühmten schweren Panzer „KW“ und „JS“ – im Ural. Seine Brust schmücken fünf sowjetische Orden.
Im Dezember 1935 versammelten sich im Großen Saal des Kreml-Palastes die besten Leute des Kollektivwirtschaftsdorfes. Ein junges Mädchen besteigt die Tribüne. Sie bringt vor Erregung kein Wort heraus, und da ertönt die ermutigende Stimme Stalins: „Nur Mut, Pascha, nur Mut!“ Sie beginnt von der Traktorenbrigade zu erzählen, über ihre Arbeit, darüber, dass die Brigade das gegebene Wort gehalten habe. J.W. Stalin fragt: „Wieviel Menschen seid ihr in der Brigade?“ „Neun Mädchen im Alter von 16 bis 20 Jahren, sie sind alle hier.“ „Wieviel habt ihr pro Traktor geschafft?“ „Im Durchschnitt 1225,5 Hektar.“Der ganze Saal klatscht Beifall…Pascha sagt, dass sie noch mehr leisten würden. Sie fordert den Brigadeleiter der besten Männerbrigade zu einem Wettbewerb heraus und legt die Verpflichtung ab, die Leistung pro Traktor bis auf 1600 Hektar zu steigern und zehn neue Traktorenbrigaden zu organisieren. Im Saal ertönt erneut stürmischer Beifall.
Die Brigadeleiterin der Komsomolzinnen-Traktorenbrigade der Maschinen- und Traktorenstation von Staro-Beschewo im Gebiet Stalino, P.N. Angelina, arbeitet bereits 15 Jahre als Traktorenführerin. Im Laufe dieser Zeit hat sie 75 000 Hektar gepflügt und hundert Jugendliche zu vortrefflicher Arbeit angelernt. Nicht umsonst sagen die Kollektivbauern: „Wo die Pascha ist, da gibt es eine gute Ernte.“ Sie errang Rekordleistungen mit einem Radtraktor und wurde zur Initiatorin des Unions-Wettbewerbes der Traktorenführerinnen. Im Jahre 1937 wurde Praskowja Nikititschna Angelina zur Deputierten (Abgeordneten) des obersten Sowjets der UdSSR gewählt und 1946 wiedergewählt.
Die Kollektivbauern des Wahlkreises Bairam-Ali der Turkmenischen Sozialistischen Sowjetrepublik entsandten den ehemaligen Tagelöhner und Anführer der Armen im Bergdorf Er-Sary-jab, den seinerzeit (Stand 1947) angesehenen Baumwollzüchter, Organisator und Vorsitzenden des Artels „Bolschewik“, Aga Jussup Ali, als Deputierten (Abgeordneten) in den Obersten Sowjet der UdSSR. Im Jahre 1935 führ er zur zweiten Unionsberatung der Stoßarbeiter der Kollektivwirtschaften nach Moskau und gab hier J.W. Stalin das Wort, dass die Kollektivwirtschaft „Bolschewik“ stets führend sein wird. Nach Hause zurückgekehrt stellte Aga Jussup Ali einen Plan auf, um das Kollektivdorf umzubauen, wobei jede Familie ein Haus mit zwei bis drei Räumen, einer Küche und einer Veranda erhalten sollte. Im Dorf wurde eine Zehn-Klassen-Schule, ein Kinderheim und ein Klub erbaut, ein Kraftwerk und eine Rundfunkzentrale wurden errichtet, ein großer Garten wurde angelegt. Als der Krieg ausbrach, wiederholte Aga Jussup Ali unermüdlich jedem Kollektivbauern, dass Baumwolle Bekleidung für die Rote Armee und Rohstoffe für die Kriegsindustrie bedeute. Er ersetzte die amerikanischen Baumwollsorten durch die langfaserigen Sorten und steigerte die Baumwollernte von 37 bis 45 Doppelzentner pro Hektar. Unter seiner Leitung war der Betrieb der Kollektivwirtschaft in den Kriegsjahren stark angewachsen. Außer der Baumwolle lieferte die Kollektivwirtschaft über den Plan hinaus viel Fleisch, Milch, Käse und Butter sowie Tausende von wertvollen Karakulfellen an den Staat ab. Die Geldeinkünfte der Kollektivwirtschaft erhöhten sich auf 2 300 000 Rubel; an die Kollektivbauern wurden pro Tagwerk vier Kilogramm Getreide und über 20 Rubel in bar verteilt. Aga Jussup Ali hat es verstanden, eine große Gruppe hervorragender Mitarbeiter in der Kollektivwirtschaft heranzuziehen, welche die Nachbarkollektivwirtschaften mit Rat und Tat unterstützten. Er wurde mehr als einmal zum Mitglied des Bezirkssowjets gewählt und war seinerzeit Mitglied des Zentralen Vollzugskomitees der Sowjets von Turkmenien.
In Aserbaidschan konnte man anlässlich des 20. Jahrestages der Oktoberrevolution in den Straßen der Städte und Dörfer in den Festtagen Plakate mit dem Bild einer jungen Frau im weißen Kopftuch mit braungebranntem Gesicht und dunklen, sorgfältig gescheitelten Haaren erblicken. Man sieht sie auf der Baumwollplantage, und ihre Schürze ist mit weißen Baumwollflocken gefüllt. Und da ist die gleiche Frau im Kreml-Palast, als sie über den Tisch des Präsidiums hinweg J.W. Stalin die Hand entgegenstreckt. Es ist Basti Bagirowa, die Tochter eines aserbaidschanischen Tagelöhners, geboren im Jahre 1906. Im Alter von 5 Jahren übernahm sie das Hüten des Viehs bei einem Kulaken. Als unter der Sowjetmacht in ihrer Siedlung Abdulla-Bek eine Kollektivwirtschaft organisiert wurde, trat Basti Bagirowa als eine der ersten ihr bei und wurde bald darauf eine Stachanowarbeiterin der Baumwollzucht und eine angesehene Persönlichkeit im Lande. Sie genießt allgemeine Achtung und Liebe. Ihr Name ist in die volkstümlichen Redensarten und in die Volkslieder eingegangen. Der Dichter Assed sagt von Ihr:
„Wie die Nachtigall über der Rose vom Frühling singt, so singe ich, der Dichter, von dir, Basti, du Frühling des Volkes. Du schreitest in der ersten Reihe der besten Menschen, die von Stalin erzogen sind.“
Basti Bagirowa ist eine Kommunistin und Ordensträgerin. Sie wurde als Deputierte (Abgeordnete) für den Obersten Sowjet der UdSSR im Jahre 1937 gewählt und im Jahre 1946 wiedergewählt. Auf der Wählerversammlung sagte sie:
„Die sowjetische Frau hat das Recht erhalten, den Staat zu lenken. Die Sowjetmacht hat aus mir einen Menschen gemacht. Ich hatte nichts gehabt, aber jetzt lebe ich im Wohlstand, in hellen, gemütlichen Räumen. Es ist die bolschewistische Partei, die das ganze Volk zur Arbeit und zum Kampfe beflügelt!“
Einer der jüngsten Deputierten (Abgeordneten) des Obersten Sowjets der UdSSR ist G.F. Timuschew. ES ist 23 Jahre alt, Sohn eines Dorfarztgehilfen, seiner Nationalität nach Komi, aus dem Dorf Ustjnem im Bezirk Ustjkuloma der Autonomen Sozialistischen Republik der Komi. Er studierte im Pädagogischen Institut in Syktywkar und trat zu Beginn des Krieges in eine Militär-Ingenieur-Schule ein. Im Januar 1942 befehligte er bereits einen Pionierzug. Stalingrad, Nördlicher Donez, Charkow, Korsun-Schewtschenkowskij, Dnjepr, Pruth, Sereth – überall räumte der Zug von G.F. Timuschew deutsche Minen weg, sprengte feindliche Panzer, schlug Brücken und legte auf den Panzern weite Strecken zurück. In Ungarn wurde Timuschew schwer verwundet und kehrte aus dem Lazarett in die Heimat zurück. Hierher brachte der Rundfunk eine Nachricht, dass dem Leutnant Timuschew der Titel eines Helden der Sowjetunion zuerkannt wurde. Er nahm erneut sein Studium an der Moskauer Staatsuniversität auf und erhielt kurz vor den Prüfungen ein Telegramm aus der Heimat, dass die Kollektivbauern, Studenten, Lehrer und die Jugend von Ustjkuloma ihn als Deputierten (Abgeordneten)-Kanditaten für den Obersten Sowjet der UdSSR aufgestellt hätten. G.F. Timuschew schrieb an seine Landsleute:
„Ich kann nur das eine antworten: ich werde alle meine Kräfte hingeben, um ein würdiger Vertreter meines Volkes im Obersten Sowjet der UdSSR zu sein!“
Aus diesen Beispielen kann man ersehen, wen das sowjetische Volk mit der Verwaltung seines Landes betraut.
Unter den Deputierten (Abgeordneten) des Obersten Sowjets der UdSSR waren 38 v.H. Arbeiter, 26 v.H. Bauern, 36 v.H. Angestellte und Intellektuelle. Unter den Deputierten (Abgeordneten) waren 277 Frauen. 293 Deputierte (Abgeordnete) hatten das Alter von 35 Jahren noch nicht erreicht. Eine bedeutende Gruppe der Deputierten (Abgeordneten) waren Angehörige der Sowjetischen Armee, vom einfachen Soldaten angefangen bis zum Marschall der Sowjetunion. Über vier Fünftel der Deputierten (Abgeordneten) waren Kommunisten, die übrigen Parteilose.
Es ist hier angebracht, daran zu erinnern, dass in der zaristischen Reichsduma nur einige Dutzend Bauern (vorwiegend Kulaken) und elf Arbeiter vertreten waren, unter denen nur fünf Bolschewiki waren: G.I. Petrowskij, A.J. Badajew, M.K. Muranow, F.N. Samilow und N.G. Schagow; aber auch diese wurden von der zaristischen Regierung verhaftet und nach Sibirien verbannt.
Deputierte des Obersten Sowjets der UdSSR im Georgi-Saal des Großen Kreml-Palastes während einer Tagungspause
Bildquelle: „Das Sowjetland“, Band 3 aus dem Jahre 1947
Der Sowjetstaat wurde von den besten Menschen aus dem Volke, von Bolschewiki und Parteilosen, geleitet, die das Vertrauen der Volksmassen durch ihre staatliche und gesellschaftliche Tätigkeit, durch ihre aufopfernde Arbeit in den Fabriken, Werken, Gruben und auf den Feldern, durch ihre Leistungen auf dem Gebiet der Wissenschaft, Technik und Kultur, durch ihren heldenhaften Kampf gegen die Feinde des Sowjetlandes erworben haben. (Hochachtung vor den Lebensleistungen der hier vorgestellten Menschen. Hoffentlich mussten sie nicht mehr erleben, dass diese umsonst waren. P.R.)
Welche Rechte und Vollmachten besaß der Oberste Sowjet der UdSSR?
3. Der Oberste Sowjet der UdSSR
Gemäß der Verfassung war der Oberste Sowjet der UdSSR das höchste Organ der Staatsgewalt der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken. Im Sowjetlande gibt es kein anderes Organ der Staatsgewalt, das höher als der Oberste Sowjet der UdSSR gestanden oder die gleichen Vollmachten besessen hätte.
In der Verfassung (Artikel 14) waren die Rechte aufgezählt, die zur Kompetenz der Sowjetunion gehörten. Der Oberste Sowjet der UdSSR übte diese Rechte aus, soweit sie nicht durch die gleiche Verfassung der Kompetenz anderer Organe der Sowjetunion, die dem obersten Sowjet der UdSSR rechenschaftspflichtig waren, unterstellt wurden.
Das Recht Unionsgesetze zu erlassen, gehörte einzig und allein dem Obersten Sowjet der UdSSR. Keine anderen Staatsorgane hatten das Recht, Unionsgesetze zu erlassen. Als Beispiel könnte man das Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht, die Gesetze über die Aufnahme von drei neuen Unionsrepubliken – der Lettischen, Litauischen und Estnischen – in die damals brüderliche Familie der Sowjetvölker, das Gesetz, das den Vertrag mit Großbritannien über den gemeinsamen Kampf gegen das faschistische Deutschland und über die Zusammenarbeit nach dem Krieg bestätigte, die Gesetze über die Erweiterung der Rechte der Unionsrepubliken und andere anführen.
Ein Unionsgesetz war eine Willensäußerung aller Sowjetvölker, die in Form einer Bestimmung des Obersten Sowjets der UdSSR niedergeschrieben waren. Die Unionsgesetze hatten auf dem Gebiet aller Unionsrepubliken Rechtskraft. Sie mussten von allen Organen der Staatsgewalt, allen Ämtern, Organisationen, Amtspersonen und Bürgern beachtet werden. Sie wurden in den Sprachen aller Unionsrepubliken veröffentlicht.
Ausschließlich dem Obersten Sowjet der UdSSR stand das Recht zu, die Verfassung der UdSSR abzuändern sowie die Kontrolle über ihre Durchführung und die Übereinstimmung der Verfassungen der Unionsrepubliken mit der Verfassung der UdSSR auszuüben.
Der Oberste Sowjet der UdSSR hatte allein das Recht, neue Republiken in die Sowjetunion aufzunehmen, Änderungen der Grenzen zwischen den Unionsrepubliken sowie die Bildung neuer autonomer Republiken, neuer Regionen und Gebiete zu bestätigen.(Später ist das unterlaufen worden, denn Chruschtschow hatte die Krim an die Ukraine verschenkt. Sie gehört jetzt nach einer Volksabstimmung, wieder zu Russland. Die Ukraine möchte sie wiederhaben. Ein Zankapfel in den aktuellen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen der Ukraine und Russland. Eine böse Folge der Laune Chruschtschows. P.R.)
Der Oberste Sowjet der UdSSR hatte das Recht, in jeder Frage Untersuchungs- und Revisionskommissionen zu ernennen, deren Forderungen von allen Ämtern und Amtspersonen erfüllt werden mussten. (Vergleichbar mit den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen im heutigen Deutschland, bzw. auch der alten BRD. P.R.)
Der Oberste Sowjet der UdSSR bestätigte den einheitlichen Staatshaushalt der UdSSR, gewährte Anleihen und nahm welche auf, entschied über Krieg und Frieden und über die wichtigsten Fragen der Beziehungen zu fremden Staaten, er ratifizierte die Verträge mit anderen Staaten.
Der Oberste Sowjet der UdSSR bestand aus zwei Kammern. Die eine hieß Sowjet der Union, die andere – Sowjet der Nationalitäten.
Beide Kammern wurden auf der Grundlage des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts in geheimer Abstimmung gewählt. Die Wahlen der Deputierten (Abgeordneten) für den Sowjet der Union erfolgten in der ganzen UdSSR nach der Norm: ein Deputierter (Abgeordneter auf 300 000 Einwohner. Die Deputierten (Abgeordneten) für den Sowjet der Nationalitäten hingegen wurden von den Bürgern der UdSSR nach Unions- und autonomen Republiken, autonomen Gebieten und nationalen Bezirken gewählt, und zwar nach der Norm: je 25 Deputierte (Abgeordnete) von jeder Unionsrepublik; je 11 Deputierte (Abgeordnete) von jeder autonomen Republik, je 5 Deputierte (Abgeordnete) von jedem autonomen Gebiet und je 1 Deputierter (Abgeordnete) von jedem nationalen Bezirk.
Die beiden Kammern des Obersten Sowjets der UdSSR waren gleichberechtigt. Jeder von ihnen stand die Gesetzesinitiative in gleichem Maße zu, das heißt das Recht, die Frage der Ausgabe der Gesetze anzuregen und beliebige Gesetzesentwürfe dem Obersten Sowjet zur Prüfung zu unterbreiten. Das Gesetz galt als bestätigt, wenn es von beiden Kammern durch einfache Stimmenmehrheit in jeder von ihnen angenommen wurde. Nur für eine Änderung der Verfassung war eine Mehrheit von nicht weniger als zwei Drittel der Stimmen in jeder der Kammern erforderlich. Die Frist der Vollmachten beider Kammern betrug vier Jahre. Die Kammern wurden zur selben Zeit einberufen und arbeiteten gleichzeitig.
Es taucht die Frage auf: Warum bestand der Oberste Sowjet der UdSSR aus zwei Kammern und nicht aus einer Kammer?
Weil die UdSSR ein Vielvölkerstaat war. Alle Bürger der Sowjetunion, ohne Unterschied der Nationalitäten und Rassen, hatten die gleichen gemeinsamen Grundinteressen. Alle waren sie zutiefst daran interessiert, dass die Wirtschafts- und Wehrkraft der Sowjetunion gesteigert, dass ein fester und dauerhafter Frieden zwischen allen Ländern gewährleistet, dass das Leben aller Sowjetvölker mit jedem Tag wohlhabender und schöner wird, und dass die Werktätigen anderer Länder ein freies und glückliches Leben haben.
Diese gemeinsamen Interessen aller Sowjetbürger wurden im höchsten Organ der Staatsgewalt der UdSSR durch die Deputierten (Abgeordneten) des Sowjets der Union vertreten.
Aber die Bürger verschiedener Nationalitäten, die die Sowjetunion bevölkerten, hatten auch ihre besonderen Interessen, die mit den nationalen Besonderheiten eines jeden Volkes, mit den Besonderheiten seiner Sprache, seiner Lebensweise und seiner Kultur zusammenhängen. Diese besonderen Interessen der verschiedenen Nationen wurden in dem höchsten Organ der Staatsgewalt des Sowjetlandes durch die Deputierten (Abgeordneten) des Sowjets der Nationalitäten vertreten.
Ein solcher Aufbau des Obersten Sowjets der UdSSR gewährleistete die vollständigste und genaueste Wahrnehmung der Belange aller Völker des Sowjetlandes in dem höchsten Organ der Staatsgewalt. Ein solcher Aufbau des Obersten Sowjets der UdSSR trug zur Festigung der damaligen brüderlichen Zusammenarbeit und Freundschaft aller Sowjetvölker bei. Der Sowjet der Nationalitäten war dazu bestimmt, dass jedes der zahlreichen Sowjetvölker, die ihre national-staatlichen Organisationen geschaffen hatten, durch ihre besonderen Vertreter die Möglichkeit hatten, ihre besonderen nationalen Interessen im Obersten Sowjet der UdSSR unmittelbar zum Ausdruck zu bringen. J.W. Stalin sagte, dass es „ohne ein solches Organ unmöglich wäre, einen solchen Nationalitätenstaat wie die Sowjetunion zu verwalten“.
Zwei Deputiertenkammern gibt es auch in bis heute in den bürgerlichen Ländern. Sie heißen dort Ober- und Unterhaus. Repräsentantenhaus und Senat usw. Im zaristischen Russland gab es einen Staatsrat und eine Reichsduma. Aber zwischen den Kammern der UdSSR und zwischen den beiden Kammern in den bürgerlichen Ländern gibt es nichts Gemeinsames. Dort stellen beide Kammern natürlich vor allem Organe der bürgerlichen Gewalt dar, während die Kammern in der UdSSR Organe des sozialistischen Sowjetstaates waren. Außerdem werden in bürgerlichen Staaten die oberen Kammern durch ein besonderes Verfahren gebildet, und besitzen im Vergleich zu den unteren Kammern besondere Rechte und Vorteile. Im alten Russland wurde die obere Kammer (der Staatsrat) zur Hälfte durch den Zaren aus dem höchsten Adel ernannt, zur andren Hälfte wurde sie von den Adelsgesellschaften, den Grundbesitzern, Industriellen und Kaufleuten gewählt. Ungefähr sieht es in vielen bürgerlichen Staaten aus. Alle in den unteren Kammern angenommen Gesetze müssen die oberen Kammern passieren. Die Aufgabe der Kammern besteht darin, solche Gesetze, die durch die unteren Kammern angenommen wurden, aber den Spitzen der herrschenden Klassen nicht genehm sind, nicht durchzulassen. Die oberen Kammern sind Hemmschuhe für den Fortschritt.
Nichts Derartiges konnte es in der Sowjetunion geben. Die Kammern des Obersten Sowjets der UdSSR waren gleichberechtigt. Der Sowjet der Nationalitäten förderte den wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Aufschwung der nationalen Republiken, Gebiete und Bezirke. Er repräsentierte die besonderen Interessen der freien Sowjetvölker in dem einheitlichen höchsten Organ der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken.
Der Sowjet der Union und der Sowjet der Nationalitäten bildeten zusammen das einheitliche höchste Organ der Staatsgewalt des Landes – den Obersten Sowjet der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken -, das den Willen aller Sowjetvölker zum Ausdruck brachte.
Die Bürger einer jeden Unionsrepublik wählten ihren Obersten Sowjet, der das höchste Organ der Staatsgewalt der Republik darstellte. Der Oberste Sowjet der Unionsrepubliken gab Republikgesetze heraus und verfügte über andere Vollachten, die durch die Verfassung der Republik ausführlich festgelegt wurden.
Der Oberste Sowjet der Unionsrepublik bestand aus einer Kammer. In den Unionsrepubliken waren zwei Kammern nicht notwendig. Die autonomen Republiken und Gebiete sowie die nationalen Bezirke, die der Unionsrepublik angehörte, konnten ihre besonderen nationalen Interessen durch ihre Deputierten (Abgeordneten) im Sowjet der Nationalitäten unmittelbar im höchsten Organ der UdSSR zum Ausdruck bringen.
Die Bürger jeder autonomen Republik wählten ebenfalls ihren Obersten Sowjet, der das höchste Organ der Staatsgewalt der Republik darstellte. Der Oberste Sowjet einer autonomen Republik bestand aus einer Kammer. Seine Vollmachten – das Recht, Republikgesetze zu erlassen sowie andere Rechte – waren ausführlich in der Verfassung der Republik festgelegt.
4. Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR
Der Oberste Sowjet der UdSSR trat zweimal jährlich zu Tagungen zusammen. Es konnten auch außerordentliche Tagungen einberufen werden. Nach Beendigung ihrer Arbeit fuhren die Deputierten (Abgeordneten) heim und kehrten zu ihren Alltagspflichten zurück.
Es ist klar, dass für die ständige, laufende Arbeit zur Verwaltung des Staates andere höchste Staatsorgane der UdSSR notwendig waren. Was waren das für Organe?
Eines von ihnen war durch seine Erlasse bekannt. Es war das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR. Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR wurde in einer gemeinsamen Sitzung der beiden Kammern aus den Deputierten in folgender Zusammensetzung gewählt:
Vorsitzender des Präsidiums,
16 Stellvertreter des Vorsitzenden nach der Zahl der Unionsrepubliken,
1 Sekretär des Präsidiums und
15 Mitglieder.
Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR war dem Obersten Sowjet für seine ganze Tätigkeit rechenschaftspflichtig.
Die erste Tagung des Obersten Sowjets der UdSSR im Jahre 1937 wählte Michail Iwanowitsch Kalinin, den Deputierten (Abgeordneten) des Leningrader Stadtwahlkreises, zum Vorsitzenden des Präsidiums.
Seit 1919 bis 1946 stand er ununterbrochen an der Spitze des höchsten Organs des Sowjetstaates. Die erste Tagung des im Jahre 1946 gewählten Obersten Sowjets der UdSSR entsprach der Bitte Kalinins, ihn mit Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand von den Pflichten des Vorsitzenden des Präsidiums für die Zukunft zu befreien, wählte ihn aber zum Mitglied des Präsidiums.
Michail Iwanowitsch Kalinin
Bildquelle: „Das Sowjetland“, Band 3, aus dem Jahre 1947
Als Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR wurde einstimmig der Deputierte (Abgeordnete) des Wahlkreises Swerdlowsk Nikolaj Michajlowitsch Schwernik gewählt.
Nikolaj Michajlowitsch Schwernik
Bildquelle: „Das Sowjetland“, Band 3, aus dem Jahre 1947
Michail Iwanowitsch Kalinin verstarb am 3. Juni 1946. Er erfreute sich bei den Volksmassen der Sowjetunion einer gewaltigen Popularität und Liebe.
(Das ehemalige Königsberg im ehemaligen Ostpreußen, im Ergebnis des II. Weltkrieges nun russisches Gebiet, trägt seinen Namen -Kaliningrad- bis zum heutigen Tage.)
Die Vollmachten des Obersten Sowjets waren durch die Verfassung festgesetzt. Das Präsidium berief die Tagungen des Obersten Sowjets der UdSSR ein, setzte neue Wahlen für den Obersten Sowjet der UdSSR an und berief den neugewählten Obersten Sowjet der UdSSR ein.
Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR gab Erlasse heraus. Diese Erlasse hatten genauso wie die durch den Obersten Sowjet der UdSSR herausgegebenen Gesetze die gleiche Rechtskraft auf den Gebieten sämtlicher Sowjetrepubliken. Die Erlasse des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR wurden auf der Grundlage der Unionsgesetze und in deren Rahmen herausgegeben. Dadurch unterschied sich der Erlass vom Gesetz.
Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR legte die geltenden Gesetze der UdSSR au, erläuterte ihre Ziele, die durch sie auferlegten Verpflichtungen und die Methoden der richtigen Anwendung dieser Gesetze.
Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR nahm aus eigener Initiative oder auf Verlangen einer der Unionsrepubliken ein Referendum (eine Volksbefragung) vor, das heißt, stellte die Entwürfe dieser oder jener Gesetze zur Debatte und Abstimmung durch das ganze Volk. Auf diese Weise nahm das Volk selbst in einigen Fällen die Gesetzentwürfe in besonders wichtigen Fragen an oder lehnte sie ab.
Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR ernannte oder entließ das Oberkommando der Streitkräfte der UdSSR; erklärte die allgemeine und die teilweise Mobilmachung; erklärte im Interesse der Verteidigung der UdSSR oder der Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und staatlichen Sicherheit für einzelne Gegenden oder für die ganze UdSSR den Kriegszustand.
Das Präsidium des Obersten Sowjets Hob Verordnungen und Verfügungen des Ministerrates der UdSSR und der Ministerräte der Unionsrepubliken auf, falls diese nicht dem Gesetz entsprachen.
In der Zeit zwischen den Tagungen des Obersten Sowjets der UdSSR nahm das Präsidium Amtsenthebungen und Ernennungen einzelner Minister, unter nachträglicher Einholung der Bestätigung des Obersten Sowjets der UdSSR, vor. Im Falle eines militärischen Überfalls auf die Sowjetunion oder im Falle der Notwendigkeit der Erfüllung internationaler vertraglicher Verpflichtungen zu gegenseitiger Verteidigung gegen Aggression erklärte das Präsidium den Zustand des Krieges.
Es war bekannt, wie das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR seine Vollmachten zur Verteidigung des Sowjetlandes benutzte. Am Tage des räuberischen Überfalls des faschistischen Deutschlands auf die Sowjetunion gab das Präsidium vier Erlasse heraus: über die Mobilisierung von Militärdienstpflichtigen in einer Reihe von Wehrkreisen; über den Kriegszustand; über die Verhängung des Kriegszustandes in einigen Republiken, Gebieten und einzelnen Städten; über die Militärgerichtshöfe in den Gegenden, über die der Kriegszustand verhängt wurde, und im Operationsgebiet.
In anderen dringenden Fällen (gleichfalls in der Zeit zwischen den Tagungen) übte das Präsidium einige Rechte aus, die dem Obersten Sowjet der UdSSR zustanden, so zum Beispiel gab es Erlasse über die Bildung neuer Ministerien, neuer Regionen und Gebiete heraus.
Alle derartigen Erlasse wurden vom Präsidium dem Obersten Sowjet zur Bestätigung vorgelegt. In allen diesen Fällen war die Ausübung der Rechte des Obersten Sowjets der UdSSR durch sein Präsidium durch die Dringlichkeit, Unaufschiebbarkeit der zu lösenden Fragen bedingt.
Das Präsidium des Obersten Sowjet der UdSSR vertrat die Sowjetunion in seinen Beziehungen mit den Auslandsstaaten. Es ratifizierte internationale Verträge, ernannte die bevollmächtigten Vertreter der UdSSR in auswärtigen Staaten und berief sie ab, nahm die Beglaubigungs- und Abberufungsschreiben der bei ihm akkreditierten diplomatischen Vertreter auswärtiger Staaten entgegen.
Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR verlieh Orden und Ehrentitel der UdSSR; übte das Begnadigungsrecht an Bürgern aus, die durch Gerichtsorgane der UdSSR verurteilt wurden.
Auf diese Weise stellte das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR seinen Vollmachten nach das höchste ständig amtierende Organ der Staatsgewalt der Sowjetunion dar, das vom Obersten Sowjet der UdSSR gewählt wurde und ihm rechenschaftspflichtig war.
In anderen Ländern, bzw. heutzutage, gibt es keine Organe der Staatsgewalt, die dem Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR gleichen würden. Dort steht eine Person (Präsident, König usw.) an der Spitze des Staates.
In der UdSSR stand an der Spitze des Staates keine einzelne Persönlichkeit, sondern ein Kollektiv, ein Kollegium aus 33 Mitgliedern des Obersten Sowjets der UdSSR, nach dem Ausspruch J.W. Stalins: „Der kollegiale Präsident der UdSSR.“ An diesem Beispiel ist zu sehen, mit welcher Konsequenz die demokratischen, wahrhaft volksnahen Grundsätze bei dem Aufbau der höchsten Staatsorgane der Sowjetunion durchgeführt wurden. (Es wird allerdings heutzutage, bzw. in westlichen Staaten schon immer, behauptet, dass die Sowjetunion eine Diktatur gewesen wäre, insbesondere in der Stalin-Ära. P.R.)
Der Oberste Sowjet einer jeden Unionsrepublik wählte aus der Zahl der Deputierten sein Präsidium, das das höchste ständig amtierende Organ der Staatsgewalt der Republik darstellte und ihrem Obersten Sowjet rechenschaftspflichtig war. Die Vollmachten des Präsidiums des Obersten Sowjets der Unionsrepublik, die Zahl der stellvertretenden Vorsitzenden sowie die Zahl der Mitglieder des Präsidiums wurden durch die Verfassung der Republik festgelegt.
5. Der Ministerrat der UdSSR
Das andere ständig amtierende höchste staatliche Organ der Sowjetunion war der Ministerrat der Sowjetunion. So wurde die Regierung der Sowjetunion genannt.
Der Ministerrat der UdSSR wurde in einer gemeinsamen Sitzung beider Kammern des Obersten Sowjets der UdSSR gebildet. Auf der ersten Tagung des Obersten Sowjets im März 1946 wurde die Regierung der Sowjetunion wie folgt gebildet: Das Haupt der Regierung in ihrer früheren Zusammensetzung, J.W. Stalin, übereichte dem Vorsitzenden der gemeinsamen Sitzung der Kammern eine schriftliche Erklärung über die Niederlegung der Regierungsvollmachten vor dem Obersten Sowjet. Einer der Deputierten (Abgeordneten) bat ums Wort und erklärte unter allgemeiner Billigung, dass der Oberste Sowjet sich einig sei im vollen Vertrauen zur Regierung. Danach nahm der Oberste Sowjet die Regierungserklärung an und beauftragte unter stürmischen, nicht enden wollenden Beifall J.W. Stalin einstimmig, einen Vorschlag über die neue Zusammensetzung der Regierung vorzulegen. Auf der nächsten gemeinsamen Sitzung der Kammern verlas der Vorsitzführende den von J.W. Stalin eingebrachten Vorschlag über die Zusammensetzung der Regierung. Nach den Aussprachen der Deputierten (Abgeordneten) stellte der Vorsitzführende fest, dass gegen die als Regierungsmitglieder vorgeschlagenen Kandidaten kein Widerspruch erhoben werde und dass keiner der Deputierten (Abgeordneten) auf einer personellen Abstimmung bestehe. Die von J.W. Stalin vorgeschlagene Zusammensetzung des Ministerrates der UdSSR wurde als Ganzes zur Abstimmung gebracht und unter stürmischen Beifall und Ovationen für J.W. Stalin einstimmig bestätigt. Als Vorsitzender des Ministerrates der UdSSR wurde J.W. Stalin bestätigt.
Die Regierung der UdSSR ist dem Obersten Sowjet, der sie Gewählt hat, verantwortlich und rechenschaftspflichtig. In der Zeit zwischen den Tagungen ist die Regierung dem Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR verantwortlich und rechenschaftspflichtig.
Der Ministerrat der UdSSR erließ Verordnungen und Verfügungen auf Grund und in Ausführung der geltenden Gesetze der UdSSR und überwachte ihre Durchführung. Seine Verordnungen und Verfügungen waren für das ganze Gebiet der Sowjetunion rechtsverbindlich.
Dem Ministerrat der UdSSR waren solch wichtige Pflichten auferlegt wie:
die Sorge um die Sicherung der öffentlichen Ordnung;
Schutz der Staatsinteressen;
Wahrung der Rechte der Bürger;
Bestimmung der Jahreskontingente der zum aktiven Militärdienst einberufenen Bürger;
Leitung des gesamten Aufbaus der Streitkräfte der Sowjetunion;
Gesamtleitung der Beziehungen zu auswärtigen Staaten.
Auf dem Gebiet der Lenkung der Volkswirtschaft verfügte der Ministerrat der UdSSR über eine Reihe wichtiger Vollmachten. Er traf Maßnahmen zur Realisierung des Staatshaushaltes und des Volkswirtschaftsplans der UdSSR sowie zur Festigung des Kredit- und Währungssystems.
Der Ministerrat der UdSSR vereinigte und lenkte die gesamte Arbeit der Ministerien der UdSSR und der anderen ihm unterstellten Wirtschafts- und Kulturinstitutionen (Staatliche Planungskommission, Ausschuss für Kunstangelegenheiten, Ausschuss für Sport u.a.)
Die Ministerien waren Organe, welche die einzelnen Zweige der Staatsverwaltung und der Volkswirtschaft lenkten. Wir nennen zum Beispiel solche Ministerien der UdSSR wie
das Ministerium der Streitkräfte,
das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten,
für Außenhandel,
Finanzwesen,
Eisenbahnwesen,
Schwermaschinenbau,
Kohlenindustrie,
Eisenhüttenwesen,
Waffenindustrie,
Landwirtschaft.
Der Minister war der Leiter des ihm übertragenen Zweiges der Staatsverwaltung. Er erließ Anordnungen und Instruktionen innerhalb des Kompetenzbereiches der betreffenden Ministerien.
Der Ministerrat der UdSSR hatte das Recht, Anordnungen und Instruktionen der Minister der UdSSR aufzuheben sowie Verordnungen und Verfügungen der Ministerräte der Unionsrepubliken in jenen Zweigen der Verwaltung und Wirtschaft, die nach der Verfassung in den Kompetenzbereich der UdSSR gehörten, zu suspendieren.
Auf diese Weise verfügte die Regierung der Sowjetunion über recht große Vollmachten zur Verwaltung und Leitung sowohl des Staates als auch des gesamten Lebens des Landes. Ihre Verordnungen und Verfügungen waren für die gesamte Sowjetunion rechtsverbindlich. Ihre Autorität unter dem Volke war unbestritten.
Gleichzeitig waren die Vollmachten des Ministerrates der UdSSR durch die Verfassung genau festgesetzt. Alle seine Handlungen beruhten auf Unionsgesetzen und waren darauf gerichtet, sie zu verwirklichen. In seiner ganzen Tätigkeit war er dem Obersten Sowjet der UdSSR und seinem Präsidium verantwortlich und rechenschaftspflichtig.
Der Ministerrat der UdSSR erfüllte den Willen der Völker der Sowjetunion, der in den Unionsgesetzen zum Ausdruck kam.
Jede Unionsrepublik hatte ihren Ministerrat, der das höchste vollziehende und verfügende Organ der Staatsgewalt der Unionsrepublik darstellte. Der Ministerrat der Unionsrepublik wurde durch ihren Obersten Sowjet gebildet und war diesem verantwortlich und rechenschaftspflichtig. In der Zeit zwischen den Tagungen war er dem Präsidium des obersten Sowjets der Unionsrepublik verantwortlich und rechenschaftspflichtig. In den Unionsrepubliken gab es eigene Ministerien, zum Beispiel
für Bildungswesen,
Sozialfürsorge,
Handel,
Nahrungsmittelindustrie,
Leichtindustrie.
Die Vollmachten und die Zusammensetzung des Ministerrates der Unionsrepublik wurden durch ihre Verfassung festgelegt.
Jede autonome Republik hatte ebenfalls ihren Ministerrat – das höchste vollziehende und verfügende Organ der Staatsgewalt der Republik – und ihre Ministerien. Der Ministerrat der autonomen Republik wurde durch ihren Obersten Sowjet gebildet, seine Vollmachten und seine Zusammensetzung wurden durch die Verfassung der Republik festgelegt.
Entnommen aus „Das Sowjetland“ aus dem Jahre 1947, Band 3, Original-Autor W.A. Karpinskij, bearbeitet von Petra Reichel
Nicht nur Stalin, auch Berija ist verdammt worden. Berija hat es mit der Verdammung viel schlimmer getroffen, als Stalin. Heute weiß kaum noch jemand was über ihn. Was man weiß ist falsches Wissen, denn Berija wird als Verbrecher und Monster dargestellt. Schon vor 1989 war das so.
Nicht einmal in der Großen Sowjet-Enzyklopädie, geschweige denn im Lexikon des VEB Bibliographischen Instituts Leipzig ist sein Name mehr verzeichnet. Er existiert einfach nicht. Es hat ihn nie gegeben. – Oder doch? Lawrénti Páwlowitsch Bérija. Berge von Lügen und Verleumdungen wurden über ihn ausgekippt, er sei ein Henker gewesen, abnorm veranlagt, herrschsüchtig und gewalttätig. Und was nicht alles noch. Man versuchte ihn totzuschweigen, strich ihn aus allen Registern. Doch alles das geschah im Namen seiner Mörder, die ihn heimtückisch und kaltblütig umbringen ließen. – Lawrenti Pawlowitsch Berija war eine unglaublich produktive und erfolgreiche Persönlichkeit, ein Mensch von Willenskraft und Charakter – ein Kommunist mit Herz und Verstand…
Nicht nur Stalin, auch Berija ist verdammt worden. Berija hat es mit der Verdammung viel schlimmer getroffen, als Stalin. Heute weiß kaum noch jemand was über ihn. Was man weiß ist falsches Wissen, denn Berija wird als Verbrecher und Monster dargestellt. Schon vor 1989 war das so.
Lawrenti Pawlowitsch Bérija wurde am 29.März 1899 in Mercheuli (Gebiet Suchumi) geboren. Er war einer der bedeutendsten Führer der sowjetischen Allunions-Partei (B), nächster Mitarbeiter und Berater J.W. Stalins. Eng verbunden durch den gemeinsamen Kampf gegen die Feinde der Sowjetunion, führte Berija auf vielen Gebieten eine außerordentlich erfolgreiche Arbeit durch. Schon die einfache Aufzählung seiner wichtigsten Funktionen spricht für sich: er war Vorsitzender der georgischen Tscheka, Vorsitzender der Politischen Hauptverwaltung Transkaukasiens, 1.Sekretär des Transkaukasischen Komitees der Allunions-KP (B) und 1.Sekretär des ZK KP (B) Georgiens, Volkskommissar für innere Angelegenheiten und Innenminister der UdSSR, Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates der Volkskommissare und 1.Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates der UdSSR. Unter falschen Beschuldigungen wurde Lawrenti Berija von den stalinfeindlichen Banditen Chruschtschows kurz nach der Ermordung Stalins ebenfalls ermordet.
Die Sowjets in Russland entstanden zum ersten Mal bereits während der Revolution des Jahres 1905 als Organe des Arbeiteraufstandes, als Keimzellen einer neuen, einer revolutionären Macht. Nach der Februarrevolution des Jahres 1917 verbreiteten sich die Sowjets rasch über das ganze Land. Nach der Eroberung der Macht durch die Arbeiterklasse im Oktober 1917, als Ergebnis der Vernichtung der Kapitalisten- und Gutsherrenherrschaft, haben sich die Sowjets zu einer entscheidenden kraft entwickelt und sind zur Staatsmacht im Lande geworden.
Die Sowjets stellten die die breitesten Massen erfassende Staatsorganisation dar, die die Werktätigen beider Geschlechter (An Diverse, 3. Geschlecht usw. dachte damals niemand. Diese Leute sind als verschwindende Minderheit, anders als heute, nicht beachtet worden. P.R)ohne Unterschied der Nation, Rasse, Beschäftigung, Parteizugehörigkeit, Bildung, der Religion usw. vereinigt. In den Sowjets erblickte man nebeneinander Russen und Aserbaidshaner, Ukrainer und Chakassen, Bjelorussen und Usbeken, Esten und Kirgisen, alte Bolschewiki und parteilose Kollektivbäuerinnen, Gelehrte von Weltruf und Arbeiter mit Grundschulbildung, Hüttenarbeiter und Hirten, Weberinnen und Melkerinnen, Eisenbahner und Flieger usw. Die Deputierten (Abgeordneten) für die Sowjets wurden vom ganzen Volk gewählt. Die Sowjets waren die dem Volke am nächsten stehende Macht.
Es gab Sowjets in jeder Stadt, in jedem Bezirk, Kreis, Gebiet, in jeder Region. In den entlegensten Siedlungen fand man einen Sowjet der Deputierten (Abgeordneten) der Werktätigen.
Die örtlichen Sowjets leiteten die wirtschaftliche und kulturell-politische Aufbauarbeit auf ihrem Territorium, stellten ihren Haushaltsplan auf, wählten ihre Vollzugskomitees, die den Sowjets über ihre gesamte Tätigkeit rechenschaftspflichtig waren. Sie gewährleisteten den Schutz der staatlichen Ordnung auf ihrem Territorium, die Wahrung der Gesetze und den Schutz der Bürgerrechte und trugen zur Stärkung der Verteidigungskraft des Landes bei. Sie bildeten ihre für die einzelnen Zweige der Staatsverwaltung zuständigen Abteilungen, wie zum Beispiel für Volksbildung, Gesundheitsschutz, örtliche Industrie, Handel und Sozialversicherung.
Die Sowjets der Deputierten (Abgeordneten) der Werktätigen wählten ständige Kommissionen, welche die Sowjets bei ihrer Arbeit praktisch unterstützten. Diese Kommissionen stellten zwischen den Sowjets und der Bevölkerung, den Wählern, eine enge Fühlungsnahme her und zogen die breiten Massen der Werktätigen zu der Staatsverwaltung heran. Lenin schrieb Anfang 1919, dass die Sowjets zur ständigen und einzigen Grundlage der gesamten Staatsmacht im Sowjetlande geworden sind (waren P.R.).
Die Sowjets der Deputierten (Abgeordneten) der Werktätigen stellten die politische Grundlage der sozialistischen Sowjetgesellschaft dar, genauso, wie die gesamte sozialistische Wirtschaft der UdSSR die wirtschaftliche Grundlage der sozialistischen Sowjetgesellschaft bildete.
Die örtlichen Sowjets unterschieden sich in grundlegender Weise von den Organen der sogenannten „örtlichen Selbstverwaltung“, wie sie im zaristischen Russland bestanden und auch heute in bürgerlichen Staaten bestehen.
Die örtlichen Sowjets der Deputierten (Abgeordneten) der Werktätigen, vom Gebietssowjet angefangen bis zum Dorfsowjet, stellten nach der stalinschen Verfassung die örtlichen Organe der Staatsmacht dar. Jeder der Sowjets stellte einen Bestandteil der einheitlichen sowjetischen Staatsmacht dar.
Betrachtet man eine beliebige Sowjetrepublik, so wird man feststellen, dass die örtlichen Sowjets in einer gemeinsamen Staatsorganisation, der Sowjetrepublik, zusammengefasst waren, in der jeder Sowjet der Deputierten (Abgeordneten) der Werktätigen seinen Platz, seine Rechte und seine Pflichten hatte.
So war zum Beispiel die Sowjetmacht in Turkmenien nichts andres als die Vereinigung der turkmenischen örtlichen Sowjets zu einer gemeinsamen nationalstaatlichen Organisation, zur Turkmenischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Die Sowjetmacht in Moldawien war die Vereinigung der moldauischen örtlichen Sowjets zu einer gemeinsamen nationalstaatlichen Organisation, zur Moldauischen Sozialistischen Sowjetrepublik usw.(Moldau, bzw. Moldawien ist heute ein eigenständiger Staat.P.R.)
Das große Sowjetland als Ganzes ist die Vereinigung nationaler sozialistischer Sowjetrepubliken zu einem gemeinsamen Sowjetischen Vielvölkerstaat – zur Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken.
Die Sowjets- das war die Macht der Werktätigen. Darüber heißt es deutlich in der Verfassung der damaligen Sowjetunion: „Alle Macht in der UdSSR gehört den Werktätigen in Stadt und Land in Gestalt der Sowjets der Deputierten der Werktätigen.“
Dasselbe wurde auch in den Verfassungen aller Sowjetrepubliken festgestellt. Wenn man zum Beispiel die Verfassung der Kirgisischen Sozialistischen Sowjetrepublik aufschlägt, so liest man: „Alle Macht in der Kirgisischen Sowjetrepublik gehört den Werktätigen in Stadt und Land in Gestalt der Sowjets der Deputierten der Werktätigen.“ (Kirgisien, bzw. Kirgisistan ist heute auch ein selbständiger Staat. P.R.)
Auf diese Weise übten die von den Werktätigen in Stadt und Land gewählten Sowjets die gesamteStaatsgewalt in die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und die gesamte Staatsgewalt in jeder sozialistischen Sowjetrepublik aus. Mit vollem Recht und Stolz sagten die Sowjetbürger von ihrem Staat: „Unser Staat – das sind wir selbst!“(„Der Staat sind wir“, lernt man auch in bürgerlichen Demokratien. Natürlich ist das kein Vergleich zur damaligen Sowjetunion. P.R.)
2. Das Bündnis der Arbeiter und Bauern
In den Sowjets, bei der gemeinsamen staatlichen Arbeit der Deputierten (Abgeordneten), die den zwei Klassen der Sowjetgesellschaft angehörten, war das Bündnis der Arbeiter und Bauern verwirklicht. Sie ihrer Entstehung kämpfte die bolschewistische Partei um die Vereinigung der Arbeiter und Bauern im engen Bündnis. Und erst nachdem die Werktätigen des Sowjetlandes das Bündnis der Arbeiter und Bauern geschaffen und gefestigt hatten, konnten sie alle ihre Erfolge erringen. Und in der Tat: hätte man den ohne das Bündnis der Arbeiter und Bauern die sozialistische Gesellschaft aufbauen und einen solch mächtigen Staat wie die Sowjetunion schaffen können? Natürlich nicht.
Hätte denn die Sowjetunion in dem schwierigen und schweren Krieg gegen das faschistische Deutschland und seine Komplizen siegen können, wenn sie sich nicht auf das feste Bündnis der Arbeiter und Bauern gestützt hätte? Sie hätte es zweifellos nicht gekonnt.
Den Arbeitern war dieses Bündnis notwendig, weil sie ohne Unterstützung der Bauernmassen nicht vermocht hätten, die Kapitalisten zu besiegen und durch die Kollektivwirtschaften eine grundlegende Verbesserung ihres Lebens zu erreichen.
Die Arbeiter und Bauern brauchen ein enges Bündnis, um gemeinsam die sozialistische Ordnung weiter zu entwickeln, ihr Leben fortwährend zu verbessern und ihr sowjetisches Heimatland gegen äußere Feinde zu verteidigen.
Auf dem ganzen überaus schweren geschichtlichen Weg vom alten Leben zum neuen, vom Zarenregime und Kapitalismus zum Sozialismus, wurden die Bauernmassen von der Arbeiterklasse geführt. Die Arbeiterklasse war stets die führende Kraft im Bündnis der Arbeiter und Bauern. Worauf war das zurückzuführen? (Nun ja, heute ist der Kapitalismus wieder zurück und das alte Leben wieder da. Seit 1989/90 läuft die Geschichte rückwärts. P.R.)
Die Arbeiter waren in den Städten und Industriezentren in großen Massen konzentriert. In den Großbetrieben arbeiteten Tausende und sogar Zehntausende von Arbeitern zusammen. Das trug von alters her zur Vereinigung, zur Organisation der Arbeiter für den Kampf gegen die Kapitalisten und ihre Gewalt um die Sache der Arbeiter, um die Befreiung der Werktätigen bei. (Die Kapitalisten haben gelernt und durch heutige Arbeitsformen, wie Leiharbeit, Verlagerung ins Ausland usw. die Vereinigung der Arbeiter erschwert bis unmöglich gemacht. Klassenbewusstsein ist bei den Arbeitern ohnehin nicht mehr vorhanden. P.R.)
Die Arbeiter besitzen keine Produktionswerkzeuge und -mittel als Privateigentum. Damals waren sie direkt und unmittelbar daran interessiert, den Kapitalisten die Fabriken und Werke wegzunehmen und sie dem sozialistischen Staat zu übereignen, wie das von den Arbeitern in der UdSSR auch getan wurde.
Auf diese Weise haben die Lebens- und Arbeitsbedingungen dazu beigetragen, dass die Arbeiter zu der führenden Gesellschaftsklasse, zu der revolutionärsten, organisiertesten, bewusstesten und im Kampfe gegen jede Unterdrückung und Ausbeutung, im Kampfe um den Sozialismus gestähltesten Gesellschaftsklasse wurden.
Die Lage der Bauern in der Gesellschaft war ganz anders. Die Bauern lebten über das ganze Land verstreut. Unter der alten Ordnung führten die Bauern eine Privatbesitzerwirtschaft, jeder auf seinem Stück Land, und klammerten sich an diese Wirtschaft, so klein sie auch sein mochte. Auch in den ersten Jahren der Sowjetmacht blieben die Bauern in der erdrückenden Mehrheit weiterhin Privatbesitzer. Die Arbeits- und Lebensbedingungen selbst führten die Bauern nicht zusammen, sondern trennten sie, erleichterten für sie nicht die Möglichkeit, sich für einen gemeinsamen Kampf gegen ihre nächsten Feinde, die Gutsherren zu organisieren, sondern erschwerten sie; vom Kampf gegen die Zaren-Gutsherrengewalt und vom Kampf um die Umgestaltung des gesamten Lebens auf neuer sozialistischer Grundlage gar nicht zu reden.
Natürlich konnte der Sozialismus allein die Interessen der Bauern als Werktätige voll und ganz befriedigen. Man musste jedoch den Bauern erst erklären, was Sozialismus ist, musste beweisen, dass die sozialistische Ordnung für die Bauern vorteilhaft ist, musste ihnen in der Praxis zeigen, wie man diese Ordnung im Dorfe einführen soll. Man musste ferner die Erzeugung von Traktoren und andren für kollektive Großwirtschaften notwendigen landwirtschaftlichen Maschinen organisieren.
Das sind die Ursachen, warum die Arbeiterklasse zur leitenden Kraft, zum Führer der Bauernmassen wurde im Kampfe für den Sturz der zaristisch-gutsherrlichen Macht, im Kampfe gegen die Gutsbesitzer und Kapitalisten für die Sowjetmacht, im Kampfe gegen das Kulakentum für die Vernichtung der Ausbeutung im Dorfe und für den Aufbau einer kollektiven, sozialistischen Wirtschaft.
Die sozialistische Gesellschaft in der UdSSR war bereits aufgebaut. Aber heißt das, dass die Führung durch die Arbeiterklasse nicht mehr notwendig sei? Nein, und zwar aus folgendem Grund:
Die Völker der UdSSR mussten die sozialistische Sowjetgesellschaft festigen und weiterentwickeln. Die zerstörte Wirtschaft in den Gebieten, die vorübergehend von den Deutschen besetzt waren, musste wiederhergestellt werden. Tausende von neuen Industrie- und landwirtschaftlichen Betrieben mussten erbaut, die Arbeitsproduktivität weiter gesteigert, das ganze Leben noch besser und schöner gestaltet werden. Es mussten bewusste, aktive Mitglieder der sozialistischen Gesellschaft erzogen werden, kenntnisreiche und geschickte Arbeiter der sozialistischen Wirtschaft- sie mussten nicht nur in den Schulen, aus den Reihen der Jugend, sondern auch aus denen der erwachsenen Bevölkerung herangezogen werden. Man fand unter den Sowjetmenschen noch viele, die es bis niemals verstanden haben, die schwere Last alter Ansichten, Gewohnheiten und Vorurteile abzuwerfen.
Es war klar, dass bei der Lösung dieser schwierigen Aufgaben die Führung durch die fortschrittliche Gesellschaftsklasse -die Arbeiterklasse– notwendig war.
In der Sowjetgesellschaft gab es keine Ausbeuterklassen und -schichten. Dies bedeutet, dass es im Sowjetland keine volksfeindliche Kraft gab, die der sowjetischen Gesellschafts- und Staatsordnung entgegentreten könnte (es waren nur vereinzelte Feinde der Sowjetmacht übriggeblieben) (In der damaligen Zeit. P.R.). Aber die Sowjetunion, der sozialistische Staat der Arbeiter und Bauern, war von einer kapitalistischen Umwelt umgeben. Es war bekannt, dass das Sowjetland mehr als einmal Angriffen von Seiten der kapitalistischen Mächte ausgesetzt war und dadurch ein eine äußerst schwere Lage geriet. Die Gefahr derartiger Angriffe war auch für die Zukunft nicht ausgeschlossen. (Wie es sich auch gezeigt hat und 1989/90 mit Erfolg gekrönt war. P.R.) Es war klar, dass die Sowjetgesellschaft unter diesen Umständen die Leitung durch die führende Klasse– die Arbeiterklasse – brauchte. (Es konnten sich Verräter in die Reihen der Repräsentanten der Arbeiterklasse einschleichen. So zuletzt Gorbatschow. P.R.)
Es ist bekannt, welche große Bedeutung für die sozialistische Sowjetgesellschaft, für den sozialistischen Sowjetstaat das durch die Arbeiterklasse geleitete Bündnis der Arbeiter und Bauern hatte und bis am Ende noch immer hatte. Von diesem Bündnis sagte J.W. Stalin: „Es ist die erste und tragende Grundlage der Republik der Sowjets.“
In den Sowjets ist war Bündnis der Arbeiterklasse und der Bauernschaft als ein Staatsbündnis zweier Klassen der Sowjetgesellschaft verankert worden. Das war gleich im ersten Artikel der Verfassung der Sowjetunion niedergeschrieben: „Die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken ist ein sozialistischer Staat der Arbeiter und Bauern.“
Auch die Verfassung einer jeden Sowjetrepublik begann mit einem Artikel, das das Bündnis der Arbeiter und Bauern als das Staatsbündnis dieser Klassen verankerte.
3. Die staatliche Führung der Sowjetgesellschaft
Unter den Deputierten (Abgeordneten) der Werktätigen in den Sowjets waren Vertreter sowohl der Arbeiterklasse als auch der Bauernschaft und der Intelligenz. Durch die Sowjets eint, erzog und führte die Arbeiterklasse die gesamte Masse der Werktätigen. Durch die Sowjets verwirklichte die Arbeiterklasse die staatliche Führung der gesamten Sowjetgesellschaft.
Der grundlegende Unterschied zwischen der sozialistischen und der kapitalistischen Gesellschaftsordnung besteht darin, dass die staatliche Führung der Gesellschaft in der Sowjetunion der Arbeiterklasse gehörte, in den kapitalistischen Ländern dagegen der Bourgeoisie gehört. In der UdSSR wurde die staatliche Führung der Gesellschaft im Interesse aller Werktätigen, in den kapitalistischen Ländern dagegen wird sie im Interesse der Bourgeoisie ausgeübt.
Vom ersten Tage der Sowjetmacht an hatte der Sowjetstaat immer neue, äußerst wichtige und komplizierte Aufgaben zu lösen.
Gegen den jungen Sowjetstaat zogen sofort sowohl die innere Konterrevolution als auch die äußeren Feinde der Sowjetmacht zu Felde, die mit allen Mitteln bemüht waren, die Republik der Sowjets zu ersticken. In dieser ersten Entwicklungsperiode des Sowjetstaates bestand seine Hauptaufgabe darin, die konterrevolutionären Ausfälle der gestürzten Klassen mit Waffengewalt zu unterdrücken und die Verteidigung des Landes gegen die ausländischen Eindringlinge zu organisieren. Dementsprechend bestand auch die Tätigkeit der Organe des Sowjetstaates in dieser Periode vor allem in der Unterdrückung des Widerstandes der gestürzten Klassen innerhalb des Landes und in der Organisation der Verteidigung gegen den Angriff von außen her.
Dabei war die Aufmerksamkeit des Staates vor allem auf die Festigung solcher Organe der Sowjetmacht konzentriert, die der Hauptaufgabe jener Zeit am meisten entsprachen. Diese Organe waren: das Volkskommissariat für Kriegs- und Marinewesen, das die Organisation und die Kampfhandlungen der Roten Armee leitete; die Allrussische Außerordentliche Kommission zur Bekämpfung der Konterrevolution und Sabotage – die „Wetscheka“( besser bekannt unter der Bezeichnung „Tscheka“ P.R.), der Schrecken der Bourgeoisie, die viele konterrevolutionäre Verschwörungen und Aufstände aufgedeckt und zerschlagen hatte; das Volkskommissariat für die Ernährung mit seinen örtlichen Organen (darunter auch die Arbeiterabteilungen für die Ernährung(, das einen erbitterten Kampf ums Brot gegen das Kulakentum führte und die revolutionären Zentren des Landes sowie die Rote Armee mit Lebensmitteln versorgte.
In dieser Periode wurde die Klasse der Grundbesitzer restlos, die Klassen der Kapitalisten in der Stadt und der Kapitalisten im Dorfe (Kulaken) fast völlig liquidiert.
Der Sowjetstaat hatte in der ersten Periode noch eine weitere, die wirtschaftlich-organisatorische und kulturell-erzieherische Aufgabe. Jedoch konnte die Tätigkeit des Sowjetstaates damals in dieser Richtung nur in geringem Maße entfaltet werden. Die Staatsführung musste die Kräfte und Mittel auf die Lösung der Hauptaufgabe jener Zeit, auf die Zerschlagung der Ausländischen Eindringlinge und der inneren Konterrevolution konzentrieren.
In der zweiten Entwicklungsperiode des Sowjetstaates bestand die Hauptaufgabe darin, die sozialistische Wirtschaft im ganzen Lande zu organisieren, die letzten Überreste der Ausbeuterelemente in Stadt und Land zu vernichten, die kulturell-erzieherische Tätigkeit der sowjetischen Organe breit zu entfalten sowie eine mächtige, mit modernstem Kriegsmaterial ausgestattete Armee zu schaffen, die imstande wäre, jedem Angreifer von außen her eine vernichtende Abfuhr zu erteilen.
Dementsprechend veränderte sich auch die Tätigkeit des Sowjetstaates. Nach der Vernichtung der letzten Überreste der Ausbeuterklassen wurde eine militärische Unterdrückung innerhalb des Landes unnötig (es war niemand mehr niederzuhalten). Diese Seite der Tätigkeit des Sowjetstaates wurde hinfällig, überlebte sich. Aber die Notwendigkeit des militärischen Schutzes des Landes gegen einen Angriff von außen her ist geblieben, und folglich sind auch solche Organe des Sowjetstaates, die die Rote Armee und die Kriegsmarine, erhalten geblieben und verstärkt worden. Es blieben auch die Straforgane und der Abwehrdienst erhalten, die notwendig waren, um die von den kapitalistischen Mächten in das Sowjetland entsandten Spione, Schädlinge und Mörder zu bestrafen. Erhalten blieb und voll entfaltet wurde die wirtschaftlich-organisatorische und kulturell-erzieherische Tätigkeit des Sowjetstaates, bestehend in der Errichtung neuer Industriebetriebe, insbesondere großer, mit neuester Technik ausgestatteter Hütten- und Maschinenbauwerke; in der Errichtung großer, mit den besten Maschinen versehener Sowjetgüter; in der Unterstützung der Bauern bei der Organisierung und Festigung der Kollektivwirtschaften; in der Erhöhung der Arbeitsproduktivität; in der Erweiterung und Verbesserung der Verkehrsmittel sowie des Post- und Fernmeldewesens; in der Verstärkung und Verbesserung der Versorgung des Landes mit Industriewaren; in der Ausbreitung des Netzes der Anstalten für Volksbildung, Gesundheitswesen, Wissenschaft, Kunst, Presse usw. (Auch wenn es bis heute Zeitgeist ist Stalin zu verdammen, so gibt es keine andere Erkenntnis, als dass es während der Lebzeiten Stalins wirtschaftlich in der UdSSR aufwärts ging. Nach Stalins Tod ging es abwärts. P.R.)
In dieser Periode entstand für den Sowjetstaat eine neue Art von Tätigkeit: Schutz des gesellschaftlichen, sozialistischen Eigentums, das zur Grundlage der gesamten Sowjetordnung, der Verteidigungskraft des Landes und des Wohlstandes der Volksmassen der Sowjetunion wurde.
Die Sowjetunion wurde zu einer mächtigen industriellen und kollektivwirtschaftlichen Großmacht und zu einem der bedeutendsten Kulturländer der Welt.
Die friedliche Entwicklung der Sowjetunion wurde durch den überraschenden Überfall des faschistischen Deutschlands und seiner Komplizen unterbrochen. In diesen schweren und verantwortungsvollen Moment zeigte die Staatsführung des Sowjetlandes mit J.W. Stalin an der Spitze größte Energie und Standhaftigkeit, Weisheit und Voraussicht. Sie hat es verstanden, die Arbeit sämtlicher Sowjetorgane und Wirtschaftsbetreibe rasch auf die Bedürfnisse des Krieges umzustellen. Sie hat es verstanden, das gesamte Volk zu begeistern und zusammenzuschließen, sämtliche Kräfte und Mittel des Volkes zu konzentrieren, um die deutsch-faschistischen Eindringlinge zu zerschlagen. Sie hat es verstanden, eine reibungslose Versorgung der Roten Armee mit erstklassigem Kriegsmaterial und eine ununterbrochene Auffüllung ihrer Reihen mit gut ausgebildetem Ersatz zu organisieren. Sie hat es verstanden, die Kriegsoperationen in glänzender Weise zu lenken. Das war es, was der UdSSR den Sieg über den übermütigen und starken Feind sicherte.
Die Geschichte der UdSSR und die Lehren des Großen Vaterländischen Krieges (II. Weltkrieg) sprechen überzeugend davon, dass der Sowjetstatt in Friedenszeiten der beste Organisator des wirtschaftlichen und kulturellen Aufbaues war. (zu Lebzeiten Stalins P.R.)
In Kriegsjahren dagegen erwies sich der Sowjetstaat als der beste Organisator sämtlicher Kräfte des Volkes für eine vernichtende Abwehr des Feindes. (ebenfalls zu Lebzeiten Stalins)
Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 3 aus dem Jahre 1947, Original-Autor W.A. Karpinskij, bearbeitet von Petra Reichel
Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 3, aus dem Jahre 1947
Wladimir Iljitsch Lenin war bei der Eröffnung des Kongresses nicht anwesend. Die ganze Nacht zum 25. Oktober und den ganzen Tag brachte er im Smolnyj-Institut zu, wo er gemeinsam mit J.W. Stalin den bewaffneten Aufstand leitete. Erst spät in der Nacht, als der Winterpalast bereits genommen und die Provisorische Regierung verhaftet worden war, begab sich Lenin in die in der Nähe des Smolnyj gelegene Wohnung eines Bolschewiken, um dort für einige Stunden auszuruhen. Er konnte nicht einschlafen. Leise, um niemanden zu stören, setzte sich Wladimir Iljitsch Lenin an den Tisch und begann zu schreiben. In diesen tiefen Nachtstunden verfasste Lenin das Dekret über den Grund und Boden.
Wladimir Iljitsch wusste, dass der Sieg allein nicht genügt, dass man den errungenen Sieg auch sichern muss. Und am 26. Oktober war er den ganzen Tag damit beschäftigt.
W.I. Lenin unter den Delegierten des II. Allrussichen Sowjetkongresses (Nach einem Gemälde von S. Gerassimow)
Bild entnommen aus „Das Sowjetland“, Band 2 von 1947
Lenin ergriff Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung der Hauptstadt. Er leitete die Sitzung des Zentralkomitees der Partei, das die Zusammensetzung der Sowjetregierung erörterte. Auf dem Kongress erschien Lenin am Abend des 26. Oktober (08.November). Die Delegierten des Kongresses begrüßten mit Jubel den großen Führer und Lehrer der Werktätigen, den Organisator des errungenen Sieges über die vereinigten Kräfte der alten Welt. Infolge der freudigen Begrüßungsstürme, die den Saal durchbrausten, konnte Lenin lange Zeit seine Rede nicht beginnen.
Nun aber wurde es still, und Lenin begann zu sprechen. Er verlas das in Form eines „Aufrufes an die Völker und Regierungen sämtlicher kriegführenden Länder“von ihm verfasste Dekret über den Frieden. „Die Arbeiter- und Bauernregierung“, so lautet das Dekret, „die durch die Revolution vom 24.-25. Oktober geschaffen wurde und sich auf die Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten stützt, schlägt allen kriegführenden Völkern und ihren Regierungen vor, sofort Verhandlungen über einen gerechten demokratischen Frieden zu beginnen.“ Der Aufruf forderte die Arbeiter auf, mitzuhelfen, „die Sache des Friedens und zugleich die Sache der Befreiung der Werktätigen und ausgebeuteten Volksmassen von jeder Sklaverei und jeder Ausbeutung erfolgreich zu Ende zu führen“.Das Dekret über den Frieden wurde von dem Kongress mit unbeschreiblichem Enthusiasmus und Hurrarufen angenommen.
Mit der Annahme des Dekrets über den Frieden verrichtete das (damals P.R.) siegreiche Volk ein welthistorisches Werk. Die wirtschaftlichen und nationalen Interessen Russlands erforderten die Beendigung des sich über mehr als drei Jahre hinziehenden ungerechten, von den Imperialisten angezettelten Krieges. Nur die Arbeiterklasse, von der Partei der Bolschewiki geführt, erwies sich als mächtig genug, Russland aus dem Krieg herauszureißen, durch den die reichen und mächtigen Verbündeten das Land immer mehr und mehr unterjochten.
Die allgemeine Stimmung des Kongresses brachte einer der Delegierten zum Ausdruck, als er auf die Rednertribüne stieg und unter allgemeinem Beifallsdonner vorschlug, Lenin als den„Verfasser des Aufrufes und standhaften Kämpfer und Führer der siegreichen Arbeiter- und Bauernrevolution“ zu begrüßen.
Es war das eingetreten, was das Volk so leidenschaftlich gewünscht hatte. Russland, das sich aus den Fesseln der kapitalistischen Unterdrückung befreit hatte, gab eine Erklärung über die Beendigung des imperialistischen Krieges ab. Russland erhob als erstes Land das Banner eines wirklich demokratischen Friedens.
Wladimir Iljitsch Lenin erhält von neuem das Wort. Wieder stürmische, begeistere Ovationen. Lenin verliest das Dekret über den Grund und Boden: über die unverzügliche Aufhebung des Eigentums der Gutsbesitzer an Grund und Boden ohne jede Entschädigung. Dieses historische Dekret verkündete die Aufhebung des Privateigentums an Grund und Boden für immer und seine Ersetzung durch das staatliche Eigentum, durch das Eigentum des ganzen Volkes. Die Ländereien der Gutsbesitzer sowie die Ländereien der Krone (des Zaren), der Klöster und Kirchen wurden den Werktätigen zur entschädigungslosen Nutznießung übergeben.
Das Dekret über den Grund und Boden war eine der größten politischen Handlungen, das die Millionenmassen der Bauern sowohl im Hinterland wie auch in den Schützengäben zur Unterstützung der im bewaffneten Aufstand geborenen Sowjetmacht sich erheben ließ. Die Bauernschaft erhielt mehr als 150 Millionen Desjatinen Land, das sich früher in den Händen der Gutsbesitzer, der Bourgeoisie, der Zarenfamilie, der Kirchen und Klöster befand, unentgeltlich. Außerdem wurde die Bauernschaft von den jährlichen Pachtzahlungen in Höhe von ungefähr 500 Millionen Goldrubeln befreit. Die grundlegende Bedeutung des vorgeschlagenen Dekrets über den Grund und Boden drückte Lenin folgendermaßen aus: „Das Wesentliche ist, dass die Bauernschaft die feste Überzeugung gewinnt, dass es auf dem Lande keine Gutsbesitzer mehr gibt, dass es den Bauern selbst überlassen wird, alle Fragen zu entscheiden, selbst ihr Leben zu gestalten.“Die Delegierten des Kongresses nahmen die Worte Lenins auf wie eine frohe Botschaft über den siegreichen Ausgang des jahrhundertelangen Kampfes der Bauernschaft um Grund und Boden, wie die Verwirklichung der geheimsten Wünsche des Volkes. Keine andere Klasse, außer der Arbeiterklasse, keine andere Partei, außer der bolschewistischen Partei, konnte der Bauernschaft Russlands einen solchen unvergleichlichen Sieg sichern. Die Sozialistische Oktoberrevolution verwirklichte das, wovon die Bauernschaft Russlands im Verlaufe von Jahrhunderten ihres armseligen Lebens geträumt hatte.
Der Kongress der Sowjets nahm schließlich die Bestimmung über die Bildung er ersten wirklichen Volksregierung der Welt, der Arbeiter- und Bauern-Sowjetregierung, an – des Rates der Volkskommissare mit Lenin an der Spitze. Zum Volkskommissar(Der Amtstitel Minister wurde infolge der Revolution abgeschafft und durch den Titel Volkskommissar ersetzt.Später wurde sich international angeglichen und der Amtstitel Minister wieder eingeführt. P.R. siehe auch Wikipedia) für Angelegenheiten der Nationalitäten wurde J.W. Stalin ernannt.
Am frühen Morgen des 27. Oktober (09.November) beendete der II. Kongress der Sowjets unter freudigen Rufen„Es lebe die Revolution!“, „Es lebe der Sozialismus!“ und unter dem begeisterten Absingen revolutionärer Lieder seine Arbeit.
Bild entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 2 von 1947
Gleich nach Petrograd erhob sich auch Moskau. Während Petrograd bereits völlig sowjetisch war, dauerten in Moskau noch einige Tage heftige und erbitterte Kämpfe an. Aber die Arbeiter und Soldaten Moskaus, von den Bolschewiki geführt, brachen den Widerstand der Bourgeoisie. Auch hier ging die Macht in die Hände der Aufständischen, an die Sowjets über.
Die Arbeiterjugend hatte aufopferungswillig und selbstlos Seite an Seite mit den Erwachsenen auf den Oktoberbarrikaden gekämpft. Die Jünglinge und Mädchen waren in großer Menge in die Abteilungen der Roten Garde eingetreten. In Petrograd nahmen ungefähr 5000 jugendliche Arbeiter an dem bewaffneten Aufstand teil. Fast die Hälfte der Moskauer Rotgardisten setzte sich aus der Arbeiterjugend zusammen.
Einer der Teilnehmer der Oktoberkämpfe in Moskau erzählt: „Die Maschinengewehre knatterten. Eine dunkle, undurchdringliche Nacht. Man braucht Leute im Zentrum zum Aufrechterhalten der Verbindung…Wer wird den gefährlichen Auftrag am besten ausführen? Von Bezirk zu Bezirk, vom Bezirk zum Zentrum, überall erfüllten die Mitglieder des Verbandes der Arbeiterjugend unter dem Kugelregen die gefährlichsten und verantwortungsvollsten Aufträge des Stabes des Aufstandes. Unter Einsatz ihres Lebens gingen sie furchtlos auf Patrouille, leisteten Sanitätsdienste, versorgten die Kämpfer mit Patronen und Granaten und nahmen an allen Kampfhandlungen teil. Sieg oder Tod, das war es, woran jeder einzelne Kämpfer dachte.“
Die Kunde vom Sieg der sozialistischen Revolution, von der Geburt der Sowjetmacht, verbreitete sich über das ganze Russland. Den Hauptstädten folgte das ganze Land. Überall ging die staatliche Macht in die Hände der Werktätigen, in die Hände der Sowjets über, in solch schnellen Tempo, unter solchem Enthusiasmus des Volkes, dass Lenin diese Periode den„Triumphzug der Sowjetmacht“ nannte.
Der bewaffnete Aufstand der russischen Arbeiter, Soldaten und Bauern unter der Leitung der bolschewistischen Partei wurde von den werktätigen Massen sämtlicher Völker Russlands unterstützt. Die Völker hatten begriffen, dass nur die Bolschewiki die völlige Freiheit den unterdrückten Nationen sichern können, dass nur in einer brüderlichen Freundschaft der Sowjetvölker das sichere Unterpfand ihrer nationalen Unabhängigkeit, ihrer wirtschaftlichen Erfolge und ihrer kulturellen Entwicklung liegt. Daher erhoben sich nach Petrograd, Moskau und anderen russischen Gebieten des Landes auch die nationalen Grenzgebiete Russlands.„Die Revolutionswelle aus dem Norden“, sagte J.W. Stalin, „ergoss sich von den ersten Tagen des Umsturzes an über ganz Russland und ergriff ein Grenzgebiet nach dem anderen.“
Die Sozialistische Oktoberrevolution, die den Kapitalisten und Gutsbesitzern die Fabriken und Werke, den Grund und Boden, die Eisenbahnen, die Banken abgenommen hatte, verwandelte diese in gesellschaftliches Eigentum der Werktätigen. Die Arbeiterklasse im Bündnis mit der armen Bauernschaft machte sich, nachdem sie die Macht in ihre Hände genommen hatte, an den Aufbau des Sowjetstaates. Die gesamte alte bürgerliche Staatsmaschine wurde zertrümmert. Das aufständische Volk zerstörte schonungslos die zaristischen Ministerien, die Stadtverwaltungen der Kaufleute, die Selbstverwaltungsorgane der Gutsbesitzer und schuf an ihrer Stelle seine eigenen, die Sowjetorgane.
Die Sowjetregierung erließ ein Dekret über die Arbeiterkontrolle. Nach diesem Dekret wurde die gesamte Tätigkeit der Fabrikanten und Werksbesitzer der Kontrolle der Vertreter der Arbeiter unterstellt. Die Arbeiter kontrollierten die gesamte gesellschaftliche Produktion und den Handel. Dies half ihnen, die Produktion zu beherrschen. Die Arbeiterkontrolle schuf die Bedingungen für die Nationalisierung der Industrie, d.h. für ihre Verwandlung in Gemeingut des Volkes, in Staatseigentum.
Alle Banken wurden nationalisiert. Die Nationalisierung der Eisenbahnen und der Großindustrie wurde in Angriff genommen.
Durch ein Dekret der Sowjetmacht wurden die Standesbezeichnungen abgeschafft. Alle Standeseinteilungen und -bezeichnungen (Kleinbürger, Bauer, Adliger, Kaufmann), die Standesprivilegien und Standesbeschränkungen wurden aufgehoben. Sämtliche Titel (Fürst, Graf, Baron) wurden abgeschafft. Für die gesamte Bevölkerung Russlands wurde eine allgemeine Bezeichnung: Bürger der Russischen Republik, eingeführt.
Die „Deklaration der Rechte der Völker Russlands“, von J.W. Stalin verfasst, von Lenin und Stalin unterschrieben, wurde veröffentlicht. Die Lenin–Stalinsche Deklaration verkündete die unverzügliche Befreiung der Völker Russlands und ihr freiwilliges und ehrliches Bündnis. Die Deklaration hob hervor, dass nur durch ein solches Bündnis die Arbeiter und Bauern der Völker Russlands zu einer revolutionären Kraft zusammengeschweißt werden können, die fähig ist, einem jeden Anschlag seitens der imperialistischenBourgeoisie Widerstand zu leisten. Die Deklaration vertrat eine offene und ehrliche Politik die zu einem völligen gegenseitigen Vertrauen unter den Völkern Russlands führen sollte.
Lenin und Stalin proklamierten in dieser Deklaration „das ehrliche und dauernde Bündnis der Völker Russlands“auf folgenden Grundlagen: Gleichheit und Souveränität der Völker Russlands; das Recht der Völker Russlands auf freie Selbstbestimmung bis zur Lostrennung und Schaffung eines selbstständigen Staates; Abschaffung aller jedweder nationalen und nationalreligiösen Vorrechte und Beschränkungen; freie Entwicklung aller Nationalitäten, darunter auch der kleinsten, die das Territorium Russlands bevölkern.
Auf dem III. Allrussischen Kongress der Sowjets im Januar 1918 wurde die „Deklaration der Rechte des werktätigen und ausgebeuteten Volkes“angenommen.
Jakow Michajlowitsch Swerdlow, erster Vorsitzender des Allrussischen Zentralen Exekutivkomitees (1885 bis 1919)
Bild entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 2 von 1947
Darin wurde gesagt, dass „die Sowjetrepublik Russland auf Grund eines freien Bundes freier Nationen, als Föderation nationaler Sowjetrepubliken errichtet wird“. Die „Deklaration der Rechte des werktätigen und ausgebeuteten Volkes“erklärte, dass die gesamte zentrale und lokale Staatsmacht den Sowjets gehöre, dass in den Sowjets für Ausbeuter kein Platz sei. Als grundlegende Aufgabe der Sowjetmacht erklärte diese Deklaration die Abschaffung jeder Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, die völlige Aufhebung der Teilung der Gesellschaft in Klassen, den Kampf für den Sieg des Sozialismus.
Die Oktoberrevolution, die das Joch der kapitalistischen und nationalen Unterdrückung abgeworfen hatte, erhob die zahlreichen Völker und Völkerschaften Russlands zu einem neuen, hellen, freien Leben. Die Dekrete der neuen sowjetischen Regierung, die historischen Verfügungen Lenins und Stalins und ihre Anweisungen über die Liquidierung der Macht der Gutsbesitzer und Kapitalisten, über den Aufbau der Sowjetmacht, legten die Grundlage zu der neuen, sowjetischen sozialistischen Staatsordnung.
Nach vielen Jahrtausenden hatten die Werktätigen zum ersten Male einen entscheidenden Sieg über die Ausbeuter und Bedrücker errungen. Die Oktoberrevolution war der große historische Sieg der unsterblichen Lehre von Marx-Engels–Lenin–Stalin. (Stalin ist später verdammt worden und wird es bis heute noch. Seine hervorragenden Leistungen werden bis heute totgeschwiegen und nicht anerkannt. Das ist fatal und eine der vielen Ursachen für die gelungene Konterrevolution im Jahre 1989/90 und den Sieg des Kapitalismus. P.R.)
Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 2 von 1947, Original-Autor B.M. Wolin, bearbeitet von Petra Reichel
Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 2 aus dem Jahre 1947
Der Sieg der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution eröffnete in der Geschichte Russlands und in der Geschichte der gesamten Menschheit ein neues Zeitalter. Auf einem Sechstel der Erdkugel schien zum ersten Male eine neue, wirkliche Volksmacht. Ein neuer Staat entstand, der sich die große Aufgabe gestellt hatte, im Land eine sozialistische Gesellschaft zu schaffen.
Der bewaffnete Aufstand in Russland im Oktober des Jahres 1917 ist ohne Beispiel in der Geschichte. Er zeigt, wie unüberwindlich die Massen sind, wenn sie von einer solch kampferfahrenen revolutionären Arbeiterpartei, die die Partei der Bolschewiki, geführt werden. Niemals in der Geschichte der revolutionären Bewegung hat es solche umfassende Vorbereitung der Massen gegeben wie zur Zeit der Sozialistischen Oktoberrevolution. Alles dies war das Werk der Partei der Bolschewiki unter der Leitung der großen Volksführer Lenin und Stalin.
Welche sind die Hauptursachen, die den verhältnismäßig leichten Sieg der sozialistischen Revolution in Russland bestimmten?
Der Oktoberrevolution stand ein verhältnismäßig schwacher, so schlecht organisierter, politisch wenig erfahrener Feind gegenüber, wie es die russische Bourgeoisie war. Das Volk sah keinen wesentlichen Unterschied zwischen der Politik des Zaren und der Politik der Bourgeoisie, die nach der Februarrevolution an die Macht gelangt war. Das war auch die Ursache, weshalb das Volk seinen ganzen Hass gegen den Zaren mit vollem Grund auch auf die Provisorische Regierung der Bourgeoisie übertrug.
Die Menschewiki und Sozialrevolutionäre, die sich nach der Februarrevolution völlig als Verteidiger der imperialistischenBourgeoisie entlarvt hatten, verloren ihren Einfluss im Volke, und deshalb konnte sich die Bourgeoisie nicht mehr auf sie stützen. Die russische Bourgeoisie war endgültig isoliert. Dank der Tätigkeit der Bolschewiki hatte das Volk klar begriffen, dass die Bourgeoisie sein unversöhnlicher Feind ist.
Die Oktoberrevolution siegte deshalb, weil an ihrer Spitze eine revolutionäre Klasse, die die Arbeiterklasse Russlands, die in den Kämpfen zweier Revolutionen (im Jahre 1905 und im Februar 1917) gestählt worden war, stand. Die Arbeiterklasse Russlands verdiente dank ihrem revolutionären Willen und ihrer Opferbereitschaft das Vertrauen des Volkes, sie wurde der anerkannte, der verlässliche Führer des Volkes im Kampf für Frieden und Boden, für Freiheit und Sozialismus.
In diesem Kampf hatten die revolutionären russischen Arbeiter einen so ernst zu nehmenden Bundesgenossen, die die arme Bauernschaft. In ihrem langen gemeinsamen Kampf wurde ein wirkliches Bündnis mit der Arbeiterklasse und der armen Bauernschaft geschaffen. Es ist klar, dass die Oktoberrevolution ohne dieses Bündnis zwischen der Arbeiterklasse und der armen Bauernschaft nicht hätte siegen können. Die führende Kraft in diesem Bündnis stellte die Arbeiterklasse dar.
Die Oktoberrevolution hatte deshalb gesiegt, weil an der Spitze der revolutionären Bewegung der Arbeiter, Soldaten und Bauern Russlands die erfahrene, kühne und energische Partei Lenins und Stalins, die kämpferische Partei der Bolschewiki stand.
Die Lage in Russland vor der Oktoberrevolution war kompliziert. Wie Frühlingshochwasser brodelten die verschiedenen Volksströmungen, die danach strebten, sich einen Weg zu bahnen. Eine allgemeine Volksbewegung strebte beharrlich danach, aus dem ungerechten Krieg herauszukommen und einen demokratischen Frieden zu verwirklichen. Eine andere mächtige Bewegung – die demokratische Bauernbewegung – war auf die Besitzergreifung des Gutsbesitzerlandes gerichtet. Eine dritte Bewegung nationale Befreiungsbewegung der unterdrückten Völker für ihre nationale Gleichberechtigung. Und schließlich war die wichtigste, führende mächtigste Volksbewegung die sozialistische Bewegung des russischen Proletariats für die Eroberung der Staatsmacht im Lande zum Zwecke der Errichtung der sozialistischen Gesellschaft.
Die Partei der Bolschewiki verstand es, alle diese revolutionären Strömungen in einem einheitlichen, mächtigen revolutionären Strom zu vereinigen. Gerade die Bolschewiki verstanden es, den bewaffneten Aufstand allseitig vorzubereiten und ihm eine unerhörte Organisiertheit zu verleihen. Diese allseitige Vorbereitung, die überaus große Organisation und Diszipliniertheit wurden dank der genialen Führung von Lenin und Stalin erreicht.
Der Sieg der Oktoberrevolution wurde dadurch erleichtert, dass die bürgerlichen Staaten, die durch Weltkrieg in zwei feindliche Lager gespalten waren, gegen die sozialistische Revolution in Russland nicht mit gemeinsamen Kräften aktiv vorgehen konnten.
Die Oktoberrevolution, die der Bourgeoisie und den Gutsbesitzern die Produktionsmittel weggenommen und die Fabriken, die Werke, den Grund und Boden, die Eisenbahnen, die Banken in Gemeingut des Volkes verwandelt hatte, erlöste Millionen von Proletariern von der Ausbeutung, den Schrecken der Arbeitslosigkeit und des Aussterbens, und Millionen von Dorfarmen von dem Joch der Gutsbesitzer, von einem jammervollen, hungrigen, armseligen und hoffnungslosen Leben.
Die Große Sozialistische Oktoberrevolution rettete Russland vor dem völligen Zerfall, vor der Gefahr, seine staatliche Selbstständigkeit zu verlieren. Russland drohte die Gefahr, eine Beute der imperialistischen Räuber zu werden und sich in ein abhängiges Kolonialland zu verwandeln. Die Partei der Bolschewiki rettete Russland vor dem Untergang.
Die Oktoberrevolution, die den Staatsapparat der ausbeuterischen Gesellschaft bis auf seine Grundfesten zerstört hatte, schuf einen Staat von neuem Typus: den Sozialistischen Sowjetstaat.
Mit dem Sieg der Sowjetmacht verwirklichten sich die sehnlichsten Träume der Werktätigen Russlands: sie erlangten Frieden und Freiheit, warfen das Joch der kapitalistischen Bedrückung ab, sie wurden die Herren ihres Lebens, ihres gesamten unermesslichen Landes.
Vor dem Volk des Sowjetlandes – vor der Arbeiterklasse, der Bauernschaft, der Intelligenz- öffnete sich der Weg zum Sozialismus.
Entnommen aus „Das Sowjetland“, Band 2 aus dem Jahre 1947, Original-Autor B.M. Wolin, bearbeitet von Petra Reichel
Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 2 aus dem Jahre 1947
Lenin und Stalin riefen die Massen zum Aufstand im Namen der Rettung Russlands vor dem Untergang auf, den ihm die Deutschen und die Feinde im Inneren bereiteten, im Namen des Aufblühens des Lebens aller seiner Völker.
Lenin und Stalin erläuterten, dass der Sieg der sozialistischen Revolution das rückständige Russland gänzlich umgestalten, dass er die breiten Massen der Werktätigen zu einem neuen, freien und glücklichen Leben erheben würde. „Untergehen oder mit Volldampf nach vorwärts streben. So ist die Frage durch die Geschichte gestellt“, schrieb Wladimir Iljitsch.
Die verantwortungsvollen und anstrengendsten Tage der Vorbereitung des Aufstandes waren angebrochen. In diesem entscheidenden Augenblick begingen die Verräter der Revolution Kamenew und Sinowjew einen unerhörten Verrat. Sie veröffentlichten in der menschewistischen Zeitung „Nowoja Shisnj“ („Das Neue Leben“) eine Erklärung über ihre Meinungsverschiedenheiten mit der Partei in den Fragen des Aufstandes und enthüllten damit den geheimen Beschluss der Bolschewiki über die Vorbereitung des bewaffneten Aufstandes. Gleichzeitig plauderte ihn auch der Judas Trotzkij aus. Lenin brandmarkte den Verrat als grenzenlose Gemeinheit. In seinem Brief an das Zentralkomitee schrieb er: „Schwere Zeiten. Eine schwere Aufgabe. Ein schwerer Verrat. Und trotzdem wird die Aufgabe gelöst werden, die Arbeiter werden sich zusammenschließen, der Bauernaufstand und die äußerste Ungeduld der Soldaten an der Front werden das ihrige tun! Schließen wir die Reihen enger – das Proletariat muss siegen!“
Der Verrat Kamenews, Sinowjews und Trotzkijs versetzte der Vorbereitung des Aufstandes einen ernsthaften Schlag. Die Bourgeoisie begann fieberhaft zum Widerstand zu rüsten. Die Hauptstadt wurde in Militärbezirke eingeteilt. Zusätzliche Patrouillen wurden eingesetzt, die Wachen verstärkt. Über die ganze Stadt wurden Kavallerieposten verteilt. Vor dem Winterpalast waren Maschinengewehre aufgestellt. Von der Front wurden eiligst Truppen beordert.
Auf einer geheimen Sondersitzung erörterte die Provisorische Regierung, welche Maßnahmen gegen die Bolschewiki noch ergriffen werden könnten. Kerenskij gab, wie in den Julitagen, erneut den Befehl, Lenin zu verhaften und dem Untersuchungsrichter für besonders wichtige Angelegenheiten auszuliefern.
Aber die Vorbereitungen zum Aufstand konnte der Feind nicht mehr zum Stehen bringen. Der bewaffnete Aufstand, sagte Lenin, ist, wenn auch die Verräter, die das Parteigeheimnis den schlimmsten Feinden des Volkes verraten haben, ihn hinausgeschoben haben, durch die Partei von der Tagesordnung nicht abgesetzt werden.
Die Bolschewiki setzten die intensive Vorbereitung der Massen zum bewaffneten Aufstand fort. In den Fabriken und Werken wurden die rotgardistischen Kampfabteilungen verstärkt. Verbindung mit den Truppenteilen wurde hergestellt. In die Abteilungen traten auch Arbeiterinnen ein. Sie bereiteten sich gemeinsam mit ihren Vätern, Männern und Brüdern zum Kampfe vor.
Eine der wichtigsten Kampfkräfte des Aufstandes war die Baltische Flotte. Die Matrosen erkannten schon lange nicht mehr die Macht der Provisorischen Regierung an und kamen ihren Anordnungen nicht nach.
Der Sturm rückte heran. Das revolutionäre Volk und die konterrevolutionäre Bourgeoisie standen sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber, zum tödlichen Zusammenstoß bereit.
Am Morgen des 24. Oktober begann Kerenskij seinen Angriff gegen die Bolschewiki. Er befahl die Schließung des Zentralorgans der Partei, der Zeitung „Rabotschij Putj“ („Der Arbeiterweg“), und des Organs der bolschewistischen Militärorganisation, der Zeitung „Soldat“. Eine Abteilung von Offiziersschülern überfiel mit Panzern die Druckerei.
Die Rotgardisten und die Arbeiter der Druckerei teilten dies sofort J.W. Stalin telefonisch mit. „Sind es viele?“ fragte Stalin. „Eine kleine Abteilung mit einem Offizier an der Spitze“, war die Antwort. „Gut“, antwortete Stalin, „ich werde sofort Panzerautos schicken.“
Auf Vorschlag Stalins gab das Revolutionäre Militärkomitee als Antwort auf diese Aktion der Konterrevolution den Redakteuren und Setzern den Befehl, die Arbeit fortzusetzen, den Soldaten aber, die Druckerei zu bewachen. Am 24. Oktober um 10 Uhr morgens wurde dieser Befehl ausgeführt. Die Rotgardisten und revolutionären Soldaten drängten die Offiziersschüler zurück und setzten ihre Wache ein. Der Druck des „Rabotschij Putj“ und des „Soldat“ wurde wieder aufgenommen.
Am Abend des 24. Oktober schickte Wladimir Iljitsch einen flammenden, besorgnisvollen Brief an die Mitglieder des Zentralkomitees der Partei der Bolschewiki.
„Ich schreibe diese Zeilen am 24. Oktober abends“, so begann dieser historische Brief. „Die Lage ist äußerst kritisch. Es ist sonnenklar, dass jetzt eine Verzögerung des Aufstandes schon wahrhaftig den Tod bedeutet.“ Weiterhin forderte Lenin: „…auf keinen Fall darf die Macht bis zum 25 Oktober in den Händen Kerenskijs und Konsorten belassen werden, unter keinen Umständen; die Sache ist unbedingt heute Abend oder heute Nacht zu entscheiden.“
Am gleichen Tage schrieb der Kampfgenosse des großen Lenin, J.W. Stalin, in der Zeitung, die Kerenskij hatte vernichten wollen:
„Der Augenblick ist gekommen, wo eine weitere Verzögerung die gesamte Sache der Revolution mit dem Untergang bedroht. Man muss die jetzige Regierung der Gutsbesitzer und Kapitalisten durch eine neue Regierung der Arbeiter und Bauern ersetzen…
Die Macht muss in die Hände der Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten übergehen.“
So ertönten im Einklang die Kampfaufrufe der Führer der Revolution Lenins und Stalins, die Aufrufe zum bewaffneten Aufstand.
J.W. Stalin blieb am 24. Oktober den ganzen Tag über im Gebäude des Smolnyj-Institutes- dem Stab der Bolschewiki, wo sich das Revolutionäre Militärkomitee befand, und leitete die letzten Vorbereitungen zum Aufstand. Am Abend des 24. Oktober begab sich Wladimir Iljitsch von der Wiborger Seite zum Smolnyj.
Nachdem Lenin sich verkleidet hatte, begab er sich in Begleitung eines Verbindungsmannes auf die Straße. Die Straßen waren leer. Eine einsame Straßenbahn fuhr eilends ins Depot. Wladimir Iljitsch sprang in den Wagen und fragte die Schaffnerin, wohin sie fahre. „Das ist aber ein Sonderling, wo bist du denn hergekommen?“rief die Frau aus. „Weißt du denn nicht, dass Revolution sein wird? Wir fahren die Bourgeoisie schlagen.“
Nachdem sich Lenin glücklich durch die Patrouillen der Junker hindurchgeschlagen hatte, erschien er im Revolutionsstab im Smolnyj. Gemeinsam mit Stalin übernahm er die Leitung des Aufstandes und stellte sich unmittelbar an die Spitze der Volksrevolution.
„Lenin war für die Revolution geboren“, sagte J.W. Stalin. „Er war wahrhaft der Genius revolutionärer Explosionen und der größte Meister revolutionärer Führung. Nie fühlte er sich so frei, nie war er so froh wie in einer Epoche revolutionärer Erschütterungen…nie offenbarte sich Lenins genialer Scharfblick so voll und klar wie in der Zeit revolutionärer Explosionen. In den Tagen der Wendepunkte der Revolution blühte er gleichsam auf, wurde zum Hellseher, erriet die Bewegung der Klassen und die wahrscheinlichen Zickzackwege der Revolution, sah sie ganz klar vor sich. Nicht umsonst heißt es in unseren Parteikreisen, dass ‚Iljitsch in den Wellen der Revolution zu schwimmen versteht wie der Fisch im Wasser‘.“
In der historischen Nacht vom 24. Zum 25. Oktober (vom 06. Zum 07. November) 1917 begann die Verwirklichung des genialen Leninschen Planes des bewaffneten Aufstandes gegen die Bourgeoisie, gegen die russischen Imperialisten, für die Macht der Sowjets, für den Sozialismus.
Der Aufstand entwickelte sich erfolgreich. Schnell wurden das Telegrafenamt, die Bahnhöfe, die Elektrizitätswerke und die staatlichen Ämter der Hauptstadt besetzt. Die Aufständischen unterbrachen die Telefonverbindungen des Winterpalastes, wo die Provisorische Regierung tagte. Die in Petrograd garnisonierten Soldaten gingen entschlossen auf die Seite der Bolschewiki über. Die geschickte Leitung der Bolschewiki, die Kühnheit, der revolutionäre Ansturm und die Disziplin der Volksmassen verrichten das ihre: am Morgen des 25. Oktober (07.November) war fast ganz Petrograd in den Händen des aufständischen Volkes.
W.I. Lenin und J.W. Stalin im Smolnyj-Institut in den Oktobertagen des Jahres 1917 (Nach einer Zeichnung von P. Wassiljew)
Bild entnommen aus „Das Sowjetland“, Band 2 aus dem Jahre 1947
Am Morgen des 25. Oktober (07. November) erließ das Revolutionäre Militärkomitee den Aufruf „An die Bürger Russlands!“, der von Lenin verfasst war. „Die Provisorische Regierung ist gestürzt“, so lautete der Leninsche Aufruf. „Die Staatsmacht ist in die Hände des Organs des Petrograder Sowjets der Arbeiter und Soldatendeputierten, des Revolutionären Militärkomitees, übergegangen, das an der Spitze des Petrograder Proletariats und der Garnison steht. Die Sache, für die das Volk gekämpft hat: das sofortige Angebot eines demokratischen Friedens, die Aufhebung des gutsherrlichen Grundbesitzes, die Arbeiterkontrolle über die Produktion, die Bildung einer Sowjetregierung- diese Sache ist gesichert. Es lebe die Revolution der Soldaten, der Arbeiter und der Bauern!“
Der Angriff auf die Revolution wurde fortgesetzt. Immer neue und neue Abteilungen von Rotgardisten zogen aus den Proletariervierteln Petrograds nach dem Zentrum der Stadt zum Smolnyj. Die Rotgardisten bemächtigten sich der Ämter, entwaffneten die Offiziersschüler und bezogen Kampfposten. Die revolutionäre Baltische Flotte kämpfte Schulter an Schulter mit dem aufständischen Volk. Allein aus Kronstadt kam eine Matrosenabteilung in Stärke von fünftausend Mann zur Belagerung des Winterpalastes herbei.
Kerenskij, der die Ankunft der Truppen, die von der Front herbeigerufen worden waren (sie gingen unterwegs auf die Seite der Aufständischen über), nicht abwartete, flüchtete in seiner Verzweiflung aus Petrograd.
Es begann die Belagerung des Winterpalastes. Dort hatten sich die von Kerenskij verlassenen Minister der Provisorischen Regierung unter dem Schutz einer Abteilung Offiziere und Offiziersschülern festgesetzt. Zur Verteidigung des Palastes waren Barrikaden errichtet worden.
Lenin ordnete an, den Winterpalast zu umzingeln und den Ministern und ihren Verteidigern ein Ultimatum zur Übergabe zu stellen und die Eroberung dieses letzten Zufluchtsortes der Bourgeoisie zu beschleunigen.
Beim Anbruch der Nacht begann von der Peter-Paul-Festung aus, die gegenüber dem Palast am anderen Ufer der Newa liegt, die Artilleriebeschießung des Winterpalastes. Auf der Newa lag der Kreuzer „Aurora“, dessen Geschütze auf den Winterpalast gerichtet waren, vor Anker. Der Kreuzer „Aurora“ unterstützte das Feuer aus der Peter-Paul-Festung mit Salven aus seinen Geschützen.
Die Verteidiger des Palastes erwiderten das Feuer aus Maschinengewehren. Der Feind musste das Feuer jedoch bald einstellen. Die revolutionären Truppen und Rotgardisten drangen in den Palast ein. Das Bollwerk der Herrschaft der Gutsbesitzer und der Bourgeoisie war gefallen. Als die Rotgardisten, Soldaten und Matrosen in den runden Saal des Palastes eingedrungen waren, sahen sie eine Gruppe erschrockener Menschen vor sich. Es waren die Minister Kerenskijs, die Vertreter der (vorerst P.R.)letzten Regierung der Gutsbesitzer und der Bourgeoisie Russlands.
Die Provisorische Regierung wurde verhaftet und in der Peter-Paul-Festung interniert. Mit der Einnahme des Winterpalastes in Petrograd endete der ewig(? P.R.) ruhmvolle 25. Oktober (7. November) des Jahres 1917.
Sturm auf den Winterpalast (Nach einem Gemälde von P. Sokolow-Skalja)
Bild entnommen aus „Das Sowjetland“, Band 2 aus dem Jahre 1947
Das von der Partei der Bolschewiki geführte Volk hatte (auf Zeit P.R.) den größten historischen Sieg errungen.
Während auf den Straßen der Hauptstadt der Angriff der Revolution sich siegreich entwickelte, trat im Smolnyj der Führer des (damals P.R.)siegreichen Volkes, Lenin, vor den Petrograder Sowjet. Mit verhaltenem Atem, mit Liebe und Stolz, hörten die Arbeiter- und Soldatendeputierten Wladimir Iljitschs Rede an.
Lenin sprach davon, dass die Arbeiter- und Bauernrevolution, zu der die Bolschewiki die Werktätigen aufgerufen hatten, sich vollzogen habe. „Die Bedeutung dieser Umwälzung“, erklärte er, „besteht vor allem darin, dass wir eine Sowjetregierung ein eigenes Machtorgan haben werden.“ Lenin sprach davon, dass von nun an eine neue Epoche in der Geschichte Russlands angebrochen sei, und dass die proletarische Revolution im Endergebnis zum Sieg des Sozialismus führen müsse. Die Aufgabe der jungen Sowjetmacht umriss Lenin folgendermaßen: „In Russland müssen wir jetzt den Aufbau eines proletarischen sozialistischen Staates in Angriff nehmen.“
Die im Saal des Smolnyj versammelten Arbeiter und Soldaten nahmen Lenins Rede mit Begeisterung auf. Sie fühlten, dass der jahrhundertealte Traum der Volksmassen Russlands sich zu verwirklichen begann. Die Große Sozialistische Revolution war erfolgt.
In den Abendstunden des 25. Oktober, als auf dem Platz vor dem Winterpalast die letzten Kämpfe und die Liquidierung der Provisorischen Regierung der Gutsbesitzer und Kapitalisten vor sich gingen, wurde im Smolnyj der II. Allrussische Kongress der Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten der der wirkliche Herr des neuen Russlands war, eröffnet. Die Menschewiki und die Sozialrevolutionäre, die gesehen hatten, dass sie die Minderheit bildeten, verließen den Kongress und verzichteten auf die Teilnahme an seiner Arbeit. Es blieben die Bolschewiki und die parteilosen Delegierten des Kongresses. Sämtliche Entscheidungen dieses wirklich revolutionären Kongresses erfolgten einmütig. Der Kongress übernahm aus den Händen des Revolutionären Militärkomitees die Macht, die von den Petrograder Arbeitern und Soldaten im siegreichen bewaffneten Aufstand errungen worden war. Der Kongress beschloss: „Die gesamte Macht geht allerorts an die Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten über, die eine wirkliche revolutionäre Ordnung zu sichern haben.“
Entnommen aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 2 von 1947, Original-Autor B.M. Wolin, bearbeitet von Petra Reichel
Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 2 aus dem Jahre 1947
Der Einfluss der bolschewistischen Partei bei den werktätigen Massen stieg unaufhaltsam. Zu dieser Zeit begannen die Neuwahlen von Deputierten in die Sowjets. Die Arbeiter der Fabriken und Werke, die Soldaten der Truppenteile geben ihre Stimmen den Bolschewiki. Die Zusammensetzung der Sowjets veränderte sich auf diese Weise einschneidend. Ende August ging der Petrograder Sowjet auf die Seite der Bolschewiki über, einige Tage später auch der Moskauer Sowjet. Auf diese Weise konnten die Bolschewiki die Frage der Ergreifung der Macht bereits aufwerfen.
Der Zunahme der politischen Aktivität der Arbeiter in en Städten folgte auch die Zunahme der revolutionären Aktivität der Bauern auf dem Lande. Die breiten Massen der Bauern und später auch die Armee wandten sich jäh den Bolschewiki zu.
Die Bedingungen, die für einen erfolgreichen Aufstand notwendig waren, reiften bereits heran.
Lenin hatte stets die bolschewistische Partei gelehrt, dass die Kunst der bolschewistischen Politik, die auf den Sturz der Bourgeoisie ausgerichtet ist, darin besteht, die Bedingungen und den Augenblick zu berechnen, wenn die Avantgarde des Proletariats – die Partei – erfolgreich die Macht ergreifen kann, wenn die breiten Massen der Arbeiter und Bauern bereit sind, der Partei genügend Unterstützung zu erweisen. Dieser Moment war gekommen. Und Lenin beschleunigte die Vorbereitungen des bewaffneten Aufstandes.
Am 15. (28.) September erörterte da Zentralkomitee der Partei die an diesem Tage von Lenin erhaltenen Briefe, in denen davon gesprochen wurde, dass die Bolschewiki an die Spitze des Aufstandes der Volksmassen treten und die staatliche Macht übernehmen können und müssen. J.W. Stalin schlug vor, diese Briefe den örtlichen Parteiorganisationen als Direktive und Anweisung des Zentralkomitees der Partei für die Vorbereitung zum Aufstand weiterzuleiten. Unter den Mitgliedern des Zentralkomitees befand sich auch Kamenew. Indem er gegen Lenin und Stalin auftrat, bestand er darauf, dass Lenins Briefe verbrannt werden sollten. Aber das Zentralkomitee beschloss, so zu handeln, wie Stalin vorgeschlagen hatte. Die Briefe Lenins über die Vorbereitung zum Aufstand wurden an die größten Parteiorganisationen geschickt.
J.W. Stalin entwickelte tagaus, tagein in der Presse die Leninschen Anweisungen. Ende September 1917 stellte er in einem Artikel die Frage folgendermaßen auf: „Wir haben zwei Herrschaften vor uns: die Herrschaft Kerenskijs und seiner Regierung und die Herrschaft der Sowjets und Komitees… Entweder die Herrschaft der Regierung Kerenskijs – und damit die Herrschaft der Gutsbesitzer und Kapitalisten, Krieg und Ruin. Oder die Herrschaft der Sowjets – und damit die Herrschaft der Arbeiter und Bauern, Frieden und Liquidierung des Ruins. So und nur so stallt das Leben selbst die Frage.“
Unter der Leitung Stalins bereitete die Partei das Volk nach Leninschen Anweisungen für den bewaffneten Aufstand vor. Mit jedem Tage schlossen sich die Werktätigen immer enger um die bolschewistische Partei, um Lenin und Stalin zuzustimmen. Die Fristen des Aufstandes rückten näher. Ende September erklärte Lenin dem Zentralkomitee, dass man den Aufstand nicht länger aufschieben könne. Es ist nötig, schrieb Lenin, von drei Seiten: von Petersburg selbst, von Moskau und der Baltischen Flotte aus loszuschlagen. Tausende von bewaffneten Arbeitern und Soldaten der Hauptstadtsollen mit einem plötzlichen Schlage den Winterpalast nehmen und sich des Generalstabes, des Telefonamtes und aller größeren Druckereinen bemächtigen. Dies waren Lenins Vorschläge.
Als Ergebnis des Aufstandes, schrieb Lenin, wird eine Regierung gebildet, die dem Volke den Frieden sichern, den Bauern das Gutsbesitzerland übergeben und von den Massen Unterstützung finden wird. Dies wird die sowjetische Regierung sein; sie wird unüberwindbar sein. (Leider irrte sich Lenin. P.R.)
In dieser Zeit spitzte sich die militärische und innere Lage Russlands immer mehr zu. Die Auflösung der Armee schritt fort, da die Arbeiter und Bauern ihr Blut nicht für die Interessen der imperialistischen Räuber vergießen wollten. Dem Land drohte Hungersnot. Das Eisenbahntransportwesen war ganz und gar zerrüttet. Die Fabriken und Werke, die weder Rohstoffe noch Heizmaterial erhielten, kamen zum Erliegen. Eine Massenarbeitslosigkeit setzte ein. Die Kapitalisten untergruben absichtlich die Produktion, sie planten, auf diese Weise den Zusammenbruch der Republik, den Untergang der Sowjets hervorzurufen. Überall wurde das schwarze Netz der konterrevolutionären Verschwörungen gesponnen. Die Bourgeoisie schickte sich an, mit Deutschland Frieden zu schließen, um mit Hilfe der Deutschen die Revolution zu ersticken. Im Namen der Wiederherstellung des zaristischen Regimes und der Rettung der Reichtümer waren die Feinde des Volkes bereit, den ausländischen Räubern das gesamte Russland zur Versklavung auszuliefern.
Russland drohte ein völliger Zerfall, ihm drohte der Verlust der staatlichen Unabhängigkeit. Nur der Übergang der Macht in die Hände der Bolschewiki konnte das Land vor der hereinbrechenden Katastrophe retten.
In diesen spannungsvollen, entscheidenden Tagen war die Anwesenheit Lenins in Petrograd, mitten im Zentrum der sich entwickelnden revolutionären Ereignisse, besonders notwendig.
Und als Wladimir Iljitsch, der Helsingfors verlassen hatte, siedelte, um Petrograd näher zu sein, nach Wiborg über. Drei Wochen hielt sich Lenin hier auf. Unermüdlich fuhr er fort, die Lage zu erläutern, seine Kampfgenossen zu instruieren, das Volk zur entscheidenden revolutionären Tat vorzubereiten und die Verräter: Kamenew, Sinowjew, Trotzkij, die gegen den bewaffneten Aufstand waren, zu entlarven.
Am 07.(20.) Oktober verließ Lenin auch seine Wiborger Zufluchtsstätte. In der Nacht erreichte er die Vorortstation Udjelnaja und kam von dort aus zu Fuß in Petrograd auf der Wiborger Seite an. Wladimir Iljitsch der sich in der Wohnung der BolschewistinM. Fofanowa vor den Spionen verborgen hielt, bat vor allem, eine Zusammenkunft mit J.W. Stalin zu arrangieren. Am 08.(21.) Oktober fand diese Zusammenkunft statt.
Die Unterhaltung Lenins und Stalins dauerte einige Stunden. Wladimir Iljitsch schaffte Klärung über alle Einzelheiten der Lage in den Fabriken und bei den Truppenteilen. J.W. Stalin legte einen konkreten Plan des bewaffneten Aufstandes vor, der von ihm auf der Leninschen Anweisungen ausgearbeitet worden war. Wladimir Iljitsch vereinbarte mit Stalin, in den nächsten Tagen eine Sitzung des Zentralkomitees der Partei einzuberufen, auf der er einen Bericht über den bewaffneten Aufstand geben wollte.
Nach dieser Unterhaltung schrieb Lenin einen Brief an das Zentralkomitee. In diesem Brief entwickelte er einen konkreten Plan für den Aufstand. Zur Verwirklichung dieses Plans schlug Wladimir Iljitsch vor, die entschlossensten Elemente aus den Reihen der Arbeiter, besonders unter der Arbeiterjugend, unter den Matrosen und Soldaten auszuwählen. Lenin schrieb, dass für den Erfolg des Aufstandes Geschicklichkeit und dreifache Kühnheit notwendig sei, dass der Erfolg der Revolution von zwei bis drei Tagen hartnäckigen Kampfes abhängig sei.
Das Zentralkomitee der Partei der Bolschewiki, dass diese Anweisungen verfolgte, führte tatkräftig die praktische Vorbereitung zum Aufstand durch. Immer neue Abteilungen der Roten Garde wurden aufgestellt. Die Rotgardisten, die sich vor fremden Augen verborgen hielten, lernten auf unbebautem Gelände außerhalb der Stadt das Kriegshandwerk.
Die historische Sitzung des Zentralkomitees der bolschewistischen Partei fand am 10. (23.) Oktober 1917 statt. Wladimir Iljitsch Lenin erstattete über die augenblickliche Lage Bericht. Er wies auf die Notwendigkeit und Unvermeidlichkeit des Aufstandes hin. Politisch sagte Lenin, ist die Situation völlig reif für den Übergang der Macht in die Hände des Proletariats und der ärmsten Schichten der Bauernschaft. Er schlug vor, di Frage über die technische Seite des Aufstandes zu erörtern. Die Ausführungen Lenins wurden in einer von ihm verfassten Resolution dargelegt. Sie lautete:
„Das Zentralkomitee stellt fest, dass sowohl die internationale Lage der russischen Revolution (der Aufstand in der deutschen Flotte als höchster Ausdruck des Heranreifens der sozialistischen Weltrevolution in ganz Europa (bekanntlich ist es anders gekommen. P.R.), ferner die Drohung der Welt der Imperialisten, die Revolution in Russland zu erdrosseln) als auch die militärische Lage (der nicht zu bezweifelnde Entschluss der russischen Bourgeoisie und Kerenskijs und Konsorten, Petrograd den Deutschen auszuliefern) und die Eroberung der Mehrheit der Sowjets durch die proletarische Partei – , dass alles dies im Zusammenhang mit dem Bauernaufstand und mit der Tatsache, dass sich das Vertrauen des Volkes unsrer Partei zugewandt hat (Wahlen in Moskau), und endlich die offenkundige Vorbereitung eines zweiten Kornilowputsches (Abtransport von Truppen aus Petrograd, Zusammenziehung von Kosaken usw.) -; dass all dies den bewaffneten Aufstand auf die Tagesordnung setzt.“
Gleichzeitig wurde zur politischen Leitung des Aufstandes für die nächste Zeit ein Politisches Büro aus den Mitgliedern des Zentralkomitees, mit Lenin und Stalin an der Spitze, geschaffen.
In diesem historischen Augenblick, der das Schicksal der Arbeiterklasse, des ganzen Volkes, das Schicksal Russlands entschied, stimmten Sinowjew und Kamenew, die von einer bürgerlichen Republik träumten, gegen den Beschluss über den Aufstand. Trotzkij, der erst kurze Zeit vorher in die Reihen der bolschewistischen Partei getreten war, war auch dagegen. Er beantragte, den Aufstand bis zur Einberufung des II. Sowjetkongresses zu vertagen, was bedeutet hätte, den Beginn des Aufstandes hinauszuschieben, ihn vorher auszuplaudern und auf diese Weise die Provisorische Regierung zu informieren. Aber alle Bemühungen der Verräter blieben vergebens. Die Partei folgte Lenin und Stalin.
Die Resolution Lenins über die Notwendigkeit des bewaffneten Aufstandes wurde das Aktionsprogramm für sämtliche Bolschewiki. Das Zentralkomitee der Partei entsandte seine Bevollmächtigten nach dem Donezgebiet, nach dem Ural, nach dem Kaukasus, nach Helsingfors, nach Kronstadt und an die Fronten zur Organisierung des Aufstandes an Ort und Stelle. Die einen dieser Gebiete sollten Petrograd durch die Entsendung von Kampfkräften, die anderen, z.B. Ufa, durch schnelle Lieferung von Getreide nach dem Zentrum unterstützen. Der Ural sollte die Getreidelieferung aus Sibirien organisieren und Kampfabteilungen stellen. Die Parteiorganisationen bereiteten sich tatkräftig auf den Aufstand vor.
Nach einigen Tagen (am 16. Oktober) wurde die Frage des Aufstandes auf der erweiterten Sitzung des Zentralkomitees gemeinsam mit den Petrograder Bolschewiki, den Vertretern Moskaus und den Vertretern anderer Organisationen erörtert. Hier wurde die Resolution Lenins von neuem bestätigt, und wiederum traten Kamenew und Sinowjew dagegen auf und suchten eine Vertagung des Aufstandes, wenn auch nur um fünf Tage, zu erreichen. Die fünftägige Vertagung war diesen Verrätern notwendig, damit die Bourgeoisie die konterrevolutionären Kräfte mobilisieren konnte. J.W. Stalin setzte sich heftig für die Leninschen Vorschläge ein. „Wie lange soll man denn warten?..?“ fragte er. „Das, was Kamenew und Sinowjew vorschlagen, bietet objektiv der Konterrevolution die Möglichkeit, sich zu organisieren. Wir werden ohne Ende zurückweichen und die gesamte Revolution verspielen.“
Auf Vorschlag Lenins wurde ein Parteizentrum zur Leitung des Aufstandes mit Stalin an der Spitze gewählt. Dieses Zentrum gehört zum Bestand des von dem Petrograder Sowjet gewählten Revolutionären Militärkomitees und leitete den gesamten Gang des bewaffneten Aufstandes.
„Die Sitzung endete gegen Morgen“, so heißt es in der „Geschichte des Bürgerkrieges in der UdSSR“. „Einzeln, wie man gekommen war, ging, man auch wieder auseinander. Lenin kam als Letzter heraus. Ein kräftiger Wind wehte. Er riss Lenin Hut und Perücke ab. Wladimir Iljitsch hob sie von der Erde auf und setzte sie wieder auf den Kopf. Er merkte gar nicht, dass der Hut durchweicht war, so sehr waren die Gedanken des großen Führers mit dem Schicksal der Revolution beschäftigt. Die Hände in die Taschen seines Paletots vergraben, schritt Lenin dem Wind schnell entgegen und überdachte angestrengt die letzten Fragen des bewaffneten Aufstandes.“ Lenin„sah mit seinem scharfsinnigen Blicke, dass der Aufstand unvermeidlich sei, dass er siegen werde“, sagte später J.W. Stalin von diesen historischen Tagen.
Entnommen aus „Das Sowjetland“, Band 2 von 1947, Original-Autor B.M. Wolin, bearbeitet von Petra Reichel
Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 2, aus dem Jahre 1947
Die Provisorische Regierung mit Kerenskij an der Spitze wollte sich Lenins bemächtigen und ihn töten. Aber die Bolschewiki hielten Wladimir Iljitsch verborgen.
Damit Lenin unbemerkt aus Petrograd entweichen konnte, entschloss man sich, sein Äußeres zu verändern. Lenin verbarg sich vor der konterrevolutionären Provisorischen Regierung außerhalb von Petrograd. Einige Tage musste er in dem Schuppen eines Arbeiters in der Umgebung von Sestrorezk zubringen. Dann wohnte er in einer Laubhütte, einige Kilometer von der Station Rasliw entfernt. Ende Juli ging Lenin über die finnländische Grenze als Heizer auf einer Lokomotive und ließ sich illegal in Helsingfors nieder.
Ungeachtet der tödlichen Gefahr und der sehr schweren Lebensbedingungen verfolgte Wladimir Iljitsch unablässig den Gang der Ereignisse in Russland.
Bei der neuen Lage nach den Julitagen war es schon nicht mehr möglich, auf friedliche Weise die Macht zu ergreifen, da sie Konterrevolution sich auf die von ihr formierten bewaffneten Kräfte stützte. Lenin und Stalin begannen, die Partei und das Volk zum bewaffneten Aufstand gegen die konterrevolutionäre Regierung vorzubereiten.
Lenin war fest davon überzeugt, dass das Volk siegen, dass es den Bolschewiki gelingen würde, die Massen zum Sturz der bürgerlichen Regierung zu organisieren. Er unterhielt enge Verbindung mit J.W. Stalin, der während Lenins Abwesenheit die bolschewistische Partei und alle Vorbereitungen für den Aufstand leitete.
Die entscheidende Rolle in der Vorbereitung zum Aufstand spielte der 6. Parteitag der Bolschewiki, der am 26. Juli 1917 zusammentrat. Der Parteitag tagte illegal. Lenin, der sich vor den Spürhunden der Provisorischen Regierung verbarg, konnte am Parteitag nicht teilnehmen. Er leitete ihn aber aus der Illegalität durch seine Kampfgenossen: Stalin, Swerdlow, Molotow, Ordshonikidse.
(Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow war ein führender Politiker der UdSSR und einer der engsten Vertrauten Josef Stalins. Molotow war von 1930 bis 1941 sowjetischer Regierungschef und von 1939 bis 1949 sowie 1953 bis 1956 sowjetischer Außenminister.)
Auf diesem Parteitag zeigte J.W. Stalin, dass die Revolution ihrem Charakter nach zu einer sozialistischen Revolution werde, dass die Periode der Explosionen und der revolutionären Zusammenstöße mit der Bourgeoisie angebrochen sei. Alle Beschlüsse des Parteitages waren auf die Vorbereitung für den bewaffneten Aufstand, auf die sozialistische Revolution gerichtet.
Zu jener Zeit, als Lenin sich zeitweilig außerhalb der Hauptstadt verborgen halten musste, und die von der bürgerlichen Regierung verfolgte bolschewistische Partei genötigt war, in tiefer Illegalität zu arbeiten, bereitete sich die Bourgeoisie auf die völlige Zerschlagung der entkräfteten Sowjets und die Schaffung einer unverhüllten konterrevolutionären militärischen Diktatur vor.
Zu diesem Zweck schickten sich die Kapitalisten und Gutsbesitzer an, Russland der Macht des zaristischen Generals Kornilow zu unterstellen. Er war ein grausamer Henker. Mit Eisen und Blut beabsichtigte er, sämtliche Eroberungen der Revolution zu vernichten, den Drang des Volkes nach Befreiung zu unterdrücken und die frühere unbeschränkte Macht der Gutsbesitzer und Kapitalisten und die zaristische Ordnung wiederherzustellen.
Um ihren Sieg zu sichern, traten die Konterrevolutionäre in Verhandlung mit den Deutschen ein, die zu jener Zeit tief in russisches Gebiet eingedrungen waren. Die Kornilow-Anhänger hatten die Front in einer Reihe von Abschnitten entblößt. Sie hatten den Deutschen Riga überlassen und waren bereit, die Hauptstadt Russlands, Petrograd, zu übergeben, wenn die Deutschen ihnen bei der Abrechnung mit dem Volke, mit den revolutionären russischen Arbeitern, mit den Bolschewiki, behilflich wären.
Ende August 1917 machte General Kornilow, der die ihm am meisten ergebenen konterrevolutionären Truppen zusammengezogen hatte, einen Putsch und begann den Angriff gegen Petrograd. Das Oberhaupt der Regierung, Kerenskij, hatte von dem bevorstehenden Angriff Kornilows Kenntnis.
Die Bolschewiki riefen unverzüglich die Arbeiter und Soldaten zum aktiven bewaffneten Widerstand gegen die Konterrevolution auf. Die einzige Macht im Lande, die fähig war, die Vernichtung der Heerhaufen Kornilows zu organisieren, war die bolschewistische Partei. Sie führte die werktätigen Massen zum Kampf gegen die Verschwörer. Tausende von Arbeitern Petrograds reihten sich in die Rote Garde ein. Zu ihrer militärischen Ausbildung zogen die Bolschewiki Hunderte von Instrukteuren hinzu.
Die in den Fabriken zurückgebliebenen Proletarier, die volle 24 Stunden arbeiteten, fertigten für die Rotgardisten Kanonen und andere Waffen an. Eine gewaltige Hilfe leisteten die Eisenbahner. Sie rissen die Gleise auf und leiteten die Züge mit Kornilowtruppen auf tote Gleise. Den Bolschewiki gelang es, unter den Truppen Kornilows Aufklärungsarbeit zu leisten, viele seiner Soldaten gingen auf die Seite der Arbeiter über. Der Kornilowputsch scheiterte.
Die Zerschlagung des Kornilowputsches ist ein großes Verdienst der bolschewistischen Partei vor dem Vaterland und dem Volk. Ohne die Bolschewiki wäre Russland wieder in die Klauen der zaristischen Henker, in die Fesseln einer grausamen Tyrannei geraten.
Die Zerschmetterung der Kornilowschen Verschwörung wandte die Gefahr, die über Petrograd schwebte, ab. Die Hauptstadt Russlands wurde den Deutschen nicht übergeben.
In Petrograd, dem revolutionären Zentrum des Landes, bereiteten die Bolschewiki unter der Führung Lenins und Stalins den bewaffneten Aufstand vor. Während seines Aufenthaltes außerhalb Petrograds (von Juli bis Anfang Oktober 1917) schrieb er viele Artikel, Broschüren und Briefe, in denen er den Bolschewiki und dem ganzen Volk den Sinn und das Wesen der sich abspielenden Ereignisse erläuterte, ihnen Richtlinien gab und ihnen die Wege des weiteren Kampfes für die sozialistische Revolution wies.
Entnommen aus „Das Sowjetland“, Band 2 von 1947, Original-Autor B.M. Wolin, bearbeitet von Petra Reichel
Original-Text aus dem Buch „Das Sowjetland“, Band 2 aus dem Jahre 1947