Der I. Weltkrieg

Ausbruch und Ziele des Krieges

Der Anlass und die ersten Kriegserklärungen

Durch die ungleichmäßige Entwicklung der kapitalistischen Staaten hatten sich seit der vorletzten Jahrhundertwende die Gegensätze zwischen ihnen verschärft. Die imperialistischen Großmächte drängten auf eine Neuaufteilung der Welt und waren bereit, ihre wirtschaftlichen Interessen mit den Mitteln des Krieges durchzusetzen.

Besonders aggressiv war dabei der deutsche Imperialismus. Er wartete auf eine Gelegenheit, seine Eroberungspläne zu verwirklichen.

Am 28. Juni 1914 verübten serbische Nationalisten in Sarajewo auf den österreichischen Thronfolger ein Attentat. Das gab den deutschen Kriegstreibern den erwünschten Anlass, die letzten Vorbereitungen zur Entfesselung des Krieges zu treffen. Die deutschen Imperialisten drängten Österreich-Ungarn dieses Attentat als Kriegsvorwand gegen Serbien zu benutzen. Am 28. Juli 1914 erklärte Österreich-Ungarn an Serbien den Krieg. Jetzt wurden die Kriegsbündnisse wirksam, die die imperialistischen Staaten miteinander geschlossen hatten. Am 01. August erklärte die deutsche Regierung Russland und am 03. August Frankreich den Krieg. Am folgenden Tage kam England seinen Bündnisverpflichtungen nach und erklärte Deutschland den Krieg.

DAs Attentat in Sarajewo am 28. Juni 1914. Die Fotografie zeigt die Festnahme eines der Attentäter unmittelbar nach der Tat
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

In den nächsten Jahren trieben auch die Imperialisten anderer Länder ihre Völker in den Krieg.

Schließlich befanden sich 38 Staaten im Kriegszustand.

Der I. Weltkrieg dauerte von 1914 bis 1918.

Die Kriegsziele der bedeutendsten Staaten der beiden Mächtegruppen

Die Imperialisten aller Länder heuchelten vor ihren Völkern, sie müssten das eigene Land vor den Angreifern verteidigen. In Wirklichkeit wollten die herrschenden Klassen aller dieser Staaten mit Hilfe des Krieges ihre imperialistischen Ziele verwirklichen. Der I. Weltkrieg trug deshalb den Charakter eines imperialistischen Krieges.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Die Annexionspläne der imperialistischen deutschen Regierung im ersten Weltkrieg in Europa
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Die Gründung eines mitteleuropäischen Wirtschaftsverbandes unter deutscher Führung – eines der wichtigsten Kriegsziele der deutschen Imperialisten im ersten Weltkrieg
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Diese Kriegsziele, an deren Grundsätzen die deutsche Regierung während des Krieges festhielt, wurden lange vor dem Volk geheim gehalten. Während des Krieges legten die deutschen Imperialisten auch ihre Ziele im Osten noch genauer fest. So planten sie die Annexion westpolnischer Gebiete und die Verwandlung des restlichen Polens, der Ukraine und der Ostseeprovinzen Russlands in abhängige Staaten.

Das Kräfteverhältnis der beiden Mächtegruppen zu Beginn des Krieges

Deutschland und Österreich-Ungarn waren bereits zu Beginn des Krieges wirtschaftlich und militärisch schwächer als die Staaten der Entente.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die deutschen Imperialisten überschätzten gewisse zeitweilige Vorteile, die sie durch eine gründlichere Ausbildung des Heeres und durch eine besonders umfangreiche Rüstungsproduktion am Vorabend des Krieges erzielt hatten. Die dennoch vorhandene Unterlegenheit an Menschen und Kriegsmaterial hofften sie durch einen überraschenden und schnellen Feldzug ausgleichen zu können. Die Entente dagegen konnte sich in zunehmenden Maße die wirtschaftlichen und personellen Reserven des größten Teiles der Welt nutzbar machen.

Die Haltung der deutschen und internationalen Arbeiterklasse bei Ausbruch des Krieges

Protestdemonstrationen der deutschen Arbeiter gegen den Krieg im Juli 1914

Die Volksmassen wollten keinen Krieg. Am 26. Juli 1914 leiteten in Deutschland die klassenbewussten Arbeiter Leipzigs mit einer großen Antikriegskundgebung eine Kette von Protestveranstaltungen ein. Zwischen dem 28. Und 30. Juli beteiligten sich in 30 Städten Deutschlands rund 243 000 Werktätige (Erwerbstätige) an diesen Versammlungen. Allein in Berlin brachten auf 23 Großversammlungen am 29. Juli 29 000 Personen ihren Kampfwillen gegen den imperialistischen Krieg zum Ausdruck. In vielen Städten nahm die Polizei Verhaftungen vor.

Antikriegsdemonstrationen in Deutschland vor Ausbruch des ersten Weltkrieges
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Es zeigte sich, dass große Teile der deutschen Arbeiterklasse bereit waren, die Beschlüsse der internationalen Sozialistenkongresse von Stuttgart und Basel zu erfüllen, um den Krieg zu verhindern. Eine ähnliche Haltung bezog die Arbeiterklasse in allen europäischen Ländern.

Die Bewilligung der Kriegskredite durch die sozialdemokratische Fraktion im Deutschen Reichstag

Entgegen dem Friedenswillen großer Teile des deutschen Volkes versuchte die opportunistische Führung der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften die Volksmassen irrezuführen.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Um das Vertrauen der Mitglieder nicht zu verlieren, ging der sozialdemokratische Parteivorstand dem Schein nach auf die Antikriegsstimmung ein. Er empfahl den Arbeitern am 25. Juli, ihren Friedenswillen in Massenversammlungen zu bekunden.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Gleichzeitig verhandelten die sozialdemokratischen Führer heimlich mit der Reichsregierung. Sie versicherten den Herrschenden, dass die sozialdemokratische Partei und die Gewerkschaften nichts gegen den Krieg unternehmen würden.

Als die deutsche Regierung an Russland und Frankreich den Krieg erklärte, gingen die rechten Parteiführer offen in das Lager des Imperialismus über. Da sich Deutschland jetzt verteidigen müsse, so erklärten sie, sei der Klassenkampf abzubrechen. Auch die Arbeiter müssten jetzt ihr „Vaterland“ verteidigen.

Die Extra-Ausgabe des sozialdemokratischen „Vorwärts“ am 04. August 1914. (Teil der Titelseite)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Vergleichsmaterial:

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
„Der wahre Jakob“, die satirische Zeitschrift der Sozialdemokratie, vom 28. August 1914
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

So schloss die rechte sozialdemokratische Parteiführung Burgfrieden mit dem Todfeind der Arbeiterklasse, mit dem deutschen Imperialismus.

Der Zusammenbruch der II. Internationale

In der Mehrheit aller Parteien der II. Internationale besaßen die Opportunisten die Oberhand. Der Verrat der Führer der deutschen Sozialdemokratie erleichterte es ihnen, ebenfalls die Beschlüsse von Stuttgart und Basel zu verraten. In England und Österreich-Ungarn fassten sie ähnliche Beschlüsse wie in Deutschland. In Russland riefen die Menschewiki die Arbeiter auf, die Kriegspolitik des Zarismus zu unterstützen. In Deutschland, Frankreich und Belgien traten einige opportunistische Arbeiterführer während des Krieges sogar als Minister oder hohe Beamte in die imperialistischen Regierungen und Verwaltungen ein.

So unterstützten die Opportunisten in den Arbeiterparteien die Kriegspolitik der herrschenden Klassen ihrer Länder. Sie zerschnitten das brüderliche Band zwischen den Parteien der II. Internationale und sprengten die Einheit der internationalen Arbeiterklasse. Durch den Verrat der Opportunisten zerfiel die mächtige internationale Kampforganisation der Arbeiterklasse.

Die Haltung der Bolschewiki zum imperialistischen Krieg

Im Gegensatz zur Mehrheit der Parteien der II. Internationale hielt die Partei der Bolschewiki in Russland an den Beschlüssen von Stuttgart und Basel fest.

Die Bolschewiki gingen von der Erkenntnis Lenins aus, dass es zwei Arten von Kriegen gibt: gerechte und ungerechte.

Wenn ein Volk seine Heimat vor fremden Eroberern schützt, wenn sich die Arbeiter vom Kapitalismus befreien oder die Kolonialvölker gegen ihre Unterdrücker kämpfen, dann sind das gerechte Kriege. Solche Kriege muss die Arbeiterklasse und ihre Partei mit ganzer Kraft unterstützen.

Kriege zur Unterjochung fremder Völker und zur Eroberung fremder Länder bezeichnete Lenin als ungerechte Kriege. Ein solcher Krieg war auch der I. Weltkrieg.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Abgeordneten der Bolschewiki erhoben in der Duma, dem russischen Parlament, ihre Stimme gegen den Völkermord und entlarvten den Krieg als einen imperialistischen Raubkrieg. Sie verweigerten dem Zaren die Kriegskredite. Die Bolschewiki forderten im Parlament die Umwandlung des Krieges in den Bürgerkrieg zur Entmachtung der imperialistischen Kräfte.

Mit dieser Haltung wiesen die Bolschewiki den Arbeitern aller Länder den Weg zu einem demokratischen Frieden.

Die Verweigerung der Kriegskredite durch Karl Liebknecht im Dezember 1914

Nachdem der Krieg ausgebrochen war, stand vor der Arbeiterklasse die Aufgabe, die Beendigung des Völkermordes zu erzwingen. In Deutschland waren sich nur die Linken (Haben nicht mit der heutigen Partei DIE LINKE zu tun.) dieser in den Beschlüssen der internationalen Sozialistenkongresse festgelegten Pflicht bewusst.

Am Abend des 04. August 1914 trafen sich Hermann Dunker, Hugo Eberlein, Julian Marchlewski, Franz Mehring, Ernst Meyer und Wilhelm Pieck in der Wohnung Rosa Luxemburgs, um über die Aufgaben zu beraten, die nach dem Verrat der Opportunisten vor der deutschen Arbeiterklasse standen. Sie leiteten erste Maßnahmen ein, um die Massen zum Kampf gegen den Krieg zu sammeln.

Am 02. Dezember sollte der Reichstag weitere Kriegskredite bewilligen. In der sozialdemokratischen Fraktion hielten zwar einige Abgeordnete Liebknechts Forderung, die Gelder zu verweigern, für richtig, aber sie beugten sich wieder dem Fraktionszwang. Karl Liebknecht jedoch stimmte im Reichstag gegen die neuen Kriegskredite.

Die Kunde von seiner mutigen Tat drang bis in die Schützengräben; sein „Nein!“ rüttelte die Welt auf. Es wurde zum Signal für das Proletariat in allen Ländern im Kampf gegen den Krieg. Um Karl Liebknecht mundtot zu machen, wurde er als Soldat eingezogen und nur zu den Reichstagssitzungen beurlaubt.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Überblick über den militärischen Verlauf des Krieges bis 1917

Der deutsche Blitzkriegsplan und sein Scheitern

Die deutschen Generale waren sich bewusst, dass Deutschland zu schwach war, um an zwei Fronten zu kämpfen und einen jahrelangen Krieg siegreich zu überstehen. Deshalb begann der Angriff der deutschen Armeen nach einem Blitzkriegsplan, den der General Schlieffen bereits im Jahre 1905 ausgearbeitet hatte.

Dieser Schlieffenplan sah vor, Frankreich in drei bis vier Monaten durch einen Angriff über Belgien zu besiegen. Der deutsche Generalstab hoffte, ihn zu verwirklichen; bevor die russischen Armeen an Deutschlands Ostgrenzen aufmarschiert wären. Dann sollten alle Truppen Deutschlands und Österreich-Ungarns an die Ostfront geworfen werden.

Der erste Weltkrieg (1914 bis 1918)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Der geplante Überfall auf das neutrale Belgien missachtete internationale Abkommen, denn die deutsche Regierung hatte sich verpflichtet, Belgien niemals anzugreifen.

Anfang August besetzten deutsche Truppen ohne Kriegserklärung Belgien und Luxemburg. Dann drangen sie in Gewaltmärschen in Nordfrankreich so weit vor, dass man bereits in Paris den Geschützdonner hörte.

Da inzwischen die russischen Armeen früher als erwartet in Ostpreußen einmarschiert waren, mussten mehrere Armeekorps aus Frankreich an die Ostfront geworfen werden. Der deutsche Imperialismus war nun doch, entgegen dem Schlieffenplan, zur Führung eines Zweifrontenkrieges gezwungen.

Zu der geplanten Zerschlagung des französischen Heeres reichten die deutschen Kräfte nicht aus. Als die französische Heeresleitung eine Gegenoffensive befahl, erlitten die deutschen Truppen große Verluste und mussten sich zurückziehen. Der deutsche Blitzkriegsplan war gescheitert. Es begann der Stellungskrieg, der bis zum Frühjahr 1918 andauerte.

Überblick über den weiteren Kriegsverlauf

Im Osten vermochten es die deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen zwar, die russischen Armeen in Ostpreußen zurückzudrängen und Teile Russlands zu besetzen, Aber das Ziel, starke russische Kräfte zu umfassen und zu vernichten, gelang nicht. Auch an der Ostfront begann der Stellungskrieg.

Zerschossener Wald an der Somme-Front. (Fotografie)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Im Fernen Osten eroberten japanische Truppen Kiautschou, den deutschen Stützpunkt in China, und die in deutschem Besitz befindlichen Südseeinseln. In Afrika besetzten Truppen der Entente die deutschen Kolonien.

Mit dem Kriegseintritt der Türkei entstanden im Kaukasus, in Mesopotamien und Palästina, mit dem Kriegseintritt Italiens auf Seiten der Entente im Mai 1915 in den Alpen neue Fronten.

Im Herbst 1915 eroberten Armeen Deutschlands, Österreich-Ungarns und Bulgariens, das sich inzwischen den Mittelmächten angeschlossen hatte, Serbien.

Nachdem Rumänien im Sommer 1916 den Krieg gegen die Mittelmächte begonnen hatte, drangen deutsche und österreichischer Truppen bis zum Schwarzen Meer vor. Dann aber kam es auch auf dem Balkan, wie an der italienischen Front, zum Stellungskrieg.                                                                              In den folgenden Jahren versuchten die Gegner durch verheerende Materialschlachten die Fronten zu durchbrechen. In diesen Kämpfen fielen Millionen Menschen. Allein die monatelangen Schlachten bei Verdun und an der Somme (1916) kosteten auf beiden Seiten 1,3 Millionen Tote.

Während der Schlacht bei Verdun. (Fotografie)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Vergleichsmaterial:

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Deutschland und Österreich-Ungarn konnten die schweren Verluste an Menschen und Material nur schwer ausgleichen, während die Entente auf ihre Reserven zurückgreifen konnte.

Der Beginn des Gaskrieges und des uneingeschränkten U-Boot-Krieges

Die Imperialisten kümmerten sich nicht um internationale Abkommen, in denen für die Kriegführung bestimmte Regeln festgelegt worden waren.

Besonders grausam war die Kriegführung der deutschen Imperialisten. Belgische, französische, polnische und russische Zivilisten, die sich den Eroberern entgegenstellten, wurden erschossen.

Zehntausende belgischer und polnischer Arbeiter wurden zur Zwangsarbeit in die Rüstungsindustrie nach Deutschland verschleppt. Um den Widerstand der Bevölkerung zu brechen, wurden Ortschaften, wie die Stadt Löwen in Belgien und die Stadt Kalisz in Polen, niedergebrannt.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

1915 begann die deutsche Heeresleitung mit dem Masseneinsatz von Giftgas. Mit Giftgas gefüllte Granaten wurden auf die feindlichen Stellungen abgeschossen oder giftige Gase auf die feindlichen Stellungen abgeblasen. Viele gasvergiftete Soldaten starben einen qualvollen Erstickungstod. Andere erblindeten oder erlitten furchtbare Hautverletzungen. Auch die englischen und französischen Imperialisten setzten Giftgas ein.

Die englischen Imperialisten wollten Deutschland mit Hilfe einer Blockade aushungern. Sie hinderten alle Schiffe, deutsche Häfen anzulaufen. Dadurch kamen weniger Lebensmittel für die Bevölkerung nach Deutschland. Frauen und Kinder litten Hunger. Auch das widersprach den internationalen Abmachungen, wonach sich der Krieg nicht gegen die Zivilbevölkerung richten sollte.

Seit 1915 versenkten deutsche U-Boote feindliche und neutrale Handelsschiffe. Seit Februar 1917 führten die deutschen Imperialisten den U-Boot-Krieg besonders rücksichtslos. Jetzt versenkten die deutschen U-Boote in der Nordsee, im Atlantik und im Mittelmer feindliche und neutrale Handelsschiffe ohne Warnung und ohne Rücksicht darauf, ob sich auf den Schiffen auch Zivilisten, Frauen und Kinder, befanden.

Torpedierung eines englischen Dampfers durch ein deutsches U-Boot. (Zeitgenössische deutsche Darstellung)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Den uneingeschränkten U-Boot-Krieg nahmen die amerikanischen Imperialisten zum Vorwand, um im April 1917 an der Seite der Entente in den Krieg einzutreten.

Der Krieg als „Militärzuchthaus für die Arbeiter“ und als „Paradies für die Ausbeuter

Die wachsende ökonomische und politische Unterdrückung der Werktätigen in Deutschland

Wie in allen kriegführenden Ländern, so trugen auch in Deutschland die Werktätigen die Last des Krieges. Fast jede Familie beweinte bald den Vater, den Sohn oder den Bruder, die gefallen oder verwundet waren. Alle arbeitsfähigen Menschen mussten in Tag- und Nachtschichten in der Rüstungsindustrie arbeiten. Bald fehlte es in allen kriegführenden Staaten an Lebensmitteln, Kleidung, Heizung und an Industriewaren für die Bevölkerung.

„Das eiserne Kreuz“ (Lithographie von Heinrich Zille, um 1916)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Frauenarbeit in der Rüstungsindustrie während des Krieges. Für den Profit der Imperialisten war es wichtig, dass die Löhne der Frauen fast um die Hälfte niedriger waren als die der Männer lagen
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Da die deutschen Imperialisten sich nicht auf einen langen Krieg vorbereitet hatten, waren die Vorräte bereits im zweiten Kriegsjahr erschöpft, obwohl die eroberten Gebiete ohne Rücksicht ausgeplündert wurden. Die Menge der Lebensmittel, die verteilt wurde, verringerte sich von Jahr zu Jahr.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Nahrungsmittel wurden immer minderwertiger. So ordnete die Regierung an, Sägemehl unter das Brotmehl zu mischen. Nur wer reich genug war, konnte sich heimlich zu Wucherpreisen zusätzliche Nahrungsmittel besorgen. Aber auch die Preise der zugeteilten Lebensmittel stiegen laufend. So erhöhten sich zum Beispiel die Preise für Weizenmehl, Brot und Haferflocken um das Doppelte, für Rind- und Schweinefleisch, Erbsen, Bohnen und Eier um das Vier- bis Fünffache.

Ebenso stiegen die Preise für Kohlen, Holz, Gas, Strom und andere Dinge des täglichen Bedarfs.

Zwar erkämpften sich die Arbeiter geringe Teuerungszulagen. Die Zuschläge zu ihren Löhnen blieben jedoch weit hinter den steigenden Kosten für den Lebensunterhalt zurück.

Besonders groß war der Hunger im Winter 1916/17. An Stelle von Kartoffeln, die immer knapper wurden, gab es Kohlrüben. Kohlrübensuppe war die Hauptmahlzeit. Marmelade und sogar der Ersatzkaffee wurden aus Kohlrüben hergestellt. Die Menschen nannten daher diesen Winter den Kohlrübenwinter. Alte Leute, Kranke und Kinder starben an Entkräftung.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Bekanntmachung des Magistrats von Berlin im März 1918
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Zur wirtschaftlichen Ausbeutung trat die verschärfte politische Unterdrückung. Seit dem 31. Juli 1914 herrschte der Belagerungszustand. Die Arbeiter durften ihren Arbeitsplatz nicht wechseln. Militärbehörden kontrollierten die Arbeiterzeitungen. Jede Versammlung musste angemeldet werden und wurde polizeilich überwacht. Wer gegen den Krieg arbeitete oder sprach, wurde ins Gefängnis oder Zuchthaus geworfen.

Da sich der Widerstand gegen den Krieg dennoch verstärkte, verschärfte die herrschende Klasse im Hebst 1916 ihre Kriegspolitik auf allen Gebieten. Den reaktionären Generalen Hindenburg und Ludendorff wurde die Führung der Obersten Heeresleitung (OHL) übertragen. Die neue OHL verwandelte Deutschland in eine einzige Rüstungsfabrik. Gewaltsam suchte sie die Erzeugung von Granaten, Geschützen, Gewehren und anderen Kriegsmaterialien zu steigern (Hindenburgprogramm).

Bald darauf wurde ein Gesetz erlassen (Hilfsdienstgesetz), das alle Bürger – Männer und Frauen- vom 16. Bis zum 60. Lebensjahr zur Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie verpflichtete.

Die Bereicherung der Monopolkapitalisten auf Kosten der Volksmassen und die wachsende Verflechtung der Monopole mit dem Staat in Deutschland

Für die Monopolherren und Junker war der Krieg das beste Geschäft. Staatliche Rüstungsaufträge, Verlängerung der Arbeitszeit auf 10 bis 12 Stunden, unbezahlte Sonntagskriegsschichten, militärische Aufsicht in den großen Rüstungsbetrieben, niedrige Löhne, vor allem für Frauen und Jugendliche, und die Drohung mit der Einberufung an die Front gegenüber den Männern ermöglichten es ihnen, sich besonders hohen Profit zu sichern.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Während des Krieges wurden viele Monopolkapitalisten und Bankiers direkt zu Mitgliedern und Beamten der Regierung ernannt. Staatliche Behörden und Leitungen der Monopole verschmolzen in vielen Fällen. Im preußischen Kriegsministerium wurde eine Kriegsrohstoffabteilung eingerichtet. Sie sollte kriegswichtige Rohstoffe beschaffen, speichern und an die Rüstungsbetriebe verteilen. Als Leiter dieser Abteilung wurde Walter Rathenau, der Aufsichtsratsvorsitzende der AEG, eingesetzt. Auch der größte Teil der anderen Beamten dieser Regierungsstelle waren Monopolkapitalisten.

Die Kriegsrohstoffabteilung gründete zur Bewirtschaftung der einzelnen Rohstoffe Kriegsrohstoffgesellschaften wie die Kriegsmetall-Aktiengesellschaft und die Kriegschemikalien-Aktiengesellschaft. In den Aufsichtsräten dieser Gesellschaften saßen die Vertreter der großen Monopole des jeweiligen Industriezweiges.

Mit Hilfe ihrer amtlichen Befugnisse schanzten sich die Vertreter des Finanzkapitals die einträglichsten Rüstungsaufträge zu, steuerten sie durch Rohstoffzuteilungen und Preisfestlegungen die Produktion der übrigen Betriebe und ließen sich vom Staat den Bau neuer Fabrikanlagen bezahlen. So erhielt beispielsweise die Badische Anilin- und Sodafabrik (die heutige BASF P. R.) im Jahre 1916 360 Millionen Mark für den Bau der Leunawerke.

Auch die Junker und Großbauern bereicherten sich, indem sie unter anderem einen großen Teil ihrer Ernte heimlich zu Wucherpreisen absetzten. Sie kauften das Land der durch die Folgen des Krieges verschuldeten Kleinbauern zu Spottpreisen auf und ließen es mit hohem Profit durch Kriegsgefangene bewirtschaften.

Lenin bezeichnete diese Situation als „Paradies für die Bankiers und Kapitalisten, aber als „Militärzuchthaus für die Arbeiter“.

Krupp verkauft Kanonen an Freund und Feind! (Karikatur von Herbert Sandberg)
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Entstehung der Spartakusgruppe und das Anwachsen der Antikriegsbewegung

Die Verstärkung der Antikriegsbewegung in Deutschland

Die deutschen Linken unternahmen große Anstrengungen um die verbrecherische Politik der Imperialisten vor den Werktätigen aufzudecken und sie zum revolutionären Kampf gegen den Krieg zu gewinnen.

Am 14. April 1915 erschien die erste Nummer ihrer Zeitschrift „Die Internationale“. Sie wurde von den Militärbehörden beschlagnahmt. Ihr weiteres Erscheinen wurde verboten. Die Linken riefen die Volksmassen jedoch weiter mit illegalen Flugblättern zum Kampf auf.

Von besonderer Bedeutung für den gemeinsamen Kampf aller antiimperialistischen Kräfte war das Flugblatt Karl Liebknechts „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“ vom Mai 1915.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die gegen den Imperialismus gerichteten Losungen Liebknechts und anderer Führer der Linken bildeten die Grundlage, auf der sich in wachsendem Maße die revolutionären Arbeiter und die anderen Kriegsgegner in Deutschland zusammenfanden.

Bereits im Frühjahr 1915 zogen Berliner Frauen unter Führung von Wilhelm Pieck vor das Reichstagsgebäude und forderten die Beendigung des Krieges. Im November 1915 demonstrierten Berliner Arbeiter Unter den Linden für den Frieden und sangen dabei die Internationale.

Je offener die Imperialisten ihre Eroberungsabsichten verkündeten, desto stärker regte sich auch im Bürgertum der Widerstand gegen den Krieg. Es waren vor allem zwei bürgerliche Organisationen, die gegen die imperialistische Kriegszielpolitik protestierten: die „Deutsche Friedensgesellschaft“ und der „Bund Neues Vaterland“.  Die Führer und Anhänger dieser bürgerlichen Friedensbewegung waren Pazifisten. Sie lehnten jeden Krieg, auch den gerechten, ab. Das bedeutete, dass Friede und Abrüstung allein durch Bittschriften, internationale Schiedsgerichte und durch einen Völkerbund erreicht werden könnten.

Bürgerliche Pazifisten, wie Professor Ludwig Quidde, Hellmuth von Gerlach und Professor Albert Einstein, protestierten mutig gegen die Kriegspolitik der Regierung. Ihre ehrlichen Bestrebungen blieben jedoch erfolglos, weil die meisten von ihnen nicht erkannten, dass ihr zutiefst menschliches Anliegen nur verwirklicht werden konnte, wenn sie sich mit der revolutionären Arbeiterbewegung verbündeten.

Die Zimmerwalder Konferenz

Wie in Russland und Deutschland kämpften auch in anderen Ländern tapfere Sozialisten gegen den Krieg. Um ihre Kräfte zu vereinigen, trafen sich im September 1915 Sozialisten aus mehreren Ländern in dem kleinen Schweizer Ort Zimmerwald. Sie bekundeten ihren Willen zum Kampf für Frieden und Sozialismus und gegen Annexionen und Kriegsentschädigungen. Aber die Mehrheit der Teilnehmer erkannte noch nicht, dass der Kampf gegen die Regierungen der eigenen Länder geführt werden musste und eine organisierte Trennung von den Opportunisten erforderlich war. Mehrere Führer linker Gruppen schlossen sich mit Lenin und den Bolschewiki zu Zimmerwalder Linken zusammen.

Schon 1916 kam es in Kienthal in der Schweiz zu einer weiteren internationalen Konferenz.

Auf beiden Konferenzen mahnte Lenin, dass sich die linken Kräfte in den einzelnen Ländern völlig von den Opportunisten trennen und selbständige revolutionäre Parteien bilden müssten. Die Notwendigkeit dieser entscheidenden Voraussetzungen für einen erfolgreichen Kampf gegen den Imperialismus hatten zu dieser Zeit aber auch die deutschen Linken noch nicht erkannt.

Die Konferenzen in Zimmerwald und Kienthal trugen dazu bei, dass sich die entschlossenen und zielklaren revolutionären Kämpfer der internationalen Arbeiterbewegung immer fester um Lenin und die Bolschewiki scharten. So wurde eine neue, wahrhaft revolutionäre Internationale vorbereitet.

Die Gründung der Spartakusgruppe

Am 01. Januar 1916 fand im Rechtsanwaltsbüro Karl Liebknechts in Berlin eine geheime Konferenz der deutschen Linken statt. Unter den Anwesenden befanden sich Franz Mehring, Wilhelm Pieck,Käte Dunker, Ernst Meyer, Johann Knief und Rudolf Lindau. Sie schlossen sich zur Gruppe Internationale zusammen.

Die Konferenzteilnehmer beschlossen, die Werktätigen durch die Herausgabe illegaler Schriften, die zunächst als „Politische Briefe“, seit September 1916 als „Spartakusbriefe“ erschienen, über die Schuld des deutschen Imperialismus aufzuklären und sie zum revolutionären Kampf gegen die Imperialisten, für die Beendigung des Raubkrieges aufzurufen.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Kopfleiste des „Spartacus“. Junge Arbeiterinnen und Arbeiter aus der sozialistischen Jugendorganisation nähten die Spartakusbriefe in das Rockfutter ein, trugen sie unter der Mütze oder in den Stiefeln versteckt zu den Arbeitern in die Fabriken. Bei dieser gefährlichen Arbeit wurden viele Jugendliche verhaftet und wegen illegaler Arbeit ins Gefängnis geworfen. Die Zahl der Spartakusbriefe aber nahm ständig zu. Sie wurden auch an die Front gebracht.
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Auf einer weiteren Konferenz im März 1916 beschlossen die deutschen Linken als Programm die „Leitsätze über die Aufgaben der internationalen Sozialdemokratie“. Zugleich nahmen die Teilnehmer der Konferenz mehrere Resolutionen an, in denen sie sich ebenfalls für eine Beendigung des Krieges aussprachen.

Arbeiter und Soldaten nannten die 1916 gebildeten Gruppe nach dem Titel dieser Flugschriften Spartakusgruppe. Neben dieser Gruppe gab es auch noch andere linke Gruppierungen, zum Beispiel die Bremer Linken, mit denen die Spartakusgruppe zusammenarbeitete.

Von allen linken Gruppen vertrat die Spartakusgruppe am besten die Interessen der Arbeiterklasse und des ganzen deutschen Volkes. Deshalb folgten immer mehr Arbeiter und andere Werktätige ihrem Ruf.

Lenin schrieb damals: „Mit Liebknecht und den Spartakusleuten geht alles, was unter den Sozialisten Deutschlands ehrlich und wirklich revolutionär geblieben ist.“

Die Antikriegsbewegung in Berlin am 01. Mai 1916

Im April 1916 gingen unter den Berliner Arbeitern illegale Flugblätter von Hand zu Hand, in denen die Spartakusgruppe die Arbeiter trotz des bestehenden Belagerungszustandes zur Mai-Demonstration aufrief.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Tausende strömten am 01. Mai 1916 zur Antikriegsdemonstration auf den Potsdamer Platz in Berlin, den Polizisten misstrauisch bewachten.

Ein von Karl Liebknecht herausgegebener Streuzettel, gefunden in den Prozessakten
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Auch Polizeispitzel hatten sich unter die Arbeiter geschlichen. Flugblätter wurden verteilt, und Karl Liebknecht rief mehrmals in die Menge: „Nieder mit dem Krieg! Nieder mit der Regierung!“ Stürmischer Beifall der Demonstranten begleitete seine Worte.  Was die Arbeiter dachten, hatte Liebknecht ausgesprochen. Liebknecht wurde festgenommen und zu Zuchthausstrafe verurteilt. Vor den Richtern klagte er die herrschende Klasse an: „Ihre Ehre ist nicht mehr meine Ehre! Aber ich sage Ihnen: Kein General trug je eine Uniform mit soviel Ehre, wie ich den Zuchthauskittel tragen werde. Ich bin hier, um anzuklagen, nicht um mich zu verteidigen! Nicht der Burgfriede, sondern Burgkrieg ist für mich die Losung! Nieder mit dem Krieg! Nieder mit der Regierung!“

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Gegen das Terrorurteil über Liebknecht demonstrierten die Arbeiter in Berlin, Stuttgart und anderen Städten. Am 27. Juni 1916 forderten 25 000 Berliner Arbeiter auf dem Potsdamer Platz Freiheit für Karl Liebknecht. Diese Demonstrationen mündeten am 28. Juni in einen großen Streik, den ersten politischen Massenstreik während des Krieges.

Aufruf zum Streik für die Freilassung Liebknechts vom Juni 1916
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Allein in Berlin streikten 55 000 Munitionsarbeiter Polizei und Militärbehörden wüteten. Sehr viele Arbeiter wurden verhaftet oder strafweise an die Front geschickt.

Das Anwachsen der revolutionären Antikriegsbewegung in Deutschland unter dem Einfluss der Februarrevolution in Russland

Der Aufschwung der Antikriegsbewegung im Frühjahr 1917

Im Januar 1917 folgten die Arbeiter Russlands dem Ruf der Bolschewiki. Sie legten in Petrograd, Moskau, Baku und anderen Städten die Arbeit nieder und demonstrierten gegen den imperialistischen Krieg.

Am 25. Februar (10. März) standen in Petrograd alle Maschinen still. Die Arbeiter hatten den Generalstreik ausgerufen. Viele Truppenverbände verbrüderten sich mit ihnen. Arbeiter und Soldaten verhafteten Minister und Generale und befreiten die Revolutionäre aus den Gefängnissen. Der Zar wurde gestürzt. Die Februarrevolution hatte gesiegt.

Die russischen Arbeiter und Soldaten hatten durch ihren heldenhaften Kampf bewiesen, dass es möglich war, die Regierung im eigenen Lande zu beseitigen. Nach ihrem Vorbild forderten die Werktätigen in anderen Ländern ebenfalls: Schluss mit dem Krieg! Sturz der Regierung!

Im Mai 1917 verließen viele französische Soldaten die Feuerlinie. Trotz der Todesurteile und Zuchthausstrafen, die die Kriegsgerichte daraufhin fällten, erfasste diese Aktion bald hundert Regimenter. In England und Italien kam es zu Aufständen. Im Frühjahr 1917 streikten in England 800 000 Mechaniker, Maschinenbauer und Rüstungsarbeiter.

Auch in Deutschland wuchs der Hass der Bevölkerung gegen den Krieg

Als im April 1917 die ohnehin spärliche Brotration auf täglich 120 Gramm gekürzt wurde, legten in Berlin, Leipzig, Magdeburg, Hannover, Halle, Braunschweig, Dresden und anderen Orten über eine halbe Million Werktätige die Arbeit nieder. Im Mittelpunkt ihrer Losungen stand die Forderung nach Frieden. In Berlin und Leipzig verlangten sie nach russischem Vorbild die Bildung von Arbeiterräten. Diese Forderung wurde in Berlin am 18. April 1917 verwirklicht.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die deutschen Imperialisten fürchteten, es könne wie in Russland die Revolution ausbrechen. Deshalb versprachen sie den Arbeitern beispielsweise bei Kriegsende die Abschaffung des Dreiklassenwahlrechts in Preußen.

Mit Unterstützung der rechten Führer der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften warf die Regierung den Massenstreik nieder.

Die Gründung der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei

Am 07. Januar 1917 fand in Berlin eine Konferenz von Delegierten aller jener Gruppen der sozialdemokratischen Partei statt, die die Burgfriedenspolitik der rechten opportunistischen Parteiführer und Reichstagsabgeordneten ablehnten. Von den 157 Teilnehmern waren 35 Mitglieder der Spartakusgruppe. Da in zahlreichen sozialdemokratischen Parteiorganisationen die Unzufriedenheit der Mitglieder mit der offiziellen Parteipolitik weiter wuchs und die Linken ständig stärkeren Einfluss gewannen, versuchten die zentristischen Parteiführer durch die Gründung einer besonderen Partei den Übergang größerer Teile der organisierten Arbeiter auf die Seite der Linken zu verhindern. Im April 1917 gründeten sie deshalb in Gotha die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD). In ihr sammelte sich die Masse derjenigen Arbeiter, die mit der arbeiterfeindlichen und antinationalen Politik der rechten sozialdemokratischen Führer nicht einverstanden waren und in der USPD eine neue, revolutionäre Partei sahen.

Die objektive Rolle der USPD bestand darin, die sich von der Sozialdemokratie abwendenden Arbeiter aufzufangen, sie vom Übertritt in da Lager der Revolution abzuhalten und sie so weiter der antinationalen Politik der rechten Führer der Sozialdemokratie und damit der Monopolbourgeoisie unterzuordnen.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Die Spartakusgruppe schloss sich organisatorisch der USPD mit dem Vorbehalt an, ihre politisch-ideologische Selbstständigkeit zu erhalten. Denn innerhalb der deutschen Linken bestand noch keine Klarheit über die Rolle einer selbstständigen marxistischen Kampfpartei der Arbeiterklasse. Der organisatorische Anschluss der Spartakusgruppe an die USPD war ein schwerwiegender Fehler. In der USPD entwickelte sich jedoch trotzdem von Anfang an unter dem Einfluss der Spartakusgruppe ein starker revolutionärer Flügel, der im Gegensatz zur USPD-Führung für Massenaktionen gegen den imperialistischen Krieg eintrat. Die Mehrheit der USPD-Mitglieder war revolutionär eingestellt, forderte außerparlamentarische Massenaktionen gegen den imperialistischen Krieg und organisierte solche Aktionen auf örtlicher Ebene. Zwischen den Anhängern der Spartakusgruppe und den anderen Mitgliedern der neuen Partei entwickelten sich vielfältige Formen der Zusammenarbeit.

Ein von der Spartakusgruppe illegal herausgegebenes Flugblatt
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Soldatenverbrüderungen an der Ostfront

Im Frühjahr 1917 ergriff die Friedenssehnsucht auch das deutsche Heer. Die deutschen Soldaten vernahmen freudig die Kunde von der russischen Februarrevolution. Sie glaubten aber, nun werde der Friede von selbst kommen. Die Mehrheit der deutschen Soldaten hatte noch nicht erkannt, dass die Arbeiter den Frieden gegen den Willen der Imperialisten erzwingen mussten. Aber zum ersten Mal fanden sich deutsche und russische Soldaten in großer Zahl an der Front zusammen und verbrüderten sich. So gelangten revolutionäre Gedanken in das deutsche Ostheer.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982
Soldatenverbrüderung an der Ostfront
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Der Aufstandsversuch in der deutschen Hochseeflotte

Unter den Matrosen der deutschen Kriegsflotte war der Anteil der Arbeiter besonders groß, weil die Bedienung moderner Kriegsschiffe technisch qualifizierte Besatzungen verlangte. Die Matrosen hielten Kontakt zu den Werftarbeitern. Die revolutionäre Stimmung unter ihnen entwickelte sich deshalb rascher als unter den Soldaten im Heer.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Unter dem Eindruck der russischen Februarrevolution verstärkten die Matrosen ihren Kampf. Nach dem Beispiel der russischen Soldaten und Matrosen bildeten sich kleine Gruppe, die untereinander in Verbindung standen. In der illegalen Leitung der Matrosenbewegung befanden sich auch die Matrosen Max Reichpietsch und Albin Köbis. Sie wollten gegen die Willkür der Offiziere protestieren und die Fortsetzung des Krieges verhindern.

Max Reichpietsch und Albin Köbis
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982

Seit Monaten lag auf der Reede von Wilhelmshaven ein Geschwader der deutschen Kriegsflotte vor Anker. Die Seekriegsleitung befahl stundenlange Marschübungen und Einschränkungen der Freizeit, um den Widerstand der Matrosen zu brechen. Für die Matrosen und Heizer des Schlachtschiffes „Prinzregent Luitpold“ wurde für den dienstfreien 01. August 1917 ein langer Übungsmarsch befohlen. Erregt wurde der Befehl in den Kajüten, auf den Decks und vor den Heizkesseln besprochen. Die Matrosen protestierten. Die Offiziere ließen sie daraufhin verhaften.

Aus Protest gegen die Bestrafung ihrer Kameraden verließen am 02. August etwa 600 Matrosen ihr Schiff, zogen an Land und hielten eine Versammlung ab. Albin Köbis sprach. Er forderte die Matrosen auf, fest gegen die Offiziere zusammenzuhalten und die Befreiung der Verhafteten zu fordern. Auch auf anderen Schiffen gingen die Matrosen zum offenen Widerstand über. Damit war der Aufstand des Jahres 1917 in der deutschen Hochseeflotte ausgebrochen.

Spitzel verrieten jedoch die Bewegung. 55 Matrosen wurden verhaftet. 50 erhielten hohe Zuchthausstrafen, fünf verurteilte das Kriegsgericht zum Tode. Für drei Matrosen wurde die Todesstrafe in eine fünfzehnjährige Zuchthausstrafe umgewandelt. Max Reichspietsch und Albin Köbis wurden nachts heimlich nach Köln gebracht. Am 05. September standen sie aufrecht vor den Gewehrläufen des Hinrichtungskommandos. Sie starben als erste Märtyrer der deutschen Revolution.

Lenin würdigte die revolutionäre Bewegung unter den Matrosen. Er schrieb, dass der Aufstandsversuch in der deutschen Flotte ein Anzeichen für das Herannahen der Revolution in Deutschland sei.

Das Jahr 1917 hatte in allen Schlachten eine wachsende materielle Überlegenheit der Entente deutlich werden lassen. Zur gleichen Zeit verstärkte sich, ausgelöst durch die russische Februarrevolution, der Kampf der Arbeiterklasse gegen den Krieg und die herrschenden Klassen der kriegführenden Staaten, die den Krieg um ihrer Profit- und Machtinteressen willen fortsetzten. Über acht Millionen Menschen aus allen Erdteilen mussten ihr Leben für die imperialistischen Eroberungspläne geben, bis der Krieg 1918 mit der Niederlage des deutschen Imperialismus endete.

Das Proletariat eines Landes verwirklichte jedoch unter Führung einer revolutionären Partei die Beschlüsse der II. Internationale von Stuttgart und Basel: Die Arbeiter und Bauern Russlands verwandelten im Herbst 1917 den ungerechten imperialistischen Krieg in eine Revolution und stürzten die Herrschaft der Monopolbourgeoisie und der Gutsbesitzer. Unter Führung der Bolschewiki errichteten sie den ersten Staat der Arbeiter und Bauern in der Welt. Was 1848 Marx und Engels im Kommunistischen Manifest vorausgesagt hatten, wurde auf einem Sechstel der Erde Wirklichkeit.

Die Große Sozialistische Oktoberrevolution wurde von 1917 bis 1989 zu einer besonderen Epoche der Menschheitsgeschichte; sie leitete vorrübergehend ein neues Zeitalter ein, dessen Hauptinhalt der Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus war. 1989 kam es zur Rückwende der Menschheitsgeschichte. Von einzelnen Ausnahmen abgesehen, ist es wieder zurück zum Kapitalismus gegangen.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 8. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR