Der IX. Parteitag der SED und die weitere Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft der DDR

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 10. Klasse, Stand 1981

In der ersten Hälfte der 1970er Jahre hatten die Arbeiterklasse und alle Werktätigen (Erwerbstätigen) unter Führung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands die Beschlüsse des VIII. Parteitages erfolgreich verwirklicht. Die vom VIII. Parteitag beschlossene Hauptaufgabe und die auf ihrer Grundlage realisierte Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik erwiesen sich bis dahin als stabile Orientierung für eine kontinuierliche und dynamische Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft. Da dem nicht so war, wird im Nachhinein der Weg „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ von manchen nicht als der richtige gesehen.

Im Ringen um die Umsetzung der Hauptaufgabe hatte sich das materielle und kulturelle Lebensniveau des Volkes weiter erhöht, waren die Bedingungen für eine neue Etappe der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft geschaffen worden. Ausgehend von dieser erfolgreichen Bilanz der Entwicklung in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens der DDR und auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Analyse des seinerzeitigen revolutionären Weltprozesses bestimmte die Partei der Arbeiterklasse die strategische Aufgabenstellung für die nächste Etappe der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft. Auf dem IX. Parteitag der SED, der vom 18. Bis 22. Mai 1976 im neuerbauten (nun abgerissenen) Palast der Republik in Berlin tagte, erklärte dazu Erich Honecker: „Gestützt auf das Erreichte, wenden wir uns auf unserem IX. Parteitag neuen, höheren Aufgaben zu. Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands stellt sich das Ziel, in der Deutschen Demokratischen Republik weiterhin die entwickelte sozialistische Gesellschaft zu gestalten und so grundlegende Voraussetzungen für den allmählichen Übergang zum Kommunismus zu schaffen. Damit nehmen wir auf einem fortgeschrittenen Niveau unserer Entwicklung die Aufgaben der Gegenwart in Angriff und tun es mit dem Blick auf die Zukunft, auf unser großes Ziel, die kommunistische Gesellschaft.“ Bericht des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands an den IX. Parteitag der SED. Berlin 1976, S. 6

 

Mit dieser strategischen Orientierung wurde betont:

 

  1. In der DDR werden jetzt und auch künftig die Kräfte für den Aufbau der entwickelten sozialistischen Gesellschaft konzentriert.
  2. Im Prozess der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft wird die Verbindung zwischen aktuellen Aufgaben des sozialistischen Aufbaus mit der kommunistischen Zukunft immer enger. (Man bewegte sich auf ein Wolkenkuckucksheim zu, verlor den Bezug zur Basis und zur Realität. So machte dich die Partei unglaubwürdig. Der Weg führte ins Aus.)
  3. In den nächsten Fünfjahrplanperioden geht es um die Schaffung grundlegender Voraussetzungen für den allmählichen Übergang zum Kommunismus. (Oh arme DDR, wie konnte sich Erich Honecker so irren? Warum bewegte sich die Strategie der DDR weg von der Realität?)
  4. Die grundlegenden Voraussetzungen für den allmählichen Übergang zum Kommunismus werden nicht neben oder zeitlich nach der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft, sondern durch ihren erfolgreichen Aufbau geschaffen. (O je, warum hat man sich nicht um eine feste Basis gekümmert? Arme DDR.)
Blick in den großen Saal des Palastes der Republik während der Beratungen des IX. Parteitages der SED
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 10. Klasse, Stand 1981

Die Generallinie des IX. Parteitages ging davon aus, dass die Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft ein historischer Prozess tiefgreifender politischer, ökonomischer, sozialer und geistig-kultureller Wandlungen ist. Die Erkenntnis liegt dem vom IX. Parteitag beschlossenen neuen Parteiprogramm, dem neuen Statut der SED und der Direktive für den Fünfjahrplan von 1976 bis 1980 zugrunde. (Na ja, eine gute Erkenntnis. Allerdings geht das nicht so schnell, wie damals gedacht wurde.)

Annahme des Parteiprogramms der SED durch die Delegierten des IX. Parteitages
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 10. Klasse, Stand 1981

Der IX. Parteitag unterstrich nachdrücklich, dass die weitere Umsetzung der Hauptaufgabe auch künftig im Zentrum der Politik der SED stehen werde. Um den darin ausgedrückten Sinn des Sozialismus, alles zu tun für das Wohl des Volkes, auf ständig höherer Stufe zu verwirklichen, wurde beschlossen, die materiell-technische Basis der Volkswirtschaft der DDR weiter zu vervollkommnen.  (Dann folgen noch einige Details zur damaligen Wirtschaft, die aus heutiger Sicht uninteressant sind. Wer Interesse hat, kann die Details im Original-Text nachlesen, der als Download zur Verfügung steht.)

Als entscheidende politische Grundlage für die Umsetzung der großen ökonomischen, sozialpolitischen und ideologischen Ziele kennzeichnete der Parteitag die weitere Erhöhung der Rolle der Arbeiterklasse und ihrer Partei als führende Kraft der sozialistischen Gesellschaft. Dabei kam es zugleich darauf an, ihr Bündnis mit der Klasse der Genossenschaftsbauern, mit der Intelligenz und allen andern Werktätigen (Erwerbstätigen) zu festigen. Die Partei der Arbeiterklasse setzte sich dafür ein, den sozialistischen Staat umfassend zu stärken. Sie kennzeichnete die immer breitere Entfaltung der sozialistischen Demokratie als Hauptrichtung in der sich die sozialistische Staatsmacht entwickeln musste.

Die in vielfältigen Formen erfolgende Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger in der Leitung des Staates und der Wirtschaft wurde immer mehr zum bestimmenden Merkmal des Lebens im Sozialismus. Die Rolle der gesellschaftlichen Organisationen der Werktätigen (Erwerbstätigen) bei der Umsetzung der sozialistischen Demokratie wurde weiter erhöht. Sie sollten einen spezifischen Beitrag zur Entwicklung der Bewusstheit der Werktätigen (Erwerbstätigen) leisten und helfen, ihre marxistisch-leninistische Weltanschauung und kommunistische Moral aktiv herauszubilden und alle Erscheinungen der bürgerlichen Ideologie konsequent zu überwinden. Zugleich orientierte der Parteitag darauf, für die entwickelte sozialistischer Gesellschaft charakteristische Art und Weise des gesellschaftlichen Lebens und individuellen Verhaltens in allen Lebensbereichen immer mehr auszuprägen. (Wie wir heute wissen, haperte es damit. Die Menschen wurden immer interesseloser und unzufriedener. Auch die Schülerinnen und Schüler, an die sich dieses und andere Geschichtsbücher richtete, träumten mehrheitlich von westlicher Musik und Mode, anstatt dem Unterricht zu folgen, das Gelernte zu verinnerlichen und sich damit auseinandersetzen.)

Nach der Wahl Erich Honeckers zum Generalsekretär des Zentralkomitees der SED
Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 10. Klasse, Stand 1981

Auf dem Gebiet der Außenpolitik stellte der Parteitag die vorrangige Aufgabe, gemeinsam mit der Sowjetunion und anderen sozialistischen Staaten die günstigsten internationalen Bedingungen für den sozialistischen und (man war ja hochtrabend) kommunistischen Aufbau zu sichern. Das bedeutete, den Bruderbund mit der Sowjetunion und den anderen Ländern der sozialistischen Gemeinschaft ständig zu vertiefen und insbesondere die sozialistische ökonomische Integration im Rahmen des RGW aktiv mitzugestalten, den Frieden und die sozialistischen Errungenschaften jederzeit zuverlässig zu schützen und die Politik der friedlichen Koexistenz in den Beziehungen zu den kapitalistischen Ländern beharrlich durchzusetzen.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 10. Klasse, Stand 1981

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 10. Klasse, Stand 1981, bearbeitet und aktualisiert von Petra Reichel

Original-Text aus dem Geschichtsbuch der DDR

3 Kommentare zu “Der IX. Parteitag der SED und die weitere Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft der DDR

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